Unsa Senf

Länderspielstimmung und andere Mißverständnisse........

26.11.2001, 00:00 Uhr von:  Jens
Länderspielstimmung und andere Mißverständnisse........
Länderspielstimmung im Westfalenstadion

War es nicht wundervoll vor 2 Wochen im Westfalenstadion? Phantastische Stimmung auf den Rängen, aus allen Ecken des Stadions schallten damals die Anfeuerungsrufe für die deutsche Nationalmannschaft und die frühen Tore taten ein übriges. Nun begab es sich aber damals, daß sich neben vielen Fans eben auch die Verantwortlichen in Dortmund Gedanken über eine perfekte Stimmung gemacht hatten. Zu mies waren die Erinnerungen an das vorangegangene Länderspiel in Gelsenkirchen, als die versammelte blöd-weiß Gemeinde nichts besseres zu tun hatte, als ihre Vereinslieder zu schmettern.

Länderspielstimmung im Westfalenstadion

Also wurde mit Hilfe einige engagierter Fans tausende Fähnchen im Stadion verteilt, die sich aber gerade die Verteil-Helfer aus Dortmund, Düsseldorf, Bochum, Köln etc.pp. ganz anders vorgestellt hatten. Statt stabiler Plastikfahnen ähnlich denen vom Championsleauge-Endspiel 1997 (ca. 50cm hoch und 20cm breit inkl. Stab), beschaffte der DFB kleine Papierfähnchen, die das Publikum dann bitte "schwenken" möge. Das ganze hatte dann irgendwie den Flair von SED-Parteitagen, einzig Hammer und Zirkel fehlten auf den schwarz-rot-goldenen Fähnchen. Dazu hatte Borussia noch einige tausend der megatollen Tröten vom berühmt-berüchtigten Nürnberg-Spiel ausgegraben und verteilen lassen. Während die gleichzeitig verteilten weißen T-Shirts somit immerhin ein nettes Bild auf der Südtribüne entstehen ließen, waren Fähnchen und Tröten überflüssigst. Nüchtern betrachtet lag es wohl einfach daran, daß im ganzen Stadion verteilt einzelne Fangruppen saßen, die extra zum Länderspiel angereist waren und vor allem auch am klasse Spiel der Mannschaft. Aber südländische Stimmung läßt sich nicht vorschreiben oder durch Tröten und Fähnchen herbeizaubern. Und die bestellte Posaunen- und Trommlerkombo, die keine Fußballieder beherrschte, war dann auch nicht gerade ein Bringer.

Die Länderspielstimmung war nun für den Standort Dortmund ein großer Vorteil, auch oder gerade weil niemand so recht mitbekommen hatte, daß es nicht allein das heimische Dortmunder Publikum war, daß hier für eine tolle Stimmung gesorgt hatte. Das sollte uns aber nicht stören, denn sicherlich war ein großer Teil der Stadionbesucher auch Dortmunder Stammpublikum.

Choreo
© stadionwelt.de

Jetzt sollte man meinen, daß auch der letzte mitbekommen hat, daß Tröten & Co. keine Stimmung herbeizaubern können und so etwas nicht noch mal vorkommt. Aber nein, falsch getippt. Beim BVB war man nun - in Person von Herrn Meier - offenbar der Meinung, daß alleine Tröten & Co. für die tolle Stimmung gesorgt hatten. Also wurden noch schnell 10.000 neue Tröten beschafft und zigtausende Papierfähnchen. Und um die Länderspielkopie perfekt zu machen, stand erneut eine "Band" auf der Südtribüne, die keine Fußballieder beherrscht. Willkommen beim American Football, war wohl nicht nur mein erster Gedanke. Jetzt "fehlten" nur noch ein paar Hupfdohlen, neudeutsch auch Cheerleader ("Schreiführer"!?) geschimpft. Diese blieben uns dann jedoch erspart. Eigentlich auch nur noch eine Frage der Zeit, bis die Sonntagsspiele in "Sunday Night Games" umbenannt werden, ausverkauft sind sie davon zwar auch nicht, aber ein weiterer Schritt in Richtung Amerikanisierung unserer Sportart ist getan (Fieldgoals erzielen unsere Stürmer ja eh schon ständig....). Doch zurück zum Thema Tröten & Co.

Choreo

Norbert Dickel war dann bemüht, das beste daraus zu machen und forderte das Publikum vor dem Spiel auf, die Fähnchen zu schwenken und die Tröten zu benutzen. Überraschend waren auf der Südtribüne gestern seit langer Zeit wieder viele richtige Fahnen und noch mehr Doppelhalter zu sehen, langsam wird es wieder eindrucksvoll auf die Süd zu starren. Die kleinen Papierfähnchen erinnerten jedoch weiterhin an eine SED-Veranstaltung, wenn sie jetzt auch schwatzgelb waren. Irgendwie war man versucht "Der Verein, der Verein, der hat immer Recht!" zu singen, um seiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen.

Am Ende hat sich vor allem eines gezeigt: das Dortmunder Publikum ist eben nicht so blöd, wie es gerne gemacht wird. Von oben aufgedrückte Stimmung und Stimmungshilfe akzeptiert es nicht und macht auch nicht mit (böse Zungen werden natürlich behaupten, daß es auch sonst nicht mitmacht). Im Gegenteil: die Tröten, vor allem aber die überflüssige Band auf der Südtribüne wirkten störend, sie sind kein Teil der Fankultur und werden es hoffentlich nie werden.

Choreo und das Material

Eine schöne Choreographie - von Fans organisiert - , endlich die Aufhebung des Doppelhalter-Verbotes, die Fahnen vom Rasen auf die Tribüne holen, die Zulassung eines Megaphons für einen "Einpeitscher" sind sicherlich Dinge, die eher akzeptiert werden und die Stimmung und damit hoffentlich auch die Mannschaft wieder nach vorne bringen. Es war doch kein Zufall, daß - trotz Tröten, Fähnchen und Band - die Spieler immer wieder die Südtribüne zur Unterstützung aufforderten (übrigens etwas, daß das Publikum durchaus wecken kann und ein probates Mittel darstellt).

Choreo und das Material

Ein Denkanstoß von uns: in Leverkusen behält der Verein von jeder Dauerkarte einen festen Betrag ein (5,- DM), der den im sogenannten "Arbeitskreis Stimmung" organisierten Fans zur Verfügung steht. Damit werden dann Choreographien und andere Aktionen finanziert. Der Verein muß diesen zwar jeweils zustimmen und er verwaltet auch diese Finanzen, aber die Aktionen gehen dann immer von den Fans aus, werden von ihnen auch organisiert und erreichen damit in Leverkusen (einem Publikum, daß durch die fehlende Fußballtradition und Bindung zur Stadt, sicherlich schwieriger ist, als so manch anderes) eine hohe Akzeptanz. So albern die Bezeichnung "AK Stimmung" auf den ersten Blick sein mag, so viel haben die Leverkusener damit inzwischen erreicht. Bei der Anzahl Dauerkarten in Dortmund ließe sich mit 5,- DM natürlich mehr anstellen, als Spiele zur Verfügung stehen. Aber ein Denkansatz sollte das einmal sein. Denn das Interesse an Choreographien, großen Fahnen und sonstigen Aktionen ist zweifellos da und kann noch weiter geweckt werden. Die Choreo gegen Bayern München sollte nur der Anfang sein!

Choreo und das Material

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