Spielbericht Profis

Schande über uns (Freundschaftsspiel gegen Kerkrade)

25.07.2001, 00:00 Uhr von:  Jens
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Zunächst einmal: Zu diesem Artikel gibt es keine Fotos, der Text ist wichtig. Da er mitten in der Nacht voller Emotionen geschrieben wurde, bitte ich evtl. Rechtsschreibfehler und methodische Schwächen zu entschuldigen.

Es sollte ein lockerer Aufgalopp für den kommenden ersten Spieltag werden. Doch schon von Anfang war es irgendwie komisch. Überall im Stadion war schlechte, miesgelaunte Stimmung. Von Anfang an hörte ich aus den verschiedensten Richtungen Gemecker und Stänkereien. All die Meckerköppe, die jetzt schon wissen, dass Amoroso nix taugt, die Abwehr zu schlecht ist und und und.

Das Spiel begann sehr ruppig von niederländischer Seite, schnell wurde klar, dass es kein echtes Freundschaftsspiel werden würde. So wurden Rosicky, Amoroso und Koller übelst gefoult. Das 1:0 durch Amoroso entstand durch einen herrlichen Pass von Rosicky. Das 2:1 erzielte Ricken mit einem tollen Direktschuß in den Winkel, das 3:2 Koller nach klasse Einzelleistung von Billy Reina, der für den verletzten Rosicky kam. Das 4:2 konnte Stevic mit einem direkt verwandelten Freistoß machen.

Doch das Spiel interessiert nur am Rande. Viel schlimmer und aufsehenerregender waren und sind die Vorkommnisse am Rande des Spiels kurz vor dem Ende. Wie schon oben beschrieben, herrschte relativ negative Stimmung im Stadion in Hüsten. So kam es dann auch mal wieder zu Unmutsbekundungen gegenüber Jens Lehmann, nachdem er einen offensichtlich haltbaren Ball passieren liess machte sich ein Teil des Publikums erstmalig bemerkbar. Nicht nur die "üblichen Verdächtigen", sondern auch viele andere Fans pfiffen und buhten den eigenen Tormann aus. Doch damit nicht genug. Nachdem anfangs der zweiten Hälfte das übliche "Feind bleibt Feind" zu vernehmen war, blieb es relativ still. Nur einzelne Personen pöbelten in unterirdischer Manier gegen Jens Lehmann. Aufgestachelt und stark angetrunken ging dann einer dieser Pöbler kurz vor Ende des Spiels zu Jens Lehmann und kündigte an, ihn um sein Trikot zu bitten. Jens Lehmann reagierte auf diesen Wunsch offensichtlich und wohl auch verständlich ungehalten (mehr war aus der Entfernung nicht zu erkennen), worauf der "Fan" ihn anpöbelte und den Mittelfinger zeigte und sich von den anderen "JL-Feinden" mehr oder weniger feiern ließ. Daraufhin wurde der junge Pöbler von einem Mitglied der "Supporters Dortmund" festgehalten und vom Spielfeld weggezogen. Jens Lehmann entging dies offensichtlich und stürmte bei Schlußpfiff hinter das Tor und griff einen anderen Fan an. Er packte ihn und schüttelte ihn verärgert. Dann stürmten einige Chaoten den Platz und griffen Jens Lehmann tätlich an. Christoph Metzelder und einige besonnene Fans und Supporters gingen dazwischen und sorgten für Ruhe. Jens Lehmann entschuldigte sich nach dem Spiel bei dem unschuldigen Fan, der diese Entschuldigung auch akzeptierte.

Kommentar: Eigentlich hätten wir alle es ahnen oder befürchten müssen. Die ständigen Pöbeleien und Beschimpfungen gegen den eigenen Torwart waren kaum noch steigerungsfähig, es kam also zur Eskalation. Aber früher wollte es keiner wissen, Jens ist bei der Masse der Fans unbeliebt und die meisten sahen weg und die wenigsten hätten wohl wirklich mit diesen schlimmen Bildern gerechnet. Diese Sache war unterste Schublade und uns Borussen in keinster Weise würdig. Ich schäme mich, dieses Verhalten viel zu lange toleriert zu haben. Auch ich bin kein Freund Jens Lehmanns und werde es durch diese Sache sicherlich nicht werden. Aber ich will in Zukunft nicht mehr wegschauen, wenn ich dieses Geschrei höre. Bislang war meine Einstellung zu Jens Lehmann: weder anfeuern, noch bepöbeln, das war mein Kompromiß, den ich für mich geschlossen habe. In Zukunft werde ich meine unmittelbare Umgebung darauf hinweisen, dass es so nicht weitergeht. Auch Jens Lehmann hat sich in dieser Situation nicht korrekt, aber menschlich verständlich, verhalten. Aber er sah seinen Fehler offensichtlich ein und lud den verwechselten Fan in die Kabine ein und entschuldigte sich bei ihm. Ob die Angreifer auch diesen Mut haben?

Vermutlich ist es nun so, dass alle Probleme nun auf die kleine Gruppe abgewälzt wird. Schuldig sind aber wir alle im Stadion. Diejenigen unter uns, die den jüngeren vorgemacht haben, wie man sich im Stadion aufführt: man meckert viel und laut. Woher sollen die Jungs denn lernen, wie man seine Mannschaft unterstützt, wenn es inzwischen praktisch keiner mehr tut? Alles pöbelt, alles motzt und meckert, was das Zeug hält. Wären wir anderen positiv verrückter, hätten wir dieses Problem nicht. Wohlgemerkt: Lehmann-Gegner, es geht nicht darum, alle zu zwingen, ihn zu unterstützen (wer unterstützt schon jeden Spieler, die meisten von uns haben doch ihren speziellen "Liebling"), aber wenigstens Ruhe müßte doch herrschen. Im Meckern sind wir schon lange Deutscher Meister. Wir müssen alle an uns arbeiten, die Negativ-Stimmung aus dem Stadion vertreiben. Auch wenn der harte Kern der Lehmann-Gegner nichts mit den Pfiffen gegen Barbarez oder aktuell gegen Bobic zu tun hat(te), gilt es nun diese Seuche aus dem Stadion zu verbannen. Wir gefährden den Erfolg der Mannschaft und damit auch unseren Erfolg und unsere "Glücksgefühle" im Falle eines Titelgewinns, der so in Ferne rücken kann.

Nachtrag: Am heutigen Mittwoch entschuldigte sich einer der "Pöbler" (also keiner der Gewalttäter) persönlich bei Jens Lehmann und Borussia Dortmund. Beide nahmen diese Entschuldigung an, Jens Lehmann zeigte sich gesprächsbereit und offen. Ob der "Übeltäter" vom BVB eine Strafe aufgebrummt bekommt, ist noch offen.

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