Tatort Bundesliga - der 33. Spieltag: Ende gut, alles gut ! - Fußball – die wohl schönste Nebensache der Welt
Was war das für ein Wochenende! Nicht nur unser Sonderzug nach Haching lief wie auf Schienen, sondern auch das Begleitprogramm in der Bundesliga! Dank unserer tollen Auswärtspartie im Dorf und der überaus frohen Kunde aus der Schwabenmetropole, haben wir sogar jetzt wieder alle Chancen, die ungeliebten Vorstädter am Ende doch wieder traditionell hinter uns zu lassen. Ottmar Hitzfeld indes kann man getrost zum Titel-Hattrick gratulieren, denn seine abgezockte und dem Glück scheinbar immerholde Truppe wird sich im Hamburg wohl kaum mehr überraschen lassen...
Ein Lied für alle: Deutscher Meister wird nie der So4...
Es kam, wie´s einfach kommen musste: Innerhalb von nur einer Minute platzte der Meistertraum der Blauen wie eine Seifenblase! Stuttgarts alternder Spielmacher Krassimir Balakov setzte mit einem 14-Meter-Schuss den blauweißen Träumen ein jähes Ende. Und sie selbst hatten selbst dazu beigetragen, dass alle Träume platzten. Diese „Wundermannschaft“ hatte im entscheidenden Moment gespielt als gelte es einen Nichtangriffspakt auf dem Fußballfeld möglichst authentisch darzustellen. "So ist der Fußball", sagte anschließend ein sichtlich um Fassung ringender Rudi Cigar lapidar daher, doch seine leeren Augen verrieten mehr. "Man muss Realist sein und bleiben. Bayern macht in der 90. Minute das 2:1 und wir verlieren. Das macht eben den kleinen, feinen Unterschied aus." Fürwahr. Das sprichwörtliche bajuwarische Glück scheint wieder einmal unerschöpflich in diesen Tagen...
Und dabei waren sie in Strömen ins Schwabenland eingefallen, die Horde blau-weißer Vandalen. Nutzte nix. Selbst die Reaktivierung des Trompete blasenden Essener Baggerführers Fioretti konnte das unheil nicht beeinflussen. Am Ende zieht die Karawane weiter und der königsblaue Sultan hat Durst... "1000 Frauen - 1000 Biere - aber stets nur eine Liebe" hatten sie unter einem Banner vorher noch feucht fröhlich bekannt. Soso. Naja - „die Liebe“ ist in Zeiten stetigen Werteverlustes auch nich mehr das, was es einmal war...
Und „Unikum“ Charly Neumann hatte sogar heimlich den Mannschaftsbus mit ein paar Kartons feinem Champus ausgestattet, doch der FC Sch*lke hatte das nicht verdient. Er wurde eher mal wieder zum FC Feigling 04.
„Wir haben es heute nicht verdient, zu gewinnen“, sagte Assauer und ärgerte sich, „dass wir nicht einen Punkt geholt haben, mit dem wir heute sicherer Zweiter gewesen wären“. Vielleicht ist das Verhalten der Schlacker auch ein wenig mit Psychologie zu erklären. Derartige Selbstschutzmechanismen greifen immer dann, wenn ein ganzer Verein so brutal gegen die Wand fährt. Folgerichtig taten Sekunden nach dem Abpfiff viele der Ruhr-Kicker plötzlich so, als habe man ja eigentlich immer nur Zweiter hinter Bayern München werden wollen. „Klar sind wir enttäuscht, aber wir haben eine Riesensaison gespielt“, flüsterte Andrea Möller in die Mikrophone der sensationsgeilen Fieldreporter. „Ich bin sicher, wir schaffen das noch“, predigte Manager-Lehrling Andreas Müller ohne Unterlaß, der Ex-Profi, der als Schatten hinter „Cigar“ fungiert und als Nachfolger aufgebaut werden soll. Es war nicht mehr als die Flucht vor der Wirklichkeit. „10 bis 15 Prozent“, sagte Assi knapp, als es um diejenigen Prozentrechnungen ging, die immer auftauchen wenn fast alles vorbei ist.
Immerhin ein Triumph: Stevens stellt Rekord ein
Der 47 Jahre alte gebürtige Sittarder saß beim Auswärtsspiel in Stuttgart zum 160. Mal seit seinem Amtsantritt am 9. Oktober 1996 beim ehemaligen Tabellenführer als „Chef“ auf der Bank und zieht damit mit dem bisherigen Rekordinhaber Ivica Horvath gleich. Der 74 Jahre alte Jugoslawe, der den Revierklub 1972 zur Vizemeisterschaft und zum DFB-Pokalsieg geführt hat, stand von 1971 bis 1975 und in der Saison 1978/79 für 23 Punktspiele auf der Kommandobrücke des Gelsenkirchener Vorortclubs. Dabei schien nach zwei erfolglosen Spielzeiten ohne Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb (1998/99: Platz zehn, Saison 1999/2000: Rang 13) im Mai vergangenen Jahres das Ende der Ära Stevens gekommen. Bei den Buchmachern war der Holländer vor Saisonbeginn haushoher Wettfavorit auf den ersten Trainer-Rauswurf.
Der 18-malige niederländische Nationalspieler wäre in Schlacke endgültig unsterblich geworden, wenn er die Seinen zum ersten Double seit der Reichsmeisterschaft 1937 und zur ersten Meisterschaft seit 1958 geführt hätte, doch daraus wird (zumindest in Sachen Meisterschaft) wohl nichts mehr werden! Und ob dann am Ende der Pokal an der Emscher landet, ist auch noch so sicher nicht...
Auf dem Schwarzmarkt jedenfalls wurden bis zu diesem Wochenende Tickets für das Unterhaching-Spiel für tausend Mark und mehr gehandelt. Jetzt kann man von einer galoppierenden Inflation ausgehen, denn seit Ewigkeiten schon, kamen die Blauen immer erst dann aus Ihren Löchern, wenn es um was ging. Sobald es aber mal regnet, war das Rattenloch immer gleich halbleer.
Es kann noch grausamer werden
Jubel und Fassungslosigkeit lagen also rund 220 Kilometer auseinander. Der VfB Stuttgart feierte nach Balakows Last-Minute-Treffer den angestrebten Klassenerhalt und hinterließ völlig fassungslose Sch*lker. Rudi Assauer mühte sich erfolglos, anschließend Gelassenheit zu demonstrieren: "Es ist nichts passiert. Keiner ist gestorben." Und weiter: "Fußball kann aber grausam sein." Und es kann noch grausamer werden, doppelt, dreifach grausam: Wenn Sch*lke am nächsten Samstag gegen die noch nicht ganz abgestiegene SpVgg Unterhaching verliert und zeitgleich Borussia Dortmund vor ausverkauftem Haus gegen den 1. FC Köln gewinnt, dann hat der „Erzrivale BVB“ den „Blauen“ den zweiten Platz entrissen und somit die direkte Teilnahme an der Champions League sicher. Michael Meier´s „Prophezeiung“ würde dann auf wunderliche Weise doch noch verwirklicht...
Borussia muß zuerst die Qualifikation meistern !
Die Rückkehr von Borussia Dortmund auf das internationale Parkett ist besiegelt, dagegen scheint das Unterhachinger Bundesliga-Märchen sein Ende zu finden. Die letzte aufkeimende Hoffnung wird nur noch von mutmachenden Durchhalteparolen genährt. Nach dieser bitteren Heimniederlage droht der Abstieg im "verflixten zweiten Jahr" der Erstklassigkeit. "Wir schauen nicht nach Cottbus, nicht nach Stuttgart und nicht nach Wolfsburg. Wir haben es selbst in der Hand, unseren Vorsprung auf einen Abstiegsplatz zu verteidigen oder gar auszubauen", hatte Unterhachings Trainer Lorenz-Günther Köstner vor dem Spiel seinen Spielern eingeimpft. Und so wollte er auch entsprechend forsch mit seiner Elf vor 14 300 Zuschauern beginnen. Doch erstens kommt es anders...
Die SpVgg wollte aus einer sicheren Defensive mit Strehmel als Absicherer und Grassow, Seifert und Herzog als Manndecker die Offensivkräfte der Dortmunder an die kette legen. U´Hachings Kalkül war allerdings bereits nach exakt 222 Sekunden nur noch Geschichte, denn der BVB machte einmal mehr seinem Ruf als Auswärtsschreck alle Ehre. Und so schlichen die Gastgeber anschließend mit hängenden Köpfen und wie geprügelte Hunde nach dem 1:4 gegen die übermächtigen Westfalen aus ihrem heimischen Sportpark. Der Vorsatz, auch im nächsten Jahr die Großen zu ärgern, wich tiefer Niedergeschlagenheit. „Ob es Glaube ist oder nur letzte Chance, das überlasse ich jedem zu interpretieren“, resümierte Hachings Coach Köstner (Borussia hat uns ausgeknockt!) gefasst, obwohl nur ein schier unmöglich scheinender Sieg bei Sch*lke 04 die Chance auf Rettung bringt. Dabei versuchten die Hausherren nach der Vorführung durch die Gäste die Hoffnung noch nicht ganz sterben zu lassen. „Die Mannschaft ist sehr niedergeschlagen. Es wird sich zeigen, wer an die letzte Chance glaubt“, bekannte Köstner, bevor er zusammen mit seinem Kapitän einen verzweifelten Appell startete: „Wir kämpfen bis zuletzt und werden unsere Chance suchen.“ Schließlich sei „der Verein bekannt dafür, nicht aufzustecken.“ Wir würden es sicherlich nicht negativ sehen, wenn die Hachinger das da schaffen, ließ auch der (über finanzielle Interessen erhabene) BVB-Trainer in der Pressekonferenz süffisant durchblicken, wie wertvoll es ihm ist, am Ende vor den Vorstädtern zu rangieren!
BVB-Manager Michael Meier träumt indes „nach einem Jahr der Konsolidierung“ bereits wieder von großem Geld und Ruhm: „In der Champions League kann man 40 bis 60 Millionen Mark verdienen. Das sind Einnahmen, auf die man nicht verzichten möchte. Es hat schon wehgetan, die Bayern da spielen zu sehen“ (Anmerkung d. Red./ Warum muß der monetäre Aspekt eigentlich immer vor dem finanziellen genannt werden?). Doch davor gilt es erst einmal, die Qualifikation zur Königsklasse zu überstehen, sollte der westfälische Rivale gegen Unterhaching nicht erneut patzen: „Das ist ein gewaltiger Druck auf den Verein. Wir haben unser Ziel noch nicht erreicht“, warnte Meier. Doch weiß die Führungsriege bereits jetzt, wem sie die Renaissance unter den Großen der Gilde und den spielerisch starken Auftritt zu verdanken hat. „Die Elf präsentiert sich wieder in einem neuen Gewande, dafür gebührt Matthias Sammer ein großes Kompliment“, lobte Meier. Zwar zeigte sich auch der Trainernovize vom Auftritt seiner Truppe »beeindruckt«, doch vergaß der 33-Jährige auch in der Stunde des eigenen Glücks nicht, dass für die tapfer kämpfende, aber spielerisch limitierte Elf des Kollegen Köstner nach den Treffern von Otto Addo (4./58.), Lars Ricken (74.) und Dedé (90.) die Episode Bundesliga vor dem Ende steht. „Ich freue mich schon über die Saison, ohne aber groß zu verhehlen, dass es mir für die Hachinger Leid tut“, erklärte Sammer.
Gegen den BVB traten allerdings die Defizite der Hachinger einmal mehr deutlich zu Tage. Lediglich bei Standardsituationen entstand Torgefahr. Auch der zwischenzeitliche Anschluss durch Alexander Strehmel (66.) fiel nach einem Freistoß. Ansonsten bot sich nicht nur bei den präzisen Kontern der Gäste ein Klassenunterschied in punkto Technik und Organisation. „Wahrscheinlich stehen wir zu Recht da unten. Wir können wohl zu wenig umsetzen und haben uns die Situation selbst zuzuschreiben“ befand Zimmermann. Nun hofft der Antreiber, durch einen Sieg bei den Blauen die Bayern erneut endgültig zum Meister zu küren - diesmal allerdings, um die eigene Haut zu retten.
Unterdessen saß unter den Zuschauern im Hachinger Sportpark mit Pavel Paska der Berater von Tomas Rosicky und – man höre und staune – auch Jan Koller. Dieser hatte am Samstag mit der überraschenden Aussage: "In der kommenden Woche wird eine Dortmunder Delegation nach Brüssel kommen, um über meinen Transfer zu verhandeln" endlich Klarheit über das tatsächliche Interesse des BVB geschaffen (BVB-Manager Michael Meier auf die Wechselgerüchte angesprochen: "Wenn ich Koller wäre und die Alternativen „Fulham“ oder „Borussia“ hätte, dann würde ich mich für den BVB entscheiden"). Ein Schelm, wer sich da einen Zusammenhang mit einer Verpflichtung ausmalen kann...
Den etwa 3000 mitgereisten Borussen war´s schnurze piepe egal: Sie feierten die aus Stuttgart gemeldete „Nichtmeisterschaft“ des ungeliebten und zuweilen schon äußerst selbstherrlich auftretenden Rivalen wie ihre eigene Meisterschaft! Lange nicht mehr gehörte Gesänge durchfluteten die symbolisch herrlich GELB blühenden Rapsfelder rund um den idyllischen Sportpark. Und hätten die Südmünchner doch nur einen Tick unserer westfälischen Pfiffigkeit, wären fliegende Getränkehändler an diesem Freudentag steinreich geworden...
„Patrona Bavarie“ dankt Alexander Zickler
Auch hier, keine 10 Kilometer von Unterhaching entfernt, wurde der „VfB Stuttgart“ von den 63.000 Zuschauern gefeiert. Immerhin bescherten die Schwaben den Bajuwaren durch ihre Schützenhilfe die Rückkehr an die Tabellenspitze. Mit drei Punkten Vorsprung gehen die Münchner damit am letzten Spieltag ins Auswärtsspiel in Hamburg. Ein Tor von Alexander Zickler in der Schlussminute entscheidet das Spiel und wohl auch die Meisterschaft. Mit einem Tor in letzter Minute hat Alexander Zickler dem FC Bayern München drei Tage nach dem Einzug ins Champions-League-Finale auch den Weg zum Titel-Hattrick in der Fußball-Bundesliga eröffnet. In der 89. Minute zog Trainer Ottmar Hitzfeld seinen letzter „Joker“, brachte Zickler und dieser erzielte bei seinem ersten Torschuss den 2:1-Siegtreffer gegen den 1. FC Kaiserslautern. Für die Lauterer dagegen war der später Gegentreffer doppelt bitter: Sie verloren nicht nur die Partie, sondern stehen auch nicht mehr auf einem Uefa-Pokal-Platz.
Ottmar Hitzfeld hatte doch stärker rotiert, als er es angekündigt hatte. Und bevor sich die neu formierte Formation so richtig gefunden hatte, lag sie auch schon mit 0:1 in Rückstand. Nach einer Flanke von Harry Koch gewann Lokvenc das Kopfballduell gegen Linke und überwand den chancenlosen Oli Kahn. „Wir müssen den Druck erhöhen“, forderte demgemäß dann auch der Kaiser der Nation zur Pause. Und auch unser Rekordinternationaler Loddar Matthäus kritisierte das Abwehrverhalten vor dem 0:1: "Da haben sie am Anfang noch ein bißchen geträumt". "Wenn du Woche für Woche mittwochs und samstags spielen musst und ein Highlight das nächste jagt, dann verlierst du die Frische und am Ende die Lust am Fußball", meinte der verletzte Lauterer Mannschaftskapitän Mario Basler zur Halbzeit noch verständnisvoll. In der Folgezeit entwickelte sich zwar Einbahnstraßen-Fußball in Richtung Lauterer Tor, aber mit zumeist brotloser Kunst im Abschluß. Das Eckenverhältnis von 15:1 belegt dies eindrucksvoll. Doch den Ball brachten die Bayern vorerst nicht über die Linie. Bis dann „Hans im Glück“ Zickler eingewechselt wurde. Das allerdings der Münchner Vorzeigeclub seine glücklich erreichte Meisterfeier auf dem Marienplatz bis nach dem 24. Mai 2001 verschieben will, erscheint mir angesichts der Qualitäten des FC Valencia denn doch mehr als nur gewagt... Nun ja, es wird eh keinem auffallen, dass da dann gannix los geboten ist. Die verwöhnten Bazi-Anhänger werden´s eh noch nich mal merken, bei aller „und schon wieder Deutscher Meister FCB“ – Gesängen der letzten Jahre...
Tüss SGE! Überforderte Eintracht erntet nur noch Mitleid
Eintracht Frankfurts „Lautsprecher“ Torsten Kracht sprach von einer "Katastrophe für die Spieler und den Verein", Christoph Preuß heulte wie ein Schlosshund und Torwart Dirk Heinen wusste nach dem "schwärzesten Tag" seiner Karriere nicht mehr, wie es weitergeht. Doch anstatt Trost und Aufmunterung durch den Trainer ernteten die Profis nach der 0:3 -Niederlage beim VfL Wolfsburg und dem damit besiegelten zweiten Abstieg in die Zweitklassigkeit nach 1996 im günstigsten Fall nur noch Mitleid. Was aber noch weitaus schwerer wiegt, ist die teilweise Gleichgültigkeit der enttäuschten Fans. Bezeichnendes Beispiel: Als nach Spielschluß der wieder einmal schwache Rolf Cristel-Guie-Mien sein Trikot in den Fanbloch warf, flog es ihm postwendend wieder um die Ohren! Wer will auch schon so ein Looser-Trikot haben?
"Diese Mannschaft hatte nicht die Substanz, um den Abstieg zu verhindern", sagte der vor Wochen als Retter verpflichtete Friedel Rausch. Der Trainer selbst wies alle Schuld weit von sich und schob den Spielern den "Schwarzen Peter" in die Schuhe: "Ich glaube nicht, dass ich Fehler gemacht habe, sieben Spieltage waren zu wenig Zeit, um noch etwas zu bewegen." Die in der Branche übliche Spielregel, nach der der Trainer die Verantwortung für die sportliche Misere trägt, hatte Rausch einfach umgedreht. Zwar habe er das Kommando noch frohen Mutes übernommen, dann jedoch schnell gemerkt, dass es sich dabei um eine "Mission impossible" handelt. "Was will man machen, wenn man zu einem Verein kommt, der unten drin steht?", meinte der ratlose Rausch.
Ausgerechnet der Mann, der die sportlichen Geschicke der Eintracht auch in der kommenden Saison - dann allerdings als Teamchef - mitbestimmen soll, wandte sich gänzlich von seiner Mannschaft ab. "Dieses Team ist in der Situation der letzten Wochen psychisch überfordert gewesen, daran konnte ich nichts mehr ändern." Für die Rubrik Selbstkritik waren indes die Spieler zuständig. "Wir steigen verdient ab, damit ist unser Chaos der letzten Wochen bestraft worden, als Spieler bin ich dafür genauso verantwortlich wie jeder andere im Verein", erklärte Thomas Sobotzik. "Immer wenn wir in dieser Saison in Rückstand geraten sind, ist bei uns nichts mehr zusammengelaufen", gestand Thomas Reichenberger. So auch in Wolfsburg: Trotz vielversprechender Anfangsphase schienen die Gäste bereits nach den ersten beiden Treffern des VfL durch Munteanus abgefälschten Freistoß in der 12. Minute und das erste Saisontor von Frank Greiner nur vier Minuten später zu resignieren. Nach dem 0:3 durch einen verwandelten Foulelfmeter von Dietmar Kühbauer ergaben sich die Hessen vollends in ihr Schicksal. Die Eintracht wurde zeitweise sogar vorgeführt. Den ganzen Frust ließ Torwart Dirk Heinen raus: "Sowas Grauenhaftes habe ich noch nie erlebt."
Wölfe-Coach Wolfgang Wolf hatte nur noch Mitleid für den Gegner übrig: "Für die Eintracht tut es mir sehr leid. Schade, dass dieser Verein wieder den schweren Weg in die Zweitklassigkeit gehen muss." Derweil unterschrieb am Sonntag der in Ulm gescheiterte Schweizer Übungsleiter Martin Andermatt als „neuer Heilsbringer“ am Riederwald. Wünschen ihm schon alleine für die treuen SGE-Fans ein glückliches Händchen.
Die ganze Lausitz schon in Feierstimmung
Grenzenloser Jubel auf den Rängen, siegestrunkene Spieler, die sich auf ein zweites Jahr in der Fußball-Bundesliga freuen, und ein mahnender Trainer Eduard Geyer: Unterschiedlicher hätten die Reaktionen nach dem zehnten Heimsieg von Energie Cottbus und dem Verlassen der Abstiegsränge am vorletzten Spieltag nicht ausfallen können. Denn nach dem 4:2 -Sieg über den Hamburger SV haben die Lausitzer zwar nur einen Punkt Vorsprung gegenüber dem direkten Konkurrenten SpVgg Unterhaching und eine weitaus bessere Tordifferenz als Faustpfand, aber die Chance der Münchner Vorstädter auf einen Sieg beim Saisonfinale auf Schalke wird in Cottbus gleich null eingeschätzt.
Energie-Spielmacher Vasile Miriuta ist deshalb auch schon extremsicher. "Wir bleiben zu 100 Prozent in der Liga. Ich bin der glücklichste Mensch auf der Welt", sagte der einmal mehr glänzend aufspielende und Verantwortung übernehmende Glatzkopf. "Wir haben nicht sensationell gespielt, aber gekämpft und das war entscheidend", meinte Miriuta, der mit dem HSV in Verhandlungen steht und anschließend vieldeutig erklärte, dass er in Zukunft in jedem Fall in der ersten Liga spielen werde.
Der 56-jährige Geyer war allerdings wesentlich skeptischer als sein genialer Spielgestalter. "Natürlich haben wir jetzt mit 36 Punkten die Chance, etwas zu schaffen, dass uns niemand zugetraut hat. Aber ich bin kein Phantast. Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen und im Sport passieren manchmal grausame Dinge", erklärte der Energie-Coach. Zuvor hatten sich seine Eleven durch Tore von Faruk Hujdurovic (1.), Antun Labak (22.), Miriuta per Foulelfmeter (50.) und Franklin (62.) aus den gröbsten Abstiegsnöten befreit.
Eine Klasse für sich einmal mehr: Sergej Barbarez, der seine Saisontore Nummer 20 und 21 für die bereits gesicherten Hamburger erzielete, auch wenn die keinen Schaden mehr anrichten konnten...
"Auch wenn es die Spieler ankotzt..."
"Die Sache ist noch lange nicht gelaufen. Wir dürfen jetzt nicht die Beine hochlegen. Auch wenn es die Spieler ankotzt, wir werden ganz normal weitertrainieren", mahnte Geyer seine Profis, die Saison nicht vorzeitig abzuhaken. "Ich werde ihnen grausame Beispiele vor Augen führen, damit sie in den Kopf bekommen, was noch passieren kann", sagte er im Hinblick auf das Auswärtsspiel bei 1860 München. Geyer dürfte da an 1999 denken, als der eigentlich gerettete 1. FC Nürnberg doch noch abstieg. Oder an das Finale 2000, als ausgerechnet Haching den designierten Meister Bayer Leverkusen noch ins Tal der Tränen stürzte und die Bayern zum Meister machte.
In den Meisterkampf dieses Jahres will diesmal der HSV noch eingreifen und sich als Spielverderber für den Titelverteidiger erweisen. "Wir haben seit einem halben Jahr ein volles Haus und wollen Bayern München natürlich schlagen", versprach Trainer Frank Pagelsdorf nach der enttäuschenden Leistung seiner Mannschaft.
Glückwunsch auch an Mönchengladbach
Auch die "Fohlen" sind zurück: Einen Spieltag vor Saisonende in der Zweiten Fußball-Bundesliga sicherte sich „die kleine Borussia“ aus Mönchengladbach durch ein schwer erkämpftes 2:2 im Spitzenspiel bei der als Mitaufstiegskandidat gehandelten SpVgg Greuther Fürth praktisch als zweites Team hinter dem 1. FC Nürnberg den Wiederaufstieg in die Erstklassigkeit. Bei drei Punkten Vorsprung gegenüber dem Tabellenvierten Waldhof Mannheim und einer um 17 Treffer(!) besseren Tordifferenz konnten ca. 5.000 mitgereiste Gladbach-Fans das Ende einer zweijährigen Leidenszeit feiern.
Mönchengladbach nutzte bei den ebenfalls noch ambitionierten Kickern der SpVgg Greuther Fürth seinen bereits dritten "Matchball" (zuvor 0:1 gegen Bielefeld und 0:0 in Hannover) zur Rückkehr in die höchste deutsche Spielklasse nach zwei Jahren Abstinenz. Arie van Lent (3.) und Igor Demo (8.) mit einem verwandelten Handelfmeter sorgten zeitig für die nötige Sicherheit im Team von Trainer-Routinier Hans Meyer. Innerhalb von einer Minute glichen zwar nach der Pause Daniel Felgenhauer und Mirko Reichel (56. und 57.) aus. Am Ende aber stürmten die jubelnden Fans vom Niederrhein den Rasen des „Playmobil-Stadions“.