Warmlaufen

BV Borussia 09 Dortmund - SpVgg. Unterhaching

07.12.2000, 00:00 Uhr von:  Jens
BV Borussia 09 Dortmund - SpVgg. Unterhaching

Nun ist es also wieder soweit: Unsere Borussia erwartet den Emporkömmling aus Münchens Süden. Im letzten Jahr hat dem BVB all die Tradition bekanntlich nichts genützt. Zweimal wurde gegen die Vordörfer (-städter wäre wohl übertrieben) verloren. Die Niederlage im Hinspiel im Hachinger Sportpark konnte man sicherlich noch unter dem Aspekt "Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech hinzu" sehen. Denn der BVB vermochte es nicht, aus einer Vielzahl von Torchancen ein Tor zu erzielen (2 Lattentreffer sprechen Bände), wobei man nicht einmal besonders gut spielte.

Doch dann kam der Auftritt von Schwalbenkönig Rrakkli und es stand 1:0 durch einen lächerlichen Schwalbenelfmeter für den Aufsteiger. Rrakkli selbst trat erst vor kurzem mit einer gekonnten Schwalbe gegen den Kölner Sichone groß in Erscheinung. Spaßig auch sein Interview nach dem Spiel, wo er von einer deutlich Berührung sprach, die freilich nicht zu erkennen war. Wieso der DFB-Chefankläger dann doch noch eine Berührung sehen konnte, bleibt wohl sein Geheimnis.

Das Rückspiel in Dortmund fand unter einem denkbar schlechtem Stern statt. Der BVB war in dieser Phase grottenschlecht und hatte seit Wochen kein Spiel mehr gewonnen. Da schien es so, als käme der Aufsteiger gerade recht. Doch am Ende stand es hochverdient 3:1 für die Hachinger, der BVB spielte ideen- und glücklos.

André Breitenreiter
André Breitenreiter

Für die Vordörfler geht es auch in dieser Saison nur gegen den Abstieg. Der Klub, der in relativ kurzer Zeit aus der Kreisliga in die Bundesliga aufstieg, hatte den schmerzlichen Verlust von Freistoßspezialist und Konterstürmer Nummer 1 Joachim Seitz zu verkraften. Anfangs sah es danach aus, als würde es nicht gelingen, diesen Verlust auszugleichen. Doch inzwischen punkten die Hachinger in regelmäßiger Folge und besiegten im wenig traditionsreichen kleinen Derby auch die Münchner Muschis, den TSV 1860 München. Die nachträgliche Verpflichtung von Kopfballungeheuer Hendrik Herzog hat der Abwehr zusätzliche Stabilität gebracht. Daneben zählt Goalgetter André Breitenreiter, der den Durchbruch weder beim Hamburger SV noch beim Volkswagenklub VfL Wolfsburg schaffte, zu den Säulen im Team. Anfangs der 90er hatte er noch als das riesen Talent im deutschen Fußball gegolten. Wechselte dann aber - zu früh? - zum Hamburger SV.

Andere Beispiele für die gute Arbeit von Lorenz-Günter Köstner sind die Stammspieler Markus Oberleitner, der es weder beim FC Bayern, noch bei Zweitligaabsteiger Fortuna Düsseldorf, zum Stammspieler, geschweige denn Leistungsträger, brachte.

Dennis Grassow ist ein weiteres Beispiel. Auch er kam beim FC Bayern nur selten auf die Bank, wechselte dann zu seinem Ex-Coach Köstner nach 1. FC Köln, wo ihm ebenso wenig gelang. Als Köstner den Verein verlassen mußte und zur SpVgg. Zurückkehrte, folgten wenig später auch Grassow und Oberleitner ihrem Herrn und Meister zurück in den Sportpark. Köstner schafft es, aus seiner nominell schwachen Mannschaft ein gutes Kollektiv zu formen, daß über die taktische Disziplin und mannschaftliche Geschlossenheit zum Erfolg kommt. Ansehnlich ist die Spielweise der Hachinger folglich nicht, sie rühren selbst in Heimspielen den berühmten Beton an. Aber in Haching gibt es auch kaum Fans, die das stören würde. Daher konnte Köstner auch nur hier(oder in vergleichbar schwach besuchten Stadien) mit dieser Taktik Erfolg haben. Anderswo wären die Zuschauer ausgeblieben oder auf die Barrikaden gegangen. Und das hält dann kein Trainer, bzw. dessen Vorstand, aus. So kann König Lorenz I. schalten und walten wie er will, solche Bedingungen hat wohl jeder Trainer gern. Präsident Kupka, der mächtigste Mann im Klub, läßt ihn in Ruhe arbeiten, ohne vor der Saison irgendwelche abstruse Forderungen an Mannschaft und Trainer zu stellen. Er ist Realist genug, um zu wissen, daß für seinen kleinen Klub nur diesen Weg gibt, im Konzert der großen Vereine, die mehr Geld und vor allem mehr Zuschauer haben, mitzumischen.

Erich Lejeune
Erich Lejeune

Nach dem Aufstieg der Hachinger 1999 gesellte sich noch Erich J. Lejeune, bis dahin nur in Talkshows als großer Selfmade-Millionär und angeblicher Alleskönner aufgefallen, zum Klub. Seither sponsort er großflächig im Sportpark jede nur erdenkliche Bande. Überall prangt sein Firmenlogo (CE-Aktie) und/oder sein Name mitsamt einem seiner Sprüche (Du schaffst, was Du willst! Europas Motivator Nr.1 und ähnlicher Quatsch).

Lejeune war es auch, der dem Verein in der letzten Saison 2 Heimspiele im Sportpark gegen 1860 und die Seppels ermöglichte, indem er Geld ausspuckte und der Klub dadurch nicht ins ertragreichere Olympialoch zu München umziehen mußte.

Berühmtheit erlangten die Hachinger dann im letzten Jahr als sie am letzten Spieltag die Werkskicker aus Leverkusen besiegten und so die Meisterschaft dem FCBäh ermöglichten, während sich nebenan im Olympialoch die Bremer Mannschaft bereitwillig "abschlachten" ließ.

Alexander Strehmel
Alexander Strehmel

In diesem Jahr will und kann sich der BVB eine Schmach, wie im letzten Jahr, nicht mehr erlauben. Ein Sieg muß her, aber es wird verdammt schwer werden. Unterhaching wird wie immer aus einer sicheren Betonabwehr heraus zu Kontern ansetzen. Vorne sind sie - trotz des Verlustes von Seitz - recht gut und vor allem mit schnellen Spielern besetzt. Die Abwehr um Libero Strehmel (der auch von Marco Haber ersetzt werden kann) steht sehr gut und läßt nicht viele Chancen zu. Torwart Tremmel hat sich inzwischen ebenfalls etabliert und hält - trotz einiger Aussetzer - sehr stabil.

Die Chancen stehen trotzdem nicht schlecht, daß es Haching in diesem Jahr erwischt und absteigt. Das verflixte zweite Jahr ist meist das schwierigste Jahr eines Aufsteigers. Zuhause haben es die Hachinger auch schon nicht mehr so leicht, wie noch im letzten Jahr. Ein Abstieg wäre sicherlich keine makroökonimische Katastrophe für die Liga, wenn man bedenkt welche Klubs zur Zeit am Aufstieg aus der zweiten Liga knabbern. Wenn ich mir einen Absteiger wünschen dürfte, wäre Haching sicherlich dabei, genau wie Wolfsburg und Leverkusen.

Aktuell:

Gegen diese Mannschaft werden wir wahrscheinlich nicht viele Chancen bekommen, aber die müssen genützt werden. Bei einem frühen Tor stehen die Chancen sicher nicht schlecht, das Spiel zu gewinnen. Das Spiel zu machen, gehört sicher nicht zu den Stärken der Hachinger.

In die Karten spielen dürfte uns der kurzfristige Ausfall von Hendrik Herzog und André Breitenreiter, die beide wegen eines Muskelfaserrisses pausieren müssen. Ob für Herzog Dennis Grassow, nach überstandener langwieriger Verletzung, ins Team rücken wird, oder Köstner sein Team umstellt und Haber zum Libero und Strehmel zum Manndecker umfunktionieren wird, bleibt noch offen. Der Ersatz für Goalgetter Breitenreiter dürfte wohl Oberleitner sein, der zunächst nicht eingeplant war.

Sunday Oliseh
Sunday Oliseh

Bei Borussia sind, bis auf die Langzeit-Verletzten Reuter, Metzelder, Kapetanovic, de Beer und Herrlich alle Mann an Bord. Es wird sich zeigen, ob Trainer Sammer wieder, wie in Stuttgart, auf einen Libero hinter der Abwehr baut, oder ob offensiver angegriffen wird. Da Haching nominell meist nur mit einer Spitze spielt, wird Oliseh wohl weiter vorn zu finden sein. Hoffentlich dieses Mal mit weniger Fehlpässen. Ricken wird höchstwahrscheinlich wieder hinter den Spitzen für Dampf sorgen. Ob der in Stuttgart enttäuschende Bobic von Anfang an dabei sein wird, oder der zuletzt ebenfalls schwache Ikpeba, bleibt abzuwarten. Gesetzt dürfte bisher allenfalls Billy Reina sein. Otto Addo hat während seines Stuttgarter Kurzarbeits-Auftritts zwar wieder alte Stärke aufblitzen lassen, wirkte zuvor aber reichlich überspielt.

Warten wir es also ab und geben unser Bestes.




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