Eben noch Weltstadt, nun wieder Provinz
Den Spielern muss es wie ein Kulturschock vorkommen. Gerade eben haben sie noch den Einzug in das UEFA-Cup-Finale erkämpft. In Mailand wohlgemerkt, DER italienischen Modestadt, die wie nur wenige andere das ‚dolce vita' verkörpert. Und jetzt geht es von dieser südlichen Metropole aus eben ausgerechnet in die Pfalz: Nach Kaiserslautern, quasi dem deutschen Inbegriff für Langeweile, und Provinzialität. (An dieser Stelle schönen Gruß an Jan Simak!)
Größer könnten die Unterschiede also kaum sein, denen sich Spieler wie Fans in dieser Woche - sozusagen als Reisende zwischen den Welten - ausgesetzt sehen, und es steht zu befürchten, dass der 1. FCK sich noch in einem weiteren Punkt sehr deutlich vom AC Mailand unterscheiden wird. Während man es San Siro zumindest in der Regel mit spielerischen Mitteln versucht, den Gegner zu besiegen, stellten die Pfälzer Holzhacker in dieser Saison schon mehrfach eindrucksvoll unter Beweis, dass ihre Fähigkeiten jenseits von "Spiel zerstören" und "in des Gegners Beine springen" arg begrenzt sind.
Dies - und die Erfahrung der vergangenen Jahre - lassen für Sonntag nichts Gutes erahnen, denn Unsportlichkeit hat in Kaiserslautern eine lange Tradition: Miroslav Kadlec, Ciriaco Sforza, Jörgen Pettersson, Marjan Hristov..... nur die elendigsten Treter und Schwalbenkönige werden für gut befunden, das Trikot der roten Teufel tragen zu dürfen. Ja, es müssen schon immer Leute, mit besonderen "Charakter"eigenschaften sein, die am Betzenberg kicken, und so verwundert es eigentlich auch gar nicht mehr, dass sich zwischen den ganzen Bauern und Laienpredigern neuerdings auch ein frisch verurteilter Sexualstraftäter tummeln darf. Bravo FCK, das hat Stil, das hat Klasse! So geht man mit gutem Vorbild voran und tut etwas für die Resozialisierung....
Kommen wir zum sportlichen Aspekt. FCK-Trainer Andreas Brehme plagen derzeit einige Aufstellungssorgen. Neben den gesperrten Lincoln, Malz (beide gelb) und Strasser (gelb-rot), sowie den verletzten oder angeschlagenen Ramzy (Rücken), Koch (langzeitverletzt) und Ognjenovic (Grippe) muss er nun auch auf den nigerianischen Nationalspieler Taribo West verzichten, der - obwohl beim Verein krankgemeldet - in Mailand ein Kirchenfest besucht hatte.
Doch auch Matthias Sammer wird nicht komplett aus dem Vollen schöpfen können. Neben Jens Lehmann, der gegen Kaiserslautern das letzte Spiel seiner vierwöchigen Sperre absitzen wird, und Stefan Reuter, der aufgrund einer Gelbsperre auch zum Zuschauen verdammt ist, werden dem BVB voraussichtlich auch Dede und Jörg Heinrich fehlen, die ohnehin schon angeschlagen nach Mailand mitgeflogen waren. Weiterhin ist zu vermuten, dass Matthias Sammer dem ein oder anderen nach dem anstrengenden Spiel am Donnerstag eine kleine Verschnaufpause gönnen wird. So könnten sich beispielsweise Jürgen Kohler oder Otto Addo wahrscheinlich wieder Hoffnung auf einen Platz in der Anfangsformation machen.
Alles in allem dürfte das Match gegen den FCK die Standortbestimmung für den BVB werden. Sollte man gewinnen und Bayer im Gegenzug möglicherweise gar noch patzen, so wäre die Borussia wieder ganz dick im Titelrennen drin. Bei einer Niederlage der Schwatzgelben oder einem Unentschieden jedoch dürfte der Meisterschaftszug endgültig abgefahren sein.