Tanko bekifft !?
Ibrahim Tanko hat also gekifft, gepafft, einen Joint gezogen, oder wie man den Konsum der sogenannten "weichen Droge" Marihuana auch immer bezeichnen möchte. Grund genug für schwatzgelb.de, der Sache mal von einer anderen Seite näher nachzugehen...
Folgende, überraschende Meldung mußten heute Nachmittag alle Borussenfans im Netz entdecken:
Borussia Dortmund und Ibrahim Tanko haben sich unterdessen über eine sofortige Vertragsauflösung geeinigt. Der Stürmer hatte sich nach dem DFB-Pokalspiel des BVB Ende November bei Schalke 04 einem Dopingtest des DFB unterziehen müssen, dessen Ergebnis positiv war. Tanko hatte gestanden, Marihuana geraucht zu haben. "Ich bedaure mein Fehlverhalten, es tut mir leid, es war ein einmaliger Ausrutscher, ich möchte mich dafür entschuldigen", erklärte der Ghanaer, der in den laufenden Saison in neun Bundesligaspielen für den BVB zum Einsatz kam.
Wer nicht weiß, was dieses "Kraut" mit Namen Marihuana ist und was es bewirken kann, möge sich bitte auf einer der unzähligen Seiten im Netz umsehen (z.B. auf www.bmgesundheit.de, www.drogeninfo.de, www.cannabis.com, www.hanf.org oder www.hammerhart.de). Für Drogenberatung sind wir sicherlich nicht die richtigen.
Ibrahim Tanko spielt seit der Jugend für den BVB (er kam 1992 aus Ghana), wurde deutscher A-Jugend-Meister und mit den Profis 1995 und 1996 deutscher Meister. Unvergessen, wie er im Frühjahr 1995 mit Lars Ricken zusammen den "Babysturm" bildetete, als die beiden Jungs die verletzten Riedle und Chapuisat ersetzen mußten. Auch am Championsleague-Titel hatte er durch sein 3:1 im Viertelfinale gegen Auxerre großen Anteil. Alle Trainer schwärmten von ihm, was er im Training zeige, sei Weltklasse. Diese Weltklasse ließ er auf dem Platz jedoch nur selten aufblitzen. So im angesprochenen CL-Viertelfinale oder 1995 im UEFA-Cup-Halbfinal-Hinspiel gegen Juve. Zweifellos ein feiner Fußballer, mit exzellenter Technik, Tore schießen konnte er allerdings nicht. In 5 Profijahren schoß er ganze 3 Bundesligatore. Entschuldigend muß man allerdings immer wieder erwähnen, daß Tanko trotz seiner gerade mal 22 Jahre bereits 3 Ermüdungsbrüche im Mittelfußknochen hinter sich hat, die ihn immer wieder zurückwarfen.
Dopingsünder?
Tanko ist in der Geschichte der Bundesliga bereits der 9. Profi, dessen Dopingbefund positiv ausfiel. Allerdings ist er erst der zweite Profi, neben dem für die kleine Borussia aus der Nähe Korschenbroichs spielenden Niederländer Quido Lanzaat, dessen Dopingtest ebenfalls Spuren von Marihuana nachwies. Unter den immer wieder gerne zitierten Experten ist die leistungssteigernde Wirkung von Marihuana jedoch höchst umstritten.
Seit einiger Zeit finden sich immer häufiger positive Marihuana-Befunde bei Profisportlern. Sicherlich könnte man nun einwenden, daß dieser Konsum wohl eher ein Freizeitdelikt ist, denn schließlich würde eine Untersuchung auf Alkoholkonsum eine wesentlich höhere Anzahl "positiver" Befunde zu Tage fördern. Zweifellos ist es richtig, daß unter geschätzten 3-4 Mio. Marihuana-Konsumenten in Deutschland auch der eine oder andere Profisportler zu finden ist, ohne damit gleich leistungsförderndes im Sinn zu haben. Doch 1996 fanden französische Kontrolleure in 85 Dopingproben diesen "Zauberstoff". Besonders bei Fußballprofis, waren Haschisch und Marihuana in hohem Maße beliebt wie Untersuchungen belegen. Zu den Ertappten gehörten auch die prominenten Torhüter Fabien Barthez und Bernard Lama, die 1998 mit der französischen Nationalmannschaft Weltmeister und 2000 Europameister wurden.
Doch was soll der Konsum von Marihuana bewirken?
Abgesehen von einem aphrodisierenden Effekt, den Cannabis in Verbindung mit Damiana-Blättern ("joints for sex") haben soll, ist der Konsum für Sportler eher leistungsbremsend. Der Hauptwirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC), das haben wissenschaftliche Tests erwiesen, beeinflußt das Großhirn und verursacht eine "kontemplative Stimmung bei apathischer Antriebslage". Oder anders: Der Proband ist wie benebelt. Eine leistungssteigernde Wirkung dürfte damit wohl ausgeschlossen sein, oder wer käme auf die Idee, sich vor einem Spiel die Birne mit Alkohol vollaufen zu lassen? Die Wirkung wäre wohl ähnlich.
Vereine und Verbände behandelten den Griff zur betörenden Droge lange als exzessives Freizeitverhalten fehlgeleiteter Athleten. So ist beim internationalen Leichtathletikverband IAAF Cannabis nicht auf der Liste verbotener Substanzen zu finden, beim internationalen olympischen Komitee (IOC) indes schon.
Inzwischen vermuten einige Dopinganalytiker, daß Marihuana zum einen bei der Bewältigung eines anstrengenden Trainings- oder Wettkampftages helfen kann. Störende Nachwirkungen wie etwa bei großzügiger Zufuhr von Alkohol braucht der Athlet nicht zu fürchten. Nach zwei bis drei Stunden ist der tranceartige Zustand verflogen: "Man ist einfach nur relaxter."
Was daran aber für einen Stürmer positiv sein soll, erschließt sich mir persönlich jedoch nicht.
Darüber hinaus gilt es als sehr problematisch überhaupt nachzuweisen, wann der "Dopingsünder" denn nun gekifft habe. Denn, so das deutsche Ärzteblatt vom 09.April 1999: Aufgrund seiner Lipophilie sammelt sich THC rasch in fettreichen Geweben und wird von dort verzögert freigesetzt. Dadurch nimmt die Wirkstoffkonzentration im Blut kurz nach Konsumende rasch ab. Die Zeitkurve der THC-Konzentration verläuft nicht parallel zur Zeitkurve der THC-Wirkung. Bei regelmäßiger Einnahme kommt es zur Kumulation insbesondere des Metaboliten THC-COOH, der nach Beendigung eines regelmäßigen Konsums unter Umständen noch für Wochen im Blut und für Monate im Urin nachweisbar ist.
Halten wir also fest: es ist weder 100%ig erwiesen, daß Marihuana leistungsfördernd wirkt, noch zu beweisen, wann der "Sünder" dieses Mittel gebraucht hat. Es kann durchaus vor Monaten gewesen sein, daß Tanko gekifft hat. Selbst wenn man also Leistungssteigerung annehmen würden, wäre es nie zu beweisen, wann er das Zeug geraucht hat. Meiner Meinung nach ist eine Strafe des DFB zwar zu erwarten, Tanko wird sie wohl auch annehmen, rechtlich dürfte sie aber auf eher wackligen Beinen stehen.
Ist Tanko ein Verbrecher?
Bestraft werden kann laut § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtMG), wer illegale Betäubungsmittel (also z.B. Cannabis) "anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft." Außerdem sind Besitz, Durchfuhr und einige andere Dinge verboten. Der Konsum kommt jedoch im BtMG nicht vor und ist somit erlaubt. Diese Rechtslage wird damit begründet, daß "Selbstschädigung" (durch Konsum) in der Bundesrepublik nicht bestraft wird. Der Besitz bringe aber die Gefahr der Weitergabe mit sich, und ist daher verboten.
Es ist juristisch anerkannt, daß man Drogen konsumieren kann, ohne sie zu besitzen. Wer zum Beispiel einen Joint annimmt, um daran zu ziehen und ihn dann zurückzugeben (statt ihn weiterzugeben), hat ihn juristisch gesehen nicht besessen. Von praktischer Bedeutung ist die Legalität des Konsums, wenn jemandem durch einen Test oder eigene Aussage nachgewiesen wird, daß er illegale Drogen konsumiert hat. Da daraus nicht auf einen Besitz geschlossen werden kann, müßten dann die Umstände des Konsums untersucht und der Besitz nachgewiesen werden. Denn sonst gilt "im Zweifel für den Angeklagten" - und der Konsument bleibt straffrei.
Da der Besitz von Cannabis gegen Tanko zunächst nicht nachweisbar ist, dürfte er wohl straffrei ausgehen.
Tanko nur ein Drogenkranker?
In der Bundesrepublik gibt es laut Drogenexperte Berndt Georg Thamm eine Anzahl von über 2 Mio. Konsumenten von Cannabisprodukten (andere sprechen von 3-4 Mio.). Tanko befindet sich also in "bester Gesellschaft". Ob er Drogenkrank ist, können wir nicht beurteilen. Cannabis schafft jedoch, im Gegensatz zu Nikotin oder Alkohol keine körperliche Abhängigkeit. Von einer psychischen Abhängigkeit war nie die Rede und daher erlauben wir uns auch keinerlei Spekulationen über dieses Thema. Grundsätzlich sollte man mit dem Vorwurf des Drogenmißbrauchs bei - so Tanko - einem einmaligen "Ausrutscher" äußerst zurückhaltend sein. Selbst die dpa-Meldung spricht von Marihuana-Genuss.
Nun ja, bereits vor dem Dopingtest hatte der 23-Jährige seinem langjährigen Arbeitgeber bekannt, dass er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern wolle, da er sich bereits ebenfalls nach Freiburg absetzen will. Und die wiederum hatten es heute dann mächtig eilig, "Ihren" Neuzugang entsprechend zu positionieren: "Wir haben nach Bekanntwerden des Dopingergebnisses unsere Einschätzung und Wertschätzung gegenüber Ibrahim Tanko nicht geändert", betonte Andreas Rettig, Manager des SC ebenso, wie auch "Szene-Coach" Volker Finke. Der wiederum sieht in dem Vergehen Tankos keinen Grund, von den Verpflichtungsplänen des einst als großes Talent geltenden Afrikaners abzurücken: "Wir waren uns mit Ibrahim Tanko schon vor Weihnachten einig und auch wenn der Spieler einen Fehler gemacht hat, sehe ich keinen Grund, mich nicht auf die Zusammenarbeit mit ihm ab nächsten Sommer zu freuen." Warum auch nicht, liebe Freiburger, sei Euch doch auch gegönnt, der 2. Borusse!
Folgen für Borussia?
In erster Panik haben einige schwatzgelbe Fans befürchtet, daß Borussia nun die Punkte aus sämtlichen mit Tanko absolvierten Spielen aberkannt bekommt. Das halten wir - gelinde gesagt - für ausgemachten Unfug. Trotz des Falls Daum gilt noch immer die Unschuldsvermutung, d.h. es darf angenommen werden, daß Tanko während der anderen 9 Spiele "sauber" war. Der BVB hat also nichts zu befürchten. Dies wurde auch aus Kreisen des DFB verlautbart. Nicht auszudenken aber, wenn der BVB in GE-Buer gut gespielt und gewonnen hätte. So aber hat dieser Fall höchstwahrscheinlich keine Folgen für Borussia, einzig auf Gesänge wie "Haschrussia" dürfen wir uns freuen.