Die BVB-Jahreshauptversammlung 2001
Endlich war es wieder soweit: Borussia lud zur JHV und alle kamen. Alle? Nein, dann doch nicht alle knapp 11.000 Mitglieder, gerade einmal knapp 500 verliefen sich in Halle 5 der Westfalenhalle. Offensichtlich sparten sich viele den Besuch dieser Veranstaltung, hat sie doch in den letzten Jahren nichts weltbewegendes gebracht.
Es begann wie üblich mit den Berichten der einzelnen Abteilungen. Der Jugendabteilung folgten die Amateure des Herrn Keppmann, der es offenbar versäumte, den anwesenden Mitgliedern auch den Besuch der um 14:30 Uhr spielenden Amas schmackhaft zu machen. Zeitgleich mit seiner Rede verließ eine kleine Gruppe Amateurfans übrigens den Saal.
Die Handball-, und Tischtennisabteilungen schlossen sich an und dann begann der noch amtierende Schatzmeister Reibert seinen Geschäftsbericht des Jahres 2000/2001. Erstmals seit 15 Jahren erwirtschaftete Borussia am Ende einer Saison keinen Gewinn. Dazu Niebaum: „Es gibt schönere Zeiten, vor die Aktionäre zu tragen!“ Begründet wurde dieses Defizit mit den hohen Kosten für den Börsengang. Weiter meinte er: „Der Aktienkurs hat sich halbiert – das alles ist nicht angenehm.“ Doch „Borussia ist ein Lebensgefühl“ und das stehe nun einmal nicht als Wert in der Bilanz, wenngleich es der wichtigste Wert sei. Mit solcherlei Pathos bewaffnet kam der Jurist Niebaum auch nicht umhin, allen nochmals klar zu machen, wie wichtig die Südtribüne sei: „Die Südtribüne bleibt als Dokument gegen die Sitzplatzeuphorie der UEFA erhalten. Sie steht unter Denkmalschutz.“ Zum Namen des Westfalenstadions gefragt, blieb es jedoch bei seiner lapidaren Aussage, daß man auch bemüht sei, den Namen beizubehalten. Fragt sich nur, welches Lebensgefühl hier gemeint ist. Das der überwiegenden Mehrheit der BVB-Fans oder das der Edelfans, die man auf dieser JHV häufig serviert bekam?
Ein kleiner Seitenhieb Niebaums auf die Konkurenz aus Wolfsburg und Legokusen, die aufgrund der jeweiligen Konzerne im Nacken keinen Börsengang bräuchten (Welche Fans sollen auch deren Aktien kaufen?). Man habe sich alles selbst erarbeitet, zweifellos richtig, wenn auch von der Arbeit im Moment nicht mehr viel übrig zu sein scheint. Der Film zu Beginn der Veranstaltung führt jedenfalls irgendwie an „Otto-Normalfan“ vorbei. Bilder aus dem VIP-Bereich, wichtige Menschen noch und nöcher. Im Geschäftsbericht wurde den Promifans dann auch gleich 2 Seiten gewidmet, wo sie es doch sind, die ihr Team immer und immer unterstützen.
Eine weitere wichtige Nachricht in der Stadionfrage: In der kommenden Woche stehe nun eine Entscheidung wegen des Ausbaus des Westfalenstadions auf 60.000 Sitzplätze an. Niebaum möchte damit ins Rennen um ein WM-Halbfinale einsteigen. Der Satz vom „Bemühen“ um Sicherung des Namens „Westfalenstadion“ wird hierbei sicherlich auch an Bedeutung gewinnen.
Niebaum äußerte sich auch zum Ausscheiden aus der CL: „Wenn nicht auf dem ersten Bildungsweg, dann zumindest über den zweiten wollen wir uns auf europäischem Parkett bewähren und Freudenfeste feiern im UEFA-Pokal. Liverpool hat im Vorjahr diesen Weg gewählt und daraus Selbstvertrauen gezogen. In der Bundesliga brauchen wir mehr Stabilität in den Heimspielen.“ Trotzdem sieht Niebaum der Saison positiv entgegen: „Wir haben eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft und den passenden Trainer. In den 90´er Jahren haben wir gesagt: ,Wir wollen an die Erfolge der 50´er und 60´er Jahre anknüpfen.‘ Jetzt sind wir in einem neuen Jahrzehnt, und wir werden es wieder schaffen!“
Durch den plötzlichen und bedauernswerten Tod von Vizepräsident Ernst G. Breer musste ein neuer Vize her. Der sollte nun durch einen Geschäftsftührer der Douglas Holding in Hagen, Herrn Dr. Henning Kreke gefunden werden. Er stellte sich als gebürtiger Kölner mit „blau-weißem“ Papa vor. Gewählt wurde er trotzdem mit nur 6 Gegenstimmen. Bleibt abzuwarten, wer er ist und warum ausgerechnet ER Vizepräsident unsere geliebten Vereins werden wollte. Der Kandidat für den Schatzmeisterposten, Hans-Joachim Watzke, wurde ohne Gegenstimme gewählt. Schließlich erklärte er wenigstens, daß er mal auf der Südtribüne gestanden habe.
Die Wahl des neuen Schatzmeisters war nötig geworden, da Schatzmeister Gerhard Reibert aus beruflichen Gründen aus dem Präsidium ausgeschieden ist. „Wir haben ihn vor einem Jahr überredet, das Amt anzunehmen, um in der entscheidenden Phase vor dem Börsengang Sachverstand zur Seite zu haben und Kontinuität zu beweisen“, erklärte Dr. Niebaum.
„Ich mache den Weg frei für zwei ausgezeichnete neue Mitstreiter“, sagte Reibert. „Jetzt haben wir eine Führungsmannschaft, die die Geschicke des Vereins auf Jahre hinaus lenken kann.“ Er bleibt im Beirat und Wirtschaftsrat des BVB, legt aber sein Mandat als Vorsitzender der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) nieder. Nachfolger hier wird ausgerechnet der IHK-Präsident und Dortmunder High-Tech-Unternehmer Dr. Winfried Materna.
Die Aussprache beschränkte sich wieder einmal auf diverse Sinnlosbeiträge. Krönung war aber die Bepöbelung eines Spielers - in diesem Fall: Fredi Bobic. Ob man nun Fan von ihm ist, oder nicht, diese und solche Aussagen helfen sicherlich keinem. Zumal der gleiche Sprecher vor seiner Bobic-Äußerung noch darüber klagte, daß Ex-Borussen woanders plötzlich wieder treffen würden. Dies sei ja auch bei Sergej Barbarez der Fall gewesen. Das das aber auch mit den Beschimpfungen eigener Spieler zusammenhängen könnte, schien ihm nicht einzuleuchten.
Das wichtigste war die Forderung einer Frau, daß Westfalenstadion müsse weiterhin Westfalenstadion heißen. Die Antwort von Dr. Niebaum war ja leider alles andere als erschöpfend. Man darf gespannt sein, was in der nächsten Woche passiert und wie vergesslich die BVB-Anhänger und Mitglieder mal wieder sein werden.