Der Pokal hat seine eigenen Gesetze oder: Die immer wieder kehrende Frage, gegen wen man sich in dieser Saison blamiert
Alle Jahre wieder ist es soweit: Neben Bundesliga, Championsleague, UEFA-Cup, Nationalmannschaft, Ligapokal, Hassenichgesehn-Megapokal und Schlagmichtot-Milliarden-Cup findet in Deutschland noch ein weiterer Wettbewerb statt: Der DFB-Pokal.
Und eben genau dieser Wettbewerb fand in Fußballdeutschland zuletzt immer weniger Beachtung. Zu unattraktiv sei er geworden, dieser Cup. Zuwenig Geld ist dort zu verdienen, und so war in den vergangenen Jahren auch immer wieder die gleiche Aussage nach einem Ausscheiden in eben diesem DFB-Pokal zu vernehmen: "Jetzt können wir uns wenigstens voll auf die Bundesliga konzentrieren."
Beim BVB konnte man dieses gesteigerte Interesse am Versagen in den vergangenen Jahren besonders deutlich ausmachen, scheiterte die Mannschaft doch reihenweise und in schöner Regelmäßigkeit gegen unterklassige Gegner der Kategorie "musst Du eigentlich selbst mit der zweiten Mannschaft plattmachen" - so auch letztmalig in der 3. Pokalrunde der vergangenen Saison. Und das ausgerechnet in dem Pokal, dessen Gewinn 1989 endlich den Aufschwung nach jahrelangem sportlichen und wirtschaftlichen Niedergang bedeutet hatte und somit den Grundstock für die Erfolge der 90er Jahre bildete.
In dieser Saison jedoch ist alles anders
und das Pokalpech begann für den BVB bereits bei der Auslosung. Wäre
eigentlich schon Wolfsburgs Profiteam als Gegner deutlich unattraktiver
gewesen als die Ober- und Verbandsligisten aus Würzburg, Schönberg,
Schüttorf oder gar der Landesligist FC Blau-Weiß Brühl, so hat sich
Glückgöttin Fortuna in diesem Jahr einen ganz besonders gemeinen Gag für
die Schwatzgelben einfallen lassen und ihnen gar die Amateure der
VW-Betriebsmannschaft und somit wohl den langweiligsten Gegner der
ganzen ersten Hauptrunde zugelost.
Dieser eigenen Unattraktivität scheint man sich mittlerweile auch in Wolfsburg bewusst zu werden, denn die anfänglich überschwänglich-euphorischen Zuschauerprognosen wurden mittlerweile deutlich nach unten korrigiert. "Ich hatte ursprünglich mal auf 10.000 Zuschauer gehofft. Aber so wie der Vorverkauf läuft, müssen wir zufrieden sein, wenn es 4.000 oder 5.000 werden", so Amateurmanager Volker Heling gegenüber der Wolfsburger Allgemeinen. In Anbetracht von bisher gerade einmal 2.000 abgesetzten Tickets wohl kein Wunder, aber was soll man auch von einem Verein erwarten, dessen einzige Attraktion darin besteht, dass Wolfgang Wolf Trainer der Wolfsburger Wölfe ist?
Rein vom sportlichen Aspekt her dürfte die Partie gegen die kleinen Wolfsburger durchaus interessant werden, spielt man doch immerhin gegen den Tabellenführer der Oberliga Niedersachsen/Bremen, der in drei Spielen (zwei Siege, ein Unentschieden) immerhin schon 9 Tore geschossen, aber dafür auch schon 4 Gegentore kassiert hat. Dazu kommt, dass bei den Wölfen einige vielversprechende Talente unter Vertrag stehen und neben ein paar wenigen Routiniers wie Peter Kleeschätzky setzt sich die Mannschaft von Trainer Michael Krüger im Wesentlichen aus sogenannten "Jungen Wilden" zusammen - insgesamt 21 Spieler des insgesamt 26 Mann starken Kaders sind jünger als 22 Jahre. Mit Torwart Loboué, sowie den Feldspielern Franz, Rau, Habyrka, Siegert und Kennedy bilden am Samstag zudem 6 Spieler das Skelett der Mannschaft, die ansonsten mit dem Profikader mittrainieren, und es wäre den VfL-Amateuren sogar möglich, noch weitere Spieler aus der ersten Mannschaft einzusetzen, da sämtliche Profis, die jünger als 24 Jahre sind, laut DFB-Statuten spielberechtigt wären. Wahrscheinlich ist dieser Fall jedoch nicht, zumal die Profis am Sonntag selber in Magdeburg ran müssen.
Matthias Sammer wird seine Borussen vermutlich erstmals richtig rotieren lassen und einigen bisherigen Stammspielern eine Verschnaufpause gönnen. Neben den Langzeitverletzten Reina, Addo und Heinrich, sowie dem gelb-rot-gesperrten Evanilson werden so voraussichtlich mindestens die beiden Torjäger der CL-Qualifikation Marcio Amoroso und Jan Koller in Wolfsburg fehlen, und man darf davon ausgehen, dass der Trainer auch noch weitere Spieler schonen wird.
Somit wird die erste Pokal-Hauptrunde also für einige, zuletzt weniger berücksichtigte Kicker zur Bewährungsprobe und nicht nur Matthias Sammer wird sehr interessiert zuschauen, ob Metzelder, Madouni, Stevic, Bobic und Sörensen diese Chance zu nutzen wissen.
Gut möglich auch, dass beim BVB der ein oder andere Amateur in der Mannschaft stehen wird, denn vor dem "Monat der Wahrheit" gilt es für die Borussen nun in erster Linie Kraft zu tanken, um die schwierigen Aufgaben im September erfolgreich bewältigen zu können.
Fazit:
Egal mit welcher Mannschaft die Borussen auflaufen, die Wolfsburger Amateure dürfen beim besten Willen keinen Stolperstein für die Schwatzgelben darstellen. Zu deutlich waren bereits Spiel und Ergebnis gegen die Profis aus der VW-Stadt, und so sollte man selbst von der zweiten Garnitur erwarten können, dass sie schnell für klare Verhältnisse sorgt und ohne problemlos in die zweite Runde einzieht.
Kleine Zweifel, dass dem auch tatsächlich so sein wird, bleiben dennoch. Wolfsburg hat nichts zu verlieren und schon viel zu oft haben in der jüngsten Vergangenheit die vielzitierten "eigenen Gesetze" des Pokals ihre Anwendung ausgerechnet beim BVB gefunden. Daher sollten die Borussen hellwach sein und den Gegner keineswegs auf die leichte Schulter nehmen, denn Leichtsinnigkeit und überheblich Spielweise haben in den vergangenen Jahren entschieden zu häufig das Ausscheiden aus dem DFB-Pokal bedeutet.
Und so könnten sie spielen:
Wolfsburg: Loboué - Franz, Lorenz, Wiedenroth - Siegert, Habyrka, Vandreike, Rau - Igwe - Kennedy, Janicki
Dortmund: Laux - Kapetanovic, Metzelder, Madouni, Dede - Stevic, Oliseh (Demel), Ricken (Kringe) - Rosicky (Krontiris), Bobic, Sörensen