Tatort Bundesliga - der 7. Spieltag 02/03: Bremen und Dortmund jagen schwächelnde Bayern
So langsam ordnet sich das Tabellenbild der Fußball-Bundesliga. Nach sieben gespielten Runden sieht der Deutsche Meister aus Dortmund erstmals die Tabellenspitze aus nächster Nähe. Noch vor den Borussen, auf Platz zwei hinter dem schwächelnden FC Bayern platziert sich jedoch die aktuelle Mannschaft der Stunde, der SV Werder Bremen. Alle Jahre wieder tot gesagt, schafft es Werder-Coach Thomas Schaaf immer wieder Feuer in die unterkühlt wirkende hanseatische Lebensweise zu bringen.
Das "weiße Ballet" strauchelt auch in der Bundesliga
Was war nicht alles zu lesen über den FC Bayern nach den Auftaktsiegen gegen Fußballmächte wie Bielefeld, Nürnberg oder Cottbus. "Das weiße Ballett", "die Zauber-Bayern" und mitten drin "der beste Mittelfeldspieler der Welt", Michael Ballack. Schon geisterte die Angst vor einem Alleingang des Rekordmeisters durch die Medien. Doch was sich schon in der Champions-League gegen La Coruna und Lens angekündigt hatte, fand nun bei der 1:2-Schlappe des Rekordmeisters in Leverkusen seinen Höhepunkt. In lethargischer bis arroganter Manier, ließ sich die Hitzfeld-Truppe in der BayArena von giftigen Rheinländern den Schneid abkaufen und half dem Vizemeister seinen Absturz vorerst zu stoppen. Schon früh legte Weltmeister Lucio mit einem Freistoß-Hammer Oliver Kahn ein Ei ins Nest, was dieser wohl zum Anlass nahm knapp 15 Minuten später mit einer dieser Aktionen, die ihn in der gesamtem Bundesliga so beliebt machen, die Gemüter zu erhitzen. Sein Klammergriff gegen Thomas Brdaric und die anschließenden Rangeleien waren jedoch nur ein Randnotiz eines überharten Bundesligaspiels mit insgesamt 67 Fouls, acht Gelben und einer Gelb-Roten-Karte.
Diese handelte sich besagter Bradric ein der, nicht minder dumm und unbeherrscht, drei Minuten nach dem Zusammenstoß mit Kahn Jens Jeremies rüde fällte und zu recht die Ampelkarte sah. "Es war grausig mitanzusehen. Die beiden Mannschaften hätten sich besser aufs Fußballspielen konzetrieren sollen", sprach Bayern-Vorstandsmitglied Karl-Heinz Rummenigge wohl allen Betrachtern aus dem Herzen. Das Bayer, bei dem Hans-Jörg Butt für den angeblich verletzten Frank Juric zwischen den Pfosten stand, auch in Unterzahl die drei Punkte behielt, verdankten sie ausgerechent einem Münchener. Daniel Bierofka traf drei Minuten nach seiner Einwechslung und stellte den Spielverlauf nach dem Platzverweis damit auf den Kopf. An seinem "besonderen Gefühl gegen Bayern zu treffen", änderte auch der späte Anschlusstreffer durch Salihamidzic nichts mehr, der Gigant aus der bayrischen Landshauptstadt war erstmals in dieser Saison geschlagen. Und Ballack ...? Nun ja der tragische WM-Held blieb blass, verausgabte sich bei seinem Interviewmarathon nach dem Spiel mehr als während der 90 Minuten zuvor. Für Kahn bleibt sein Aussetzer (mal wieder) folgenlos, es scheint wer sich mit dem Bundesadler auf der Brust verdient gemacht hat, genießt so etwas wie Immunität. Wenn dann zu allem Überfluss auch noch solch sensationelle Schlagworte wie "Fußball ist ein Männersport" als Rechtfertigung für dieses Fehlverhalten bemüht wann werden, dann ist das gerade aus dem Munde des deutschen Nationalmannschaftskapitäns, mehr als fragwürdig.
Der Meister wahrt seine weiße Weste
Sieben Spiele zum Auftakt ungeschlagen, den vereinsinternen Startrekord eingestellt: Zumindest tabellarisch meldet sich Borussia Dortmund in der Spitze der Bundesliga zurück. Das der Auftritt beim 1:0-Erfolg gegen die andere Borussia aus Mönchengladbach aber nicht ausschließlich zufriedene Gesichter zurückließ, lag an offenkundigen Problemen die der Meister an den Tag legte. Denn fußballerischen Glanz versprühte der BVB nicht gerade, nach dem Blitzstart durch Ewerthon (scheiterte nach 15 Sekunden an Jörg Stiel) bestimmte viel Leerlauf das Offensivspiel. Und auch die rein statistisch beste Abwehr der Liga (5 Gegentore) machte in einigen Situationen nicht den sattelfestesten Eindruck. Dennoch zeigte der Last-Minute-Erfolg eine Stärke der Borussen auf, die schon in der Meistersaison der Schlüssel zum Erfolg war. Körperlich in der Lage bis zum Schluss Gas zu geben, ist jeder der Schwarzgelben Einzelkönner in der Lage ein Spiel zu entscheiden. Gegen Gladbach war es der kleine Ewerthon, der Stiel drei Minuten vor dem Ende lässig umkurvte und zum Dortmunder Siegtor einschob.
Es war bereits der vierte Saisontreffer des 22jährigen Meisterhelden, dem BVB-Sportmanager Michael Zorc nicht ohne Stolz "ein große Zukunft" bescheinigt und schon jetzt die zweite Hälfte der Transferrechte von den Corinthians Sao Paulo erstehen will. BVB-Coach Matthias Sammer zeigte sich im Bewusstsein "der Probleme die wir noch haben" durchaus zufrieden mit dem Saisonstart. "Wir haben einen Vereinsrekord gebrochen und sind noch ungeschlagen, also warum sollten wir und beschweren", so der Rotschopf, der sein Team nun auf die schwierige Auswärtsaufgabe in der Königsklassse beim PSV Eindhoven vorbereiten muss.
Überflieger zurück auf dem Boden der Tatsachen
Der siebte Spieltag wurde für einige Teams zu Offenbarungseid. In Rostock, Bochum und Schalke steht nun erst einmal nüchterne Fehleranalyse vor Träumereien. Vor allem die Blau-Weißen aus Gelsenkirchen, die sich schon als Bayern-Jäger Nr.1 sahen, erlebten auf der Bielefelder Alm einen bösen Reinfall. Ausgerechnet ein Platzverweis gegen den Arminen Arthur Wichniarek, war in der ostwestfälischen Provinz der Nagel zum Sarg für S04. Nach den beiden Elfmetertoren durch Erhan Albayrak (4.) und Schalkes "Uru" Gustavo Varela (10.), schwang sich der Senegalese Mamadou Diabang zum Bielefelder Helden auf. Nachdem er den Strafstoß zum 1:1 verschuldet hatte, entschied er nach einem maßgenauen Konter die Partie für den Aufsteiger. "Ich hatte bei der Mannschaft noch was gutzumachen", erklärte der Siegtorschütze nach dem Spiel. Nach dem nunmehr dritten Saisonsieg blickt das Team von Benno Möhlmann damit nun erst einmal entspannt auf die Abstiegsränge. In Rostock und Bochum ist die Normalität wieder eingekehrt. Die Hansa-Kogge kam beim, zweifellos unglücklichen, 1:2 gegen ein aufstrebendes Hannover vom Kurs ab, der VfL geriet im Ruhrstadion beim 1:4 gegen Werder Bremen böse unter die Räder.
Den zweiten Auswärtssieg in Folge hatte Hannover 96 wieder einmal seinem Traumpaar im Sturm zu verdanken. Der Kameruner Mohammed Idrissou glichWibrans Führungstreffer aus, der Siegtreffer gelang, na wem wohl - Natürlich dem in Dortmund ausgemusterten Fredi Bobic. Unglaublich wie der ehemalige Nationalstürmer bei Aufsteiger zu alter Stärke zurückfindet. Zwar steht die Rangnick-Elf weiter auf einem Abstiegsplatz, die jüngsten Auftritte lassen jedoch keine Zweifel mehr an der Konkurrenzfähigkeit zu. Hansas dritte Pleite im Ostseestadion bestätigt hingegen die warnenden Worte von Trainer Armin Veh der stets zu Realismus mahnte. Der dritte Neuling aus Bochum erwischte einen rabenschwarzen Sonntagnachmittag und bekam das gesamte Selbstvertrauen von Werder Bremen zu spüren. Der hanseatische Mut zur Offensive um das tolle Angriffstandem Ailton und Charisteas (zusammen schon 10 Tore) , erhielt von abwehrschwachen Bochumern tatkräftige Unterstützung. "Wir konnten die Ausfälle nicht verkraften", analysierte VfL-Coach Peter Neururer, der erstmals seine Erfolgsmannschaft umstellen musste.
Und ewig ruft das Mittelmaß...
Für einen Fan gibt es wohl kaum etwas Schlimmeres, als seine Mannschaft emotionslos im Mittelmaß herumdümpeln zu sehen. Nun gibt es in der Bundesliga gewisse Vereine, bei denen in den letzen Jahren Platzierungen zwischen Rang acht und 12 fast zu einer Tradition wurden. So fristen auch in diesem Jahr der TSV 1860 München, der VfL Wolfsburg oder der Hamburger SV ihr Dasein in den grauen Niederungen der Tabelle. Wobei alle drei am Wochenende siegten. Die 60er höchst umstritten dank eines "Hand-Tors" von Markus Schroth gegen abgestürzte Herthaner aus der Hauptstadt, Wolfsburg brachte durch einen Maric-Treffer Ede Geyers Stuhl in Cottbus arg ins Wackeln und in Hamburg rettete der Argentinier Romeo mit einem Doppelpack gegen den VfB Stuttgart den Kopf seines Trainers.
In der Pfalz gehen die Licher aus
Sicher, es ist noch etwas früh um endgltige Abgesänge auf den 1.FC Kaiserslautern anzustimmen, der Zustand in dem sich das Team aus der kleinsten Bundesligastadt jedoch zur Zeit präsentiert ist höchst besorgniserregend. Auch der neuen Coach Eric Gerets konnte die Wende in der total verunsicherten Mannschaft noch nicht herbeiführen im Kellerduell beim 1.FC Nürnberg setzte es die nächste Schlappe. Kaum ein Team ist jedoch in der Lage so eine Vielzahl von Ausfällen zu verkraften, gleich neun Spieler fielen für das Gastspiel im Frankenstadion aus. Einzige "positive" Nachricht dabei: Die Ansteckungsgefahr von Hany Ramzys TBC-Erkrankung konnte gebannt, eine Infektion von weiteren Spielern ausgeschlossen werden. Zudem verstärken Gerüchte um große Finanzprobleme (man sprich von 20 Millionen Euro Schulden) den Druck auf die FCK-Führung. Nächste Woche stehen die Pfälzer gegen Energie Cottbus schon am Scheideweg. Bei einer Niederlage würde der Abstiegskampf wohl auch längerfristig zur traurigen Realität.