Ein unmoralisches Angebot?
Der Umbau des Westfalenstadions steht offiziell seit dem 13.12.2001 fest. An diesem Tag stellte eine Delegation mit NRW-Bauminister Michael Vesper, Oberbürgermeister Dr. Gerhard Langemeyer sowie Dr. Gerd Niebaum, Manager Michael Meier, Marcus Knipping (Geschäftsführer Westfalenstadion KG), Organisationsleiter Dr. Christian Hockenjos und Michael Zorc die Pläne in der DFB Zentrale in Frankfurt dem WM-Organisationskomitee vor. Wie der Umbau finanziert werden soll, wurde an diesem Tag noch nicht bekannt gegeben.
Wurden die ersten beiden Ausbaustufen zu einem Drittel mit Eigen- und zu zwei Dritteln mit Fremdkapital durchgeführt (z.Z. besteht noch eine Resthypothek von ca. 25 Mio. Euro auf das Stadion), soll die 3. Ausbaustufe aus eigener Kraft getätigt werden. Im Gegensatz zu anderen WM-Bewerbern erhält Borussia Dortmund keine Landes- oder Bundesmittel, noch nicht einmal eine Landesbürgschaft. Fest steht aber auch, dass Borussia nicht an das Stammvermögen gehen will, um den über 30 Mio Euro teuren Umbau zu finanzieren. Wilde Spekulationen über die möglichen Geldgeber waren schnell im Gange, vor allem weil Manager Meier auch eine mögliche Vermarktung des Stadionnamens für eine interessante Möglichkeit hielt.
"Der Stadionname bleibt unverändert", diktierte jedoch Dr. Gerd Niebaum in die Stenoblöcke der Journalisten. Vielen Fans wurde damit eine große Sorge genommen, immerhin befürchtet man in der Fanszene den Ausverkauf des geliebten BVB. Einige Fragezeichen bleiben trotzdem. Denn wer nun glaubt, dass der Vorstand des BVB sich erst jetzt auf die Suche nach potenten Geldgebern machen würde, dem sollte seit dem 28.12.2001 endgültig klar sein, dass bei Borussia nichts mehr ohne langfristige Planung läuft.
Denn an diesem Tag lief folgende Ad-hoc-Meldung über die Ticker:
Die Borussia Dortmund
GmbH & Co KGaA hat mit Wirkung zum 28. Dezember die Molacra Vermietungsgesellschaft
mbH, Düsseldorf, mit etwa 32 Prozent an ihrem Kommanditkapital an der Westfalenstadion
Dortmund GmbH & Co KG beteiligt. Dies entspreche etwa 24 Prozent des Gesamtkapitals
der Westfalenstadion Dortmund, teilte das Unternehmen am Donnerstag ad hoc mit.
Borussia Dortmund bleibe weiterhin mit rund 51 Prozent am Westfalenstadion beteiligt.
Der Preis liege bei 31 Mio EUR. Die Mittel sollen den Angaben zufolge zur Finanzierung
der dritten Ausbaustufe des Stadions verwandt werden. Mit der Durchführung
des Bauvorhabens sei die Hochtief Construction AG mit einem Festpreis von 32
Mio EUR beauftragt worden.
Nach Ende der dritten
Ausbaustufe plant Borussia Dortmund für die Bereiche Catering, Hospitality,
Sponsoring und Miete mit zusätzlichen Erträgen von sieben Mio EUR
jährlich.
Spätestens seit dieser Bekanntgabe dürfte dem aufmerksamen Beobachter klar sein, dass diese Lösung wohl schon lange in den Schubladen des AEG Hochhauses schlummerte. Verwunderung löste jedoch bei vielen der Name des Geldgebers aus: Molarca Vermietungsgesellschaft mbH, mit Sitz in Düsseldorf. Die Suche nach Informationen über den neuen Partner des BVB lief jedoch ins Leere: Keine Adresse, noch nicht einmal eine Telefonnummer waren ausfindig zu machen. Erste Zweifel an der Richtigkeit der Mitteilung machten sich in der schwatzgelb.de-Redaktion breit. Wenige Tage später kam endlich Licht ins Dunkel. Die Firma besteht erst seit Anfang des Jahres und hat die CommerzLeasing und Immobilien AG im Rücken, immerhin eine Tochter der Commerzbank. Einzige Aufgabe der Gesellschafter ist es, die vorhandene Kohle in ein Investitionsprojekt zu stecken. Wie der Zufall es will, kommt da Borussia Dortmund mit der Eigenfinanzierung des Stadionumbaus gerade passend, und da der BVB den Namen des Stadions ja nicht verhökern will, um die lieben Fans nicht zu vergrätzen, beschließt man den Deal zu tätigen. Na Zufälle gibt es, tztztztz.... Die Firma Molarca entspringt also wie "Phönix aus der Asche" und lässt die Goldtaler über den BVB regnen.
Ganz so ist es sicher nicht, denn Borussia gibt für das Darlehen 24 % der Anteile am Westfalenstadion an das Unternehmen ab, hält aber mit 51 % weiter die Mehrheit am Stadion. Nach Tilgung des Darlehens erhält Borussia Dortmund den Anteil wieder zurück. Kaufmännisch und juristisch ist der Deal eine saubere Sache. Moralisch kann man die Aktion sehr wohl anprangern, denn Firmen wie Molarca werden oft einzig gegründet um Steuern zu sparen. Gut möglich, dass irgendein mittelständischer Unternehmer aus dem Süden Deutschlands, der mit seiner Firma zu viel Gewinn gemacht hat, seine Kohle ins Westfalenstadion investiert, nur damit er sie nicht als Gewinn versteuern muss. Dazu gibt's dann - ganz legal - die Zinsen für die 31 Mio Euro oben drauf.
Für den BVB hat dieser Deal natürlich einen klaren Vorteil: Man braucht nicht an das Barvermögen des Vereins ran und kann dieses Geld lieber für weitere Spielertransfers nutzen. Die Börse hat auf diesen Deal des BVB auf jeden Fall positiv reagiert. Das ist die Art von Geschäften, die man an der Börse sehen will.
Was bedeuten solche Geschäfte für den deutschen Fußball?
Entdecken Banken und Investoren nun immer mehr die Bundesliga für sich? Die Vereine denken sich, angetrieben von den Geldgebern, immer mehr solcher Finanzmodelle aus. Die Spieler treiben mit ihren teils windigen Beratern den eigenen Preis immer weiter nach oben, und so fühlen sich dann gerade zwei Herren des deutschen Fußballs zur Wortmeldung berufen, die durch ihre Taten und Worte in der Liga unter den Fans eher Zorn und Unverständnis ernteten als Zustimmung: DFL Präsident Werner Hackmann und DFB Boss Meyer Vorfelder wünschen eine Gehaltsobergrenze für Spieler - so eine Art Profibeamtentum - weil sie befürchten, dass das Image der Spieler immer mehr in die Kommerzecke gedrückt wird. Aufwachen meine Herren, wir befinden uns im Jahre 2002 und im 38. Jahr der Bundesliga - wir sind mitten drin im Kommerz-Zeitalter und nun wollen Sie die Uhren zurückdrehen? Das sehen die Großen der Branche anders.
So hält kein geringer als der Bayern-Vize "Kalle" Rummenigge aus ökonomischer Sicht sogar eine Profiliga wie in Amerika für logisch, wo niemand absteigen kann, außer ein Verein geht Konkurs.
Klar, macht ja auch Sinn, denn wer will schon Vereine wie Freiburg, Cottbus, St. Pauli usw. gegen die reichen Clubs kicken sehen? Die Fans vielleicht Herr Rummenigge? Genau deshalb sieht der Vizepräsident des FC Bayern München bei solchen Gedankengängen die Fans auch als das Problem an, denn er weiß nicht, ob die das akzeptieren würden. Dazu sei dem Manne Folgendes gesagt: "Fußball, lieber Kalle, ist in Deutschland ein Mikrokosmos, und wenn die reichen Vereine meinen, dass man den Kommerz weiter ins Unermessliche puschen sollte, dann kann es gut sein, dass vielleicht in vier oder fünf Jahren die ganze schöne bunte Bundesliga mit einem lauten Knall in die Luft fliegt. Die Liga lebt auf Pump, und mit der Zeit werden neben den sauberen Finanzierungsmodellen auch etliche auffliegen, die nicht so seriös sind wie jenes von Borussia Dortmund mit Molarca.