Jetzt also Köln...
Bisheriger Saisonverlauf:
Der 1. FC Köln – ein Verein zwischen zwei extremen. Verliert die Truppe vom Rhein, sind Heulen und Zähneknirschen an der Tagesordnung, der Abstieg wird befürchtet und schon mal der Kopf des Trainers gefordert. Das war auch diese Saison bisher der Fall. Nachdem der 9. Spieltag mit einer deftigen 0-6-Klatsche in Wolfsburg geendet hatte, machten die Fans des FC Kölle bereits mobil, doch im Vorstand des Clubs blieb man entgegen der früheren Geschehnisse ruhig, ließ Trainer Ewald Lienen weiter arbeiten und siehe da – der Umschwung gelang. In einer Tabelle, die nur die Spiele vom 10. bis zum 16. Spieltag beachtet, steht der FC auf... Platz 1. Woher dieser Umschwung letztendlich kam? Wirft man einen Blick auf die Mannschaftsaufstellungen der Kölner, so fällt auf, daß in den ersten, schlechten Spielen meist die teuren, neu eingekauften Spieler im Kader waren. Seit Trainer Lienen jedoch fast nur noch auf die Spieler der Aufstiegself zurückgreift, gewinnt Köln Spiel um Spiel, zeigt eine tolle Spielanlage und hat sich bis in die Spitzengruppe der Liga geschossen. Nach der Niederlage in Bremen, als man eine 60minütige Überzahl nicht nutzen konnte, muß sich nun zeigen, wie die Mannschaft mit diesem Rückschlag umzugehen weiß.
Stärken:
Kölns Stärke läßt sich derzeit mit zwei Namen zusammenfassen: Lottner und Timm.
Ersterer ist ein Kölner Urgestein, spielte lange Jahre für Fortuna Köln, bevor er über den Umweg Leverkusen vor zwei Jahren zum FC „heimkehrte“ und einschlug wie eine Bombe. So schoß er Tor um Tor, pendelte dabei immer zwischen Libero und offensivem Mittelfeldspieler und hatte erheblichen Anteil am Wiederaufstieg der Kölner. Zwischenzeitlich wurde er zwar von Trainer Lienen auf die Tribüne verbannt, als es wegen der Verlängerung seines Vertrages zu einigen Differenzen zwischen dem Spieler und dem Trainer bzw. dem Management kam. Doch seit Dirk Lottner, zu dessen Spezialitäten sein unheimlich harter Schuß sowie seine erstklassige Spielübersicht gehören, wieder den Dirigentenstab schwingt, läuft es beim FC beinahe wie am Schnürchen.
Christian Timm dürfte jedem eingefleischten Borussen ein Begriff sein bzw. nicht wenigen ob seiner derzeitigen Leistungen die Tränen in die Augen treiben, kickte dieser doch lange Jahre in den Jugendmannschaften des BvB und wurde unter anderem 2x A-Jugendmeister.
Spricht man den 21jährigen jedoch auf seine Vergangenheit bei Borussia an, verschlechtert sich die Laune des Jungsters rapide. Ihm wurden nie die Spielanteile gewährt, die er als junger Spieler benötigt hätte, zudem wurde ihm ein teurer Ausländer auf seiner Position vor die Nase gesetzt.
Michael Zorc findet den Ärger des jetzigen Kölners durchaus verständlich, dennoch sagt er: „Beim BvB hätte Timm sicherlich nicht diese Entwicklung genommen“. Dennoch bleibt fragwürdig, warum sich Borussia nicht eine Rückkaufoption oder etwas ähnliches sicherte, als man den „Rohdiamanten“ (Kicker) aus den Händen gab.
Wie dem auch sei – in dieser Saison entwickelte sich Timm mehr und mehr zur Stütze der jungen Mannschaft von Ewald Lienen, was nicht zuletzt an seiner tollen Quote ablesbar ist, war der Flügelstürmer doch an mehr als einem Drittel der Kölner Treffer direkt beteiligt.
Von diesen beiden Spielern einmal abgesehen, gibt es noch einen weiteren Grund für das bisherige gute Abschneiden der Kölner. Die Mannschaft ist exzellent zusammengestellt, besteht aus einer Reihe erfahrener Bundesligakicker wie eben Lottner und auch Jens Keller, neben denen die jungen Wilden um Timm, Cullmann, Pröll, Cichon und Alexander Voigt ohne großen Druck aufspielen können. Der 22jährige gebürtige Kölner trug sogar schon vertretungsweise für Dirk Lottner die Kapitänsbinde.
Schwächen:
27 Gegentreffer sprechen eine deutliche Sprache, könnte man meinen – doch zieht man von dieser Zahl einmal die 6 Gegentreffer aus dem Wolfsburger Debakel ab, erscheint die Anzahl der Gegentreffer schon nicht mehr so hoch.
Der Mannschaft fehlt, wie sollte es anders sein nach dem erst dieses Jahr geglückten Wiederaufstieg noch die Abgezocktheit einer erfahrenen Erstligamannschaft. Nicht zuletzt die unglückliche Niederlage in Bremen, als man den sicher geglaubten Sieg durch dumme Fehler in den Schlußminuten noch aus den Händen gab ist Beweis für die fehlende Abgeklärtheit. Auch in Berlin führte man bereits mit 2-0, bevor man, eingeleitet durch einen schlimmen Patzer von U21-Torhüter Pröll noch mit 2-4 unter die Räder geriet.
Fallen zudem Spieler wie die oben genannten Lottner, Timm oder Abwehrrecke Keller aus, fehlt den Spielern aus der zweiten Reihe noch die nötige Klasse. Zudem haben die als Verstärkungen eingekauften Spieler wie Vukomanovic, der tschechische Nationalspieler Baranek oder auch Ex-U21-Nationalspieler Markus Kreuz bisher auf der ganzen Linie enttäuscht. Gerät die Mannschaft früh in Rückstand, kann sie zudem nicht das beinahe perfektionierte Konterspiel mit den schnellen Außenstürmern Timm und Scherz aufziehen. Nimmt man dann noch den Lenker und Denker im Mittelfeld, Dirk Lottner, aus dem Spiel, krankt das Kölner Spiel an Ideenlosigkeit.
Das letzte Spiel:
Zuletzt trafen Köln und der BvB 1997 aufeinander. Damals verlor der BvB mit 4-2. Der FC, in der Saison 1997/1998 unter Lorenz-Günther Köstner, spielte, so der Kicker damals „Fussball aus der Mottenkiste, aber effektiv“. Von den damals aktiven Spielern findet sich im Kölner Kader heute niemand mehr. Doch auch bei Borussia hat sich einiges geändert. Aus der Elf, die damals dem Tabellenletzten unterlag, spielen, spielen heute nur noch Reuter, Ricken, Heinrich und Herrlich für den BvB. Und auch Trainer Scala, damals immerhin für den Einzug ins Championsleague-Halbfinale, ist mittlerweile in der Türkei tätig.
Der Kicker resümierte damals:
„So konnte sich der FC immer wieder befreien, konterte die Borussia schließlich klassisch aus, als alles mit einem Sieg der Gäste rechnete. So kam schließlich ein überraschender, zwar mit Fehlern behafteter, aber verdienter Sieg des FC zustande.“
Prognose:
Borussia steht vor einem sehr schweren Auswärtsspiel. Angefeuert vom fanatischen Publikum des liebevoll schon mal als FC „Leuchtkugelhagel“ bezeichneten Teams, und zusätzlich angespornt durch die Chance, sich dauerhaft im oberen Tabellendrittel festsetzen zu können, wird der 1. FC Köln versuchen, sein bewährtes Konterspiel aufziehen. Will der BvB in Köln dagegen punkten, darf man sich nicht auf dieses Spielchen einlassen. Zudem kommt es auf am Mittwochabend sehr auf Abwehr und defensives Mittelfeld an. Werden die schnellen Timm und Scherz sowie Mittelfeldregisseur Lottner aus dem Spiel genommen, ist mindestens ein Punktgewinn möglich – läßt sich Borussia jedoch das Konterspiel des FC aufzwingen, wird’s nix mit der Herbstmeisterschaft.
Mein Tipp:
Ein schiedlich-friedliches 1-1.