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Tatort Bundesliga - der 32. Spieltag: Bundesliga außer Rand und Band

22.04.2002, 00:00 Uhr von:  BoKa
Tatort Bundesliga - der 32. Spieltag: Bundesliga außer Rand und Band
Tatort Bundesliga

Was für ein Spieltag: Elfmeter die keine waren, kosten (bringen) wohlmöglich Millionen, Rangeleien, Hauereien, eine rote „Leck-mich-am-Arsch“ Karte und ein sich mal wieder selbst diskreditierender Vorstandsvorsitzender aus Bayern, der nun einmal gern Medienpräsenz genießt. Das alles ist die „Marke Bundesliga“, die als Unterhaltungsfaktor aus dem deutschen Familienleben nicht mehr wegzudenken ist! In der Tat ist die Liga spannend wie nie und wieder bläst die schreibende Zunft mit Superlativen a la „Beste Saison, die es je gab“ zum medienträchtigen Halali, aber wo bleibt die Fairness dabei?

Leverkusen: Etwa doch Hachingsyndrom?

Das meistgenannte Negativ- Saisonfinish ist wieder in aller Munde. Kleine Rückblende noch mal zum genüsslichen Erinnern: Vor zwei Jahren reiste Bayer am letzten Spieltag komfortabel mit drei Punkten Vorsprung in Unterhaching an, brauchte lediglich ein torloses Unentschieden, verlor das Spiel aber 0:2 und den Titel an die zeitgleich siegreichen Bajuwaren. Alles deutet darauf hin, dass es am Ende wieder nur Tränen für Bayer geben könnte, denn bei der siegesverwöhnten Truppe vom Rhein liegen die Nerven böse blank. Und was hört man da aus Leverkusen? An die schon seit geraumer Zeit übel an die Öffentlichkeit dringenden Sprüche des Dummdreisten Werkself-Trainers hat man sich schon gewöhnt, ebenso an das zügellose Absondern vom „Paten“, der seinen geistigen Schwachsinn hemmungs- wie gnadenlos ins Volk posaunt, aber was wir da jetzt zu hören kriegen, toppt alles: Haue- und Raufereien in der Bayarena!

Am Boden: Leverkusens Kapitän Nowotny nach der richtungsweisenden Heimpleite gegen Bremen
Am Boden: Leverkusens Kapitän Nowotny nach der richtungsweisenden Heimpleite gegen Bremen

Unmittelbar vor dem Anpfiff des Heimspiels gegen Werder Bremen, soll es dem Vernehmen nach zu eskalierenden Handgreiflichkeiten zwischen Verantwortlichen und Spielern des Tabellenführers und friedlichen Bremer Fans gekommen sein. Der ehemals auch in Dortmund einen Stefan Klos zur Bundesligaspitze puschende Torwarttrainer "Toni" Schumacher soll den Werder-Anhänger Torben Keller mal eben so aus dem Stand krankenhausreif geschlagen haben. "Ich habe sofort vor Ort bei der Polizei Anzeige gegen Schumacher erstattet", bestätigte Keller jedem auf Nachfrage. Noch auf dem Stadiongelände musste sich das Mitglied des Fanclubs "Eastside" von Sanitätern behandeln lassen, nach der Rückkehr aus Leverkusen begab er sich ins Zentralkrankenhaus in der St. Jürgenstraße. Die niederschmetternde Diagnose: Jochbogen- und Augenhöhlenfraktur. "Außerdem ist meine untere rechte Gesichtshälfte taub, eventuell muss ich noch operiert werden", sagte ein frustrierter Torben Keller, der heute allerdings zwei wichtige Termine hat - einen zur Computer-Tomographie, den anderen bei seinem Anwalt. Zu den Auseinandersetzungen kam es, als rund 40 Bremer Fans den Leverkusener Mannschaftsbus unmittelbar vor dem Stadiontor nicht durchfahren lassen konnten. "Weil die Seiten zugeparkt waren, konnten wir gar nicht woanders herlaufen", verteidigt sich Keller. Und Werders über alle Zweifel erhabener Fan-Beauftragter Dieter Zeiffer betonte nachdrücklich: "Es gab keinen Bremer Angriff auf den Bus." Nach erfolglosen Hupversuchen von Fahrer Günther Thiel stoppte der Bayer-Mannschaftsbus schließlich ab und Schumacher, Trzolek, Toppmöller sowie die Spieler Zé Roberto, Lucio, Ramelow und Sebescen stiegen aus und zettelten lautstark ein Handgemenge an. Wie mehrere Augenzeugen übereinstimmend berichteten, entstanden daraus kurz drauf ernstere Handgreiflichkeiten. "Und Schumacher kam auf mich zu und versetzte mir einen Schlag ins Gesicht, obwohl ich ihn nicht angegriffen hatte", versicherte der geschädigte Keller. Nun hat ja gerade unser "Toni" dieserart eine böse Vergangenheit. Jeder erinnert sich mit Grauen an die WM 1982, als er mit Anlauf den Franzosen Battiston krankenhausreif niedergestreckt hatte und anschließend den Ahnungslosen mimte. Und so verwundert es auch nicht weiter, dass er die Anfrage vom Bezahlfernsehen „Premiere“ zum Vorfall sogleich dazu nutzte um eine Unschuldsbeteuerung an die Fußballfans der Nation zu richten: "Ich habe einen Schlag auf den Kopf und eine Fahnenstange ins Kreuz gekriegt", wusste er nur zu erzählen. Von zielgerichteten Fausthieben seinerseits gab es selbstredend natürlich kein Sterbenswörtchen zu hören...

Leverkusener Sticheleien

Überaus hitzig ging's hernach dann auch auf dem Ground zu. Schon in der Anfangsphase gerieten Toppmöller und Schaaf schon mal verbal aneinander. Und vor dem von Frank Rost gehaltenen und schwach geschossenen Elfmeter waren es Schütze Jörg Butt und Werders Holländer-Oldie Frank Verlaat, die alles andere als Zärtlichkeiten austauschten. Und so passte es auch ins Bild eines emotionsgeladenen Fights, dass Werder- Keeper Frank Rost - kurz bevor er in den Mannschaftsbus stieg – noch einmal volles Rohr in Richtung Leverkusen grantelte: "Die haben sich vor dem Spiel unwahrscheinlich wichtig genommen und sich über uns lustig gemacht.“ Es sei „unter aller Sau" gewesen, was dort abging, giftete Bremens Torsteher. Der Grund seiner Erregung war dann auch für alle im Bayer-Stadion-Heft nachzulesen. "Jahresmeister 2001 - das sei wie Weihnachtsmeister 2001, ein bisschen besser als Bademeister 2001", stand da auf Seite 16 geschrieben. Und einige Zeilen weiter: "Werder fällt in diesen Monaten ins Auge. Nicht wegen seiner Taktik oder seiner Tore, sondern wegen seiner Trikots. Denen fehlt einfach etwas." Die Lektüre brachte Frank Rost so auf die Palme, dass er seine Antipathie deutlich machte: "Die Quittung für ihre Lästerein haben sie jetzt bekommen. Am besten, sie kriegen in Nürnberg noch eine. Ich jedenfalls hoffe nicht, dass die Meister werden“, drückte der künftige Schalker dem BVB öffentlich fest die Daumen.

Während im Rheinland die Erinnerung an die „Schmach von Unterhaching“ wieder auflebt und Nervosität angesichts der Medienpräsenz des Traumas unvermeidlich wird, wittert die Konkurrenz Morgenluft. Dortmund und selbst die Bayern haben die eingemotteten Träume vom Titel wieder ausgepackt - und angesichts der Konstellation wird nun tief in die psychologische Trickkiste gegriffen. „Leverkusen wird noch Federn lassen. Die fangen jetzt an zu denken. Da wird jedes Spiel zu einer einzigen Hölle.“ Jedoch, wenn die anderen „die Schale nicht wollen, nehmen wir sie gern“, auch zum vierten Mal in Folge“, sagt Nationalkeeper Olli Kahn aufreizend.

Amoroso erhält Dortmund weiter die Träume

Nur noch zwei Punkte: Der als abgeklärt geltende Marcio Amoroso zeigt seine Emotionen
Nur noch zwei Punkte: Der als abgeklärt geltende Marcio Amoroso zeigt seine Emotionen

„Lange Zeit wollten wir Meister werden und haben gepuscht ohne Ende. Dann haben wir allen gratuliert und jetzt sind wir plötzlich wieder im Rennen. Das ist verrückt und macht mich wahnsinnig. Im Fußball gibt es Dinge, die passieren immer dann, wenn niemand damit rechnet“, gab Dortmunds Trainer Matthias Sammer einen Einblick in seine Gemütslage nach dem glücklichen 2:1 gegen den designierten Absteiger aus Köln. Doch bei Abwehrspieler Jürgen Kohler wächst nach dem Siegtor von Marcio Amoroso, der Glaube an die eigene Stärke und den doppelten Titel-Coup merklich: „Jetzt werden wir es schaffen. Wer so ein Spiel noch gewinnt, beweist Klasse.“ Was auch Jungnationalspieler Sebastian Kehl nur dick unterstreicht: “Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Aber in dieser Phase der Saison geht es nicht um Ästhetik, sondern nur um den Sieg.“ BVB-Präsident Gerd Niebaum mochte von der verbesserten Aussicht auf die sechste Meisterschaft des diesjährigen Uefa-Cup-Finalisten nichts wissen: „Leverkusen ist weiter Favorit. Sie können Reiner Calmund ins Tor stellen und holen trotzdem die notwendigen vier Punkte.“ Der zurückgeschleuderte Giftpfeil aus purer Ironie: „Keine schlechte Idee, der Calli wäre sicher breit genug, um ins Tor zu gehen“, findet sogar Toppmöller...

Der Fußballgott muß Borusse sein!

Die große Anzeigetafel im Westfalenstadion zeigte die 89. Minute, als der bis dahin glücklose Marcio Amoroso wie selbstverständlich zum Strafstoß antrat und Borussia Dortmund wieder in Reichweite der deutschen Fußball-Meisterschaft schoss. Anschließend brachen bei dem Herzblut- Brasilianer alle Dämme und er ließ seinen Gefühlen freien Lauf...

Überhaupt der Elfmeter: Als die Szene im Anschluß an das Spiel via Fernsehmonitore in den Presseraum gelangte, sprangen die den FC Köln begleitenden Journalisten wie von der Tarantel gestochen auf und schrien – ihre berufliche Neutralität vernachlässigend – Worte wie Sauerei oder Skandal in den Raum. Warum eigentlich erst da? Nun, die Antwort liegt auf der Hand, denn auf dem Grün konnten sie es ebenso wenig sehen, wie die 69.000 Zuschauer oder Schiedsrichter Dr. Fleischer! Mindestens jeder zweite im Stadion hatte „mit eigenen Augen“ gesehen, dass Reeb den einschussbereiten Kohler am Trikot gezupft - und damit folgerichtig – den Elfmeter verursacht hatte, oder nicht? Alles andere war für unser Sehvermögen eine enorme Herausforderung, die zu Meistern gar nicht so leicht zu absolvieren war. Deshalb: Nachdrücklicher Freispruch für den Schirri!!

Die „BILD“ schrieb in ihrer heutigen Ausgabe: „Leverkusen war fast Meister, verliert gegen Bremen und hat jetzt die Hosen voll. Dortmund hatte Bayer schon gratuliert, kriegt einen Witz-Elfer, bleibt dran.“ Moment mal: Hatte Leverkusen zur Unterstützung ihrer Titelambitionen von Schirri Alfons Berg etwa keinen „Witzelfmeter“ bekommen? Was können wir in Dortmund denn dafür, wenn dieser von Butt (der bei der Nationalmannschaft seinen Kollegen Rost ausführlich über seine Elfer-Kniffe ins Benehmen setzte) versemmelt wird? Komische Agitation immer in der vierlettrigen Schmierpostille, muß man schon sagen!

Tatsache aber bleibt: Borussia hätte schon vor dem Halbzeitpfiff wesentlich mehr Kapital aus ihrer Dominanz schlagen und das Spiel für sich entscheiden müssen. Christoph Metzelder, Marcio Amoroso (2x), Jan Koller und Stefan Reuter vergaben aussichtsreich und in Serie hochkarätige Möglichkeiten zum zweiten Treffer. Die einzige Chance der Gäste resultierte aus einem verunglückten Abwehrversuch von Christian Wörns, als er den von Lottner scharf hereingebrachten Ball an die eigene Latte des BVB-Gehäuses lenkte. Von den eigenen Fans nach den Zwischenergebnissen aus Leverkusen buchstäblich nach vorn gepeitscht, erkämpfte sich Borussia Dortmund in der Schlussphase allerdings weitere Möglichkeiten. Doch vor dem Kölner Tor versagten den hochdotierten BVB-Stars die Nerven. Sebastian Kehl und auch Jan Koller, dessen schwachen Schuss mit dem „falschen Fuß“ Kölns Abwehrspieler Rigobert Song auf der Linie klärte, sowie Amoroso hatten die Vorentscheidung mehrfach auf dem Fuß. Diese schludrige Abschlussschwäche ist es, die den BVB immer wieder in nervliche Verzwickung bringt und wir wollen inständig hoffen, dass sie jetzt wieder ordentlich Zielwasser unter der Woche trinken, denn ganz Schwatzgelb rüstet zum Sturm auf die sündige Hansestadt...

Hertha fällt zurück und hadert mit Kemmling

Fakt is in der mit reichlich überzüchteten Träumereien ausgestatteten Hauptstadt: Champions League ade! Nach der Pleite von München müssen die Herthaner jetzt sogar wieder um Rang sechs zittern. Davon will jedoch der Interimscoach nichts wissen. Falko Götz: "Bei uns gibt's kein Zittern. Wir brauchen noch einen Punkt und haben ein Heimspiel gegen Schalke. Da machen wir dann alles klar." Müssen die Berliner auch. Schließlich dürfte es nach Lage der Dinge für Leverkusen am letzten Spieltag nun doch noch einmal richtig eng werden. Von der Königsklasse träumt zumindest keiner mehr in den Hertha-Reihen. Michael Preetz: "Daran brauchen wir jetzt nicht mehr zu denken. Für uns geht's jetzt darum, das internationale Ticket und damit das Saisonziel zu sichern. Und dafür fehlt uns noch ein Punkt." Denn mit 59 Punkten wären die Herthaner auf Grund des besseren Torverhältnisses mindestens Sechster. Und dieser Rang berechtigt ja auch noch für den UEFA-Cup. Grund dafür ist, dass mit Leverkusen und Schalke zwei Teams im Pokalfinale aufeinander treffen, die sich bereits einen internationalen Startplatz gesichert haben.

Bayern Claudio Pizarro und Andreas Schmidt versuchen an den Ball zu kommen.
Bayern Claudio Pizarro und Andreas Schmidt versuchen an den Ball zu kommen.

Also Schwamm drüber und sich über den UEFA Cup freuen? So einfach ist es nicht. Mit der 0:3- Klatsche beim FC Bayern München hat Hertha BSC eine große Gelegenheit verpasst. Statt Platz drei stehen die Blau-Weißen, durch das zeitgleiche 2:1 des FC Schalke 04 gegen den 1. FC Nürnberg nur noch auf Platz fünf. Der SV Werder Bremen siegte auswärts bei Bayer 04 Leverkusen. Damit ist selbst die fast schon sicher geglaubte UEFA-Cup-Teilnahme ist nun wieder ernsthaft in Gefahr.
Blickt man zurück auf das "Endspiel um Platz drei" bleibt augenscheinlich ein Aspekt im Gedächtnis haften. Schiedsrichter Uwe Kemmling und seine Assistenten sorgten für reichlich Wirbel auf dem Spielfeld und viel Unmut unter den gut 5.000 mitgereisten Hertha-Fans (darunter auch ein Sonderzug – Bericht hier: http://www.sueddeutsche.de/sport/1bundesliga/content/41904/index.php?url=sport%2F1bundesliga%). Nicht nur die umstrittene Abseitsentscheidung als Michael Preetz nach Steilpass von Marcelinho freie Bahn gehabt hätte, wird garantiert noch in den nächsten Tagen für viel Gesprächsstoff sorgen. Noch unübersichtlicher waren die Ereignisse um den Platzverweis von Dick van Burik. Nach einem relativen harmlosen Rempler (war garantiert kein Foul) von Herthas Abwehrchef an Bayerns Giovanne Elber zückt Kemmling zunächst die Gelbe Karte, um kurz darauf die Rote nachzuziehen. Was was passiert? Mit unsportlichem Verhalten begründete Schiedsrichter Uwe Kemmling (Kleinburgwedel) anschließend den Spielausschluß vielsagend. Dick van Burik soll nach dreimaligem Ansprechen des Schirris (Sagen Sie ihren Namen) mit „Leck mich am Arsch“ geantwortet haben! Danach wurde es turbulent. Wie beim Eishockey, entwickelt sich eine Rangelei in Herthas Strafraum. Thorsten Fink stellte sich „schützend vor den Schiri“ (O-Ton Fink). Das wiederum nahmen ihm die Herthaner übel und Josip Simunic verpaßte Fink kurzerhand eine satte Backpfeife. Dass das Ziel der Herthaner ausgerechnet Bayerns Thorsten Fink war, hätte dem Schiedsrichter zu denken geben müssen. Aber was passiert, Kemmling zeigt Fink ebenso wie René Tretschok die Gelbe Karte. Offensichtlich scheint da eine Provokation von Seiten des gebürtigen Dortmunders vorgelegen zu haben. Sei es drum, Hertha musste die Partie mit zehn Mann beenden und unterlag am Ende folgerichtig wie chancenlos mit 0:3. Auch Herthas Manager Dieter Hoeneß machte noch seine Bekanntschaft mit Kemmling. Eine Unterhaltung zwischen ihm und dem Unparteiischen vor Beginn der zweiten Hälfte hatte folgen. Der Referee schickte auch Hoeneß auf die Tribüne. Und somit stand für die Berlin- Delegation unumstößlich fest, dass Schiedsrichter Kemmling die Münchner mit seinen Entscheidungen höchstwahrscheinlich auf die Siegesstraße brachte.

Schon vor den Querelen um Stefan Effenberg war das Stadionheft des FC Bayern München in Druck gegangen und erlangte für das Spiel gegen Hertha BSC ganz ungewollt besondere Aktualität. »Servus Effe« prangte in dicken Lettern über einem seitengroßen Bild des suspendierten Mittelfeldmannes. Sanftmütig und gedankenverloren blickte der dort als „große Spieler-Persönlichkeit“ gepriesene Effenberg vom Titelblatt. Doch gegen Berlin durfte er nicht mitspielen. Mit seinen Äußerungen über Arbeitslose hatte er sich aus dem Kader gegen Hertha BSC geredet und die Nation einmal mehr polarisiert.

Unterdessen tänzelte Franz Beckenbauer vergnügt im Olympiastadion auf dem Weg ins „Bayern- Stüberl“ und meinte: „Jo mei, rein rechnerisch is no alles drin“. Und

Übeltäter Thorsten Fink versicherte nebenan glaubhaft, „dass jetzt alles möglich ist, ich glaube, wir können es schaffen.“ Und unten im Kabinengang stand Oliver Kahn in seinen lehmigen Fußballschuhen und spielte den Betriebspsychologen für den wankenden Tabellenführer Bayer Leverkusen: „Der wahnsinnige Druck, der jetzt auf Leverkusen lastet, ist unmenschlich, unglaublich, kaum zu ertragen - ich kenne das.“

In Freiburg glimmt noch ein Hoffnungsfünkchen...

Freudensprünge in Freiburg: Haben die Torschützen Jan Männer (oben) und Adel Sellimi (unten) den SCF am Ende vor dem drohenden Abstieg bewahrt?
Freudensprünge in Freiburg: Haben die Torschützen Jan Männer (oben) und Adel Sellimi (unten) den SCF am Ende vor dem drohenden Abstieg bewahrt?

Der SC Freiburg lebt noch! Die Breisgauer haben sich im Kampf gegen den Abstieg mit einem sensationellen 3:1 über den 1. FC Kaiserslautern eindrucksvoll zurück gemeldet. Mit dem Erfolg beendeten die Breisgauer am Sonntag eine Negativserie von zwölf Spielen ohne Sieg und kämpften sich zwei Spieltage vor Liga-Schluss wieder auf einen Punkt an den 1. FC Nürnberg und damit an einen Nichtabstiegsplatz in der Fußball-Bundesliga heran. In dem mit 25 000 Zuschauern ausverkauften Freiburger "Dreisamstadion" vergab Kaiserslautern die Chance, in die UEFA- Pokalränge vorzustoßen. "Es ist noch nichts in trockenen Tüchern", warnte Freiburgs Keeper Timo Reus nach dem Abpfiff eindringlich und forderte von seiner Mannschaft: "Wir müssen die letzten Spiele gegen Köln und den HSV auch noch gewinnen." Sein Pendant beim FCK, Georg Koch, kritisierte: "Ich habe die Mannschaft diese Woche vor Freiburg gewarnt. Aber ich glaube, es haben nicht viele zugehört."

Freiburg kehrte zur Dreierkette zurück, Müller schob sich als zentraler Mann situationsbedingt vor seine Innenverteidiger, die im Raum verteidigten. Vor Lars Hermel, der vor der Abwehr die Lücken schließen sollte, postierte Finke vier Offensivkräfte. Bei den Gästen rückten die Außen Basler und Pettersson vor, um den kopfballstarken Lokvenc über die Flügel zu bedienen. Hengen dirigierte die Dreierkette. Der FCK ließ jedoch von Beginn an keinen Zweifel daran, die 2:5- Schmach aus der vergangenen Saison wieder gut machen zu wollen. Nationalstürmer Miroslav Klose hatte nach Vorarbeit von Vratislav Lokvenc die Führung in der 5. Minute auf dem Fuß, scheiterte aber an SC- Keeper Reus. Wenig später vergaben Jörgen Pettersson, Mario Basler mit einem Heber und erneut Klose, die die schwache Freiburger Abwehr zwar leicht überwinden, aber nicht zu einem Tor abschließen konnten. Nach einer Viertelstunde dominierte Lautern, Freiburg mangelte es vor allem an einer konstruktiven Spieleröffnung. Aus der Dreierkette schaffte es keiner, das Spiel zu ordnen, Räume zu schaffen oder den Ball nach vorne zu tragen. Das gewohnte Freiburger Kurzpassspiel fand nicht statt, weil Hermel nicht überzeugte, die Außen defensiv gebunden waren und But und Coulibaly zu oft vor dem Ball standen. Zudem waren die langen Bälle gegen die Lauterer ein untaugliches Mittel. Den kämpferisch aufspielenden Breisgauern fiel das Umschalten von Abwehr auf Angriff schwer. Kaiserslautern trat sehr selbstbewusst und sicher auf. Die Spitzen Lokvenc und Klose hielten die Bälle geschickt, legten gut ab auf die nachrückenden Mittelfeldspieler und deckten die Schwächen von Kondé und Diarra schonungslos auf. Nach dem Führungstor wirkte Freiburg wie befreit, drehte auf und konterte zielstrebig, vor allem durch Kobiashvili und But. Abder Ramdane, erst spät eingewechselt und ohnehin ein erstklassiger Fußballer, bereitete mit seiner ersten guten Szene das 2:0, kurz später sogar das dritte Tor vor.

Mit diesem Sieg erhalten sich die „Breisgau- Brasilianer“ zumindest noch die Chance, in Köln und am letzten Spieltag an der Dreisam gegen den ambitionslosen Hamburger SV doch noch die Klasse zu sichern und uns eine der schönsten Auswärtsfahrten der Saison zu erhalten...

VfL verewigt sich in den Geschichtsbüchern

"Mann des Tages" – Stürmtank Diego Klimowicz
"Mann des Tages" – Stürmtank Diego Klimowicz

Auftakt nach Maß - treffender kann man die ersten 7 Spielminuten der Partie zwischen dem VfL Wolfsburg und dem FC Hansa Rostock am Samstag nicht bezeichnen. Mit einem Blitzstart nahmen die Wölfe dem Gast aus Mecklenburg-Vorpommern jede Illusion, den Klassenerhalt im VfL-Stadion perfekt machen zu können.
Egal für welchen Verein ihr Herz nun geschlagen hat, die 12.615 Zuschauer im Stadion dürften sich, ob nun positiv oder negativ, die Augen verwundert gerieben haben. Mit einem Doppelpack innerhalb von 59 Sekunden (!!!) legte Diego Fernando Klimowicz in der vierten und fünften Spielminute den Grundstein für Wolfsburgs neunten Heimsieg der laufenden Saison. Damit schraubte der Argentinier sein Torkonto auf zehn Treffer. Es war bereits sein dritter Doppelpack seit seinem Wechsel zu den Wölfen Anfang Dezember 2001. Die Sportzeitschrift "Kicker" hat Diego Klimowicz zum "Mann des Tages" gewählt. Nur 60 Minuten stand der Argentinier auf dem Platz, doch das reichte offenbar, die Redakteurskollegen vom „Kicker“ zu überzeugen.

Ob mit grandiosem Kopfball, einem Mordsschuss oder feinem Gefühl für Kombinationen - Diego Klimowicz zeigte gegen Rostock seine Klasse in allen Lagen. An 13 der letzten 15 VfL-Tore war er nun beteiligt (neun Treffer, vier Assists). Deshalb nennt ihn VfL- Keeper Claus Reitmaier auch nur noch "Diegol" und ist froh, mit ihm in einem Team zu spielen - "auch im Training".

Als Robson Ponte kurz darauf auch noch das 3:0 folgen ließ, kannte der Jubel in Deutschlands hässlichstem Stadion keine Grenzen mehr. Was aber zu diesem Zeitpunkt kaum einem im Stadion bewusst gewesen sein dürfte, der VfL Wolfsburg verewigte sich durch diesen Treffer in den Geschichtsbüchern. Drei Treffer innerhalb von 166 Sekunden, das gab es noch nie in einem Bundesliga-Spiel. Dass es, trotz des furiosen Auftakts, am Ende "nur" ein 4:0 gab, dürften die Wölfe- Fans gerade so eben verschmerzen können. Bereits nach 37 Minuten stand das Endergebnis von 4:0 fest. Da hatte auch noch „Seuchenvogel“ Andrzej Juskowiak zugeschlagen. Trainer Wolfgang Wolf brachte es auf den Punkt. Bei so einem Spielstand schaltet man oft automatisch einen Gang zurück. Aber auch so, kann der VfL wieder auf einen einstelligen Tabellenplatz zum Saisonende hoffen. Denn der TSV München 1860 kam beim FC Energie Cottbus nicht über ein 1:1 hinaus.

Sorgen, die sich in Rostock keiner zu machen braucht. "In der ersten Halbzeit hatte das mit erster Bundesliga nicht viel zu tun", resümierte ein offensichtlich angesäuerter Armin Veh nach der Partie. Und diese Aussage wird ihm wohl auch jeder abnehmen, der das Geschehene gesehen hat. Was die Spieler in Wolfsburg gezeigt haben, war eines Profifußballers nicht würdig. Auch wenn man gleich nach zwei Minuten den ersten Gegentreffer bekommt, muss man so nicht einbrechen. Das darf gestandenen Profis eigentlich nicht passieren. Denn Wolfsburg war gewiß auch keine Übermannschaft, sondern ein Team, dass mit etwas mehr Einsatz durchaus zu bezwingen gewesen wäre. Aber was soll's liebe Hansestädter, dann wird der erste Auswärtspunkt eben noch schnell in München geholt.

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