Stimmungsbericht

Paris St. Germain - AS Monaco: Tor-Pogo und Bengalos in der Stadt der Liebe...

07.01.2002, 00:00 Uhr von:  Jens
Paris St. Germain - AS Monaco: Tor-Pogo und Bengalos in der Stadt der Liebe...
Stade de France

schwatzgelb.de berichtet über Taschendiebe, Schnäppchen-Spaghetti und Sehenswürdigkeiten in Paris. Nebenbei wurde auch noch das Spiel Paris SG - AS Monaco am 05.01.02 besucht...

Zunächst eins vorweg: ich bin bei weitem kein Experte französischen Fußballs oder der dortigen Fanszene, es ist gar mein erster Besuch in einem französischen Stadion (für Auxerre bin ich beide Male entschuldigt *g*). Mein folgender Bericht ist persönlicher Natur und schildert die Erlebnisse und Eindrücke unseres Tages in Paris. Wenn jemand von Euch weitergehende Infos über Fußball/Fans in Frankreich hat, sind diese herzlich willkommen.

Genausowenig würde ich mich, oder die Masse von uns als echte Groundhopper bezeichnen, da wir diesem Freizeiterlebnis nur sehr selten frönen.

Arc de Triomphe de l’Étoile in Paris

Im Dezember kamen zwei Desperados auf die Idee, eine Tour nach Paris zu machen, da an diesem Spieltag PSG zuhause gegen den AS Monaco spielen würde. Eine willkommene Gelegenheit, zum "Groundhopping", schließlich ist in Deutschland Winterpause und man kann sich so mal fremden Stadien und Fankulturen widmen.

Nach kurzer Rücksprache stellte sich heraus, daß wir eine größere Gruppe auf die Beine stellen würden und fanden bei einem Essener Busunternehmen eine Tagestour für 29,- EURO je Person. Abfahrt würde um 22 Uhr sein, Rückfahrt um 23 Uhr ab Paris, für das erwartete Spiel (Anstoß 20 Uhr) also wie geschaffen für uns. Kleckerweise meldeten sich am Ende 16 Leute für die Fahrt an, der Zufall und der Sitzplan wollte es, daß wir sogar alle zusammen im Bus saßen, ein kurz entschlossener Castroper kam noch ab Essen dazu. Die Mitreisenden Pärchen hatten wohl nicht mit einer Horde friedlicher und Alkohol verabscheuenden Menge Fußballfans gerechnet und so wurde die Fahrt recht kurzweilig.

Gegen 6:30 Uhr morgens erreichten wir Paris in der Nähe des Arc des Triomphes. Nach einiger Zeit fanden wir dann auch ein kleines Café, um zu frühstücken. Um 10 Uhr öffnete dann endlich der Fanshop von PSG und wir stürmten diesen gleich, um an die heiß ersehnten Tickets zu gelangen. 5 von uns benötigten keine Tickets, da uns diese von Mitfahrer Pini bereits direkt bei den "Boulogne Boys85" besorgt worden waren. Die anderen ergatterten somit noch 12 von den letzten 14 Tickets oberhalb des Gästeblocks für schlappe 25 EURO.

Basilika Sacré-Cœur am Montmartre

Beim abschließenden Rundgang durch den PSG-Shop durften wir feststellen, daß die Franzosen irgendwie einen Teil geschmackvollerer Merchandising-Produkte an den Mann oder die Frau bringen konnten. Wesentlich schlichter als vieles, was man in Dortmund kaufen kann. Aber über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten und im letzten Jahr (mit dem aktuellen Katalog) ist vieles schon wesentlich besser und schicker geworden, als in der Vergangenheit.

Nach dem Kartenkauf enterten wir die Metro, wo wir uns zuvor bereits mit Tageskarten (8,50 EURO) eingedeckt hatten, und klapperten nun einzelne Sehenswürdigkeiten ab. Wenn man schonmal in Paris ist, sollte man sich auch ein wenig Kultur "antun". Leider wurde einer von uns dann am "Pigalle" von Taschendieben bestohlen, die eine merkwürdige Methode anwendeten, um an das Geld zu kommen. Sie laberten uns zu und sprachen ständig von "Futbol" und stellten Tacklings nach, in dem sie uns gegen die Schienbeine traten und fröhlich weiter auf uns einredeten. Dabei versuchten sie dann an die Taschen zu gelangen. Bei einem hat es dann auch geklappt. Das ist offensichtlich die algerische Methode des Foulspiels gewesen, daher weiterhin wertvolle Dinge immer gut verstauen, anders ist sowas wohl leider nicht zu verhindern.

Nach diesem Erlebnis trennten wir uns und der eine Teil fuhr nach St. Denis um das "Stade de France" zu bewundern, während die verbliebenen 3 zum Eiffelturm fuhren. Dort trafen wir auf eine Gruppe Frankfurter, die sich mit dem PKW zu fünft nach Paris aufgemacht hatten. Das besteigen des Eiffelturms sparten wir uns dann, da wir nicht mehr genügend Zeit hatten und sich irgendwie der Eindruck aufdrängte, hier könne gleich was passieren. Jedenfalls patrouillierten hier überall schwer bewaffnete Soldaten zusammen mit der Polizei. Seit dem 11. September ist man wohl überall wesentlich empfindlicher geworden.

Der Eifelturm (Tour Eiffel)

Der Besuch von McDonalds scheiterte dann am Streik der Angestellten, die damit gegen die Sklaverei-Methoden vom McD. protestieren wollten. Wir waren überzeugt und die Schnäppchen-Spaghetti (10,50 EURO) erwiesen sich nicht als sonderlich lecker, aber ein wenig Diät kann ein jeder gebrauchen.

Um 17 Uhr trafen wir dann alle wieder zusammen und fuhren zum Stadion, dem "Parc des Princes", südwestlich vom Triumphbogen. Dort wurden uns dann gleich Karten zum Kauf angeboten, leider waren wir bereits eingedeckt. Denn die meisten Karten wurden unter Wert verkauft, wie wir später erfuhren. Wir drehten eine Runde ums Stadion und stellten fest, daß sich im Stadion bereits einige Fans befanden, die offensichtlich geplante Aktionen vorbereiteten. Die Masse stand noch vor den Toren und wurde nicht hereingelassen. Zwei Stunden vor Spielbeginn war allerdings noch nicht soviel los, daß man wirklich von Masse reden konnte. Wir begaben uns dann zur "Virage Boulogne", wo wir auf unsere Karten warteten. Vor dem Block trafen wir dann noch einen Gladbacher Groundhopper, den wir irgendwo schon einmal entdeckt hatten (Horst-Emscher, Venlo).

Dann erschien Alex, der PSG-Fan, der uns die Karten besorgt hatte. Karten gab es dann aber doch keine, dafür einen kostenfreien Einlaß über die dortigen Ordner. Offensichtlich haben die "Boulogne Boys" ihre Kurve im Griff. Vor dem eigentlichen Einlaß in den Block wurden noch unsere Taschen von der Polizei kontrolliert, dann war plötzlich Schluß mit Ordnern oder Polizei.

Oben vor dem eigentlichen Blockeingang das gleiche Bild: keine Ordner oder Polizei. Rechts vom Block haben die Boulogne-Boys ihren Verkaufsstand für Pullis, Mützen, Shirts etc.pp. Links vom Block verkaufte ein Mädel der BB85 Fotos und Collagen.

Als Dank für den Einlaß hatte Pini von den DES einige Collagen und Fanzines aus Deutschland mitgebracht, die interessiert beäugt wurden.

Der Einpeitscher (Capo) der BB führte uns dann ein wenig herum und informierte uns über die Fanszene, er war allerdings auch sehr an Infos über die deutsche Fanszene interessiert.

Heimblock

Der reine Sitzblatzblock der BB ist nur für Mitglieder der BB reserviert, das Publikum ist trotzdem recht gemischt. Die BB bezeichnen sich selbst als "Ultras" und haben wohl auch die Bedeutung dieses Worts mehr verinnerlicht als viele deutsche Ultras. Es gibt offensichtlich keine Kleiderordnung, Trikotfans saßen hier genau wie der "typische Ultra", Kutten sind in Frankreich beinahe unbekannt. Der Capo meinte, er habe so etwas erstmals beim Gastspiel der Bayern gesehen, allerdings sei es bei RC Lens ähnlich wie in Deutschland. Ansonsten ist das Publikum in Frankreich absolut Ultra-orientiert. Allerdings findet auch die deutsche Form Anhänger in Frankreich, so erzählte ein Franzose, daß er es sehr schön fände, daß die Kurven in Deutschland immer so farbenfroh seien, da die Fans fast alle in den Vereinsfarben und nicht in Straßenklamotten auf der Tribüne stehen. Lustig finden sie offenbar die berühmten deutschen Schalbuden, also Fans mit dutzenden Schals am gesamten Körper. Das deutsche Zuschaueraufkommen wird in Frankreich dagegen mit Respekt aufgenommen, solch Zuschauermassen wie in Dortmund sind in hier vollkommen unbekannt. Man zeigte sich sehr beeindruckt von der Größe der Stehplatztribüne und sicherte gleich einen Gegenbesuch zu. Zugleich waren sie sehr am Ultra-(Un)wesen in Deutschland interessiert. Das die größte deutsche Ultragruppe gerade einmal ca. 700 Mitglieder zählt, überraschte sie offensichtlich. Schließlich zählen alleine die BB knapp 1.000 Mitglieder, dazu kommen noch diverse andere Ultragruppen von PSG (dazu später mehr).

Das Zine "Erlebnis Fußball" wurde interessiert studiert, da hier viele Fotos von Aktionen deutscher Fangruppen zu finden sind, was man in Frankreich nicht aller Tage zu sehen bekommt. In Frankreich scheinen eben - wie oben erwähnt - andere Fanströmungen nahezu unbekannt zu sein (Hooligans einmal ausgenommen), daher kennt man es auch nicht, daß "Ultras" in anderen Ländern die Minderheit stellen. Das bei einem großen Verein wie Borussia Dortmund gerade einmal ca. 300 Leute als Ultra oder Ultra-orientiert einzustufen sind, erschien ihnen nahezu unmöglich.

Heimblock

Doch nun einmal zur französischen Szene, soweit wir das gestern erfahren konnten: die BB sind mit knapp 1.000 Mitgliedern die wohl größte Gruppe in Paris, sie haben die Boulogne-Kurve fest im Griff. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die Autueill-Kurve, auf dieser sind 3 weitere große Ultragruppen formiert. Die "Supras Auteuill", "Tigris Mystique" im Unterrang und neben den "Supras" im Oberrang die "Lutece Falco", die am Samstag 10jähriges Bestehen feierten. Nach Aussage des Capo verstanden sich diese Gruppen früher untereinander nur sehr wenig, inzwischen sei dies aber vorbei. Die Boulogne Boys sind die älteste Ultra-Gruppe in Paris, bereits 1985 wurden sie von ca. 20 Mitgliedern gegründet. Sie nehmen jeden auf, ohne bestimmte Kriterien oder anderes anzusetzen, sie verlangen nur Beitrag und mitsingen! Politik wird im Stadion abgelehnt, auszuschließen ist sie wohl nirgendwo vollständig. Das Verbreiten von politischen Parolen hat bei den BB den sofortigen Ausschluß aus der Gruppe zur Folge.

Die Gruppen sind bei den Vereinen hoch anerkannt, nicht umsonst wurden die "Lutece Falco" vor dem Spiel vom Vereinspräsidium mit einem gerahmten Trikot mit dem Aufdruck "Lutece Falco 10 ans 1991-2001". Kaum vorstellbar, daß das im Moment in Dortmund möglich wäre, zu unbedeutend sind doch inzwischen die meisten Fanclubs geworden, zu zersplittert in hunderte von kleinen Fanclubs, in denen teilweise nur noch eine Handvoll Leute aktiv ist.

In vielen Jahren haben die BB die Selbstverwaltung ihrer Kurve augenscheinlich erreicht, nur eine Handvoll Ordner, die offensichtlich aus ihrem Kreis kommen, sind zu sehen, eigene Verkaufsstände vor dem Block untermauern dies. Zwischen dem Verein und den BB, bzw. anderen Gruppen werden viele und intensive Gespräche geführt. So möchte der Verein z.B., daß die Ultras zu einem Spiel in der Saison vom Verein organisierte Reisen in Anspruch nehmen. Natürlich handelt es sich hierbei um das Spiel in Marseille. Doch die PSG-Ultras organisieren alle Reisen selbst, daher lehnen sie auch diese einmalige Sache strikt ab. Die PSG-Ultras gelten gemeinhin als sehr gewalttätig. Die Hooligan-Fraktion in Paris ist noch immer sehr groß, sie taucht jedoch nur noch bei großen Spielen auf, im Alltag seien sie fast verschwunden. Auch sei es so, daß die nachwachsende Ultra-Generation wesentlich weniger gewalttätig sei, als die älteren Ultras. Man ist der Meinung, daß sich vieles beruhigt habe, zumindest für französische Verhältnisse.

Pyrotechnik, eigentlich nur Bengalos, sind auch in Frankreich verboten, die Polizei geht seit längerer Zeit auch härter dagegen vor. Doch Paris scheint noch immer wie eine Insel. Während das zündeln in Frankreich Stück für Stück weniger wird, ist es bei PSG mehr denn je. Vor einiger Zeit sei überhaupt nicht mehr gezündelt worden, erzählte uns der "Capo", aber seit 1-2 Jahre gehe es wieder rund. Um nicht erwischt zu werden, halte man doch einfach einen Doppelhalter als Sichtschutz vor einen Bengalo. Auf den Einwand, daß diese deswegen bei uns teilweise verboten seien, staunte man sehr. Offensichtlich hat damit hier noch niemand gerechnet. Ein anderer meinte dann, man vermumme sich einfach, Schal vors Gesicht, Kapuze auf, Sonnenbrille und dann gehe alles. So einfach ist es wohl in Frankreich. Das zündeln hinter Doppelhaltern ist auch wegen der Verbote in Deutschland inzwischen nahezu verpönt und es kommt praktisch überhaupt nicht mehr vor.

Heimblock

BB85-Pullis waren leider nur noch in kleinen Größen vorhanden, Schals überhaupt nicht mehr, so mußten wir ohne Souvenirs heimkehren.

Nach diesen Gesprächen begaben wir uns in den Block. Zuerst fiel uns auf, daß in beiden Ecken des Blocks jeweils ein großes Lautsprechermegaphon aufgestellt war. Der "Capo" benutzte ein Mikrofon, um hindurch zu schreien und die anderen zu animieren. Die Megaphone waren nach oben gerichtet, so kommt der Schal von der Decke zurück auf die Tribüne.

Das sogenannte Intro (Unwort des Jahres) bestand bei der BB aus einigen Doppelhaltern, garniert mit diversen Bengalos und einem Transparent gegen die große französische Tageszeitung "Le Parisien", die in einem Artikel die Ultras von PSG als Faschisten und Verbrecher tituliert hatte. Nach unseren Gesprächen können wir das nicht bestätigen, das ein recht hohes Gewaltpotential herrscht, ist nicht zu bestreiten, allerdings macht die Presse in Frankreich den gleichen Fehler wie anderswo auch: sie schert alle über einen Kamm. Knallt es irgendwo, waren es alle Fans, nicht nur eine Gruppe. Differenzierungen sind bei uns Fußballfans wohl nirgendwo auf der Welt möglich, da wundere sich noch einer über Verbote, Willkür und auf der anderen Seite das steigende Agressionspotential.

Auffällig war auch, daß gleich nach Beendigung des "Intros" alle Doppelhalter über die Köpfe der Fans hinweg nach unten gereicht wurden, wo sie gesammelt aufbewahrt wurden. Diese ersten Sitzreihen sind übrigens fast vollkommen unbesetzt, offensichtlich auch ein selbst gewählter Sicherheitsabstand, um nicht in den Unterrang abzustürzen.

Heimblock

In der gegenüberliegenden Kurve (Virage) bot sich ein beeindruckendes Bild. Die Geburtstagskinder der "Lutece Falco" hatten einiges aufgeboten: schon weit vor Spielbeginn wurden am Dach Fangnetze hochgezogen auf denen ihr Symbol, der Falke, zu sehen war. Kurz vor dem Einlaufen der Mannschaften dann noch ein Transparent in der Mitte dieser beiden mit einem Ball und einem Falken (s. Fotos). Dann pünktlich zum einlaufen eine Choreo: im Oberrang rote Pappen, unten blaue. In der Mitte des Oberrangs dann eine riesige Blockfahne (bei uns natürlich verboten wegen Brandgefahr) mit einem Falken samt Geburtstagskerze.

Zu Beginn des Spiels war eine beeindruckende Atmosphäre, so etwas hatte ich persönlich noch nie in Deutschland erlebt. Der Capo heizte die Massen immer wieder an und es wurde in einer Tour gesungen, geschrien, getobt, gehüpft und getanzt.

Wir konnten die andere Kurve leider nur sehen, nicht hören, aber nach den Berichten der anderen, die genau nebenan saßen, soll es dort ähnlich zugegangen sein. Am meisten Bewegung schien bei den "Tigris" im Unterrang los zu sein. Erkennbar für uns auch die "Hochsitze", von denen aus die jeweiligen Capos ihre Gruppe einpeitschten.

Der Tor-Pogo nach dem 1:0 war schon recht wild und sofort gingen überall wieder die Bengalos an. Allerdings wurde auch immer wieder recht sinnlos während des Spiels gezündelt. Man darf gespannt sein, wann man in Frankreich auf die Idee kommt, Doppelhalter zu verbieten und ob das bei der Größe dieser Gruppen überhaupt durchsetzbar ist. Trotzdem machte das ganze irgendwie einen recht organisierten Eindruck, nirgendwo sprangen Leute beiseite, alle schienen Bescheid zu wissen, die Verletzungsgefahr dürfte geringer sein als auf einer Stehplatztribüne, trotzdem ist und bleibt die Gefahr dieser Teile nicht von der Hand zu weisen. Es bleibt immer ein sehr zwiespältiges Gefühl. Einerseits die Tatsache, daß Bengalos schon dazu beitragen können, eine Atmosphäre abzurunden, andererseits eben die Tatsache, daß sie mehr zerstören können, als allen lieb sein kann.

In dieser Phase hatte die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht, es ging bei uns im Block soweit, daß einige Fans wie bei Rockkonzerten üblich auf Händen durch den Block getragen wurden. Dann war leider schon Halbzeit in einer sportlich eher mäßigen Partie.

Heimblock

In der Halbzeit wurden wir dann von einem gut deutsch sprechenden Franzosen angesprochen, ob wir die Deutschen aus Dortmund seien. Es hatte sich wohl herumgesprochen, daß wir da sind, damit allerdings auch die Gerüchte, wir hätten Rauchbomben mitgebracht. Es hat sich also auch in Frankreich herumgesprochen, daß in Deutschland vermehrt Rauchpulver gezündet wird, von großartiger Stimmung in deutschen Stadien wird aber weniger gesprochen. Da fragt man sich schon, ob es wirklich so wichtig und toll ist, an jeder Ecke Rauchbomben zu zünden, wenn man immer noch nicht das eigentliche Problem, die Stimmung im Stadion, im Griff hat. Da wir nicht gerade als Rauchpulver-Beauftragte nach Paris gefahren sind, konnten wir nicht weiterhelfen. Trotzdem quatschten wir noch ein wenig mit ihm. Er hatte 7 Jahre in Ostberlin gelebt und war in dieser Zeit wohl sehr häufig zum BFC Dynamo gefahren, also eher ein Fan der dritten Halbzeit. Er schien auch vom deutschen Gesang und der - gegenüber Frankreich - Vielfalt der Gesänge und der Schmähungen des Gegners angetan. "Der Schwuchtelgesang", wie er sagte, ginge ihm doch etwas auf die Nerven.

Zur zweiten Hälfte präsentierten die "Lutece Falco" ihre nächste Aktion, schwarze Pappen, links und rechts eingerahmt von gelben Pappen (nur für uns *g*) und zwischen den schwarzen Pappen zu einer 10 geformte Wunderkerzen ergaben ein prächtiges Bild.

Das Spiel wurde immer schlechter und darunter litt nun auch die Stimmung, nach dem 1:1 wurde es noch einmal lauter, doch der um sich greifende Diletantismus auf dem Platz raubte nach und nach die Sangesfreudigkeit. Die Erwartungen waren in Paris auch in diesem Jahr wieder recht hoch, doch die Realität sieht anders aus. Die großen Vereine in Frankreich laufen der Musik hinterher.

Alles in allem ein beeindruckender Abend, aber auch in Frankreich ist nicht alles Gold, was glänzt. Der Gesang ist zwar laut und reißt schnell mit, allerdings wird er nach knapp 30 Minuten doch ziemlich eintönig, da im Grunde immer das gleiche gesungen wird. Längere Lieder sind nahezu gar nicht zu hören gewesen und der Gegner wurde auch in Ruhe gelassen, soweit mein eingerostetes Schulfranzösisch mir gestattete, alles zu verstehen. Doppelhalter, Fahnen und andere optische Mittel unterscheiden sich bei den Franzosen nicht viel von den Deutschen. Sicherlich ist hier und da noch einiges zu verbessern, aber im großen und ganzen dürfte das eine Frage der Organisation und der Größe der Gruppen sein.

Was mir aber besonders negativ auffiel ist, daß die beiden Kurven praktisch gar nicht zusammen arbeiten, ja schon in der gegenüberliegenden Auteuil-Kurve werden von 3 Gruppen verschieden Lieder gesungen (soweit man dies an den Bewegungen erkennen konnte). Ein einziges mal konnten wir die gegenüberliegende Kurve hören, doch anstatt mit einzustimmen, wurde - bewußt oder unbewußt? - etwas anderes angestimmt und gesungen. Einzig das gegenseitige Zurufen von P - S - G funktionierte einigermaßen und zeigte, wie geil die Stimmung sein könnte, wenn alle an einem Strang ziehen. Nach Auskunft des Capos sei dies in Frankreich aber fast normal, einzige St. Etienne habe mit den "Magic Fans" eine übergreifende Gruppe, die alle Fans einigt. Trotzdem bleibt der Eindruck der ersten Halbzeit, als es einfach nur bombastisch war und wir mitgerissen wurden und uns ein paar Brocken französisch aus dem Munde glitten ("Allez PSG!").

Schon vor Abpfiff und dem 1:2 mußten wir das Stadion verlassen, um unseren Bus noch zu erwischen. Nach einigen unnötigen Diskussionen mit dem "freundlichen" Busfahrer, der nicht auf 3 Verspätete die vorgeschriebenen 15 Minuten warten wollte, es dann aber gezwungenermaßen doch tat, verließen wir Paris und erreichten gegen 6:30 Uhr wieder heimatliche Gefilde.

Eine gelungene Tour, die wir bei Gelegenheit wiederholen werden, schließlich müssen wir die Einladung zum gemeinsamen Umtrunk noch nachholen. Vielleicht kommen ja demnächst ein paar Franzosen nach Dortmund.

Hier findet Ihr weitere Fotos aus Paris.

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