schwatzgelbes Halbzeitgespräch mit Josef Schneck
Für viele Fans dürfte Josef Schneck, der Pressesprecher des BVB, den Traumberuf schlechthin haben. Kaum einer ist näher an Verein und Spielern als der Pressesprecher. Umso verwunderlicher für Schwatzgelb.de, dass Josef Schneck vielen BVB-Fans kaum bekannt ist. Das findet jedoch der Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit bei Borussia Dortmund, so der offizielle Titel, vollkommen in Ordnung.
Denn, so sagt er, geht es ja hier nicht um seine Person, sondern ausschließlich um den Verein Borussia Dortmund. In seinem beruflichen Umfeld ist der gelernte Journalist selbstredend ein Begriff. Er genießt bei den Medienvertretern einen sehr guten Ruf, und seine gute Arbeit wird in journalistischen Kreisen geschätzt. Dass es für den 54-jährigen Schneck kein normaler Beruf ist, erfährt man schnell, wenn man ihn bei seiner Arbeit beobachten darf. Neben einem ausgeprägten Sinn für trockenen Humor ist ihm anzumerken, mit wie viel Hingabe er seinem Job nachgeht, wie er innerlich leidet, wenn "seine" Borussia verloren hat, oder wie er auch schon mal aus der Haut fahren kann, wenn ein Spieler ungerecht behandelt wird. Schnell wird klar: Da ist ein Fan bei der Arbeit.
Der am 7.6.1947 in Unna geborene und in Kamen aufgewachsene Josef Schneck studierte nach dem Abitur Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Bochum. 20 Jahre lang war er für die Ruhr Nachrichten tätig und war sogar Leiter der Dortmunder Lokalredaktion. Dort hatte er mit Sport jedoch "wenig am Hut", wie er sagt. Durch seine Tätigkeit als Redaktionsleiter gab es natürlich auch Kontakte zum BVB. Als dann Ende 1996 die Vereinsführung von Borussia Dortmund auf ihn zukam und ihm die Tätigkeit als Pressesprecher anbot, musste der eingefleischte BVB-Fan nicht lange überlegen. Seit dem 1.1.1997 ist Josef Schneck als Leiter der Abt. für Öffentlichkeitsarbeit bei Borussia Dortmund tätig.
Seitenwahl
schwatzgelb.de: Können Sie sich noch erinnern, wie und wann Sie BVB-Fan geworden sind?
SCHNECK:
Das war 1956. Die Borussen gewannen gegen den Karlsruher SC in Berlin
zum ersten Mal die Deutsche Meisterschaft. Ich war neun Jahre alt und
saß bei einem Nachbarn vor dem Fernsehgerät. Er war einer der wenigen in
unserer Straße in Kamen, die sich damals ein solches Gerät leisten
konnten.
schwatzgelb.de: Was war der bewegendste Moment, den Sie als Fan mit dem BVB erlebt haben?
SCHNECK:
Der bewegendste Moment, den ich als Fan und als Pressesprecher des BVB
erlebt habe, war, als mir Heiko Herrlich nach Überwindung seiner
schweren Krankheit sagte: "Du kannst zur Pressekonferenz einladen, ich bin wieder gesund."
schwatzgelb.de: Ist Josef Schneck Vereinsmitglied bei Borussia?
SCHNECK: Nein, als Angestellter ist das nicht möglich. Aber dafür habe ich meine Tochter schon als Kind angemeldet.
Anpfiff
schwatzgelb.de: Wie wird man Pressesprecher von Borussia Dortmund?
SCHNECK:
Wichtig ist eine journalistische Grundausbildung. Vor meiner Zeit beim
BVB, die 1997 begann, war ich Leiter der Dortmunder Stadtredaktion der
Ruhr Nachrichten.
schwatzgelb.de: Wenn man Sie bei Ihrer
Arbeit beobachtet, merkt man, mit wie viel Herzblut Sie am Verein
hängen. Vor allem, wenn Spieler ungerecht behandelt werden, egal ob von
den Medien oder den Fans, lassen Sie nie locker, um eine Klärung herbei
zu führen. Machen Sie das aus innerer Überzeugung oder weil es Ihr Job
ist?
SCHNECK: Für mich ist meine Arbeit
bei Borussia Dortmund viel mehr als ein Job. Für den Erfolg des BVB
versuche ich immer, meinen kleinen Beitrag zu leisten. Und das mit Leib
und Seele.
schwatzgelb.de: Finden Sie, dass sich die Fanszene in Dortmund in
den letzten Jahren verändert hat, und woran machen Sie Ihre
Beobachtungen fest?
SCHNECK: Die Fanszene
hat sich zweifellos verändert. Nehmen wir die Südtribüne: Hier ist nach
dem letzten Ausbau neues Publikum dazu gekommen. Der
Integrationsprozess mit den ?alten Fans? ist noch nicht abgeschlossen.
Dazu kommt, dass mit den großen Erfolgen des BVB in den 90-er Jahren die
Erwartungshaltung aller Fans deutlich gestiegen ist.
schwatzgelb.de: Glauben Sie, dass die Spieler mehr für ihre
Außendarstellung tun könnten oder müssten, gerade in Bezug auf die Fans?
SCHNECK: Die beste Außendarstellung ist nach wie
vor, gut und erfolgreich Fußball zu spielen. Darüber hinaus ist bei den
Spielern das Bewusstsein gewachsen, dass dem Fußball ohne Fans die Seele
fehlen würde. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, den Dialog
zwischen Spielern und Fans zu intensivieren.
schwatzgelb.de:
Neue Fangruppen (Supporters, Ultras), die in DO bewusst auf den Einsatz
von Rauch und Pyro verzichten und mehr Wert auf Choreos legen, wünschen
sich vor allem, dass der Verein sie ernst nimmt und versteht, dass sie
nur eins wollen ? 100-prozentige Unterstützung für die Mannschaft.
Glauben Sie, dass die Fans den richtigen Weg eingeschlagen haben, um die
Stimmung im Stadion zu verbessern?
SCHNECK:
Die von Ihnen beschriebenen Fangruppen, die den Fußball als Fest
zelebrieren, verdienen die Unterstützung des Vereins. Nur gemeinsam -
und dabei ohne den Einsatz gesundheitsgefährdender Materialien - lässt
sich der Ruf des Westfalenstadions als stimmungsvollste Fußball-Arena in
Deutschland aufrechterhalten.
Abstoß
schwatzgelb.de: Finden Sie, dass der Verein trotz seines enormen Wachstums traditionsbewusst geblieben ist? Woran machen Sie Ihre Meinung fest?
SCHNECK: Ohne Einschränkung: Ja, unser BVB ist traditionsbewusst geblieben. Dafür steht schon die Person des Präsidenten Dr. Gerd Niebaum, der dieses Bewusstsein verkörpert. Man könnte viele Beispiele nennen, die belegen, dass der BVB nicht vergessen hat, woher er kommt. Lassen Sie mich auf zwei aktuelle hinweisen:
1. Die Südtribüne ist gegen alle von außen kommenden Initiativen, vor allem seitens der UEFA, eine Stehtribüne geblieben. Das dokumentiert, dass der BVB seine treuesten Fans unterstützt und seine Preispolitik so gestaltet, dass auch die Leute eine Chance haben, die Spiele live zu erleben, die nicht mit einem großen Geldbeutel ausgestattet sind. Diese niedrigen Preise sind in der Bundesliga und vor allem in Europa einzigartig.
2. Der BVB hat es erreicht, dass auf Jahre hinaus der Name ?Westfalenstadion? bestehen bleibt. Er hat allen Unkenrufern gezeigt, dass Gerüchte, der Name würde aus kommerziellen Gründen geändert, jeder Grundlage entbehrten.
Eckball
schwatzgelb.de: Wie hat die Umwandlung des Vereins BVB 09 in eine KGaA Ihre Arbeit verändert?
SCHNECK: Der Umfang meiner Arbeit ist größer geworden. Borussia Dortmund ist nicht mehr nur für die Sportjournalisten von hohem Interesse, sondern auch für die Wirtschaftspresse.
Einwurf
schwatzgelb.de: Wenn Sie die Wahl hätten zwischen Ihrer jetzigen Karriere und einer Karriere als Fußballprofi beim BVB, welche würden Sie wählen?
SCHNECK: Natürlich wäre ich Spieler geworden. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als Fußballprofi zu sein, den Rasen des Westfalenstadions zu betreten und von begeisterten Fans gefeiert zu werden. Nach der Karriere wäre ich dann Pressesprecher beim BVB geworden.
Steilpass
schwatzgelb.de: Wenn Spieler in die Kritik geraten, wie zuletzt Jens Lehmann oder auch Amoroso, suchen die Spieler dann Rat bei Ihnen?
SCHNECK: Ja, es freut mich sehr, dass ich ein so vertrauensvolles Verhältnis zu unseren Spielern habe, dass sie offen mit mir darüber sprechen, was sie tun können, um Kritikern angemessen zu begegnen.
schwatzgelb.de: Haben sich die Spieler im Umgang mit den Medien verändert in den letzten Jahren? Erleichtert es Ihre Arbeit, wenn man weiß, dass selbst die jungen Spieler im Umgang mit den Medien bereits sehr routiniert sind?
SCHNECK: Auch die Anforderungen, die in Sachen Öffentlichkeitsarbeit an Fußball-Profis gestellt werden, sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Tägliche Interviews gehören zu ihrem beruflichen Alltag. Natürlich ist es für meine Arbeit sehr angenehm, dass der BVB durchweg Spieler in seinen Reihen hat, die vor Kameras und Mikrofonen eine gute Figur machen. Das trifft, wenn man mal die ganz jungen Spieler nimmt, zum Beispiel auf Christoph Metzelder, Tomas Rosicky und Sebastian Kehl hundertprozentig zu.
Abseits
schwatzgelb.de: Was macht für Sie den Unterschied beim BVB zu Vereinen wie dem FC Schalke 04 und Bayern München aus?
SCHNECK: Auch Schalke und Bayern sind gut geführte Traditionsvereine mit vielen Anhängern. Für mich ganz persönlich macht den Unterschied zwischen dem BVB und allen anderen meine Herzensbindung an die Schwarzgelben aus.
Elfmeter
schwatzgelb.de: Angenommen, der BVB gibt Ihnen einen Scheck über 1 Million Euro, um mit diesem Geld im Verein etwas zu ändern bzw. zu verbessern. Was machen Sie damit?
SCHNECK: Ich gebe ein Forschungsprojekt in Auftrag. Inhalt: Wie kann man Schattenrasen für das Westfalenstadion entwickeln, der ohne Licht- und Lufteinwirkung gleichbleibend hohe Qualität bietet?
Freistoss
schwatzgelb.de: 1 Frage 3 Antworten: Was fasziniert Josef Schneck am BVB?
SCHNECK:
1) Die Seriosität und Weitsicht, mit der dieser Verein geführt wird.
2) Die Begeisterungsfähigkeit seiner Fans, für die der BVB eine Weltanschauung ist.
3) Das Westfalenstadion.
Aufstellung
SCHNECK: Michael Zorc, weil er bewiesen hat, dass ein Fußballer auch ohne Vereinswechsel eine große Karriere machen kann.
schwatzgelb.de: Welchen Spieler würden Sie gerne einmal im Dress des BVB spielen sehen?
SCHNECK: Maradona hätte ich gerne in schwatzgelb spielen sehen. Aktuell wäre es schön, wenn Zidane mal zum Probetraining käme
Josef Schneck´s "AllStar-Team"
Tor: Heini Kwiatkowski
Abwehr: Max Michallek - Matthias Sammer - Julio Cesar
Mittelfeld: Murdo MacLeod - Aki Schmidt - Addi Preißler - Michael Zorc
Sturm: Stephane Chapuisat - Norbert Dickel - Lothar Emmerich
Abpfiff
schwatzgelb.de: Was wünscht sich Josef Schneck für die Zukunft, bezogen auf Borussia Dortmund?
SCHNECK:
Dass sich die Mannschaft unter der Regie von Matthias Sammer
kontinuierlich weiter entwickelt, dass die Fans jedes Jahr Grund zum
Feiern haben und dass ich nach meiner beruflichen Laufbahn eine
Dauerkarte auf Lebenszeit im Westfalenstadion bekomme.