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Tatort Bundesliga - der 21. Spieltag: Welch wundervolle Fügungen! - Diesmal rappelte es in den „richtigen“ Kästen!

07.02.2002, 00:00 Uhr von:  BoKa
Tatort Bundesliga - der 21. Spieltag: Welch wundervolle Fügungen! - Diesmal rappelte es in den „richtigen“ Kästen!
Tatort Bundesliga

Was war das für ein Spieltag? Die Ereignisse überschlugen sich im 1o Minuten-Takt. Die Anzeigetafel blinkt und vermeldet: Tor für Hamburg in Kaiserslautern, dann wieder tosender Jubel in St. Pauli und zum guten Schluß noch die erfreuliche Punktelosigkeit in Leverkusen... Wann, fragt sich der schwatzgelbe Stadionbesucher, wann wenn nicht jetzt? Soviel Massel wie in dieser „jecken Zeit“ wird einem der Fußballgott doch kein zweites mal zuteil werden lassen?

Bayern auch im „Armenhaus“ abgefiedelt

Freude in St. Pauli: Mit dem 2:1-Sieg gegen Bayern gaben die Kietz-kicker die "Rote Laterne" an den „Karnevalsverein“ aus Köln ab...
Freude in St. Pauli: Mit dem 2:1-Sieg gegen Bayern gaben die Kietz-kicker die "Rote Laterne" an den „Karnevalsverein“ aus Köln ab...
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Abstiegskandidat St. Pauli hat am 21. Spieltag der Fußball-Bundesliga für die größte Sensation gesorgt und Weltpokalsieger Bayern München bis auf die Knochen blamiert. Die Hamburger feierten gegen den deutschen Meister einen hochverdienten 2:1 -Erfolg und gaben durch ihren dritten Saisonsieg die Rote Laterne des Tabellenletzten an den 1. FC Köln ab. Die Bayern, die sich nach dem 2:0 vom vergangenen Sonntag gegen Bayer Leverkusen in ihrer „großkopferten-mir-san-mir-Art“ schon wieder auf Meisterkurs wähnten, laufen ihrerseits nun erneut Gefahr, sogar den Anschluß an einen Champions-League-Platz zu verpassen. Von einer erfolgreichen Titelverteidigung reden die Bayern, die ihre vierte Auswärtspleite in Folge kassierten, angesichts von 9 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund in diesen Tagen schon gar nicht mehr. Allerdings wäre es verfrüht, würden die Dortmunder von ihrem richtungsweisenden Gipfeltreffen im Olympiastadion diesen angeschlagenen Gegner samt Trainerstab jetzt unterschätzen!

Aber zurück zum "Klassenkampf": Der Underdog gegen die Übermannschaft, der ärmste Klub der Bundesliga gegen den reichsten, das Tabellen-Schlusslicht gegen das beste Team der Welt - gegensätzlicher könnte eine Partie nicht sein. Und dennoch, den gestrigen Abend werden die Münchner Fußball-Millionäre so schnell nicht vergessen. Die Bruchbude am Millerntor - für verwohnte bajuwarische Starkicker war es wie der Rundgang in einer anderen, längst vergangenen Zeit. Oben prangt das Schild "Vor Betreten der Umkleideräume Schuhe ausziehen" - wer sich nicht da dran hält, kriegt es mit Paulis Kult-Zeugwart Bubu Bubke zu tun. Unten angekommen, mussten die Superstars eng zusammenrücken: Ihnen stand nur ein Drittel ihrer Münchner Kabinengröße zur Verfügung: Zwei je 18 Quadratmeter kleine Räume. Wer Platzangst kriegt, dem geht es dreckig. Trotz "Notausstieg"- Schild gibt es kein Entkommen. Wer seine Notdurft verrichten muss, braucht starke Nerven. Das Einquadratmeter-Klo zwischen beiden Räumen stinkt schon vor der Benutzung bestialisch. Die Tür ist oben offen, der Geruch der großen weiten Fußball-Welt verbreitet sich in Windeseile. Bei Pauli gibt es auf sieben Quadratmetern bloß sechs Duschen - davon drei, die einigermaßen funktionieren. Nach dem Abpfiff empfahl sich also für Effe & Co. ein Sprint. Dieses Vor- und Nach-Spiel werden die Bayern-Millionäre sicher so schnell nicht vergessen...

Und die Bayern?

Die haben offenbar die Hosen voll, kriegten überhaupt kein Bein an die Erde. Wer an einen Sturmlauf der Münchner im zweiten Durchgang geglaubt hat, irrt. St. Pauli ließ sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen - und machte beinahe das 3:0. Nach Patschinskis langem Ball war Kahn eher am Ball als Meggle, schießt ihm die Kugel in den Rücken, die langsam auf die Linie zurollt. Aber Kovac ist eher dran als Rath, kann eine Viertelstunde vor Schluß klären. In der 79. Minute (!) die erste Bayern-Chance: Scholls Schuss kann Henzler unschädlich machen. Vor 20.735 Zuschauern am natürlich ausverkauften Millerntor waren die Bayern über die gesamte Distanz zu pomadig und gegen die auch spielerisch überzeugenden Gastgeber nahezu chancenlos. Thomas Meggle nach einer halben Stunde mit seinem dritten Saisontreffer und Nico Patschinski drei Minuten später machten bereits im ersten Durchgang die Sensation perfekt. Der Franzose Willi Sagnol konnte mit seinem ersten Treffer für den Rekordmeister in den Schlussminuten lediglich nur noch verkürzen. Ganz St. Pauli feiert danach diesen „historischen Sieg gegen den Klassenfeind“ so ausgelassen, als wäre der eigene Klassenerhalt bereits erledigt....

Und Bayer droht ein neues Trauma...

Ze Roberto springt zwar höher als sein Gegenspieler Oude Kamphuis, am Ende aber war Leverkusen geschlagen...
Ze Roberto springt zwar höher als sein Gegenspieler Oude Kamphuis, am Ende aber war Leverkusen geschlagen...
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Dem lange Zeit als „unbesiegbar“ geltenden Werksclub aus Leverkusen droht in der Liga wieder einmal im Schlußspurt die Luft auszugehen. Die 0:1-Heimniederlage gegen Schalke war jetzt die zweite Pleite binnen vier Tagen. Was ist in den vergangenen Tagen, seit dem „traditionell enttäuschenden“ Auftritt bei den Münchener Bayern, nicht alles über die Kicker von Bayer 04 Leverkusen gesagt und geschrieben worden? "Hosenscheißer" seien die Mannen von Trainer Klaus Toppmöller, und außerdem würden sie aufgrund ihres ach so schwachen Nervenkostüms auch in den nächsten hundert Jahren niemals deutscher Meister... Es ist schon verrückt mit diesen Leverkusenern. Da räumten sie zu Beginn der Saison alles weg, was sich ihnen in den Weg stellte. Sie ließen sich durch nichts, aber auch gar nichts beirren. Selbst dämliches Gequatsche aus München, oder Rückstände auf dem Spielfeld bogen sie mit einer Selbstverständlichkeit ins Gegenteil um. Jetzt aber, da es bei der Vergabe um die Deutsche Meisterschaft, jener Trophäe also, die man sich unterm Bayer-Kreuz doch so sehnlichst herbeiwünscht, auf die Zielgerade geht, scheint der Zauber in Leverkusen mal wieder rechtzeitig verflogen und das Glück abhanden gekommen zu sein.

Je mehr man sich in Leverkusen am späten Mittwochabend auch bemühte, nach dem 0:1 gegen Schalke jegliches Krisengetuschel von sich fern zu halten, um so mehr erhärtete sich der Verdacht, man habe inzwischen vielleicht selbst genügend Zweifel an der wahren Titeltauglichkeit bekommen. Denn bei aller Anerkennung um das ernste Bemühen, nach der 0:2-Pleite bei den Münchner Bayern wieder nervliche Stärke und fußballerische Klasse beweisen zu wollen, bleibt als erdrückendes Fazit, dass man nicht einmal in der Lage war, aus gut 20 Chancen auch nur einen zählbaren Erfolg zu verzeichnen. Derweil reichte dem aufstrebenden Gegner aus Schalke nur eine einzige Chance, um zum vierten Mal in Folge als Sieger vom Rasen zu tänzeln. Angesichts dieser eklatanten Unterschiede fiel dem ansonsten so begnadeten rheinischen Wortakrobaten Rainer „der Pate“ Calmund so dann auch nur die banale Feststellung ein: „Wenn man keine Tore schießt, kann man auch nicht gewinnen!“

Sie hätten ja nur die wirklich größten Chancen aus der ersten Halbzeit nutzen müssen. Diese allein hätte alle Male gereicht, um den Himmelblauen einen ähnlichen Abgang zu bereiten, wie diese es ganz zur Freude der Leverkusener unlängst mit den Bayern getan hatten. So aber muss Klaus Toppmöller und seine Mannschaft nunmehr am Samstag gegen den Nachbarn aus Mönchengladbach selbst die Hufen schwingen und den Münchnern die Daumen drücken. Sonst kommt Unterhaching eher, als ihnen lieb ist. Toppmöller dazu ganz unweltmännisch: „Ja, ich drücke in der Bundesliga den Bayern selten die Daumen. Diesmal werde ich es aber tun.“

Und einmal so richtig in gängigen Beschwörungsritualen angekommen: „Ich kann allen versprechen: Leverkusen wird nicht einbrechen, wir haben heute gezeigt, dass wir mit den Schmähungen und dem Druck durchaus fertig werden. Nur belohnt worden sind wir nicht.“ Trotzdem ist der Leverkusener Motivator überzeugt: „Wir werden dran bleiben. Dortmund hat auch noch ein schweres Programm. Ende Februar sehen wir alle klarer“, beschloß er die Rettung in Allgemeinplätze vorzuziehen. Auch sein Defensivstratege Carsten Ramelow sieht keinen Grund, „alles über den Haufen zu werfen. Die Meisterschaft ist und bleibt unser Ziel.“

Blaue mit »Option für alles«

Die scheinen offenbar auch die Königsblauen wieder ins Visier genommen zu haben. Manager Rudi Cigar, der sich wieder einmal nicht zierte, von einem „glücklichen Sieg“ zu sprechen, will öffentlich nach wie vor keine Zielkorrektur vornehmen, um Trainer Huub Stevens nicht frühzeitig in Schwierigkeiten zu bringen: „Lasst uns Fünfter werden, und die Welt ist in Ordnung!“ Trotzdem scheint – angesichts der Platzierung des „Erzfeindes“ an der Tabellenspitze - der Revierclub wieder Appetit auf mehr bekommen zu haben. „Es läuft wohl alles auf einen Fünfkampf hinaus“, mutmaßte sogar Ebbe Sand, der das Geheimnis des neuen Schalker Erfolges in der Rückkehr seines Stürmerkollegen Emile Mpenza begründet sieht: „Es ist wichtig, dass Emile wieder da ist. Mit ihm ist alles einfacher.“ So auch das mögliche Erreichten des für die Champions League berechtigenden dritten Tabellenplatzes. „Dieser dritte Platz ist durchaus möglich“, glaubt Sand, während Andreas Möller wieder einmal in völliger Verkennung seiner eigenen, aber auch der gesamten Mannschaftsleistung in seinen Gedankenspielen wesentlich weiter ist: „Wir haben die Option für alles!“ Oh Andy, wenn Du Dich da mal nicht irrst....

„Brasilien- Connection“ schlägt erbarmungslos zu!

Borussia´s Top-Torschütze Marcio Amoroso kann auch von Leonardo Dede nicht gestoppt werden...
Borussia´s Top-Torschütze Marcio Amoroso kann auch von Leonardo Dede nicht gestoppt werden...
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Während der Rekordmeister derzeit gegen die sog. „Kleinen“ der Liga so keine rechte Einstellung an den Tag zu legen pflegt, bauten die Dortmunder derweil durch einen 2:0 „Pflichtsieg“ gegen Hansa Rostock die am vergangenen Wochenende eroberte Tabellenführung weiter aus.

Die Dortmunder „Sturmgranaten“ Ewerthon und Amoroso haben mit ihren Treffern beim 2:0-Erfolg gegen Hansa Rostock die Tabellenführung des BVB auf solidem Fundament gefestigt. Mit seinem nun schon siebenten Saisontor in der 66. Minute hatte Ewerthon die Gastgeber endlich in Führung gebracht. Sein Landsmann Amoroso ließ es sich nicht nehmen und machte in der 81. Minute mit seinem auch schon elften Treffer in dieser Spielzeit den verdienten Sieg perfekt. Die Mannschaft von Trainer Matthias Sammer blieb damit auch im elften Spiel in Folge ungeschlagen und darf weiter vom ganz großen Wurf träumen!

Trotzdem klaffte im Westfalenstadion erneut für alle anwesenden sichtbar, eine große Lücke zwischen dem aus den schwatzgelben Reihen postulierten Anspruch und der dargebotenen Realität. Erneut präsentierte sich der BVB über weite Strecken des Spiels weitesgehend einfallslos gegen die disziplinierten und kampfstarken Rostocker. Sebastian Kehl brachte im defensiven Mittelfeld noch die konstruktivsten Ansätze in die ideenlose Vorstellung. Dagegen zeigte sich bei Lars Ricken wieder einmal, dass er sich wesentlich wohler fühlt, wenn er nicht als „Kopf“ des Dortmunder Mittelfelds gefordert ist, sondern als unterstützende Kraft quer Beet herumwirbeln kann.

Jetzt konsequente Vorbereitung auf den Gipfel

Ansonsten blieb vieles nur Stückwerk gegen das aggressive Pressing der Gäste. Dortmund ließ vor allem beim Spielaufbau viele Wünsche offen. Beim Treffer von Ewerthon bedurfte es schon eines Blackouts der Hansa-Abwehr. Erst nach dem Treffer platzte bei den Borussen der Knoten, verstärkte sich der Druck und es boten sich weitere Chancen, um das Ergebnis deutlicher zu gestalten. Unter dem Strich konnte allenfalls das eigene und die Ergebnisse der Konkurrenz die Zuschauer versöhnen sowie die Tatsache, dass die Borussen jetzt vier Punkte Vorsprung auf die Verfolger Bayer Leverkusen und 1. FC Kaiserslautern haben. Was soll´s „Mund abputzen, weiter“, pflegt in solchen Fällen der ehrgeizige Coach immer zu sagen. Und seien wir doch mal ehrlich: Lange kann man sich auf „König Zufall“ und den Fußballgott nicht mehr verlassen! Es wäre schon angesagt, würde der BVB in München jetzt endlich mal das bisher „geschonte Potenzial“ abrufen und die Bayern spielerisch wie kämpferisch von eine große Hürden stellen!!!

Gladbach putzt Köln von der Platte!

Befreiungsschlag: Gladbach´s Arie van Lent jubelt über seine drei Treffer
Befreiungsschlag: Gladbach´s Arie van Lent jubelt über seine drei Treffer
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Mit seinem lupenreinen Hattrick innerhalb von nur 14 Minuten hat Arie van Lent seine „Mönchengladbacher Sorgenkinder“ im Duell gegen den Erzrivalen aus Köln gewonnen und zugleich die „Geißböcke“ noch tiefer in den Abstiegsstrudel gestürzt. Im 68. rheinischen Derby war er mit seinen Buden maßgeblicher Garant beim 4:0 Heimsieg(!) nach zehn sieglosen Partien der Rheinländer über den ungeliebten Nachbarn. Somit deutet sich bei den Domstädtern auch die nächste Umbesetzung auf dem Trainersessel an. FC-Präsident Albert Caspers hatte bereits vor der Partie für den Fall einer weiteren Niederlage angekündigt, "die Trainerfrage neu zu überdenken". Die Tage von Amateurcoach Christoph John auf der Bank des FC dürften damit gezählt sein, einen Nachfolger haben die Kölner bislang aber – wie verlautete - noch nicht gefunden. Das Schlimmste aber ist, dass es offenbar keinerlei Konzept zu geben scheint. Denn im „kölschen Klüngel“ machen nicht nur die Hauptdarsteller in kurzen Hosen einen Fehler nach dem anderen. Auch die sportliche Führung ist für Pleiten. Pech und Peinlichkeiten verantwortlich: Erst gaben sie dem überforderten Ewald Lienen das angebliche uneingeschränkte Vertrauen, um nach der ersten Niederlage nach der Winterpause dem umstrittenen Trainer sodann die Entlassungspapiere zu überreichen. Dann werden flugs drei Ausländer teuer eingekauft, wovon der eine derzeit mit Kamerun in Afrika um kontinentale Titel spielt und die anderen Beiden wohl absehbar keine Verstärkung sind. Und nach nur einem glücklichen Pokalsieg wurde einem bis dato unbekannten Interimstrainer über Nacht Rückendeckung erteilt. Nun werden die Tage des Christoph John gezählt sein. Fazit: Köln ist derzeit klarer Abstiegskandidat!

Zu allem Überfluß setzte sich vor 30.000 Zuschauern am Bökelberg die Negativserie der Kölner nahtlos fort: Sieben Spiele ohne Sieg und sage und schreibe 698 Minuten ohne Tor stehen nun für den Tabellenvorletzten zu Buche. Beim Aufeinandertreffen der beiden zuletzt harmlosesten Sturmreihen der Bundesliga kämpften die Widersacher verbissen und waren mit jeweils drei Spitzen auch offensiv ausgerichtet. Doch sie stellten zunächst erneut lediglich ihre Abschlussschwäche unter Beweis. Hinzu kam noch Pech: Erst schoss Daniel Felgenhauer nach knapp zehn Minuten noch über das Tor, jedoch anschließend hatten Gladbachs Fans den Torschrei schon auf den Lippen: Ein 22-Meter-Freistoß von Daniel Felgenhauer prallte erst gegen die Unterkante der Latte, von dort eindeutig hinter die Linie und dann wieder heraus. Doch Schiedsrichter Lutz-Michael Fröhlich entschied „in der „Woche der Schiedsrichter“ kurioserweise auf Weiterspielen. Vier Minuten später bot sich dem FC, der erstmals in dieser Saison vor einem Pflichtmatch nicht ins Trainingslager gegangen war, durch den französischen Neuzugang Lilian Laslandes die Gelegenheit zum 0:1, er scheiterte jedoch am Schweizer Keeper Jörg Stiel. Den Abpraller konnte der überraschte Markus Kurth ebenfalls nicht verwerten. Auf der Gegenseite zielte Igor Demo (31.) aus 16 Metern knapp am Tor vorbei.

Nach dem Wechsel folgte der erlösende Doppelschlag für die Gastgeber: Nach vermeintlichen Foul von Alexander Voigt am gern dahinsinkenden Steffen Korell entschied Fröhlich sofort auf Strafstoß, den Münch sicher verwandelte. Es war der erste Treffer für die Gastgeber nach 385 torlosen Minuten. Kurz nach dem vorentscheidenden Treffer zum 2:0 provozierten enttäuschte Kölner Fans eine fünfminütige Unterbrechung. FC-Rowdies hatten aus dem Kölner Block zwei Leuchtkugeln aufs Feld in die Nähe von Stiel geschossen, so dass Fröhlich die Partie kurzzeitig unterbrach. Danach blieb es Torjäger Arie van Lent vorbehalten, mit seinen Saisontreffern sieben bis neun für die deutliche Deklassierung zu sorgen. Auf die Kölner kommen nun schwere Zeiten zu: Zu allem Überfluss müssen sie am Sonntag beim Hamburger SV noch Kapitän Dirk Lottner wegen dessen fünfter Gelber Karte ersetzen.

Hertha-Fans schaffen Schreckenszenario!

Gespenstische Kulisse im „Stadion der Freundschaft“, als Hooligans aus beiden Lagern Bengalische Fackeln auf´s Spielfeld warfen (hier Herthas Keeper Fiedler)
Gespenstische Kulisse im „Stadion der Freundschaft“, als Hooligans aus beiden Lagern Bengalische Fackeln auf´s Spielfeld warfen (hier Herthas Keeper Fiedler)
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Unter skandalösen Begleitumständen hat Energie Cottbus am Dienstag Abend Hertha BSC Berlin mit 1:0 gegen die Berliner Hertha einen wichtigen Sieg im Kampf gegen den Abstieg verbuchen können. Die Truppe von Noch- Hertha-Trainer Jürgen Röber enttäuschte dabei abermals auf ganzer Linie. Nach dem Siegtreffer durch Marko Topics darf Cottbus mit nunmehr sechs Zählern nach der Winterpause weiter auf den Klassenerhalt hoffen, nachdem die Partie wegen undisziplinierter Zuschauer wenige Minuten nach Beginn sogar kurz vor dem Abbruch gestanden hatte. Hertha hingegen, im Uefa-Cup kläglich und im DFB-Pokal ebenfalls bereits ausgeschieden, verliert zusehends Boden auf die Europapokal-Plätze. Dem Hauptstadtklub steht nun in den nächsten Tagen eine schmutzige Diskussion über eine vorzeitige Trennung von dem im Sommer scheidenden Trainer Jürgen Röber, der seinerseits bereits mit Abstiegskandidat 1. FC Köln in Verbindung gebracht wird, bevor.

Vor 15.600 Zuschauern fanden in der Lausitz die negativen Höhepunkte allesamt abseits des Rasens statt. Das Derby hatte jedoch noch gar nicht begonnen, schon gab´s die erste Aufregung. Aus dem Berliner Fanblock flogen Bengalische Fackeln auf das Spielfeld und Leuchtraketen wurden in andere Zuschauerblöcke abgeschossen. Nach Hooligan- Ausschreitungen und teilweisen Übergriffen durch die Energiefans, konnte Schiedsrichter Jürgen Jansen (Essen) die Partie erst mit fünfminütiger Verspätung anpfeifen. Das Leder rollte lediglich drei Minuten, als in einem der Cottbus-Blöcke ein Feuer entfacht und Leuchtraketen auf den Platz gefeuert wurden. Jansen unterbrach das Spiel, und erst nachdem die Profis schon den Platz verlassen hatten und Geyer die Randalierer beruhigt hatte, konnte das Match nach fünf Minuten fortgesetzt werden. "Diese Rotznasen würde ich am liebsten persönlich aus dem Stadion prügeln", kommentierte Cottbus-Präsident Dieter Krein erzürnt die Nachricht, dass sogar Zehnjährige unter den Unruhestiftern gewesen sein sollen. Etwa 25 Polizeibeamte bauten sich nach der Unterbrechung vor dem betreffenden Block auf und hielten die Situation anschließend unter Kontrolle. Schon vor dem Schlusspfiff hatte die Kriminalpolizei erste Täter verhaftet. Sorgen dürfte den Lausitzern neben dem aktuellen Vorfall auch ihre "Vorstrafe" aus dem Herbst machen. Am 22. September hatten Randalierer aus dem gleichen Block den Schiedsrichter-Assistenten im Spiel gegen Bayern München (0:3) mit Eicheln beworfen. Cottbus war daraufhin mit einer Strafe von rund 20.000 Euro belegt worden.

Auf dem Platz passierte wesentlich weniger. In einer zerfahrenen Begegnung mit vielen Fehlpässen und leichten Fouls vergab Topic für die Hausherren zunächst die besten Möglichkeiten (15. und 23.). Spielmacher Vasile Miriuta scheiterte mit einem Freistoß (39.). Auf der anderen Seite vergab Stefan Beinlich eine gute Kopfballmöglichkeit. Nach dem Wechsel bemühten sich beide Teams, doch auch vermehrter Druck führte vor Topics Treffer per platziertem Flachschuss nicht zu Möglichkeiten. Eduard Geyer hatte sein Team für das brisante Derby gleich auf mehreren Positionen gehörig durcheinandergewirbelt. Nach der Niederlage in Nürnberg sollten frische Kräfte das Duell gegen Hertha entscheiden. Im Mittelfeld tauschte der Coach gleich dreifach. Witold Wawrzyczek bekam zum ersten Mal seit langem einen Platz in der Startformation. Neuzugang Timo Rost feierte sein Debüt im Energie-Trikot. Andrzej Kobylanski und Bruno Akrapovic mussten dafür auf der Bank Platz nehmen. Dort saß auch Ronny Thielemann für den Laurentiu-Aurelian Reghecampf nach seiner Gelbsperre ins Team zurückkehrte. Und auch im Sturm baute Eduard Geyer um. Neben Marko Topic stürmte Publikumsliebling Franklin, doch wesentliche Gefährlichkeit ging davon nicht aus. Zudem Spiel deutlich und für alle vernehmbar seine Wechselabsichten. "Ich verlasse Cottbus zu 99% zum Saisonende", verkündete der ungarische Nationalspieler nach der Partie im heimischen Stadion der Freundschaft. Miriuta konnte in der laufenden Saison bisher zwar nur selten überzeugen, gilt aber wegen seiner Unberechenbarkeit im Kreativzentrum als gefährlicher Freistoßschütze und Führungsspieler. Fazit: Ein „Typ“ wie er würde dem FC Energie Cottbus zweifellos fehlen. Die Lausitzer ihrerseits sind allerdings weiter ganz dick im Rennen um den Klassenerhalt!

Hoeness feuert Röber wie erwartet...

Jürgen Röber als Trainer von Hertha BSC Berlin entlassen
Jürgen Röber als Trainer von Hertha BSC Berlin entlassen
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Gestern dann platzte die „Bombe“, die längst schon keine mehr war. Die Uhr von Jürgen Röber als Trainer von Hertha BSC Berlin ist nach über sechs Jahren – zumeist erfolgreicher Zeit - abgelaufen. Damit zog das Präsidium des Hauptstadtklubs bei einer Krisensitzung an einem geheimen Ort die Konsequenzen aus der sportlichen Talfahrt und vollzog die "einvernehmliche Trennung", wie es dann immer so schön in einer eilends veröffentlichten Pressemitteilung zur „Befriedung des Mobs“ heißt. "Mit dieser Entscheidung soll die Verkrampfung innerhalb der Mannschaft gelöst werden, um die minimale Chance, das Saisonziel zu erreichen, wahren zu können", teilte der Traditionsklub mit. Während die "Scheidung mit Ankündigung" von Stevens beim Traditionsklub S04 Siege einspielte, erwies sich dieses Modell für die Berliner als "mission impossible". "Wir haben einen absoluten Scheißlauf", musste der zusehends ratloser werdende Röber in der Nacht auf Mittwoch in Cottbus eingestehen. Trotz aller Beteuerung von Manager Dieter Hoeneß zu Jahresbeginn ("Mit Röber weiterzumachen ist kein Experiment und kein Risiko, das wird die Rückrunde nicht belasten") kam der Klub mit der im Dezember bekannt gegebene Trennung nicht klar. "Wir werden in aller Ruhe Maßnahmen ergreifen, die für eine Verbesserung sorgen", hatte Hoeneß nach der extrem schwachen Vorstellung in Cottbus noch zweideutig bilanziert. "Der Verein ist sich darüber im klaren, dass die Entscheidung, die in der Winterpause gemeinsam mit Jürgen Röber aus voller Überzeugung getroffen wurde, revidiert werden muss.

Stuttgart leistet „Wiederaufbauhilfe“ für Nürnberger Kellerkinder

Verbissener Kampf um die Punkte in Stuttgart: Alexander Hleb (l) unterliegt im Zweikampf dem Nürnberger Rajko Tavcar (r).
Verbissener Kampf um die Punkte in Stuttgart: Alexander Hleb (l) unterliegt im Zweikampf dem Nürnberger Rajko Tavcar (r).
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Die „nur“ 27.000 Zuschauer im Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion sahen eine interessante Bundesliga-Partie, in der beide Teams zunächst vor allem – und das verwundert – vornehmlich spielerisch zu gefallen wussten. Doch mit "drei halben Eigentoren" hat sich der gastgebende VfB Stuttgart zunächst selbst aus dem Rennen um einen UEFA-Cup-Platz katapultiert und dem stark gefährdeten 1. FC Nürnberg willkommene Geschenke im Kampf gegen den Abstieg gemacht. "Wir haben den Gegner förmlich eingeladen, Tore zu schießen. Für die in dieser Saison so noch nie da gewesenen groben Abwehrfehler hat uns der ’Club’ abgestraft", kritisierte VfB-Trainer Felix Magath seine unerklärlich schwach spielenden Schützlinge nach der 2:3-Schlappe gegen den Tabellen-16. Das waren halbe Eigentore." Während die Schwaben vor allem in der Abwehr wie von allen guten Geistern verlassen spielten, schienen die Franken nach ihrem jüngsten Erfolg gegen Cottbus von einem neuen Geist beflügelt zu sein. "Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen", sagte "Club"- Trainer Klaus Augenthaler, bei dem der Nerven aufreibende Überlebenskampf in der Bundesliga tiefe Spuren im zerfurchten Gesicht hinterlassen hat. "Sie hat nach dem Ausgleich unheimliche Moral bewiesen."


Vor allem dank Cacau kann der "Club" wieder Hoffnung schöpfen. Der 20 Jahre alte Brasilianer nutzte anfängerhafte VfB-Abwehrfehler gnadenlos aus, muss aber laut Augenthaler noch abgeklärter werden. "Noch weitere drei Mal lief er aufs Tor zu", kritisierte der Coach Cacau. Dieser bedankte sich nach seinem zweiten Doppelpack im erst siebten Erstligaeinsatz ganz oben: "Ich danke Gott, dass er uns wieder geholfen hat." Dass die Nürnberger ihren Anteil zu dem Überraschungscoup beigetragen hatten, verhehlte auch der tief gläubige Christ nicht. "Wir haben gut gespielt, gut gekämpft, gut gearbeitet und verdient gewonnen", lautete sein Fazit. Nürnbergs Wintereinkauf Tommy Larsen , sah allerdings nach etwas mehr als sechzig Minuten die gelb-rote Karte wegen wiederholten Foulspiels.

Cacau´s auf dem T-Shirt abgedruckter Leitspruch "Jesus kommt wieder" gilt nach dem zweiten Sieg in Serie auch für seinen Verein: Nürnberg kommt wieder, auch wenn es wegen der parallelen Erfolge der unmittelbar davor platzierten Abstiegskandidaten weiterhin im Tabellenkeller bleibt. "Angesichts der Siege von Cottbus und Gladbach war dieser Dreier Gold wert", strich "Club"-Präsident Michael Roth die enorme Bedeutung des zweiten Auswärtssiegs heraus. Cacau erhält demnächst eine Belohnung: Der vor Monaten noch beim Landesligisten Türk Gücü vor den Toren Münchens kickende Vertragsamateur wird zum Profi befördert.

Beim VfB dürfte es dagegen eher Abmahnungen hageln, auch wenn sich Magath gelassen gab. "Heute entsprach unsere Leistungsstärke Platz 15", wies er auf eklatante Schwächen an allen Ecken und Enden hin. Die Viererkette des, sonst immer ein Garant für Stabilität, leistete sich nicht nur ungewohnte, sondern auch böse Schnitzer. Selbst der sonst souveräne Abwehrchef Bordon ließ sich von der allgemeinen Verunsicherung anstecken. Und das 0:1 ging voll auf Fernando Meiras Kappe. Der mit 7,5 Millionen Euro teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte behinderte seinen herauslaufenden Torhüter Timo Hildebrand und machte dadurch für den heranstürmenden Cacau den Weg frei. "Meira war morgens wegen eines Magen-Darm-Infekts in der Klinik. Aber den Ball kann er auch in schlappem Zustand wegschlagen", rüffelte er seinen Neuzugang für dessen zwei Spiel entscheidende Patzer. Zugleich gestand Magath dem Portugiesen zu, sich erst umstellen zu müssen. Auch der insgesamt anfälligen Abwehr erteilte der Trainer Absolution: "Wir dürfen auch mal hinten ein Spiel verlieren." Das Thema UEFA-Cup hat sich vorerst erledigt. "Jetzt brauchen wir nicht mehr nach oben zu schauen. Ich habe hier immer vor Euphorie gewarnt", meinte Magath anschließend vielsagend...

Der freie Fall des SV Werder geht weiter...

Bester Bremer in München: Krisztian Lisztes, der hier Uwe Ehlers was auf die Socken haut und damit dessen verletzungsbedingtes Ausscheiden verschuldet
Bester Bremer in München: Krisztian Lisztes, der hier Uwe Ehlers was auf die Socken haut und damit dessen verletzungsbedingtes Ausscheiden verschuldet
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Werder Bremen kann selbst gegen schwache "Löwen" nicht mehr gewinnen. Bis gestern Abend war der Fehlstart des SV Werder nur ein kleiner Schönheitsfehler, doch mit der neuerlichen 1:3- Niederlage beim TSV 1860 München wächst sich die Negativ-Serie langsam aber behände zur handfesten Krise aus. "Jetzt müssen wir uns das Glück wieder erarbeiten", blieb Keeper Frank Rost diesmal äußerlich erstaunlich gelassen. Doch wer ihn kennt, weiß, dass der Schlussmann innerlich kochte. Denn im nur mit satten 13 000 Zuschauern "gefüllten" Münchner Olympiastadion machte Werder gestern exakt genau dort weiter, wo es am Samstag beim 1:2 gegen den VfB Stuttgart aufgehört hatte. In der pomadigen Mannschaft steckte kein Feuer, kein Leben, kein Siegeswille. Dabei sollte doch alles besser werden.

Doch alles beschönigen nutzt nichts nach dieser dritten Pleite in Folge, die durch die Tore der Löwen-Leistungsträger Paul Agostino, Martin Max und Thomas Häßler sowie dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Krisztian Lisztes zustande kam. In den ersten 20 Minuten sah der aufmerksame Betrachter gar das Schlimmste, was diese Mannschaft seit langem geboten hat. 1860 diktierte unbehelligt das Spiel und machte folgerichtig das erste Tor. Nach Flanke von Harald Cerny, den Victor Skripnik nie in den Griff bekam, verpassten Mladen Krstajic und Frank Verlaat in schlafmütziger Manier in der Mitte - Agostino stand gutgelaunt am langen Pfosten und staubte den Ball eiskalt ab. Das war die Quittung für eine Leistung, die den gleichen Stempel wie bei der Niederlage gegen Stuttgart verdient hatte: Emotionslos, ohne Agressivität und Leidenschaft. Das Feuer bei Werder loderte kurzzeitig wieder auf, nachdem Lisztes nach schöner Vorarbeit von „Pummelchen“ Ailton zum überraschenden Ausgleich getroffen hatte. Der Ungar profitierte von der Übersicht des Brasilianers, der von der Torauslinie auf den Elfmeterpunkt zurückpasste. Der Nachfolger von „Herzerl“ nahm das Leder mit dem rechten Innenrist und traf genau unter die Latte. Es war die erste Chance für die Gäste, und es war offenbar eine Motivationsspritze für die lethargischen Bremer. Fortan kam Werder besser ins Spiel – machte aber auch weiterhin unnötige Fehler. So kam Agostino zur hochkarätigen Einschussmöglichkeit, weil im Mittelfeld mal wieder nicht energisch genug attackiert wurde (schönen Gruß an Häßler- Bewacher Fabian Ernst) und Harald Cerny verfehlte mit einem Schlenzer nur knapp das Lattenkreuz, nachdem er sich zuvor erneut auf der rechten Seite durchgesetzt hatte (schönen Gruß diesmal an Victor Skripnik).

Für Werder hätte es gestern ein Segen sein können, dass Lisztes so unbändig war wie seine schwarzen Locken. Denn wenn es gefährlich wurde für die "Löwen", dann hatte immer der quirlige Ungar seine Füße im Spiel. Nur: Seine Mitspieler wussten mit den Vorlagen nichts anzufangen. So verstolperte Marco Bode freistehend (56.). Von den Gastgebern war von Minute 18 bis 58 gar nichts zu sehen. Die wenigen getreuen Zuschauer wanden sich schon mit Grausen ab, ehe die "Löwen" doch noch zubissen. Aus heiterem Himmel tauchte Martin Max frei vor Frank Rost auf, verzog aber noch. Die Bremer Abwehr - wieder hatte sie gepatzt. Und machte damit weiter. Wieder wurde Max aus den Augen gelassen, und diesmal saß sein Ball. Der nächste krasse Aussetzer: Skripnik vertändelte im Strafraum das Leder und verleitete Razundara Tjikuzu damit zu einem elfmeterreifen Foul an Max. Den Strafstoß verwandelte Thomas Häßler gewohnt souverän.

Fazit: Die "Mannschaft 2001" fällt im Jahr 2002 von einer Verlegenheit in die andere. Und es braucht eine enorme Leistungssteigerung, wenn Werder nicht schon bald auf Nimmerwiedersehen die angepeilten UEFA-Cup-Plätze aus den Augen verliert. "Die Ziele bleiben", verkündete Thomas Schaaf mal wieder gewohnt trotzig. Und einmal in Rage, analysierte der Werder-Trainer unmittelbar nach dem Schlusspfiff weiter: „Wir waren dreimal nicht die schlechtere Mannschaft, aber speziell heute hat man gesehen, dass unser Selbstvertrauen aus der Hinrunde nicht mehr vorhanden ist. Wir lassen uns nicht von zwei, drei Spielen irritieren.“ Ma sehen...

Nebenbei bemerkt: Der Fußballfan starrt in diesen Tagen gebannt nach München...

Noch wehen die Fahnen nicht auf Halbmast: die Zentrale der Kirch-Gruppe bei München.
Noch wehen die Fahnen nicht auf Halbmast: die Zentrale der Kirch-Gruppe bei München.
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Oder, warum Schröder (noch) nicht Retter sein mag... "Liebe Freunde, wir haben's geschafft", hatte Bundeskanzler Schröder gerufen. Die Mitarbeiter des angeschlagenen Baukonzerns Philipp Holzmann dankten es ihm mit "Gerhard, Gerhard"- Rufen, und der Vorstandsvorsitzende Binder sagte: "Heute ist ein großer Tag für uns, und wir haben dies zu verdanken - natürlich der Vermittlung unseres Bundeskanzlers." Schröder versicherte: "Es geht nicht um staatliche Intervention und schon gar nicht um Verstaatlichung - es geht um Verantwortung." Die Gläubigerbanken des Baukonzerns hatte er auf ein Sanierungskonzept verpflichtet und seinerseits einiges zur Rettung des größten Teils der 17 000 Arbeitsplätze dazugegeben. Sogar im Bundestag sprach er die Angelegenheit an: "Dieses Unternehmen ist sanierungsfähig." Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährte im Auftrag des Bundes ein Darlehen von 150 Millionen Mark. Darüber hinaus bürgte der Bund mit weiteren 100 Millionen Mark. Der Bewältigung und dem Ausgang der Holzmann-Krise wurden in der Regierungskoalition politische Folgen beigemessen. Schröder war als Retter in Erscheinung getreten, und der Dank des Unternehmens und der Gewerkschaften schienen sein eigenes politisches Konto aufzubessern. Damals, Ende 1999, schüttelten eigene Krisen die rot-grüne Koalition. Gibt es in diesen Tagen eine Wiederholung?

In den letzten Wochen des vergangenen Jahres äußerte Leo Kirch den Wunsch, mit Schröder zu sprechen. Schon damals waren Berichte über die dramatischen Schulden der Kirch-Gruppe im Umlauf. Auch wurde verbreitet, daß Kirch Banken und dem Weltfußballverband Fifa wegen der Übertragungsrechte der Fußballweltmeisterschaft Zahlungen leisten müsse. Der Bundeskanzler willigte ein. Das Gespräch blieb vertraulich, und auf ausdrücklichen Wunsch der Beteiligten hatten es die Regierungssprecher zu vermeiden, auch nur den Tatbestand der Unterredung, geschweige denn deren Inhalt, öffentlich mitzuteilen. Wochen später erst, Ende Januar, wurde das Treffen Schröders und Kirchs publik. Einiges spricht dafür, daß die sogenannten Berliner Regierungskreise die Informationen nicht preisgegeben haben. Daran knüpften sich im politischen Berlin Spekulationen und Erwartungen. Der Zeitpunkt der Information sei "interessant" gewesen, heißt es unter den Medienpolitikern des Bundestages. Tatsächlich fielen Berichte über die Ankündigung des Springer-Verlages, vertragsgemäß seinen Anteil an der Kirch-Gruppe im Wert von 767 Millionen Euro an Kirch zurückzuverkaufen, und über das Treffen im Bundeskanzleramt zusammen. Hatte also Kirch mit seiner mutmaßlichen Indiskretion dazu beitragen wollen, den Bundeskanzler zu einer Holzmann-ähnlichen Rettungsaktion zu drängen? Bei Regierung und Opposition gab es jedenfalls solche Erwartungen. Und worüber sonst hätte Kirch mit Schröder sprechen wollen?

"Hier gibt es kein Engagement des Bundeskanzlers", lautete die offizielle Erwiderung der Bundesregierung. Deren Sprecher Heye bestätigte nur, daß es Anfang Dezember das Treffen gegeben habe. Zu seinem Inhalt schwieg er. Es sei Vertraulichkeit vereinbart worden, Schröder aber habe keine Zusagen gemacht. Der Bundeskanzler habe auch nicht die Absicht, in den Streit zwischen dem Springer-Verlag und Kirch einzugreifen. Es sei auch nicht zu erkennen, wie ein Engagement des Bundeskanzlers aussehen könne, hatte Heye am Freitag gesagt. Zugleich wurde in der Bundesregierung darauf verwiesen, mit Bundesmitteln sei die Kirch-Gruppe nicht zu retten. So wird es auch in der Bundestagsopposition gesehen. Tatsächlich gibt es Unterschiede zu der Aktion der Bundesregierung zugunsten des Baukonzerns Holzmann. Damals ging es um eine Summe von Millionen Mark. Im Falle Kirch würden Milliarden Euro gebraucht.

Die Angelegenheit Kirch, Springer und Banken könnte rasch die Medienpolitik im engeren Sinne überschreiten. Auf diesem Feld ist die SPD engagiert. Die SPD ist über ihre Vermögensgesellschaft an einer Reihe von - zum Teil nicht unbedeutenden - Regionalzeitungen in Deutschland beteiligt. Daß die Vermögensgesellschaft sich am Streit Kirch-Springer beteiligen könnte, wird ausgeschlossen. "Das ist nicht unsere Spielklasse", heißt es in der SPD. Deren Beteiligungen sollten auf regionale Medien beschränkt bleiben. Der frühere Chef des Bundeskanzleramtes, Hombach, ist kürzlich in den Vorstand des Medienkonzerns der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" eingezogen; hier könnte es andere Interessen geben. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Clement (SPD) versteht einen Teil seiner Standortpolitik auch darin, das Fernseh-Engagement der Bertelsmann-Gruppe, der RTL-Konkurrenz zur Kirch-Gruppe, in Nordrhein-Westfalen zu konzentrieren. Doch könnte eine Rettungsaktion der Bundesregierung auch die Balance zwischen öffentlich-rechtlichem Fernsehen sowie zwischen den privaten Sendern beeinflussen.

Zudem hat die Krise von Kirch auch wahlkampfpolitische Implikationen. Es würde den bayerischen Ministerpräsidenten berühren und seine Kanzlerkandidatur belasten, falls die Kirch-Gruppe ein Insolvenzverfahren einzuleiten hätte. Allein 2,2 Milliarden Euro hat die Bayerische Landesbank der Kirch-Gruppe geliehen, und es heißt, die bayerische Staatskanzlei sei involviert. Im bayerischen Landtag interessiert sich vor allem die SPD-Opposition für derlei Umstände. Sie sagt, die bayerischen Staatskredite seien nicht ausreichend abgesichert. Ein Zusammenbruch Kirchs hätte nach Einschätzungen in Berlin erhebliche Folgen für Stoiber. Schröder scheint das beachten zu wollen. Ein Teil seiner Zurückhaltung wird in der Regierung jedenfalls damit erklärt. Zudem würde ein Engagement der Bundesregierung zugunsten Kirchs nicht nur dessen Sendern (darunter Sat 1, Pro 7 und N 24, siehe Bild), sondern mindestens mittelbar auch dem Springer-Verlag zugute kommen. Hätte das Folgen für die Berichterstattung der Springer-Zeitungen? Auch das gilt es zu bedenken.

Das Bundeskanzleramt hat sich nun auf die Sprachregelung festgelegt, die Bundesregierung und der Bundeskanzler seien "nicht Akteur" in dieser Sache. Es gebe "keinerlei Überlegungen", wie sich die Bundesregierung an einem solchen Verfahren beteiligen könne, wird sowohl offiziell gesagt wie auch im internen Betrieb verbreitet. Die finanziellen Dimensionen und auch die ins Internationale gehenden Verflechtungen schlössen das aus. Für so sensibel hält die Regierung den Umgang mit diesem Thema, daß Heye nun sagte, weitere "Kommentierungen" seinerseits seien nicht hilfreich. Zwar gibt es in der SPD Stimmen, immerhin könnte die Bundesregierung den Konflikt "moderieren". Doch dafür gibt es keine Anzeichen. Auch Wirtschaftsminister Müller ist nicht beteiligt. Freilich: Wenn es anders wäre, wäre eine solche Aktion überaus vertraulich und geheim zu behandeln. Im Bundeskabinett jedenfalls wurde am Mittwoch über den Fall und den möglichen Sturz von Kirch nicht gesprochen - selbst die an Fußball interessierten Herren (Schröder, Fischer, Schily) äußerten ihre Sorgen über die Zukunft der Bundesliga-Berichterstattung nicht.

Doch ließ Schröder jetzt mitteilen, er betrachte die Entwicklung mit "großem Interesse", zumal es auch um Arbeitsplätze gehe. Dahinter stehen auch medienpolitische Interessen. Vielfach heißt es in der SPD, es solle verhindert werden, daß der australische Medienunternehmer Murdoch über Beteiligungen einen Einfluß auf die deutsche "Medienlandschaft" erhielte. Und Warnungen gibt es auch: Je nach Ausgang der Entwicklung könnte das Banken- und Sparkassenwesen in Deutschland in Mitleidenschaft gezogen werden. Deswegen dürfe die Zukunft der Kirch-Gruppe nicht unter dem Blickwinkel betrachtet werden, was der CSU schade, nutze der SPD, heißt es auch unter bayerischen Sozialdemokraten. All das könnte in der Formel von Schröders Sprecher Heye zusammengefaßt worden sein: Der Bundeskanzler gehe davon aus, daß hier bei Banken und Unternehmern "vernunftbegabte Menschen" handelten. Na dann....

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