Unsa Senf

Fanbetreuung beim DFB!

28.06.2002, 00:00 Uhr von:  Jens
Fanbetreuung beim DFB!
Das DFB-Logo

"Der DFB ist der wohl fanfreundlichste Verband des Universums", sagen sich sicherlich die VIP-Fans, die nun mit dem DFB und seinem Reisebüro Eurolloyd nach Yokohama fliegen werden. Der Pöbel bleibt dagegen zuhause, also diejenigen, die eventuell mehr als nur herumsitzen würden.

15.000 Engländer im Viertelfinale, weit mehr als 10.000 Iren im Achtelfinale und ganze 700 Deutsche im Halbfinale! Nach Auskunft des DFB hatte es für dieses Spiel noch 1.000 Karten für deutsche Fans geben sollen. Doch wie ein in Korea weilender Fan mitteilte, bekam er beispielsweise keine dieser Karten. Er mußte sich über den Korea-Fanclub "Red Devils" eine Karte organisieren, die dies anstandslos machten (in welchem Land wäre das möglich?). Entweder haben sich da also wie so oft Leute mit massig Karten eingedeckt, um damit Geld zu machen oder der DFB war schlicht unfähig.

Logo vom FC Bayernfanclub "Club Nr. 12"
Logo vom FC Bayernfanclub "Club Nr. 12"
© Bildquelle: "Club Nr. 12"

Schon vor dem Halbfinale begannen Fans vom FC Bayern die Planung für eine Flugreise zum Finale. Der DFB und sein Reisebüro (EuroLloyd) sahen sich nicht imstande, eine kostengünstige Reise anzubieten. Man werde zwar einen Jumbojet für Sponsoren und VIP's chartern, dieser jedoch nur mit Fans aufgefüllt werde. Einen weiteren Fanflieger könne man aufgrund der geringen personellen Besetzung organisatorisch nicht bewältigen.

Doch die Leute vom "Club Nr. 12" (unabhängige Fan-Vereinigung des FC Bayern) gaben so schnell nicht auf und warfen ihre Erfahrungen mit Charterflügen in die Waagschale. Schnell war es möglich, 3 Maschinen zu chartern. Einzig die fehlenden 1,5 Mio. Euro für alle 3 Maschinen stellten ein Problem dar.

Nach Rücksprache mit einigen Aktivisten von "KKoF - Pro15:30", ob Interesse in den jeweiligen Fanszenen besteht, begannen sie mit der Planung für eine Maschine zum Finale. Der Preis war mit knapp 1.600,- EURO leider immer noch recht hoch, dafür aber ohne jeglichen EURO Gewinn für die Organisatoren gerechnet. . Leider hat es die FIFA zugelassen, daß beim Finale die billigste Karte für schlappe 374,- EURO zu haben ist, ein echtes Schnäppchen.

Selbst dem "kicker" fiel es dann auf, daß die WM 2002 die WM der VIP's und Sponsoren sei, die Stimmung in den Stadien war - abgesehen von den beiden Veranstalterländern und England und Irland - beinahe klinisch. Bezahlte Fans in den jeweiligen Landesfarben sollten Fußballatmosphäre vortäuschen. Gott sei dank hat das nie richtig funktioniert und somit kam diese WM am TV recht kalt und emotionslos rüber. Ein Schlag ins Gesicht all derer, die es für möglich halten, Fußball zu einer reinen Familien- und Showveranstaltung "verkommen" zu lassen. Joseph Blatter hatte schon vor der WM mit seinen großartigen Theorien von Bier-freien Stadien begeistern können: "Im Theater trinken die Leute ja auch kein Bier!" Und wie im Theater mußte sich bald jeder Profi fühlen, spielte er nicht gerade gegen eine der o.g. Nationen. Bernd Schneider meinte gar, seine Playstation würde mehr Atmosphäre verbreiten. Am Rande sei bemerkt, daß es schon merkwürdig war, daß Premiere, SAT.1 & Co. sogar Choreographien der Koreaner oder gar deren Lautsprecher-Einheizer zeigten. Warum geht das in der Bundesliga nicht genauso?

Das DFB-Logo
Das DFB-Logo

Der DFB wollte da nach dem Finaleinzug nicht hinten anstehen und düpierte die Flugzeug-Organisatoren in unnachahmlicher Weise.

Über eine Woche lang standen DFB und "Club Nr. 12" miteinander in Kontakt. Bei den ersten Kontakten hatte man noch vergeben darauf hingewiesen, daß es kaum bezahlbare Möglichkeiten für Fans gebe, nach Japan zu fliegen. Daher wurde der DFB gebeten, darüber nachzudenken, die Reise zu bezuschussen (z.B. durch einen der offiziellen Sponsoren, wie es auch in anderen Ländern geschehen ist) und organisatorisch/finanziell (Bürgschaft für den gecharterten Jumbo) zu helfen. Darüberhinaus war man natürlich von den Eintrittskarten abhängig, 440 Stück würden nötig sein, um jeden Mitflieger zu bedienen.

Der DFB konnte diese Fragen verständlicherweise nicht sofort beantworten und vertröstete die engagierten Fans. Am Samstag vor dem Halbfinale teilte der DFB dann mit, daß man ernsthaft beabsichtige, einen Fanflieger anzubieten und außerdem hoffe, diesen finanziell bezuschußen zu können. Gespräche darüber sollten schnell stattfinden und die Fans darüber umgehend informiert werden. Da die Chartergesellschaft sofort nach dem Halbfinale ein "Ok" benötigte, um den Flug organisieren zu können, drängte natürlich die Zeit. Doch die ließ sich der DFB und zwar gewaltig. Auch am Montag abend vor dem Halbfinale war noch keine Antwort eingegangen. Daraufhin mußten sich die Organisatoren entschließen, den Flug abzusagen. Eine andere Lösung war nun einfach nicht mehr möglich, zu wenig Zeit verblieb. Inzwischen hatten diese sogar einen günstigeren Flieger bekommen können und der Preis war um ca. 150,- EURO gesunken.

Der "Club Nr. 12" erklärte allen Reisewilligen:
"Da es jetzt um 18 Uhr inzwischen in Südkorea Nacht ist und beim DFB in Frankfurt ebenfalls niemand mehr erreichbar ist, sind wir leider gezwungen, das Projekt zu beerdigen. Da wir von Seiten der Fluggesellschaften gezwungen sind, das Flugzeug sofort nach Abpfiff des Halbfinals zu buchen und dann nicht mehr zurücktreten können, hätten wir zu diesem Zeitpunkt absolute Planungssicherheit, d.h. genügend Anmeldungen, nicht nur Interessenten, haben müssen. Dies wird allerdings innerhalb des morgigen Vormittags unmöglich zu realisieren sein. Zum einen schon rein organisatorisch und zum anderen deshalb, da wir im Moment ja noch nicht einmal wissen, ob der DFB eventuell und oder aber ein Konkurrenzangebot finanziell unterstützt. Und am wichtigsten: wir wissen nicht einmal, ob wir vom DFB Eintrittskarten erhalten würden.
Da niemand von uns das Risiko eingehen kann, einen sechsstelligen Eurobetrag in den Sand zu setzen, müssen wir hier Schluß machen. Auch wenn es uns selber sehr traurig stimmt und uns nicht zuletzt alle vor große Probleme bzgl. Der Anreise zum Finale stellt. Wir haben uns diesen Entschluss nicht leicht gemacht."

Die Kartenfrage war bis gestern noch immer vollkommen unklar, da gab die FIFA bekannt, daß sie im Organisationsbüro in Yokohama noch Tickets aller Kategorien an Deutsche verkaufen würde. Diejenigen, die nun also noch wenige günstige Flüge ergattern konnten, haben vielleicht Glück gehabt.

Der DFB hatte die Kartenfrage nicht klären können oder wollen. Das DER-Tour-Reisebüro bekam jedoch Karten vom DFB und bietet nun eine Reise zum Finale an. Ob es sich um den gleichen Flieger handelt, können wir nicht bestätigen, jedenfalls ist der Preis ungleich höher. Die zusätzliche Übernachtung verteuert den Preis auf fast 2.500,- EURO (inkl. billigster Eintrittskarte). Eine nette Gewinnspanne, selbst wenn man einen Hotelpreis von 200,- EURO zugrunde legt und nochmal 200,- EURO Kosten abzieht.

Viele potente DFB-Sponsoren (hier Adidas) - kaum zu glauben, daß keiner davon die Fanflieger sponsern kann.
Viele potente DFB-Sponsoren (hier Adidas) - kaum zu glauben, daß keiner davon die Fanflieger sponsern kann.
© Bildquelle: DFB

Das ein Unternehmen mit einer Reise Geld verdienen will, ist natürlich völlig legitim. Das aber ein Verband wie der DFB zum wiederholten male Fan-Interessen mit Füßen tritt und kommerzielle Erwägungen offensichtlich in den Vordergrund hebt, ist gelinde gesagt, zum kotzen. Hier ging es schließlich um das Endspiel, in dem die deutsche Mannschaft sicherlich froh über jeden sie unterstützenden Fan wäre und nicht um ein Freundschaftsspiel in Luxemburg. Vergleichen wir das ganze mal mit Portugal: da bot der Verband in Zusammenarbeit mit einer Brauerei Freiflüge ab Frankfurt/Main an. Bis dahin mußten die Fans bezahlen, ab Frankfurt war der Flug umsonst. Kein Wunder, daß diese Möglichkeit gerne genutzt wurde. Auch in anderen Ländern sollen Sponsoren auf Initiative des jeweiligen Verbandes dazu beigetragen haben, daß verbilligte Flüge angeboten werden konnten. Nur der ruhmreiche DFB hat das nicht nötig, Fans sind offensichtlich nicht mal mehr als schmückendes Beiwerk willkommen.

Krönend ist dann noch die "Für lau, dann jau"-Tour diverser Bundestagsabgeordneter. Die Hinterbänkler fliegen auf unsere Kosten mit Schily und Rau zum WM-Endspiel. Das diese beiden - genau wie Kanzler Schröder - bei einem Endspiel mit deutscher Beteiligung dabei sein müssen, entzieht sich jeder Kritik. Aber warum müssen die anderen Herrschaften nicht mindestens den Flug und die Karte bezahlen? Warum lädt der DFB Herrn Stoiber ein und veralbert reisewillige Fans?

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