Es gibt nur eine Borussia...
Und wieder heißt es Auswärtssieg! Der von Michael Meier proklamierte „goldene Oktober“ – er hat begonnen. Mit einem in Unterzahl wahrlich erkämpften 2:1-Erfolg in Mönchengladbach festigten die Schwatzgelben ihren Platz im oberen Teil der Tabelle. Bei optimalen Herbsttemperaturen zitterte sich der BVB am Ende bereits zum vierten Auswärtssieg in der laufenden Saison. Allerdings: Dienstag muß gewaltig zugelegt werden, wenn man Porto schlagen will!
The same procedure as every year… Wenn Borussia Dortmund in der „vorholländlichen Provinz“ am ausverkauften Bökelberg gastiert, dann sind Gift und Galle garantiert. So wurde im Vorfeld von den Niederrheinern in Magazin und Internet die Mähr von „nur einer existierenden Borussia“ verbreitet (Sammer: „Ich meine, das hat Borussia Mönchengladbach nicht nötig“). Aber das sind wir ja vom Bundesligaaufsteiger gewohnt. Sich aller Talfahrten trotzend auf „Historien“ ausruhend, proklamieren sie immer noch ihre „schöne alte Zeit.“ Eine Zeit von der PREMIERE- Gast Udo Lattek sagt, „sie sei schon ewig vorbei.“ Apropros Lattek. Ganz er selbst, verkündete er der fußballunerfahrenen Monika Lierhaus auf die Frage für wen denn sein Herz schlage: „Ich will neutral sein, aber ganz eindeutig für Borussia Dortmund.“
Die Frage der Fragen war, wie hatte sich die 2-wöchige Spielpause auf beide Teams ausgewirkt? Gladbachs letzter Sieg lag acht Wochen zurück. Das Selbstvertrauen, in den Vorwochen gerne auf eigenem Platz ausgelebt ist deutlich geschwunden. Doch die Hans Meyer-Schützlinge, die gegen die Top-Klubs Bayern, Schalke und Leverkusen bisher spielerisch zu überzeugen wußten, gingen wenig ängstlich in die Partie. Dass Dortmund munter mitstürmte, kam Gladbach entgegen. Auf die Frage, ob die „Grün-weißen“ etwa auf Talfahrt seien, antwortet der sächsische Trainerfuchs Hans Meyer (58) bereits vor dem Spiel wütend: "Wir sind normal gestartet", will der Trainer von einer Krise seiner Mannschaft nichts hören. Schließlich hat er von Anfang an davor gewarnt, die ersten Erfolge, vor allem das 1:0 gegen den FC Bayern, zu überschätzen. Recht hat er. Topgetter Arie van Lent verletzt und Ersatzmann Marcin Mieciel? Er spielte gut, war immer im Brennpunkt und wäre in der Nachspielzeit der ersten Hälfte beim Pfostenschuß und kurz vor Schluß beinahe zum Torerfolg gekommen. Die westfälische Borussia, als Tabellenvierter (mit Spitzenreiter Kaiserslautern die erfolgreichste Auswärtsmannschaft), angereist, ließ „Fußballgott“ Kohler zunächst draußen und trat überraschend mit einer Dreierkette an, Oliseh davor. Das bedeutete bedingungslose Offensive, zumal alle Brasilianer aufliefen.
Der BVB brauchte in diesem über weite Strecken kurzweiligen Spiel etwa eine Viertelstunde, um sich zu finden. In der 4. Minute zirkelte BVB Regisseur Tomas Rosicky einen Freistoß knapp über das Tor. Nach 9 Minuten ein erster Aufschrei in der wie immer reichlich präsenten BVB-Fangemeinde: Hausweiler steigt im Stiele eines Rhein-Fire-Defenders mit beiden angezogenen Knien gegen Lars Ricken ein und der Dortmunder geht mit einem großen „Hühnerei“ an der linken Stirnhälfte wieder ins Spiel. Für seine Beule bestraft er die Hausherren nur 2 Minuten später mit dem 0:1. Einen zentimetergenauen 40 Meter Traumpass von Ewerton nimmt er im Stzrafraum auf und versenkt unhaltbar für Keeper Stiel. Anschließed (20.) muß er wegen seiner großen Beeinträchtigung aber dennoch den Platz verlassen. Was soll´s, dicke Beule, aber mit der Bude hat er seine Schuldigkeit getan, wenn man dem überhaupt noch was gutes Abgewinnen kann!
Henrique de Souza Ewerthon – was für ein Gewinn !
Nach 23 Minuten selbes Spiel, gleiches Stadion: Ein herrlicher 30 Meterpass gegen die aufgerückten Gladbacher und Ewerton ist frei vor Stiel. Witeczek ward nich gesehen und es stand 0:2. Abgewichst wie ein Alter verlädt er den Schweizer Torsteher!
In der 28. Minute dann der erste Schock für den BVB: Nach einem harmlosen Luftkampf mit Mieciel kugelt sich BVB-Zerberus Jens Lehmann das Daumengrundgelenk an der linken Hand aus und muß das Feld verlassen. Der zuverlässige Philipp Laux kommt für ihn hinein. Es ist die zeit der hektischen Betriebsamkeit an der Seitenlinie, denn bereits in der 32. Minute brachte auch Trainerfuchs Hans Meyer Ersatzmann Markus Münch für van Houdt, womit das Flügelspiel belebt werden sollte. Sofort kam das Gladbacher Spiel besser zur Geltung. In der 38. Minute das nächste Mißgeschick: Der schwache Schirri Aust schickt den bis dato besten Borussen zum duschen. Tomas Rosicky muß sich nach eher harmlosem Foulspiel die Gelb-Rote Karte abholen und Borussia ist nur noch zu zehnt. Im Anschluß daran bringt Münch eine Ecke rein und Mieciel köpft aus sieben Metern auf Koller, der noch abfälscht, aber Ersatztorwart Philipp Laux reagiert mit blitzartigem Reflex großartig. Sein erster Ballkontakt!
In der 42. bringt Meyer Küntzel für Korell. Mönchengladbach versucht noch vor der Pause den Anschluß herzustellen Und beinahe wäre es sogar gelungen. In der Nachspielzeit flankt Eberl von rechts auf Korzynietz, der den Ball nicht erreicht aber auf Mieciel abfälscht. Dessen Kopfball aus sechs Meter prallt gegen den Innenpfosten und springt direkt in die Arme des aufnahmebereiten Laux, der die Kugel begräbt. Im Gegenzug hätte dann de Sack zu sein müssen. Bei einem dieser gefährlichen Gegenstöße erkämpft Ewerton einen Einwurf, schaltet am schnellsten und wirft an den 5´er zu Marcio Amoroso. Der leitet den Ball genial diagonal weiter auf den gänzlich freistehenden Jan „Dino“ Koller und der schafft es nicht, aus 5 (!) Metern den Matchball zum alles entscheidenden 0:3 zu nutzen! Oh man...
Auch nach der Pause ändert sich das Bild nicht. Die Hausherren sind zwar optisch feldüberlegen, bringen aber nichts zustande. BMG drückt, BVB kontert. Zwar beschränkte sich der BVB nach Wiederanpfiff hauptsächlich auf die eigene Torsicherung, nachdem mit Regisseur Rosicky und dem bereits in der ersten Halbzeit verletzt ausgeschiedenen Ricken zwei Kreativkräfte ausfielen. In der 60. Minute kommt Evanilson bei einem Konter an den Ball. Etwa 40 Meter vor dem Tor lupft der Brasilianer das Leder über den herauslaufenden Stiel. Das Leder trudelt etwa einen Meter neben den Kasten.
Hilflos, kopflos, Gladbach!
In der 71. riskiert der MG-Coach dann alles und wechselt seinen teuersten Neuzugang ein. „Daniela“ Felgenhauer kommt für Korzynietz und hat sofort mit einem Distanzschuss von der halblinken Poition den Torschrei auf den Lippen, aber sein Aufsetzer fliegt knapp am Tor vorbei. Dass es dann doch noch einmal spannend wurde, verdanken die weiterhin planlos anrennenden Gastgeber dem Kölner Schiedrichter Aust, der in der 78. Minute für alle völlig überraschend auf den ominösen Punkt zeigt. Elfmeter! Durch Demo verkürzen die Gastgeber auf 1:2! Leonardo Dede soll sich in der fraglichen Szene im eigenen Strafraum auf Mieciel aufgestützt haben. Der BVB ist jetzt immer häufiger am 1:3 als Gladbach am 2:2 dran: Ewerthon umkurvt Maxi Eberl und zieht von der Strafraumgrenze ab. Stiel kommt gerade noch mit den Fingerspitzen dran und klärt zur Ecke. Im Gegenzug versieben die „Rauten“ dann den möglicherweise kämpferisch verdienten Ausgleich, als Nielsen auf Mieciel auflegt und der von der Strafraumkante voll draufhält. Doch Philipp Laux fischt das Dingen und ist an diesem Tag einfach nicht mehr bezwingbar...
Ein Wort noch zu den ach so tollen Gladbacher Fans. Ihnen sollte das so überaus engagierte BMG-Fanprojekt mal sämtlichst ein Regelbuch zum Selbststudium in die Hand drücken, damit sie nicht immer versucht sind, sich bei nahezu jedem Ballkontakt in unmittelbarer Nähe der Nordtribüne lauthals zu ereifern! Dieses dümmliche „Rumgegeife“ raubt einem Fußballfan gänzlich den Nerv. Unweigerlich fragt man sich, ob man denn ein Leben lang schlicht geschlafen hat, wenn dem Schirri von den Rängen derart zugearbeitet wird. Unrühmliches Beispiel: Die Verwarnung für Sunday Oliseh, die auch nach dem Fernsehbeweis ein „Ball ins Gesicht“ war, aber dennoch von den „Fohlenfans“ zur gelbe Karte hochstilisiert wurde.
Fazit:
Borussia Dortmund bewies trotz frühzeitiger Dezimierung und zweier zu kompensierender verletzungsbedingter Ausfälle seine Klasse gegenüber den Mönchengladbachern. Dermaßen geschwächt, versuchte Borussia den Gastgeber weitesgehend vor dem Strafraum zu kontrollieren und Gefahr erst gar nicht entstehen zu lassen. Deshalb ist der 2:1-Auswärtssieg auch verdient. Die Defensivleistung war in Ordnung und lässt für Dienstag hoffen. Aber die Offensive? Es ist jammerschade das die heute so spielfreudigen Ewerton und Amoroso da nur die Haupttribüne zieren werden!
In der Pressekonferenz brachte Mönchengladbachs Trainer Hans Meyer die Sache auf den Punkt: "Dortmund war die klar bessere Mannschaft. Deswegen kann ich mit der Niederlage leben." Und BVB-Coach Matthias Sammer ergänzte: "Ein wichtiger Sieg für uns. Ein sehr abwechslungsreiches Spiel, was mir an die Nerven ging. Insgesamt ist es aber ein verdienter Sieg."
Statistik:
BVB: Lehmann (2) - 29. Laux (2), Evanilson (3), Wörns (2,5), Dedé (3), Reuter (4), Rosicky (2), Oliseh (4), Ricken (3) - 20. Stevic (3), Ewerthon (2), Koller (3), Amoroso (3) - 46. Kohler (2,5).
Tore: 0:1 Ricken (13.), 0:2 Ewerthon, 1:2 Demo (78., Foulelfmeter)
Schiedsrichter: Jürgen Aust, Köln (5). „Mr. Chaos“ hatte die Partie nie im Griff, gab den Foulelfmeter zu unrecht und übersah dafür einen Handelfmeter für Gladbach. Auch der Platzverweis für „Rosa“ war lächerlich.
Rote Karten: keine, Gelb-Rote Karte: Rosicky (37.)
Gelbe Karten: Demo, Eberl, Stiel - Oliseh.
Zuschauer: 34.500 (ausverkauft).