Dortmund rüstet zur WM auf
Ende des Jahres rollen wieder die Bagger an: Die Westfalenstadion Dortmund GmbH & Co KG wird jetzt im Spätherbst den 4. Ausbauabschnitt in Gang setzen. Wie schwatzgelb.de vorab erfuhr, wird es zwar keine spektakulären, aber sehr sinnvolle Innovationen zur Vollendung "unseres Tempels" geben. Bis zuletzt hatte es ja "wilde Spekulationen" um einen hochfahrbaren Flugrasen und towerähnliche Festungen an den jeweiligen Stadionecken gegeben. Die Wahrheit liegt halt - wie so oft - in der Mitte. Und für die von der infrastrukturellen Erschließung des Stadionumfelds betroffenen Gärtner im "Ardeyblick" heißt es nun endgültig: Den letzten Sommer noch einmal so richtig zu genießen...
Hätte man uns vor rund 30 Jahren von einer Arena mit knapp 70.000 Plätzen erzählt, von einem Stadion mit hochkarätiger Glasfassade, Rasenheizung und der größten Stehplatztribüne Europas, wir hätten ob derlei Hirngespinsten nachsichtig gelächelt, WIR Dortmunder. Doch was vor nicht mehr als einem Steinwurf in der heimatlichen Fußball-Historie noch als Auswüchse einer allzu schwatzgelben Phantasie abgetan wurde, ist knapp drei Dekaden später bereits beschlossene Sache: Die Spielstätte an der Strobelallee, für die Fans schlicht der "Tempel", von Presse, Profis und Prominenz nicht selten mit dem Attribut "schönstes Stadion der Republik" versehen, wird in absehbarer Zeit auch eines der Modernsten sein.
Doch: Nicht nur für diejenigen unter uns, die von einem solchen Szenario anno dazumal nicht einmal zu träumen gewagt hätten, wird das neue Stadion auch zur diesjährigen Saison-Eröffnung mal wieder ein Schauspiel sein: Dann werden wir nicht wie üblich ungeduldig in den langen Schlangen vor den Eingängen stehen - in Gedanken schon beim bevorstehenden Spiel gegen Nürnberg. Wir werden nicht fachsimpeln, zumindest nicht ausschließlich über Fußball. Wir werden statt dessen wieder diese wunderbare Aussicht genießen. Hinaufstarren an den imposanten Stahlkonstruktionen mit futuristisch anmutenden, vorgesetzten Aluminiumlamellen. Schon beim Kommen, die helle und freundliche Glasfront der Nordfassade bewundern und die Fenstersprossen aus poliertem Edelstahl bestaunen. Wer einmal Fußball "live" in Dortmund erlebt hat, dessen Fußball-Herz schlägt höher. Eines läßt ihn sicher nie mehr los: Die "Faszination" Westfalenstadion. Zuschauerränge direkt am Spielfeldrand ermöglichen eine in dieser Form einmalige Stimmung. Nicht umsonst avancierte die Dortmunder Borussia in den 90´er Jahren wieder zu einer der besten deutschen Fußball-Adressen.
Ein Erfolgsgeheimnis besteht darin, daß die Fans den "Funken der Begeisterung" auf das Spielfeld übertragen - und umgekehrt. Eröffnet wurde das "nur" 33 Millionen teure Stadion zur WM 1974. Seit 1995 erfolgten Umbau und Eigentumsübertragung der Stadt an die Westfalenstadion Dortmund GmbH & Co KG. Im letzten Sommer investierte die Borussia weitere 110 Millionen Mark aus Eigenmittel in den Ausbau. Die Fans der Borussia können sich im 2.000 Quadratmeter großen Gastronomie-Areal, oder im "Borussia-Park" bei einem Ausflug durch die Vereinsgeschichte in der Nordtribüne vergnügen. Zwar läßt sich die mit 25.000 Plätzen größte Stehplatztribüne Europas bei internationalen Spielen mit den geforderten Sitzplätzen bestücken, aber dadurch verringert sich dann die Kapazität auf 52.000. Zu wenig, um ein heiß begehrtes Halbfinalspiel bei der WM 2006 im eigenen Land austragen zu dürfen.
Insgesamt herrschen allerdings hervorragende Bedingungen in einer der schönsten Fußball-Arenen der Welt, die es jetzt in diesem Bauabschnitt allerdings nochmals zu verbessern und zu erweitern gilt. Bereits zum UEFA-Cup-Finale am 19. Mai 2001 wurden schon folgende Verbesserungen durchgeführt:
- Installation eines neuen, modernen Beschallungssystems.
- Ausstattung der Tribünensitze im Ehrengastbereich der Westtribüne mit Arm- und Rückenlehnen.
Weitere geplante Modernisierungen sind:
- Entfernung des Zaunes hinter den Toren und Installation eines flexiblen Zaunsystems sowie Einrichtung spezieller Flächen für Rollstuhlfahrer auf der Tribüne.
- Modernisierung und Erweiterung der Mannschaftsbereiche (Umkleiden und Schiedsrichterräume).
Künftig mehr Platz zum Träumen
Soweit jetzt bekannt geworden ist, wird der BVB ab Oktober das Westfalenstadion weiter vergrößern (schwatzgelb.de berichtete am 03.12.2000). An den bisher offenen Ecken entstehen 4 hochgeschossige Türme, die das ganze Areal dann wie eine Festung aussehen lassen. In eine der Ecken wird ein Parkhaus Platz finden, damit dann die VIP`s trockenen Fusses in ihre Aufenthaltsräume gelangen (Südwest), die zweite Ecke erhält zusätzliche Sponsoren-Räume, im dritten Eckpfeiler findet die Geschäftsstelle ihr neues Zuhause (Nordost) und in der vierte Ecke wird Platz für 2000 weitere BVB- Fans vorgesehen. Lange Einlaßschlangen wird es künftig ebenfalls nicht mehr geben, denn wie jeder schon gemerkt haben dürfte, ist die neue Jahreskarte wesentlich stabiler, als noch in den vergangenen Jahren. Der Hintergrund ist nicht etwa der, dass der BVB dem Rechnung getragen hätte, dass die Dinger spätestens zur jeweiligen Rückrunde fetzig-fransig wurden, sondern die Einführung von Drehkreuzen in den Eingangsbereichen! Das die alten Sitzschalen gegen Sitze mit Lehne (die in Basel waren klasse!) ausgetauscht werden müssen, braucht hier sicherlich keine gesonderte Erwähnung finden. Auch wurde bekannt, dass der BVB sich einiges hat einfallen lassen, um den problematischen Belichtungsverhältnissen des ramponierten Rasens Herr zu werden. Anstatt wie ehemals angedacht, soll es kleinen hochfahrbaren Schwenkrasen geben.
Noch im letzten Jahr war als besonderer Clou der Überlegungen ja noch folgende Variante ins Spiel gebracht worden: Der Rasen sollte auf eine Stahlkonstruktion aufgetragen werden, die in der spielfreien Zeit dann auf Dachhöhe gehievt würde. Mit Hilfe einer von Schiffshebewerken bekannten Seilhebetechnik sollte die Rasenfläche auf 55 Meter hoch gefahren werden können. BVB-Präsident Gerd Niebaum erläuterte seinerzeit den FIFA-Inspektoren, die im Frühjahr 2000 die deutsche WM-Bewerbung vor Ort überprüft haben, anschaulich: "Dann hätte der Rasen natürliche Bedingungen, außerdem hätten wir dann ein Dach und eine multifunktionale Arena". Heute ist man da schon einen Schritt weiter: Es wird vielmehr auf jegliche Hebetechnik verzichtet und stattdessen werden Speziallampen im Stadion so aufgebaut, dass der Rassen durch künstliches Sonnenlicht in seinem Wachstum gefördert wird.
Dazu ist konzeptionell angedacht, den "Tempel der Glückseeligen" mit einem durchsichtigen Plexiglasdach zu übermanteln, denn damit könnte die Wirkungsstätte auch für andere Veranstaltungen wirksam genutzt werden. Das Gesamtvolumen soll sich allerdings auf eine maximale Obergrenze um 100 Mio. belaufen. Alles in allem: Eine runde Sache!
Durch diesen weiteren Ausbau eröffnet sich für die Heimat des Weltpokalsiegers von 97 eine gute Chance, wichtiger Schauplatz der WM 2006 zu werden. Mit einer Kapazität von knapp 72.000 Plätzen wird die Dortmunder Arena im Wettbewerb um die Austragungsorte der Weltmeisterschaft ein entscheidendes Kriterium erfüllen: Für Eröffnungsspiel, Halbfinals oder gar das Endspiel sollte der betreffende Bewerber ein Stadion mit mindestens 60.000 vorweisen können. "Eine Arena, von der die Fans in aller Welt träumen", erkannte TV-Kommentator Dieter Kürten bereits 1974 bei dessen Eröffnung die besondere Anziehungskraft des Westfalenstadions. Er sollte damals Recht behalten - und seine Worte werden uns inmitten der gewaltigen Geräuschkulisse wieder in den Ohren klingen, wenn wir uns mit 72.000 anderen Träumern am 28. Juli wieder in den Hexenkessel wagen. Wer hätte das gedacht, vor gut 30 Jahren...