1:1 gegen Pauli - und ihr wollt Meister werden ?
Seitdem beim BVB große Töne in Richtung Meisterschaft gespuckt werden, rückt diese immer mehr außer Reichweite. Dabei sollte jetzt alles seinen Lauf nehmen, die dicken Brocken sind weg und danach sollte abgeräumt werden. Pauli, wer ist das schon ? Persönliche Umfragen im Vorfeld ergaben eine klare Tendenz zu Ergebnissen zwischen 3:0 und 6:0 - ein Erwartungsdruck, dem der BVB wohl (noch) nicht gewachsen ist.
Aber der FC St. Pauli hat mal wieder bewiesen, dass er der Favoritenschreck schlechthin ist. Kampfgeist und Tempofußball sind die großen Stärken des kleinen Vereins und beinahe wäre ihm die absolute Sensation gelungen.
Die Aufstellung
Klar war, dass Ricken und Koller ersetzt werden mussten, für sie spielten
Stevic und Sörensen. Für den plötzlich verreisten Evanilson sollte
Reuter die rechte Außenbahn beleben und für ihn dann Stevic die Mitte
abdecken. Ansonsten spielte die Stammmannschaft, so dass aufstellungsmässig
eigentlich keine Defizite zu erwarten waren
Vorab: Das mit der rechten Seite misslang und Sörensen hat sich auch nicht
gerade in die Mannschaft gespielt. .
Seitenwahl verloren, schlechte Startvoraussetzungen, trotzdem brachte der erste Angriff gleich die erste Ecke für den BVB. Dede bekam auf Links den Ball und konnte auf Wörns flanken, der setzte den Ball rechts knapp neben das Tor.
War das jetzt das erwartete Spiel auf ein Tor ?
Nein, das war es nicht -
im Gegenteil, der FC St. Pauli zeigte von Anfang an, dass er sich nicht hinten
reinstellen wollte und hielt offensiv dagegen.
Erster Freistoß für den FC St. Pauli in der 7. Minute Rahn gab auf
Bajramovic und der schoss und scharf, Lehmann konnte gerade so zur Ecke klären,
die brachte allerdings nichts ein.
11.. Min Hereingabe von Amoroso von links auf Sörensen, der war nicht schnell
genug und der Torwart kam kurz vor ihm an den Ball.
Das Spiel war in den Anfangsminuten
zwar munter aber so richtig gefährliche Szenen ließen auf sich warten.
So ganz nebenbei kassierte Stevic in der 13. Minute eine gelbe Karte.
14. Minute: Reuter, auf der rechten Seite gab er auf Rosicky, der lief ein
paar Schritte und zog relativ schlapp ab. Pauli-Keeper Henzler kam gerade noch
dran und weg ist sie, die erste echte Chance des Spiels. Die nachfolgende Ecke
brachte noch einmal eine Kopfballmöglichkeit für Wörns - aber
leider auch kläglich vergeben.
"Und schon wieder keine Stimmung - BVB!"
Dann wieder eine lange Phase des fruchtlosen Gekickes, der Titelanwärter konnte seine nominelle Überlegenheit nicht in eine angemessene Dominanz der Spielkultur umsetzen. Nicht besser die angeblich besten Fans der Liga . Grabesstille auf Süd..."Und schon wieder keine Stimmung BVB" schallte es aus den Pauli-Kehlen der Nordtribühne in der 25. Minute, nachdem die BVB-Fans auf der Süd nach abflauendem Spiel ihrer Mannschaft die Fahnen uns Stimmbänder einrollten.
Nicht gerade meisterlich, der Auftritt des BVB, aber noch viel weniger das Verhalten der Konsumfans auf den Tribünen.
Die äußerst seltenen guten Szenen können auch niemanden erwärmen, weil sie im entscheidenden Augenblick immer wieder aufgrund technischer Mängel zu Frustrationen der Fans führen.
Ein Beispiel hierzu: 31. Minute, genialer Pass von Rosicky auf Ewerthon der ging links durch, zog nach innen aber Amoroso bekam seinen Ball in den Rücken gespielt und versuchte seinen Gegenspieler zu einem Foul zu provozieren, was ihm nur ansatzweise gelang, worauf der Schiedsrichter dem freiwillig zu Boden gehenden Brasilianer zu recht den Strafstoss verweigerte.
Abwehr völlig desorientiert : 0:1
32. Minute - pomadige Spielweise wird immer bestraft : Patschinski mit guter Chance nach einem Freistoss, die desorientierte Dortmunder Deckung versperrte Kehl die Sicht und der fälschte unhaltbar ab - es stand plötzlich und nicht unverdient 0:1 - der Favoritenkiller bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Große ärgern.
Der BVB war schockiert in der Folge lief gar nichts zusammen.
Lange Zeit Leerlauf, allenfalls einige Halbchancen, wie in der 40. Minute: Wörns bekam freistehend eine Flanke von Dede und konnte nach einigen Schritten abziehen - der hätte wohl gepasst - wenn er nur nicht abgefälscht worden wäre.
Kurz vor der Pause, dann eine lässige Flanke von Rosicky auf Sörensen, aber der konnte aus einer guten Kopfballchance nur einen harmlosen Ball machen.
Mit 0:1 ging es also in die Pause und man hatte nicht das Gefühl, dass bald besser würde.
Die zweite Hälfte begann, wie die erste endete:
Grottenkick in Schwarzgelb, der Kampfgeist bestimmte das Spiel und somit hatte die Dauerläufertruppe aus dem Norden klare Feldvorteile.
In dieser Phase war der Spielaufbau der Schwarzgelben völlig daneben, die Zuspiele landen meist beim Gegner und nach verloren Zweikämpfen wurde gar nicht mehr nachgesetzt. Stevic wurde nun zum Buhmann für das verwöhnte Publikum von Ost und West - einer musste ja verantwortlich gemacht werden.
Es musste einfach gehandelt werden und Sammer begann ungewohnt früh mit dem Wechsel.
53. Minute: Addo kommt für Stevic, da der Anteil der Offensivkräfte bei diesem Spielstand logischerweise erhöht werden sollte.
Danach kam zwar mehr etwas Schwung und eine gewisse optische Überlegenheit, aber die Präzision des Zuspiels lies immer noch zu wünschen übrig. In der 55. Minute wurde Addo im Mittelfeld freigespielt, ging Richtung Pauli Tor zog aber völlig ohne Übersicht ab und schlug den Ball ca. 40 m über das Tor.
Das Wechselspiel ging weiter, 58. Minute: Reina kam für Sörensen nachdem der Norweger sich in keiner einzigen Szene schlagkräftig durchsetzen konnte - wobei Reina, zwar wie gewohnt eifrig , auch keine echte Effektivität mitbrachte.
Chancen hat nicht nur der BVB:
59. Minute, Held kann die Vorentscheidung machen, glücklicherweise geht sein Schuss knapp am Tor vorbei.
Auch die Leistung des BVB-Publikums war katastrophal
"Wir woll'n euch kämpfen sehn " - auch die Südtribüne lässt jetzt ihren Unmut über die vermeintliche Leistungsverweigerung einiger Spieler freien Lauf.
Dann gab es zwar in der 59. Und 61. Minute zwei gute Einschussmöglichkeiten für Ewerthon, der passt sich aber leider im Abschluss der gnadenlos schlechten Schussqualität seiner Nebenleute an.
Die folgenden 10 Minuten konnte man pauschal abhandeln: Armseliges Gekicke !
Die Fans des FC St. Pauli eroberten die Stimmung im Stadion, sie setzten auf Sieg und waren oben auf. Kreative Lieder und Non-Stop-Pogo erreichten ihren Höhepunkt.
Das Spiel verarmte mehr und mehr.
Und es wäre sicher nichts mehr passiert, wenn das nicht passiert wäre:
Odonkor kommt
72. Odonkors erster Bundesligaeinsatz, eingewechselt für Ewerthon - der
beste Mann kam zuletzt, er brachte das druckvolle Spiel, auf das wir lange gewartet
hatten.
David Odonkor, 18 Jahre alt, geboren in Deutschland, sein Vater kommt aus Ghana,
seine Mutter ist Deutsche. Daten, die man sich merken sollte, denn eines scheint
klar zu sein: Das wird einer !
76.- Der erste Höhepunkt
der Spiels aus der Sicht des BVB: Odonkor - ein Amateur lässt mit einer
Weltklasseleistung die gesamte Abwehr der Paulianer stehen, gibt, wie es besser
kaum möglich ist, auf den vermeintlichen Weltklassemann Amoroso, der versemmelt
diese Chance aber mit einem jämmerlichen Schussversuch, für den ihn
der ihn in der Kreisliga jeder Trainer gnadenlos unter die Dusche geschickt
hätte.
Aber Sammers Auswechselkontingent war erschöpft und musste er bleiben,
der Ballkünstler aus Südamerika, der so viel Licht aber auch viel
Schatten in ein Spiel bringen kann
Dortmund drückte nun
, aber Pauli blieb gefährlich .80. Minute Paulis bester Mann, Bjaramovic
mit Lattentreffer nach einem Freistoß -damit hätte alles abgehakt
werden können, damit wäre die Partie endgültig entschieden gewesen.
Aber kurz darauf dann die weitere Großtat des neuen Talents:
81. Minute - wieder Odonkor alleine durch, er wurde beim Konter auf das Pauli-Tor
gefoult, ob es im oder außerhalb der 16- Meterrraumes war mag wohl nur
das subjektive Auge entscheiden - Sammer brachte es auf den Punkt: "Das
ist Auslegungssache."
Schiedsrichter Fröhlich entschied auf Strafstoß und den lässt
sich Amoroso natürlich nicht nehmen - 104 km/h unten ins rechte Eck, den
kann keiner halten. Der Ausgleich 1:1
Jetzt wissen wir auch, weshalb Marcio bleiben durfte, denn wär hätte
ihn sonst rein machen sollen ?
Dann die hektische Schlussphase
- der BVB endlich mit Druck, Spiel auf ein Tor, aber auch die insgesamt 12:5
Ecken konnten nichts Zählbares mehr bringen.
Als alles richtig durcheinander ging, bekam Meggle noch mal eben die gelbe,
kurz danach die rote Karte- verwunderlich für jemanden der gar nicht foult
, kann man doch für Meckern normalerweise maximal die Gelb-Rote kassieren.
Aber dem Gerede im Presseraum zur Folge hat Meggle dem Schiri Betrug vorgeworfen,
mit dem Nachsatz: "Jetzt zeigst du mir wahrscheinlich auch noch Rot!"
- was dieser auch prompt tat.
90. Minute - Lehmann machte es noch mal richtig spannend und ging mit nach vorne
- Ein Freistoß sollte zwar in seine Richtung gehen - landete aber in der
Abwehr, den Konter konnte glücklicherweise Wörns - der mit Abstand
beste Mann der Borussen - abfangen.
Den Schlusspunkt setzte David Odonkor- noch ein Sturmlauf von ihm (ist der schnell!) und Schuss aus vollem Lauf auf's Tor, den Henzler mit Mühe abwehren konnte. Schade, es wäre zwar nicht verdient gewiesen, aber was heißt das schon - David Odonkor wäre mit diesem Tor wohl zu einer Legende geworden: 18 Jahre, Amateur, 1. BL-Einsatz und das Spiel alleine umgedreht , so reichte es nur zu einem Gleichstand, vielleicht besser so - für ihn - nicht für den BVB.
Die Pressekonferenz:
Dietmar Demuth:
"Leider wurde unser Auftreten nicht mit einem Dreier belohnt- Ich habe
mich die ganze Saison zurückgehalten, aber so wie wir immer wieder benachteiligt
werden kann man da unten nicht rauskommen. Immer solche Entscheidungen, das
ist schon bitter.
Wir sind nicht der große Verein - wenn es der FC Bayern gewesen wäre
oder Leverkusen, dann ja, die bekommen gegen sich einen Freistoß zugesprochen
und keinen Elfmeter. "
Matthias
Sammer:
(nimmt die letzten Worte von Demuth auf) :" Dem kann ich nur zustimmen....wir
waren insgesamt nicht gallig genug. Ich möchte erwähnen, dass es das
4. Spiel in 10 Tagen ist. Das soll keine Entschuldigung sein, aber es nun mal
unsere Situation. Wenn ich ums überleben kämpfe setze ich mehr Kräfte
frei als wenn ich mich sonne.Wir haben zu viele Fehler gemacht und waren dann
mit dem Ausgleich zufrieden"
Zur Leistung von David Odonkor: "Das, was wir von ihm gesehen haben, ist
schon länger bekannt. Es war wohltuend wie er aufgetreten ist, Kompliment
für den Jungen."
Kabinengeflüster
Meier meinte: "Normalerweise verlierst du so ein Spiel, ich hätte nicht gedacht, dass das noch umgebogen wird." Sein Kommentar zur Publikumsreaktion: "Es ist halt so, dass der Fan kritisch reagiert , die Mannschaft müsste einfach mehr tun"
Metzelder zeigte Unverständnis für das Verhalten der Zuschauer und bezeichnete es als Demontage von Stevic. Micky selbst sah es eher gelassen: "Ich kann damit leben, letzte Woche Otto Addo und jetzt ich. Ich weiß, dass ich mehr bringen muss, um der Mannschaft zu helfen"
Statistik:
Dortmund mit Noten:
Lehmann 2, Wörns 2, Stevic 5 (53. Addo 4), Reuter 4, Metzelder 3, Kehl 5, Dede 3, Sörensen 5 (58. Reina 4), Rosicky 4, Ewerthon 5 (80.Odonkor), Amoroso 5
13. Stevic sieht Gelb , Kehl irgendwann in der zweiten Halbzeit auch
FC St. Pauli:
Henzler, Rahn, Bürger, Meggle, Inceman, Bajramovic, Held, Gibbs, Stanislwaski,
Marcao, Patschinski
Schiedsrichter: Lutz Michael Fröhlich (5)
Tore: 0:1 - Kehl, Eigentor in der 32. Minute, 1:1 - 81. Minute Strafstoss von Amoroso
Zuschauer: 65000
Nachspiel
Die
treuen Anhänger des BVBs lassen sich oft nicht abhalten, ihre Idole zu
sehen. Aber es gibt auch andere, die Fußballer , die eigentlich nur das
Flair des großen BVB schnuppern wollen. So auch eine Abordnung des SV
Wietmarschen ( www.sv-w.de ), die sich heimlich und unkontrolliert nach dem
Spiel den Presseraum schlich um die große Fußballwelt hautnah zu
erleben. Niemand hat sie bemerkt - nur schwatzgelb.de. Nö, BVB_Fans seien
sie eigentlich nicht, aber wenn es guten Fußball gibt, dann wohl hier.
Na - das war uns ein Foto wert . Wir übersenden hiermit unsere Grüsse
an Bernd Süwold, Michael Brink, Christian Keutes, Jörg Tausch und
Stefan Gottbehäde nach Wietmarschen.