BVB-Fans feiern Ihren "Fußballgott" auch in Abwesenheit - Einer der "ganz Großen" geht heimlich still und leise von Bord
Mit seinen 1,86 Metern und dem optimalen Kampfgewicht von 84 Kilo stellt er eine imposante Gestalt dar und so mancher Gegner hat ihn schon "näher kennen gelernt". Er gehört mit stattlichen 105 Länderspielen für Deutschland zum überschaubaren Hunderterkreis und hat für künftige Generationen beispielhafte Tugenden vorgelebt.
Er hat 190 Bundesligaspiele und 40 Europapokalbegegnungen für den BVB bestritten, wenn er denn am kommenden Mittwoch in Rotterdam abtreten wird. Wieder sagt einer der Großen leise Servus und hinterlässt eine Lücke im Bundesligazirkus, die die heutige profitorientierte Generation nicht zu füllen vermag. Der immer als "kantig-ehrlich-charakterstark" beschriebe, wird nicht wegen seiner filigranen Technik so verehrt - es ist sein unermüdlicher Einsatz, Kampfeswille und seine vorbildliche Loyalität. Sein Name steht für Kontinuität: Jürgen Kohler. Seine große Karriere hat ihn - trotz allen verbissenem Einsatzes - weitesgehend von Verletzungen verschont. Er hat auf dem Feld der Ehre fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Die ganze Palette der Superlativen muß schon herhalten, um ihm annähernd gerecht zu werden, denn es hat nicht viele gegeben, die seine Klasse hatten. Den Vorstopper der Nation hat man ihn genannt, zuverlässig und unerbittlich im Einsatz. Ein Vorbild auch für seinen Dortmunder Mannschaftskameraden Christoph Metzelder, seinen sportlichen Erben. Er, der von seinen Fans den liebevollen Namen "Fußballgott" erhielt, schnürt in 5 Tagen zum letzten Male für seine geliebte Borussia die Fußballstiefel. Nach Ablauf seiner glanzvollen Laufbahn wird er beim BVB in den Wirtschafts- und Beitrat einziehen und so weiterhin seinen Einsatz auf anderem Terrain mit zuverlässiger Gewissenhaftigkeit bringen.
Das alles war für das Fanprojekt Grund genug, ihn mit einer stimmungsvollen und sangesfreudigen Abschiedsparty zu ehren - wenn er auch aus verständlichen Gründen innerhalb der Vorbereitung auf die Spiele der Spiele unabkömmlich war....
Eingefangene Impressionen des Abends
Unter dem Motto: "Ein Fußballgott sagt Good bye" - kamen sie alle am Donnerstag, den 2. Mai 2002 im Dortmunder Freizeitzentrum West am Neuen Graben zu einer riesigen Abschiedsfeier zusammen: Kein geringerer als BVB-Präsident Dr. Gerd Niebaum begrüßte die Schwatzgelbe Gemeinde und die Künstler und Interpreten: Borsig Brothers, Peter Freiberg und Band, Atze and Friend, Dirty Deeds aus Australien, Klaus Fiehe, Fisted Sister, der Wolf, Andy N & DJ Lars, Joachim Król, Friedrich Küppersbusch, Bruno Knust, Matthias "Kasche" Kartner, Jock Mc Donald und die legendären Bollock Brothers, Ape und Feuerstein und die Band Nightlife, die sich aus Mitgliedern des BVB-Fan-Clubs Schwerte-Ergste rekrutiert, fungierte als Rausschmeißer eines saugeilen Abends. Schwatzgelb.de war natürlich auch vertreten und lässt Euch mal etwas in die überbordende Stimmung und melancholischen Gedanken zum "Lampsheimer Jungen" reinschnuppern.
Die Gästeliste war jedenfalls
beinahe so lang wie Jürgen Kohlers Karriere. Als ein von Reiner Lefeber (WDR) gedrehter
Film über Jürgens "Grätscherkarriere" über die Leinwand lief, waren wir alle
gefesselt und gefangen von den vielen Highlights im Leben des Vorstoppers. Ein Hauch von
angebrachter Sentimentalität erfasste dann aber spätestens um 19.00 Uhr die Anwesenden,
als der "Kokser" per eingespieltem Videoband "seine Fans" begrüßte
und ihnen sein entschuldigtes Fernbleiben unter Schilderung seines Gemütszustandes
erklärte:
"Ich danke den Organisatoren und allen Dortmunder Künstlern, die sich für
mich derart engagiert haben, Songs und sogar Gedichte zu meinen Ehren verfasst haben, und
würde liebend gerne bei Ihnen sein. Für mich bedeutet diese Abschiedsveranstaltung sehr
sehr viel, aber ich bitte alle Beteiligten mir zu glauben, dass mir der Gewinn der
Deutschen Meisterschaft sehr wichtig ist. Ich bedauere allerdings zutiefst, dass ich jetzt
nicht bei Euch sein kann, lade aber alle Akteure, die bei dieser Party mitgeholfen haben
ein, bei meinem Abschiedsspiel meine Ehrengäste zu ein. Ich wünsche allen Beteiligten
einen fantastischen Abend."
Tosender Beifall brandete auf als er erklärte, dass er die Party im Rahmen seines Abschiedspiels am 20. Juli 2002 im Dortmunder Westfalenstadion (vermutlich gegen Juventus Turin) nachholen werde. Spätestens da war dann echte Partystimmung unter den 500 Fans (Norbert Dickel hätte gerufen: ausverkauft!) im bis auf den letzten Platz gefüllten Freizeitzentrum West aufkommen. Es war schön, dabei gewesen zu sein! Machs gut Jürgen und erfüll Dir Deine letzten beiden Träume...