Die Fans machen mobil: Aktion "pro 15:30"
Am vergangenen Wochenende war es soweit. Zum ersten aber sicher nicht letzten Mal protestierten die Anhänger sämtlicher Vereine gegen die zunehmende Aufteilung des Bundesligaspieltags. Motto: Das Gros der Spiele muß wieder um samstags um 15:30 Uhr stattfinden.
Obwohl in den einschlägigen Presseorganen von Medienmogul Leo Kirch diese Proteste erwartungsgemäß totgeschwiegen wurden, war die Aktion dennoch ein voller Erfolg, denn neben einigen regionalen Zeitungen berichteten auch überregional Gazetten vom "Aufstand der Fans".
Die beiden größten deutschen Sportzeitschriften, Kicker Sportmagazin und Sportbild, widmeten dem Thema gar eine Doppelseite und die Deutsche Presseagentur brachte eine zweiseitige Mitteilung heraus. Tenor: Die Fans lassen sich nicht mehr alles gefallen.
Die derzeitigen Zustände sind für Fans jedenfalls kaum noch zu ertragen. Der Spieltag ist auf vier verschiedene Termine aufgeteilt und die genauen Spieltermine stehen oft nur wenige Wochen vorher endgültig fest. Keine Chance also für die Anhänger, ihre Auswärtsfahrten ausreichend zu planen und die Vereine müssen sich nicht wundern, wenn ihre Stadien über kurz oder lang leer bleiben.
Ebenso ein Dorn im Auge vieler Fans sind die elenden Abendspiele. Anstoßzeiten freitags um 20:15 oder sonntags um 17:30 lassen sich in der Regel einfach nicht mit den eigentlichen Pflichten vereinbaren. Kaum einer kann es sich alle zwei Wochen leisten, von Schule, Studium oder Arbeit fernzubleiben um quer durch die Republik, von Dortmund nach München, von Freiburg nach Bremen oder von Rostock nach Stuttgart zu fahren.
So kam es dann auch, daß sich zum letzten Auswärtsspiel bei 1860 nur
ein kleines Häufchen von etwa 800 Borussen verirrte, die sich aus
höchstens 200 aus Dortmund und Umgebung Angereisten und zahlenmäßiger
Verstärkung aus dem bajuwarischen Umland zusammensetzen. Ein Trauerspiel
in Anbetracht der Tatsache, daß sich noch vor wenigen Jahren einige
Tausend auf diese Reise begeben hätten.
Gerade den BVB trifft
diese Entwicklung eben besonders hart, ist man doch - wie der Kicker
feststellte - unangefochtener "Nacht-Meister". Im Verlaufe dieser Saison
spielt kein Team der Liga derartig oft freitags, samstags oder sonntags
abends wie die Borussia. 19 (!!!) von 34 Spielen des
BVB (10 freitags, 6 samstags und 3 sonntags) finden unter Flutlicht
statt - ein trauriger Rekord für uns Fans.
Und auch im
Westfalenstadion selber läßt sich dieser Trend festmachen. Zwar ist die
Borussia mit etwa 62.000 Zuschauern im Schnitt absoluter Zuschauerkrösus
der Liga, doch in den meisten Spielen fehlen eben die 5.000 bis 6.000
Zuschauer, die eigentlich der Gästeverein mitbringen sollte. Gähnende
Leere auf der Nordtribüne verrät: Den Fans der anderen Vereine geht es
kaum besser, ein Grund mehr für eine lagerübergreifende Protestaktion.
Krasses Gegenbeispiel ist hier - wieder einmal - der ebenso tuffige wie
sympathische DFB-Lieblingsclub FC Bäh. Mit gerade einmal 8
Abendspielen, davon kein einziges freitags und nur eines am Sonntag,
befindet sich dieser allseits beliebte Vereine auf dem letzten Rang der
Nacht-Tabelle. Typisch Verband: Kaum reißen Ho*n*ß, Beckenbumser oder
die Schande von Lippstadt das Maul auf, schon wird gekuscht. Man will ja
das selbst ernannte Aushängeschild nicht verärgern.
Doch Leo Kirch, dem immer häufiger eine gewisse Ähnlichkeit mit Elliot Carver aus dem Bond-Streifen "Der Morgen stirbt nie" attestiert wird, macht seine Rechnung ohne uns Fans. Wir werden uns dieses Spiel mit Sicherheit nicht kaputtmachen lassen und schnell wird man auch in der Schaltzentrale der Kirch-Mafia merken, daß die Strategie so nicht aufgehen wird. Fußball funktioniert nur mit Fans.
Und auch wenn die Herren Straub, Ho*n*ß oder Hackmann heute noch blocken [siehe auch offizielle Briefversion des DFB], auf bestehende TV-Verträge hinweisen und befürchten, daß bei einer Wiederherstellung der alten Zustände das TV-Geld nicht mehr in diesem Maße fließen werde und man international dann nicht mehr konkurrenzfähig sei, läßt sich doch schon heute eines prophezeien: Auch die derzeitig Summen werden nur dann gezahlt, wenn das "Produkt Fußball" weiterhin attraktiv bleibt. Ohne Fans bleiben jedoch auch die Konsumenten des Bezahlfernsehens Mangelware, der Fußball wird für die Medien uninteressant und die Fernsehgelder werden wieder sinken.
Denn eine Wirtschaftsregel läßt sich auch auf den Fußball uneingeschränkt übertragen: Never kill a customer!
DENN DER FUSSBALL SIND WIR!
Der FC St. Pauli Fanclub „42“ beschäftigt sich seit Monaten mit dieser Problematik und ruft die Besucher seiner Homepage dazu auf, beim DFB gegen die aktuelle Terminplanung zu protestieren. Einen Auszug aus ihren Bemühungen findet Ihr hier:
Klassische Hinhaltepolitik der Herrschenden:
Hier seht Ihr den „Straub-Return“ auf die vierte Korrespondenz in Richtung Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt und es wird immer mehr klar, dass der DFB auf unsere Argumentation nicht eingeht. Wir sind aber der Meinung, dass gerade jetzt, wo auch von anderer Seite Druck gemacht wird und insbesondere auch die Presse darauf aufmerksam wird, wir unbedingt weiter machen müssen. Mehrere Teilnehmer der Aktion haben eine Antwort vom DFB erhalten. Diese Antwort ist nicht sehr befriedigend ausgefallen und weicht nicht von der bisherigen Argumentationsschiene ab, die bereits in allen Punkten wiederlegt wurde:
Wer selbst noch einen Brief an den DFB schreiben möchte, kann diese Vorlage benutzen:
Herrn
Wilfried Straub
c/o Deutscher Fußball-Bund
Otto-Fleck-Schneise 6
60528 Frankfurt/M.
Spielansetzungen der ersten und zweiten Bundesliga
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Wilfried Straub!
Ich möchte mit diesem Brief meinem Unmut über die zu kurzfristige Terminierung der Bundesligaspieltage Ausdruck verleihen. Zwar haben Sie jetzt die Erstligaspieltage komplett festgesetzt, aber es steht zu befürchten, daß Sie die fan-unfreundliche Praxis der kurzfristigen Spielansetzung auch in der nächsten Saison erneut starten. Auch wurden die Spiele der zweiten Liga bisher nicht festgesetzt, so daß in diesem Bereich dieses latente Problem für uns Fans nahezu unverändert immer noch besteht.
Ihre Argumentation, daß die kurzfristige Spielansetzung durch die internationalen Spiele „deutscher Mannschaften“ hervorgerufen wird, haben sie ja durch die jetzt erfolgte Ansetzung selber ad absurdum geführt. Es zeigt sich, daß diese These schlichtweg falsch ist.
Bereits in der Hinrunde wurden Spiele terminiert, obwohl die internationalen Termine der beteiligten Mannschaften nicht feststanden. So wurde das Spiel „Hansa Rostock gegen den HSV“ festgelegt, bevor der Spieltermin „AS Rom gegen den HSV“ feststand. Dies führte auch prompt dazu, daß der HSV nur einen freien Tag vor dem Spiel hatte!
Eine längerfristige Spielansetzung, die den genauen Tag des Spieles enthalten muß, ist jedoch für alle deutschen Stadionbesucher unentbehrlich. Viele Fans nehmen weite Anreisen in Kauf, um ihren Verein zu unterstützen. Dafür müssen Absprachen mit der Familie (z.B. um einen Babysitter zu organisieren) und den Arbeitskollegen (z.B. um Freitags mal etwas früher gehen zu können) getroffen werden. Dies ist nur dann möglich, wenn die Spieltage frühzeitig feststehen.
Ich hoffe, daß sie nun auch der Zweiten Liga den Gefallen tun, die Termine vollständig festzulegen. Insbesondere in der Zweiten Liga sind die Vereine abhängig von den Stadionbesuchern, so daß sich der bereits zu beobachtende Zuschauerrückgang erheblich auf die Vereine auswirkt. Weiterhin wünsche ich mir, daß Sie in der nächsten Saison längerfristige Ansetzungen der Spiele durchführen. Daß dies, trotz internationaler Verpflichtungen, möglich ist, haben Sie ja jetzt bewiesen. Und bitte bedenken Sie: Geld ist nicht alles! Leere Stadien sind der Tod auf Raten für Deutschlands populärste Sportart!
Mit freundlichen Grüßen