18. Spieltag: Borussia Dortmund – FC Energie Cottbus
Der FC Energie Cottbus, letzten Sommer noch belächelt als erster „Wieder-Absteiger“ hat sich trotz seines derzeitigen Tabellenplatzes (16.) in der Bundesliga etabliert. Die Herkunftsländer von Trainer Ede Geyers Multi-Kulti-Truppe lesen sich wie eine Reiseroute Franz Beckenbauers zu Zeiten der WM-Bewerbung (oder auch die Setliste eines Indiana-Jones-Films): Brasilien, Kroation, Schweden, Ungarn, Albanien, Bosnien, Kanada, Marokko, Bulgarien, Mazedonien. Polen, Rumänien und der Benin.
Die bunt zusammengewürfelte Truppe sicherte sich die ersten Punkte ihrer Bundesligageschichte am vierten Spieltag gegen Eintracht Frankfurt, nachdem man in den drei Auftaktbegegnungen 0 Punkte und 2 zu 10 Tore kassiert hatte. Die Anpassungsschwierigkeiten des nun vierten Ostvereins mit Bundesliga-Zugehörigkeit (nach Rostock und den beiden mittlerweile in der Bedeutungslosigkeit verschwundenen Dynamo Dresden und VfB Leipzig) lassen sich jedoch leicht erklären, da zum einen durch den erst am letzten Spieltag der zweiten Liga erreichten Aufstieg die Zeit zur Planung eines erstligareifen Kaders sehr knapp bemessen und zudem der finanzielle Spielraum bei der Verpflichtung von neuen Spielern sehr eng war. Und nicht zuletzt die Unerfahrenheit der Kicker aus dem Stadion der Freundschaft (ein Titel, der nicht einer gewissen Ironie entbehrt, erinnert man sich beispielsweise an das „Ost-Derby“ gegen Rostock oder den Sieg gegen den FC Bayern) tat ein Übriges, um eine schnelle Anpassung an die neuen Gegebenheiten der ersten Liga zu verhindern.
Doch nach und nach konnte Eduard Geyer dieser Probleme Herr werden. Mit jedem Spiel stieg die „Erstliga-Reife“ der Mannschaft, zudem war es durch das Hinzugewinnen von neuen Sponsoren möglich, noch den einen oder anderen neuen Spieler zu verpflichtet.
Vor dem sechsten Spieltag kam der bosnische Nationalspieler Faruk Hujdurovic, in der Winterpause nun die beiden marokkanischen Talente Hamid Termina und Mohamed Lakhoulil sowie der rumänische Nationalspieler Sabin Ilie.
Dieser Name ließ aufhorchen. So wollte manche Zeitung aus Unwissenheit dem Club aus Cottbus die „Cobra“ unterjubeln – den älteren Bruder Adrian Ilie, der Stammspieler beim spanischen Spitzenklub FC Valencia ist. Es besteht in der Tat eine Beziehung zwischen dem Neu-Cottbusser und dem letztjährigen Championsleague-Finalisten, trug doch Sabin Ilie vor seinem Engagement bei Dynamo Bukarest (dem letzten Arbeitgeber Ilies) das Trikot der Spanier.
Dieser Neuzugang weißt auch auf die Schwäche hin, die Trainer Geyer innerhalb seines Teams ausgemacht haben wird: den Sturm:
Der junge Sebastian Helbig, immerhin schon in die A2-Nationalmannschaft berufen, spielte zwar immer sehr engagiert, brachte es in der Hinrunde jedoch auf gerade mal 2 Tore und zwei Vorlagen. Der ungarische Nationalspieler Ferenc Horvath, im Sommer mit vielen Vorschusslorbeeren verpflichtet, wurde alsbald wieder abgegeben, und „Pistollero“ Antun Labak, in der letzten Zweitliga-Saison noch treffsicherer Torjäger, fand sich aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten an die erste Liga meistens auf der Ersatzbank wieder.
Letztendlich sprechen 22 Tore in 18 Spielen eine deutliche Sprache – nur drei Mannschaften in der Bundesliga waren noch weniger treffsicher.
Doch wo Schwächen sind, sind bekanntlich auch Stärken, und die sind in erster Linie im Mittelfeld zu finden. „Star“ der Mannschaft ist sicherlich der Kojak von Cottbus, der Rumäne Vasile Miriuta – ein klassischer Zehner mit hervorragender Technik, gutem Auge und einem starken rechten Fuss. Miriuta, an dem im Sommer auch mehrere Erstligisten interessiert waren, brachte es in der Vorrunde auf 14 Spiele mit einem beachtlichen Kicker-Notendurchschnitt von 3,48 sowie 6 Toren und 5 Vorlagen. Wäre sein Tatendrang nicht durch eine Tätlichkeit am 6. Spieltag gegen Leverkusen unterbrochen worden, für welche er für 4 Spieltage gesperrt wurde, der 32 jährige hätte es sicherlich noch auf das eine oder andere Tor mehr gebracht. Verdient ist deswegen wohl auch seine (ebenfalls vom Kicker vorgenommene) Einstufung als fünftbester offensiver Mittelfeldspieler der Liga.
Die Winterpause verlief für den FC Energie im Vergleich zu anderen Teams alles andere als glücklich. Durch die überraschende Qualifikation für das Hallenmasters in Dortmund, bei dem der FC den dritten Platz belegte, musste der Kader aufgespaltet werden. Und während die eine Hälfte sich in der Halle „vergnügte“, bezog der Rest sein Trainingslager in Dubai – Trainer Geyer hatte dort nur wenige Tage seine gesamte Mannschaft beisammen. Probleme gab es auch bei den vereinbarten Testspielen: so musste ein vereinbartes Testspiel gegen einen russischen Erstligisten Minuten vor dem Anpfiff abgesagt werden, weil weder Polizei noch Krankenwagen vor Ort waren. Ansonsten gab es eher durchwachsene Ergebnisse. Gegen unterklassige Gegner wie Dynamo Dresden oder eine Mannschaft aus Turmenistan mit dem einprägsamen Namen Köpetag Aschchabad gab es Unentschieden, die Nationalmannschaft Singapurs wurde mit 2-0 bezwungen. Erst diese Woche zeigte sich Cottbus in Torlaune und fertigte den Dresdner SC mit 5-1. Welche Rückschlüsse die dabei getestete Anfangsformation auf das Spiel bei Borussia zulassen, sei jedem selbst überlassen:
Piplica - Sebök - Mátyus, Hujdurovic - Vata (46. Micevski), Scherbe (60. Thielemann), Miriuta, Reghecampf, Kobylanski (46. Latoundji) - Helbig (46. Labak), Franklin (46. Ilie)
Noch ein paar Worte zum Hinspiel:
Es war der zweite Spieltag. Borussia hatte dank eines hart erkämpften Auftaktsieges gegen Hansa Rostock einen nach vielen Jahren mal wieder halbwegs gelungenen Start gehabt. Im Stadion der Freundschaft wurde dann der Grundstein für die überragenden Leistungen gelegt, die Borussia in der abgelaufenen Halbserie vor allem auswärts zeigte. Beim 4-1-Sieg rieben sich die Fans der Dortmunder überrascht die Augen, als sich der bisher nicht gerade durch Torgefahr aufgefallene Brasilianer Evanilson ebenso in die Torschützenliste eintrug wie Micky „halbhoch“ Stevic. Überragender Spieler auf dem Feld war jedoch ein Mann, der Borussia derzeit fehlt und die Vereinsführung sogar dazu brachte, über die Verpflichtung des jugoslawischen Stürmers in Diensten von Juventus Turin, Darko Kovacevic, nachzudenken:
Heiko Herrlich. Zwei Tore erzielte Borussias Nummer 11 und hatte noch Chancen für 2 oder 3 weitere Tore.
Was wird nun der kommende Samstag bringen? Einen ähnlichen Kantersieg? Eine Fussballdemonstration dank der Neuzugänge Rosicky und Sörensen?
Ich glaube nicht. Die Karten werden neu gemischt und mit dem virtuellen Einzahlen ins Phrasenschwein halte ich es mit Sepp Herberger und prognostiziere:
„Das nächste Spiel ist immer das schwerste!“
Hier geht’s direkt zum Gegner: www.fcenergie.de