...Lars Ricken: Doppel[s]paß mit dem "Ur-Dortmunder"
Wenn zuweilen ältere Herren beieinander sitzen und Kaffee trinken oder Wein und der Tag ist nicht gerade bemerkenswert gelaufen und auch sonst haben sie einander nichts Bedeutendes zu erzählen, dann ist eines schon mal so was von klar: Der Fußball ist nicht mehr das, was es einmal war. Der Reiz der Frauen und auch jener der Autos haben ebenfalls stark nachgelassen, erfahren wir, aber irgendwie geht das noch, jedenfalls wenn man der Werbung glaubt. Bloß der Fußball, das ist ein echtes Problem. Einmal mehr wurde deutlich: Früher war alles besser...
Heute bestimmen geltungssüchtige Funktionäre, zwielichtige Spielervermittler und profitgierige Profis die Bundesliga. Das wissen die Alten, von denen einige vor Jahren selbst den Ball getreten haben und die heute alles ganz genau im Fernsehen verfolgen. Damals wurde noch wirklich gespielt. Es gab noch Mannschaften. Da zauberten noch filigrane Techniker auf dem Rasen, wie zum Beispiel na, wie hieß der denn noch: Vogts? Nein, den nannten sie (und Funkel ja auch noch heute) "Zerstörer". Rehhagel? Den nannten sie nicht einmal "Zerstörer", dafür fehlte es ihm an Charisma. Aber heute: Nichts als Profitmaximierung, Spekulation, Finanztrickserei, Medienterror. Und vor allem: Das viele Geld, das die Spieler abstauben!
Stimmt natürlich alles, was der Stammtisch sagt... Dass noch nie so viele Zuschauer vor den Fernsehern und in den Stadien saßen und dass auch sonst das Volk dem bösen Spiel sehr zugeneigt ist, thematisieren wir an dieser Stelle hier nicht weiter. Schließlich wollen wir die Argumentation nicht unnötig komplizieren. Wo kämen wir denn da hin, wenn früher nicht alles besser gewesen wäre, wo sonst ist man sich schon einig?
Doch einer ist anders! Lars Ricken hätte es schaffen können, das bislang naiv gemalte deutsche Bild von Pop(musik) und Fußball maßgeblich neu zu gestalten. Weil das so ist, freuen wir uns, dass er auch noch im dicksten Sündenpfuhl gewütet hat. In seinen aufsehenerregenden Werbespots für den Sportartikelhersteller Nike taumelte der Borussen-Kicker durch ein Stadion und lästerte über zu viele VIP-Lounges, zu wenig Jugendförderung und über Geschäftemacherei ohne Ende. Ein Riesenerfolg: Der Spot kam an, selbst "Bild" hatte ihn seinerzeit abgenickt, und die Frage, ob Ricken das Honorar der Jugendförderung spendete, würde gar als Blasphemie geahndet. Dem Aufstieg Rickens zur Legende stand nun nichts mehr im Weg. Keinem, nicht einmal Beckenbauer, gelang je ein ähnlich spektakulärer Doppelspaß wie Großverdiener Lars Ricken: Der Sponsor machte ihn zum Größerverdiener, und die Kleinverdiener fühlen auch noch mit ihm.
Es geht aufwärts – aber Ricken bleibt zurückhaltend
Borussia Dortmunds Mittelfeldstar Lars Ricken meldet trotz zuletzt durchweg guten Leistung zu Bundesliga-Wiederbeginn und auch schon vor der Winterpause [noch] keine Ansprüche auf eine Rückkehr in die deutsche Nationalmannschaft an. "In erster Linie möchte ich meine Ziele mit der Borussia erreichen, und die heißen: Wir wollen uns nicht verschlechtern", erklärte der einstige Jungstar des Tabellenvierten erst kürzlich brav in einem Interview. Allerdings vermied Ricken zugleich die Meisterschaft als oberstes Ziel für die Westfalen und relativierte damit die Ansicht von BVB-Trainer Matthias Sammer, dass die Schwatzgelben noch "Potenzial nach oben" hätten: "Was wir gegen 1860, Bremen, Hamburg, Schalke und Frankfurt gezeigt haben, war ja nun wirklich noch nicht das Optimum. Natürlich sind wir noch steigerungsfähig."
Lars Ricken ist eher Vorbereiter, denn Vollstrecker
Statistik weiß man, ist zuweilen tückisch und dient der Betrachter nur als Richtlinie. Im Fall Lars Ricken allerdings bringt sie, betrachtet man die Hinrunde, erstaunliches zu Tage: Mit 58 Ballkontakten pro Spiel wird Ricken nicht viel seltener angespielt als ehedem Möller. Allerdings ist er kein Mann der langen Pässe. Er schlug lediglich 23, von denen nur magere 35% ihr Ziel fanden (Ligaschnitt: 41%). Ricken schoss lediglich ein Tor. Das mag daran liegen, dass er wenig auf das gegnerische Tor schießt. 24 Torschüsse sind eine schwache Quote.
Er ist ein Spieler, der seine Mitspieler oft gut in Szene zu setzen weiß. 38 Torschussvorlagen hatte er bislang zu verzeichnen. Er konnte schon sieben Torvorlagen geben. Nur drei Spieler waren in der Liga erfolgreicher als er. In der gesamten letzten Saison kam er nur auf vierTorvorlagen. Zudem zeichnet sich ab, dass er im Duo mit Tomas Rosicky jetzt wohl den idealen Partner für die erfolgreiche Einweisung weiterer Borussentore neben sich hat! Rickens Bilanz der gewonnenen Zweikämpfe verzeichnet mit 53 Prozent einen ordentlichen Wert für einen offensiven Mittelfeldspieler. Er sucht jedoch selten den Zweikampf mit dem Mitspieler. Nur alle sechs Minuten ist er in der Nähe seines Gegenspielers zu finden. Mit 25 Fouls gegen ihn wird Ricken weder häufig noch selten gefoult. 13-mal hat er selber seine Gegenspieler regelwidrig vom Ball getrennt. Auch dies ist ein Durchschnittswert (Quelle: SAT1 / Stand Hinrunde 2001). Die kommende Belohnung „Nationaldress“ ist auch schon in Sichtweite: Ricken wurde vom Bundestrainergespann Völler/Skibbe erstmals wieder intensiver in Augenschein genommen.
Musik – Ein wichtiger Part in Lars´s Leben!
Den „Hot Shot“ seines noch jungen Lebens, hat Lars Ricken schon hinter sich. Er brachte der Borussia aus Dortmund den ganz dicken Pott in den Ruhrpott. So was wird sich nicht so leicht wiederholen lassen. Neben der Kickerei hört der Lars aber auch gescheite Musik und diese Leidenschaft, mittlerweile auch als Mitsänger bei Phantoms Of Future auf CD gebrannt, haben clevere Geschäftsleute labelübergreifend mit diesem Doppelalbum prächtig vermarktet. Da ist aber auch alles drauf, was bei den harten Alternativen Rang und Namen hat. Selbst die ewigen Besserwisser werden da kaum noch Angriffsflächen finden. Beispiele gefällig? Die Ärzte, Faith No More, Skunk Anansie, Hellacopters, Monster Magnet, R.E.M., Type O Negative, Rammstein, Prodigy, Kyuss, Ramones und und und, sicher sind die meisten Leser bereits der umfangreichen Fernsehwerbung begegnet. Deshalb können wir uns auch weitere Lobhudeleien sparen. Das Ding hat sich bisher sowieso schneller verkauft, als Freund Ricken rennen kann.
Was Lars zudem auszeichnet, ist seine Vielseitigkeit. Mit dem Berliner "FAZ"- Redakteur Benjamin von Stuckrad-Barre (26), machte er sich den Spaß, dessen neues Buch „Soloalbum“ über den „Wahnsinn der Medienlandschaft in Deutschland“ zu promoten. Sowas findet natürlich begeisterte Zujubler! Wir leben nun mal in einer Zeit, in der groß und berühmt werden einfach ist wie nie, ob Verona, Naddel, Guildo, oder die nixkönnenden „Endemol“-produzierten Big Brother-Solisten, da kann dann doch auch „der kleine Benni“ noch mal ran. Aus diesem Leserabend, resultierte dann unvorhergesehenes. Anschließend gingen tausende Bestellungen für ein „Ricken Erstlingswerk“ beim BVB ein, aber Lars hat dazu keine einzige Zeile geschrieben...
Lars Ricken zu Gast in der schwatzgelb.de-Redaktion
Vor ein paar Tagen schaute BVB-Spieler Lars Ricken mal bei uns vorbei. Da einige von uns in seinem ersten Chat mit dabei waren, wollte er sich mal ein genaueres Bild vom 1. BVB-Online Fanzine machen. Wir haben nachfolgendes „Round-Table-Gespräch“ zwischen ihm, BoKa, Wade und Dennis mal für Euch protokolliert.
BOKA: Lars, Du bist ja als gebürtiger Dortmunder mit der hiesigen Mentalität sehr gut vertraut. Was meinst Du zur aktuellen Fanszene?
LARS: Da bin ich zu weit weg, um mir da ein Urteil erlauben zu können. Für mich sieht das so aus, als wäre das immer noch die gleiche, begeisterungsfähige Fanszene wie eh und je.
BOKA: Könntest Du Dir vorstellen, dass einer wie Teddy, der von allen Seiten aber vor allem von den Fans akzeptiert wird, nach seiner aktiven Laufbahn für der BVB im Bereich Fanbetreuung tätig wird? Ohne Aki und Emmas Arbeit schmälern zu wollen, so ist Teddy doch einer, womit sich gerade auch wir älteren Fans und Fan-Clubs gut identifizieren könnten. Wir haben Teddy bei unserm Chat auch gefragt ob er sich das für die Zukunft vorstellen könnte und er sagte uns, dass er sich da mal kundig machen will, welches Aufgabengebiet da auf ihn zukommen würde. Wie siehst Du das?
LARS: Ich finde das schon sehr vernünftig. Aki und Emma machen auch einen guten Job, Teddy würde aber sicher auch hervorragend in so eine Aufgabe passen wenn er es machen möchte.
BOKA: Uns fehlt einfach ein Bindeglied, eine Integrationsfigur des Vereins, der auch die Fans erreicht und da sehen viele Fans in Teddy den kommenden Mann. Die Situation in der Süd ist sehr schwierig, wir haben viele kleine Gruppen, die sich nicht gemeinsam organisieren und so ist es schwer optimale Stimmung in die Süd zu bekommen. Wie siehst Du das, was bekommst Du als Spieler mit?
LARS: Nun das ist in Dortmund ja ein ganz eigenes Thema. In anderen Stadien bleiben die Fans weg. In Schalke beschwert sich der Assauer über das mangelnder Interesse der Fans wie z.B. gegen 1860 als - glaube ich - gerade mal 30.000 Zuschauer da waren. Das ist bei uns alles ganz anders. Da kommen in 2 Spielen wie gegen Cottbus und Bremen mal eben 120.000 Zuschauer und so was haben wir hier regelmäßig. Da fällt es dann natürlich schwer, davon zu erzählen, dass die Stimmung nicht OK ist.
Für mich als Spieler ist es schon Wahnsinn die volle Süd zu sehen. Da brauchen die Fans gar nichts zu machen, alleine diese Menschenwand da stehen zu sehen haut Dich als Spieler schon um. Dann die Atmosphäre in diesem engen reinen Fußballstadion. Dazu noch die Tradition. Außerdem hat man schon (als Mannschaft/Die Red.) einiges zusammen erlebt und sei es nur der Abstiegskampf in der letzten Saison. Wir haben etwas gemeinsam erlebt, auch wenn es eine schwere Zeit war, aber die Mannschaft hat endlich wieder ein Gesicht eine Geschichte. Wenn Du überlegst, wir haben in den letzten 3 Jahren glaube ich 20 neue Spieler gehabt, wie bitte soll da was wachsen? Wir hatten ja nichts worauf wir uns beziehen konnten als neue Mannschaft und nun haben wir, auch wenn essich blöd anhört den Abstieg abgewendet und endlich haben wir eine Geschichte auf die man aufbauen kann.
BOKA: Das ist sicherlich wichtig. In den 90´er Jahren war es ja das „Phänomen Dortmund“ was die Massen bewegt hat und man hatte überall in Europa das Gefühl jeden Mitgereisten zu kennen. Es gab soviel schöne Erlebnisse und das ist das traurige, dass man das nicht weitergeben kann.
WADE: Darum haben wir ja auch die Bitte an euch Spieler, mehr an die Fans rüber zu geben. Schon kleine Gesten von euch werden von den Fans aufgesogen und tragen so zu einer positiven Stimmung bei.
LARS: Ja, kann gut sein, dass das von uns unterschätzt wird. Das ist natürlich auch oft eine Frage des Typs. Bei Billy Reina z.B. da liegt das einfach im Blut, der braucht das auch, der puscht sich damit. Andere Spieler sind da halt eher ruhigere Typen
BOKA: Der Ausbau der Süd hat den Generationswechsel begleitet, wir haben den Oberrang der Südtribüne heute voll junger Leute. Hier sitzt ja so ein Beispiel für diese Generation, unser Webmaster Dennis. Diese Leute kennen das nicht, dass man auch mal ein paar Jahre haben kann wo es nicht so läuft. Ich nenn mal jetzt nur ein Beispiel, Lars. Du bist ja seit 1990 dabei! Horst Köppel war Coach in der Rückrunde 1991, da habe ich in Stuttgart gewohnt und bin jede 2. Woche mit so einer Fresse L nach Hause gefahren. Da schlepp´ste dauernd Leute mit aus dem Süden und sagst: Dortmund ist das Geilste und die haben mich immer anschließend alle fragend angeschaut (alle Lachen)! Aber Du bist immer wieder hingefahren, dass war einfach so oder wenn und aber: Wir sind Herzborussen durch und durch. Ich bin Jahrgang 1961, als ich BVB -Fan wurde, stieg die Borussia gerade ab...
LARS: Ja, als ich es geworden bin, wären wir es beinahe! (Relegation/Die Red.)
WADE: Aber Du siehst ja wie schnell das geht, schaue Dir Hamburg an...
LARS: Genau die gleiche Situation wie wir letztes Jahr... Mann darf aber auch nicht vergessen, das es hier auch schon ganz andere Zeiten gab, die mich trotzdem noch mehr bewegt haben. Ich weiß noch wie ich gegen Fortuna Köln, wie alt war ich da?...10 Jahre, da stand ich unten an der Süd und wie ich dann von unten nach oben geschaut habe und ich sah da alle betrübt sitzen und wie sie am Boden zerstört waren, dass hat mich so stark beeindruckt - das weiß ich noch wie heute, da habe ich mir gesagt hier möchte ich auch mal spielen.
BOKA: Das kennt doch jeder der schon mal selbst gegen den Ball getreten hat.
WADE: Aber wenn wir noch mal auf die Stimmung zurück kommen. Das Problem mit der Stimmung ist eigentlich eine Verknüpfung der Ereignisse. In der letzten Ausbaustufe so gegen Ende 97, blieb mit einem kleinen Zwischenhoch der Erfolg aus, gleichzeitig aber stieg die Zuschauerzahl auf der Süd auf über 25.000. Die Stimmung wird immer schlechter, weil halt der Erfolg fehlt und dann kommen noch die Eventbemühungen von Nobby hinzu. Die Krönung war dann halt gegen Cottbus „von den blauen Bergen kommen wir“. Der eine Clown mit einer Schalkemütze und der andere in einer Mütze mit Cottbusfarben.
DENNIS: Da ist uns dann echt der Arsch geplatzt. Mensch, was mussten wir uns da schon alles für einen Scheiß antun. Die reinsten Kirmesveranstaltungen. Uns wurde einfach was aufgezwungen, was wir nicht wollen. Das was uns wirklich gefällt, wurde nicht mehr gespielt. Da sind wir dann in unsere Stammkneipe und dann wurde als Konsequenz dieser kritische Artikel geboren. Danach kam die ganze Sache mit Nobby ins Rollen und wie wir heute erleben, hat es schlagartige Veränderungen nach sich gezogen!
LARS: Hat sich nach dieser Geschichte mit Nobby schon was an seinem Auftreten geändert?
DENNIS: Ja, er hat sich seit dem um 180° gedreht. Endlich spielt er wieder Lieder die von den Fans auch tatsächlich gewünscht sind
BOKA: Zum Beispiel wieder den Torjubel: „Ole hier kommt der BVB“ – übrigens erfunden von „uns Fans“ auf der Fähre nach Kopenhagen ´93...
LARS: (lacht) Ja, daran kann ich mich noch gut erinnern!
BOKA: Satte 70 Min. Dauersingen, für das Guinessbuch der Rekorde. Und es gibt so viele Beispiele...
WADE: Aber Ihr (Spieler/Die Red.) bekommt diese Vorwärmphase im Stadion ja gar nicht mit, wenn ihr in den Kabinen seid. Das hat uns auch Matthias Sammer im Interview bestätigt. Darum ist es auch unheimlich wichtig, dass, wenn ihr zum Warmmachen einlauft, eine Reaktion, in Richtung Süd, einfach die Fans begrüßen, von euch kommt. Die Reaktion der Fans folgt sofort und die Stimmung in der Süd ist gleich vor dem „Warmsingen“ optimal.
LARS: Mein Empfinden zur Stimmung beim Warmmachen war halt immer, dass durch die unterbrechende Werbung die laufend eingespielt wird, keine oder nur schlechte Stimmung aufkommt.
BOKA: Das diese Werbeblöcke sein müssen, ist uns allen schon klar. Werbung gab es schon immer im Stadion. Zwar nicht so geballt, aber sie war halt schon immer da. Heute hat man ja eine richtige „Regieanweisung für die einzuspielenden Programmabläufe“. Aber Stimmung machen steht da wohl nicht drin... (alle lachen)
Sicher wäre die Stimmung auch besser, würden wir zu Hause auch mal nachsetzen, wenn wir 1:0 in Führung gehen, aber dass macht Ihr nicht. Mit Jörg Heinrich lag ich deshalb auch mal über Kreuz, aber er wollte mir das partout nicht glauben (alle lachen). Tatsache ist aber, dass wir uns immer sofort zurückziehen, wenn wir führen.
LARS: Ja, dass ist etwas, was ich auch immer so sehe, wir sind dann oft zu passiv. Völlig unerklärlich. Wir haben oft schon 1:0 geführt in dieser Saison, denkt nur an das Bayernspiel, und dann ziehen wir uns zurück und warten mal was passiert.
DENNIS: Damit wird kritisches Pfeifen geradezu provoziert...
LARS: Was ich allerdings ganz grauenhaft finde, sind die „A-W-H“ Rufe. Das ist einfach nur peinlich. Ich finde auch, dass das Dortmunds Fans nicht nötig haben, dafür sind sie viel zu kreativ. Es gibt so viele tolle andere Sachen der BVB Fans. Was ich persönlich immer sehr gut fand war, dass die Leistung der gegnerischen Mannschaft immer respektiert wurde. Das Dortmunder Publikum ist nicht beleidigend zu den Gegnern. Ich persönlich habe eigentlich das Gefühl, dass der Respekt vor dem Gegner da ist und das ist gut.
WADE: Nach unserem Hinweis hat Nobby dann ja auch die Südtribüne direkt angesprochen und eine erste Reaktion der Fans war positiv, auch wenn bis heute immer noch irgend welche Heinis „A-W-H“ rufen. Aber es macht nicht mehr jeder automatisch mit.
LARS: Nun aber das ist doch schon mal ein gutes Zeichen, dass Nobby darauf reagiert.
WADE: Kommen wir an dieser Stelle mal zu unserer Intention. Wir „Schwatzgelben“ wollen ja auf unser Seite erreichen, dass diese Situation sich verbessert, aber auch den Fans und den Spielern eine Plattform bieten um ein besseres Verständnis zueinander für beide Seiten zu erreichen. Sieh doch nur mal Deine Seite Lars, Du hattest wenn ich das richtig in Erinnerung habe, schon im ersten Monat ca. 50.000 Aufrufe. Ein ideales Kommunikationsinstrument!
LARS: Ja gut, dass sind ja keine Aufrufe sondern nur wie oft die Seite angeklickt wurde, aber das war schon einen sehr überraschende Zahl.
BOKA: Das ist wirklich irre. Ich habe gestern mal etwas in der Weltgeschichte gesurft um zu gucken, wie viel Seiten es gibt, die sich mit Lars Ricken speziell beschäftigen und es gibt sage und schreibe weltweit ungefähr 300 Seiten die Dir gewidmet sind.
LARS: Was echt, 300 Seiten die nur mir gewidmet sind ?
BOKA: Ich habe zum Beispiel eine in Hongkong gefunden und die ist mit so viel Liebe zum Detail gestaltet, wie ich finde...
LARS: Die Seite kenne ich: Das war echt verrückt. Als ich meine Seite hochgeladen und noch keinem etwas davon erzählt hatte, bekam ich zwei Tage danach eine Mail von ihm (dem Asiaten/Die Red.).
BOKA: Deine Beliebtheit / Bekanntheit ist ja unglaublich, wenn man bedenkt, dass Du noch eine ganz lange Zeit als Spieler vor Dir hast... das ist ja beängstigend:
LARS: (lacht) Ja hoffentlich:
DENNIS: Die Zeit als Fußballer kann schnell vorbei sein – Stichwort Bielefeld!
LARS: Ja das geht leider relativ schnell, da braucht nur irgendein Blinder zu kommen, tritt dich um und dann ist alles vorbei. Bei Marco Kurz zum Beispiel (Im Spiel 1860 – BVB/Die Red.) war das schon absehbar, dass der nur ein Ziel hatte - mich umzutreten. Ich zieh mein Bein weg..... und dann kommt dann auch noch das schlechte Spiel hinzu, das auch wirklich eine Katastrophe war: Ich schob ihn weg und dann fällt der auch noch „leicht theatralisch“ und anschließend bekam ich die gelb-rote Karte. Da kam einfach zu viel zusammen, trotzdem muss ich mich da besser im Griff haben...
WADE: Wie nimmst Du und die anderen Spieler z.B. so einen Bericht wie den in der Sportbild „Rosicky bekommt 10 Mio“ auf. Ist das ein Thema bei euch in der Kabine?
LARS: Die Sportbild wird nicht von vielen Spielern gelesen. Weil ich denke, dass jeder Spieler in einer Zeit wo es nicht so gut lief, mal in der Zeitung sein Fett abbekommen hat und das sehr destruktiv und sehr unsachlich: Ich glaube, dass das eine Zeitung ist, die bei uns in der Mannschaft relativ wenig beachtet wird:
BOKA: Es hieß ja immer, dass der Pit Gottschalk (ehem. Chefredakteur, heute WELT) einen Spion in der Mannschaft hätte. Es sah ja auch immer verdammt danach aus. Wenn man dies eine Zeit verfolgt hat – der wusste immer Sachen...
LARS: Ja OK., da sind ein paar Sachen rausgekommen, aber dagegen kannst du dich - glaub ich - nicht wehren. Ich selbst bin da eigentlich immer relativ gelassen. So eine Diskussion kommt immer wieder mal auf: „wie konnte das rauskommen“...mein Gott, denkt doch mal damals an Bielefeld, da hatten sich wohl Stefan Reuter und Jürgen Kohler mit Nevio Scala angelegt und es gab noch in der Kabine Theater: Und dann stand in der Zeitung, dass der Scala gesagt hätte „ich fahr jetzt nach Italien und komme nie wieder“. Dann fragten sich alle, wie konnte so etwas rauskommen. Ich hatte eine Freundin die arbeitete bei SAT 1 zu der Zeit und die erfuhr, dass da Ordner im Gang standen die das gehört und einfach weitergegeben haben. Oftmals wird dann wieder ein „Maulwurf“ gesucht, obwohl so etwas z.B. auch durch zufällig anwesende Dritte nach außen getragen wurde.
BOKA: Alles gut und schön, aber ich erinnere mich schon, dass es hier Spieler gab, wie früher Fränkie Mill, die gezielt die Presse für ihre Belange einsetzten.
LARS: Schon klar, Du hast sicher als Spieler eine gewisse Macht, je nach dem, wie Du mit den Medien umgehst. Das kann positiv für alle sein, aber es gibt halt auch das Gegenteil. Beispiele gibt es im Fußball dafür genug.
WADE: Also du sagst, dass du und deine Mannschaftskollegen auf solche Schlagzeilen weniger reagieren?
LARS: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei uns ein Thema wird. Wir sind froh, dass Tomas bei uns spielt und dass wir qualitativ mit ihm zugelegt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass innerhalb der Mannschaft über Gehälter gesprochen wird. Neid und Missgunst.... ich glaube da sollte man drüber stehen. Jeder weiß doch, dass er alleine in einem Mannschaftsport keinen Erfolg haben kann.
BOKA: Wie siehst Du Dich als Spieler ? Wie kannst Du Dich am optimalsten für die Mannschaft einbringen?
LARS: Dort wo ich offensiv spielen kann, wo ich die Stürmer gut einsetzen und darüber hinaus selber Torgefahr ausstrahlen kann, aber nichts desto trotz auch meine Defensiven Aufgaben nicht zu vernachlässigen.
BOKA: Laut Statistik von Ende Januar, die aussagt, dass Du mehr als Vorbereiter denn als Vollstrecker auftrittst und mit 58 Ballkontakten im Schnitt pro Spiel, damit häufiger angespielt wirst, als Möller in seiner besten Zeit beim BVB. Das setzt ja auch eine Menge Vertrauen der Mitspieler voraus.
LARS: (überlegt, lächelt) Nun, dass ist schwer zu sagen. Die meisten Ballkontakte haben ja eigentlich die defensiven Spieler, da sie von hinten das Spiel aufbauen...
WADE: Das ist ja gerade deshalb so interessant, weil Möller halt immer als der Spielmacher beim BVB hingestellt wurde...
LARS: OK, damit muss ich ja auch leben, die Rolle wird mir ja auch immer angehängt – damit muss ich ja auch kämpfen. Ich selber sehe mich gar nicht als Spielmacher: Ein Spielmacher ist eher ein defensiver Spieler: Wie z.B. Effenberg in München oder bei uns Micky Stevic und Sunday Oliseh: Sie ordnen- und machen von hinten mit weiten und öffnenden Pässen das Spiel. Das ist gar nicht meine Aufgabe im Spiel, deshalb sehe ich mich auch nicht als Spielmacher:
BOKA: Hier steht auch, Du wärst kein Mann der langen Pässe. Zitat: Er schlug gerade mal 23, von denen magere 35% ankamen. Ligaschnitt sind allerdings 41%.
LARS: Ja, dass bin ich auch schon einmal gedanklich durchgegangen und so viele lange Pässe schlage ich wirklich nicht, dass stimmt. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich etwas zentraler spiele und die Räume halt sehr eng sind. Da hast Du einfach wenig Zeit zum schauen, musst schneller reagieren und entscheiden. Da bietet sich einfach das Kurzpassspiel an.
WADE: (lacht) Aber Dein Defensivverhalten hat sich in den letzten Jahren doch wesentlich verbessert – oder wie siehst Du das?
LARS: (lacht auch) Ich habe jetzt auch relativ lange „rechter Verteidiger“ gespielt, schön das Dir das auffällt, nur der Anspruch an mich ist ein anderer: Der geht dahin Tore vorzubereiten, Tore zu schießen, die Stürmer einzusetzen. Ob ich jetzt hinten einen Ball weggrätsche oder hinten eine Zweikampf gewinne... Was mich auch damals immer so geärgert hat war, dass ich immer wieder gefragt wurde „Warum entwickelst Du Dich nicht wie ein Del Piero oder ein Raul?“ – Die spielen vorne, die spielen im Sturm und ich musste den Ball bei uns aus dem eigenen 16´er treten. Das war schon sehr frustrierend: Aber ich habe meine Aufgabe hinten ganz gut erfüllt. Nicht einer meiner Gegenspieler hat ein Tor gegen mich gemacht. Nee, halt. Kapetanovic hat eins geschossen...
WADE: ...ja stimmt. Deswegen haben wir ihn auch gleich gekauft, damit so was nicht noch einmal passiert (alle lachen)!
BOKA: Das muss man schon sagen Lars, Du hast defensiv sehr gute Spiele gemacht. Sagt Dir der Satz etwas: “Er ist ein großer Mann, ein noch größerer Spieler, aber wir durften ihm nicht die Bühne bieten auf der er uns lächerlich machen konnte.“
LARS: Ja sicher, das war nach meinem Spiel gegen Hässler bei 1860. Ich habe bis auf Manndecker und Libero im Feld schon alles gespielt. Gegen Icke und selbst gegen Fredi habe ich schon gespielt als der noch beim VfB spielte. Da haben wir damals 5:2 gewonnen (1996/Die Red.) und Matthias hat noch so ein Riesenspiel gemacht.
DENNIS: Aber gerade in den letzten Spielen - z.B. gegen den HSV - war ja schon zu sehen, wie gut Du mit Rosicky harmonierst, fast schon blindes Verständnis.
LARS: (grinst schelmisch) Jaaaa, wir wollen das mal jetzt nicht übertreiben. In der Phase hat die gesamte Mannschaft gut gespielt, dass ist richtig. In Gelsenkirchen z.B. hat das dann aber wiederum nicht so gut geklappt. Da war der Druck auch sehr groß. Uns allen war aber klar: Wenn wir es „schaffen würden“ 3. mal in einer Saison gegen Schalke zu verlieren, dann brauchen wir uns eine Woche lang in Dortmund nirgendwo mehr sehen lassen...
BOKA: Da hast Du natürlich ein Thema angesprochen Lars. Wir wollten das Rattenloch natürlich gebührend verabschieden, denn immerhin hatten wir in den 90´er Jahren da oftmals mehr Freude als die Pappnasen. Ich erinnere mich noch ganz gut an ´96, eines dieser grottenschlechten Spiele in der hässlichen Betonschüssel, dann kam der Ball kurz vor der Halbzeit von Ruben Sosa zu Dir und Du nimmst das Ding mit der Picke und ab in den Winkel und dann war wieder Ruhe im Oval.
LARS: Das war mein schönstes Tor, dass ich jemals geschossen habe! Deshalb, weil ich den Ball von Ruben unten links ins Eck schießen will, haue ihn - aber mit Vollspann, nicht mit Picke, rechts oben in den Winkel.
WADE: Für die Schalker bist Du ja jetzt nun mal der Inbegriff des ablehnungswürdigen Dortmunders!
LARS: (lacht) Wie? Ich dachte das sei Andy? Nee, im Ernst dem Andy muss man da schon Respekt zollen. Wer hat schon gedacht das er das da schafft?
BOKA: Ja, so geht das. Jetzt ist Andy bei ihnen, den haben sie schnell integriert und alle haben ihn jetzt auf einmal richtig lieb. Jetzt orientieren sie sich mehr an Dir, weil Du ja „ein echter Dortmunder“ bist und außerdem hast Du ja dann noch den Satz mit dem Flugzeugabsturz irgendwann gebracht, seit dem mögen die Dich besonders gern...
LARS: Aaaaaahhhhh, hab gar nicht gewusst, dass das so an die Öffentlichkeit gelangt ist?
BOKA: Nun, dass hat aber auch den angenehmen Nebeneffekt, dass Dich einige Millionen BVB-Fans noch mehr mögen und sagen: „Klasse Junge, Du bist tatsächlich einer von uns.“
LARS: (lacht dreckig!!) Ja das stimmt, dass habe ich wohl gesagt, aber dass das noch einer weiß!?
BOKA: Da gibt’s es ja über die Jahre zu diesem Thema herrliche Zitate, ich hatte ja auch versucht Jörg Heinrich in so was zu verwickeln, aber der ließ sich nicht locken. Er hat nur gesagt: „Wir verlieren da nicht noch mal, basta“, weil er keinen Bock hatte noch mal mit gesenktem Kopf durch die Stadt zu laufen.
LARS: (hat hörbar Spaß an dem Thema, lacht viel) Die Verpflichtung, uns nicht von denen 3 mal schlagen zu lassen haben wir allemal, dass kann doch auch nicht angehen, gegen „DIE“ 3. mal zu verlieren.......die 2 mal waren schon sehr hart. Das mussten wir unbedingt abwenden!
BOKA: Aber das ist nun mal gelebte Realität. Gerade da im Pokal. Nun steht Union Berlin im Finale und wir hätten der Endspielteilnehmer sein können...
LARS: Ja, sch.. Aber da möchte ich auch unbedingt noch mal hin, der Titel fehlt mir einfach noch: Das ist einfach zu deprimierend unsere DFB Geschichte seit 1989.
WADE: Also seid Ihr bei Euch zu Hause alle „Borussen durch und durch“. Dann ist auch die Aussage von Dir ernst zu nehmen, dass Dein Vater Dich enterben würde wenn Du mal auf die Idee kommen würdest zu den Pappnasen zu wechseln.
LARS: (lacht) Also da kann ich euch versprechen, dass das nie passieren würde!
BOKA: Dieser Transfer wäre wirklich unvorstellbar:
WADE: Dein Vater hat ja selbst beim BVB gespielt.
LARS: Ja, damals noch in der Oberliga West als Amateur mit Hoppy Kurrat zusammen, er hat sich aber seinerzeit für seinen Beruf entscheiden und hat sich dann nach und nach vom Fußball zurückgezogen.
WADE: Gäbe es eine Situation, wo Du Dir einen Wechsel zu einem anderen Verein vorstellen könntest?
LARS: Ähmm. So was ist natürlich schwer zu sagen. Ein Vereinswechsel ist prinzipiell sicher denkbar, vor allem wenn man die Spieler hört, die schon Erfahrungen im Ausland gesammelt haben, wie Reuter, Heinrich, Oliseh und alle anderen. OK, Matthias Sammer schwärmt jetzt nicht so vom Ausland (lacht). Für die sportliche und persönliche Entwicklung wäre es bestimmt eine wichtige Erfahrung die man sammeln könnte und mir wurde ja zu bestimmten Zeiten immer wieder mal von verschieden Leuten wie Breitner, ein Vereinswechsel nahe gelegt. Aber auf der anderen Seite muss auch mal die Erfahrungen sehen, die ich mit dem BVB bisher sammeln durfte. Da war auch alles dabei, selbst ein Fastabstieg, Es wäre bestimmt leichter gewesen den Verein in einer schwierigen Phase zu verlassen und woanders nach Erfolgen und Erfahrungen zu suchen. Ich habe aber diesen Weg gewählt und mich gegen Wiederstände durchgesetzt und ich meine das hat meiner Entwicklung als Spieler und als Mensch gut getan. Ich habe bis heute trotz meines jungen Alters schon mehr Erfahrungen sammeln dürfen als manch anderer Spieler in seiner ganzen Karriere. Ich glaube schon, dass mich das auch stark macht. Manchmal ist es wichtiger sich, etwas zu erarbeiten.
BOKA: Das ist wohl wahr. Aber so wie Deine Mannschaftskollegen das gemacht haben, würde ein Wechsel ins Ausland natürlich Sinn machen, wenn Du danach später wieder zurückkehren würdest...
LARS: Das sagt auch Jürgen Kohler, vor allem was Disziplin und Taktik angeht kann man dort eine Menge lernen. Da haben die Profis in Italien schon eine andere Philosophie als hier in der Bundesliga.
BOKA: Du hast ja auch aus verschieden Situationen Deine Konsequenzen gezogen, probierst z.B. mit Spezialtrainer Deine Schwächen zu verbessern. Wir haben uns z.B. früher öfter gefragt, warum kommt beim Lars der letzte Kick, der letzte Spurt nicht? Das klappt jetzt wieder!
LARS: Erst einmal muss ich dazu sagen, dass auch viel Unsinn über mich geschrieben wird. Positiv wie negativ. Das mit dem Spezialtrainer sieht so aus, als lernt der Ricken das Fußballspielen neu, als wenn ich vor der Taktiktafel sitze und das ein x eins neu lerne. Ich habe schon immer versucht mich selbst weiterzuentwickeln, habe mich nie hängen lassen und immer an mich geglaubt. Oft ist es auch eine Frage der Position oder der Erwartung, die man an mich stellt. Wenn ich wie damals Verteidiger spielen muss und soll dann, um vorne Akzente setzten zu können weite Wege gehen - während ich wenn ich vorne spiele - oft sofort in einer torgefährlichen Situation bin, oder den tödlichen Pass spielen kann.
BOKA: Viele auf der Süd haben in Deiner schwierigen Zeit gesagt, schau Dir mal den Ricken an, der läuft rum, als wenn der eine Bleiweste um hat. Die gleichen Leute sagen aber heute, schau Dir mal den Ricken an der läuft und läuft, wie ein Volkswagen!
LARS: Jaja und er hat abgenommen. Ich kenne das ja. Aber das entspricht halt oft nicht der Wirklichkeit. Ich habe in meiner ganzen Zeit beim BVB vielleicht mal 1 Kilo mehr drauf gehabt als jetzt. Aber das ist eine Person betreffend, immer schon recht extrem gewesen. Wenn ich dann in einem Spiel mal 2 gute Pässe spiele, bin ich wieder „der Hoffnungsträger“, läuft es mal 2 – 3 Spiele nicht ganz so rund, dann bin ich wieder das ewige Talent, dass sich nie durchsetzen wird. Halt immer Extrem, nie irgendwo dazwischen.
WADE: Kannst Du so was verdrängen, oder belastet Dich diese extreme Sichtweise Deiner Fans und Kritiker?
LARS: Ich war mir immer bewusst, auch schon mit 20 Jahren, als meine Leistungen immer in Superlativen dargestellt wurde, dass es auch mal anders kommen würde. Aber es ist schon komisch, wenn dann halt nach schlechten Spielen von mir sofort wieder von falschem Lebenswandel, alten Werbespots (NIKE/Die Red.) gesprochen wird und das Gründe sein sollen, warum es nicht läuft, dass ist dann einfach unsachlich und das ärgert mich schon sehr. Wenn ich schlecht spiele und werde wegen meiner schwachen Leistung kritisiert, dann ist das OK, damit habe ich absolut kein Problem.
WADE: So wie bei Fredi zum Schluss, er sagte ja das wäre schon sehr persönlich gewesen, was da abgegangen wäre.
BOKA: Bei Fredi muss man das anders sehen, ganz Fußball - Dortmund glaubt ja an ihn, er ist der einzige den wir z. Z. noch vorn haben, jetzt wo Heiko fehlt. Deshalb ist die Enttäuschung bei Fredi auch tausendmal größer. Bei Heiko haben wir immer noch gesagt unsere „Gelbe Tonne“ oder Gott sei Dank haben wir da vorn den „Gelenkbus“ und haben das auf die leichte Schulter genommen. Nur Heiko ist jetzt leider nicht dabei und fehlt an allen Ecken und Kanten. Außerdem hat Heiko sogar eine eigene Kolumne bei uns bekommen
LARS: (lacht) Wie jetzt erst oder schon länger?
DENNIS: Nein, schon von Anfang an.
LARS: Wie denn, mehr hämisch-liebevoll, oder wie??
DENNIS: Ja, auf jeden Fall. Das sind solche Rubriken, da kommt auch schon mal von den etablierten Journalisten ein anerkennendes Schulterklopfen. Wir sind schon auch zynisch, aber immer auf eine liebenswerte Art. Satire halt. Dann gibt’s z. B. noch Sissy´s Tagebücher: Andy schreibt über seinen Wechsel ins blaue Schlaraffenland...
WADE: Mal was anderes. Lernst Du denn noch für Dein BWL Studium oder hast Du zu wenig Zeit?
LARS: Nun, mein Beruf ist z. Z. Fußballprofi. Ich hätte zwar momentan etwas Zeit um mich auch um mein BWL Studium zu kümmern weil wir nicht international spielen, aber das, so hoffe ich, wird sich ja schon zur nächsten Saison wieder ändern und dann bleibt sicher wieder keine Zeit fürs Studium. Darum stelle ich das zurück.
WADE: Die Frage geht in die Richtung: Wenn Deine aktive Laufbahn beendet ist und Du auch das BWL Studium in der Tasche hättest, könntest Du Dir vorstellen weiter dem Fußball auf dieser Ebene verbunden zu bleiben?
LARS: Ganz sicher. Der Fußball ist ein Markt der unglaublich wächst und sicher spielt das BWL Studium eine Rolle in meiner Zeit nach dem aktiven Profifußball, vor allem wegen des theoretischen Wissens wegen um die BWL. Nur eins werde ich mit Sicherheit nicht: Trainer!! Aber eine beratene Tätigkeit o. ä. kann ich mir vorstellen. Aber was da mal kommt kann ich natürlich noch nicht beantworten.
BOKA: Reden wir dann doch lieber über die sportliche Zukunft. 2006 ist doch sicher ein Thema für Dich?
LARS: Klar beschäftigt mich das. Die WM in Deutschland, dazu Dortmund mit dem Westfalenstadion als einer der Austragungsorte, das ist schon sehr, sehr reizvoll. Aber auch hier kann noch soviel passieren in meiner Karriere...
DENNIS: Aber Du bist doch Nationalspieler mit 8 Länderspielen, oder?
LARS: Sicher will ich noch ein paar mehr machen!
WADE: Die Aktion 15:30 ist Dir doch sicher auch bekannt. Vor allem Dich als Spieler betrifft das ja auch, vor allem wenn Du mit dem BVB wieder ins internationale Geschäft kommen solltest. Wie beurteilst Du das Aufbegehren der Fans?
LARS: Ist natürlich alles ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite kann ich die Fans absolut verstehen wenn z.B. Sonntags Abends irgendwo ein Auswärtsspiel stattfindet und die Fans nicht mehr anreisen können, weil sie Montags wieder arbeiten müssen. Ich habe z.B. gelesen das Rostock gegen Freiburg gespielt hat, ohne irgendeinen ersichtlichen Grund (Europapokal usw.), dass ist für Fans ein Unding. Für uns Spieler ist das auch nicht Klasse. Aber von der anderen Seite gesehen, muss man anerkennen das die Bundesliga Milliarden DM einstreicht. Da musst Du dem Fernsehen als Geldgeber einfach Zugeständnisse machen.
BOKA: Sicher, es sollen ja auch nicht alle Spiele auf den Samstag fallen, gerade die Freitagspiele haben ja auch ihren besonderen Reiz. Aber es fängt schon mit den Samstagabendspiel an und der Sonntag gehört einfach traditionell der Kirche und der Familie.
LARS: Also auf die Sonntagsspiele können wir alle gerne verzichten!
WADE: Oder denke nur an das Spiel gegen die Bayern, ich glaube das läuft sogar Ostermontag.
LARS: Was? Ostermontag? (Kopfschütteln)
BOKA: Anderes Thema, wie siehst Du Jens Lehmann, ist er für Dortmund noch tragbar? Ich meine nicht seine unumstrittenen sportlichen Qualitäten sondern sein Verhalten?
LARS: Ich höre das ja auch in meinem Freundeskreis, eine gewisse Überheblichkeit, eine gewisse Arroganz in seiner Art sich zu geben, kommt nicht an. Aber ich weiß nicht warum, ich verstehe mich mit „solchen Typen“ gut. Ich habe mit Jens keine Probleme. Er ist jetzt kein enger Freund, wir wollen es ja nicht übertreiben. Aber ich würde sagen, wir haben ein kameradschaftliches Verhältnis. Das habe ich eigentlich zu allen Spielern. Michael Ballack ist ja ein ähnlicher Typ, den ich ja seit der U21 Zeit kenne und mit dem verstehe ich mich auch sehr gut. Schwierig ist es dann schon wenn man so persönlich beleidigt wird wie Jens, dann geht es doch zu weit. Vor allem Auswärts ist er schon massiv angegriffen worden.
BOKA: Eine Zwischenfrage Lars, wenn Ihr so zusammenkommt, also der Ballack und Du, redet Ihr eigentlich auch über die Vereine? Den Ballack hätten wir doch vor 3 Jahren noch für lächerliche 300.000 DM von Chemnitz haben können.
LARS: Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern als Michael noch in Chemnitz gespielt hat und er hat mich auch immer wieder mal über den BVB ausgefragt. Ich habe den Verantwortlichen bei uns gesagt: „Holt den, dass ist einer“. Dann wurde er glaube ich ein paar mal im KICKER beobachtet, in der Mannschaft des Tages und das war es. Er ist ja dann leider nach Kaiserslautern gegangen. Der wäre damals gerne zu uns gekommen. Keine Ahnung, warum der Verein den nicht geholt hat!
WADE: Du bist ja auch aktiv bei „Bosco Sevana“ und setzt für die Probleme von Kindern ein. Warum wird so was nicht publik?
LARS: Das ist halt so, dass ich da keinen Heiligenschein erweben möchte. Ich setze mich da lieber für Sachen ein, die vor Ort liegen, wie z.B. das Straßenmagazin BODO, da ich bei so was greifbarem besser den Überblick behalte.
WADE: Ich frag deshalb, weil „Bosco Sevana“ seinen Sitz in Olfen hat und der Gründer Pastor bei mir im Ort ist!
LARS: Es ist halt schön, wenn ich mit meinem Namen eine solch gute Sache vielleicht etwas anschieben kann.
DENNIS: Und was war da mit dem Frankfurter Redakteur Benjamin von Stuckrad-Barre?
BOKA: Ja, wie ich hörte, sei Benjamin bei einer Lesung aufgefallen, dass da die Mädchen ihn ansahen und sagten: „Geil, da ist der Ricken“. Seht ihr euch wirklich so ähnlich?
LARS: Er hat ja ganz kurze Haare und als ich auch noch die Haare so kurz trug sahen wir uns wohl ein bisschen ähnlich. Diese Geschichte, die er da erzählt, ist ja nicht wirklich passiert. Damals als ich den Nike Werbespot gemacht habe, ist er zu der Zeit wohl als WDR-Redakteur bei Küppersbusch (linker Dortmunder Journalist aus Barop/Die Red.) und wollte den Spot mit ihm nachdrehen. Da ist die Idee wohl geboren worden.
WADE: Schade, wäre bestimmt lustig geworden. Apropos lustig. Bist Du eigentlich schon mal bei Harald Schmidt gewesen?
LARS: Neee, ich hatte wohl schon mal vor einigen Jahren eine Einladung, aber da ist dann nichts draus geworden. Ich würde heute wohl auch nicht mehr hingehen. Ich schaue nicht mehr viel Fernsehen, da mir vieles da einfach zu blöd ist, aber Harald Schmidt schaue ich mir immer noch gerne an. Aber als Gast auftreten bei ihm, eher nein. Obwohl er ja seine Gäste eigentlich immer sehr fair behandelt.
BOKA: Musik ist ja Deine große Leidenschaft. Was hörst Du zur Zeit, Lars?
LARS: Ich höre ja schon gerne harte Sachen. Metallica natürlich immer noch gerne. Aber Abends in aller Ruhe auch mal gerne Enigma zum Einschlafen, dass ist auch OK. Ich höre z.Z. auch die neue von Madonna ganz gerne.
BOKA: Hast Du auf dem Sampler „Hot Shots“ eigentlich alle Stücke selbst ausgesucht?
LARS: Ja, fast alle. Einige Gruppen, wie Metallica bekommst Du ja nicht für einen Sampler. Ich habe halt meine Vorschläge abgegeben und der Rest ist dann von den Produzenten dazugekommen, so dass ich nicht mit allen Stücken was anfangen kann. Aber im großen und ganzen ist das schon meine Richtung.
DENNIS: Wie bewertest Du Deinen ersten Chat?
WADE: Mensch, da war ja richtig was los bei Deinem ersten Chatauftritt !
LARS: Das habe ich echt etwas unterschätzt, ich habe mich wirklich erschrocken als ich mich eingeloggt habe. War schon sehr Chaotisch aber auch spannend. Nur zum Schluss konnte ich nicht mehr, da war ich echt alle. Ich werde so einen Chat sicher noch mal machen, muss das dann aber anders organisieren, damit auch die Teilnehmer mehr davon haben. Mals sehen ob ich da eine Lösung finde. Ich gehe halt unregelmäßig in den Chat und treffe mal ein paar User dort, dass ist dann immer ganz witzig.
WADE: Wie viele Mails bekommst Du so am Tag?
LARS: Ich gehe ja nun auch nicht täglich auf die Seite, aber es sind schon so 50 – 100 Mails, die ich natürlich auch nicht alle beantworten kann. Dafür fehlt mir echt die Zeit!
DENNIS: Wo wir grad dabei sind: Wäre schön, wenn Du schwatzgelb.de demnächst auch bei Dir verlinkst.
LARS: Das dürfte kein Problem sein.
BOKA: Lars, lass uns noch etwas über Fußball reden...
WADE: Hast Du schon mal den „leidenden Matthias“ bei einem Spiel auf der Bank beobachtet? So was wird man hoffentlich noch oft im Fernsehen zu sehen bekommen, zumindest so lange, bevor Du den 1.000. Jung “FUXX“ gewinnst.
LARS: Den haben die ja Gott sei Dank früh genug abgeschafft, sonst hätte ich den ´97 nach dem CL Sieg mit Sicherheit zum 3. mal gewonnen, zu der Zeit waren ja Deisler und so noch nicht dabei.
BOKA: Ja was willst Du auch mit drei Briefbeschwerern zu Hause?
LARS: Nee, ich habe die beiden „Trophäen“ nicht als Briefbeschwerer sondern als praktische Buchstützen zu Hause stehen.
WADE: Was mich aber mal wirklich interessiert: Wie sieht es denn mir Jan-Derek Sörensen aus, wie macht der sich?
LARS: Nun, der ist sehr gut dabei, hängt sich im Training rein, nur er muss halt im Moment auch auf seine Chance warten.
BOKA: Ich finde der Sörensen hätte schon öfter mal früher in die Mannschaft kommen müssen, wenn nicht sogar von Anfang an spielen sollen. Matthias wechselt ja noch später aus, als der Hitzfeld in seiner besten Zeit und dann nimmt er auch noch gegen den HSV und Frankfurt den „Billy“ raus und wechselt dafür den defensiven Christian Nerlinger ein...
LARS: Darüber, wie und wann der Trainer auswechselt, habe ich mir bis jetzt noch nie Gedanken gemacht.
BOKA: Ja, aber auf der Tribüne sitzt Du nun mal mit 60.000 Trainern, da ist das schon was anderes, die sehen so was halt oft besser als der Trainer...
LARS: Das ist ganz interessant was Du da sagst, als ich gegen Bremen gesperrt war, habe ich ja auch eine Halbzeit auf der Tribüne gesessen. Und wie Du da so ein Spiel siehst? Da fragst Du Dich laufend, warum spielt der jetzt den Ball nicht dahin, warum läuft der jetzt nicht so, usw. dass ist fast wie bei einem Schachspiel. In der 2. Halbzeit war ich dann wieder unten auf Augenhöhe und ich habe gedacht: „Leck mich am Arsch“ das ist ja ein total anderes Spiel. Oben denkst Du: „Mensch spiel doch den Ball dahin“ und unten stehen dem Ballführenden da plötzlich drei gegnerische Spieler im Weg.
BOKA: Verunsicherung kommt aber auch durch Rotation ins Team. Jörg Heinrich hatte im Schwatzgelb-Interview gesagt, dass er sich wünscht, endlich auf einer festen Position zu spielen. Richtig lustig wird das dann ja erst, wenn Reuter auch wieder so weit ist.
BOKA: Was uns auch noch sehr am Herzen liegt, ist die Gleichgültigkeit des Vereins gegenüber den BVB-Amateuren. Die Youngster werden schwer im Stich gelassen und die Ordner führen da einen regelrechten Privatkrieg gegen die wenigen Fans. Vom Verein kommt uns da einfach viel zu wenig Unterstützung.
LARS: Mich ärgert das sehr, immerhin ist es auch für die jüngeren Spieler eine gute Plattform um an Spielpraxis zu kommen auf recht hohem Niveau. Wenn sie nun absteigen wird es immer schwieriger für sie, sich für den Profikader zu empfehlen.
DENNIS: Bitte mach all deinen Einfluss geltend, damit der Verein da Erleichterungen für seine Fans zum Besuch der Heimspiele schafft!
LARS: Ich werd´s versuchen!
Danke Lars für Deinen Besuch und alles Gute für die Meisterschaft!