Torlose Regenschlacht in Köln - Den Worten folgten mal wieder keine Taten
In einem Kampfspiel vor 41 000 Zuschauern trennten sich im „alten Westschlager“ der 1. FC Köln und Borussia Dortmund 0:0. Das Zweitbeste Heimteam gegen das beste Auswärtsteam. Unterm Strich bleibt beiden Clubs damit das Minimalziel, wobei die Siegesserie des 1. FC Köln im Müngersdorfer Stadion gestoppt und die Borussen-Mini Serie samt eigener Ansprüche nach oben weiterhin untermauert bleibt...
Mit dem 0:0 brachten die Westfalen dem FC am Mittwochabend den ersten Punktverlust nach zuletzt fünf Heimsiegen in Folge bei und blieben selbst zum sechsten Mal hintereinander ungeschlagen.
Doch der Wettergott spielt nicht mit. Es regnet in Strömen und auf seifigem Geläuf mit tiefen „Seenplatten“ war Kombinationsfußball nahezu Glückssache. Und so nahmen die Hausherren vom Anpfiff an das Heft in die Hand und warfen eine gehörige Portion Aggressivität und Kampfeswillen in die Wagschale. Die "Geißbock-Elf" dominierte die ersten 45 Minuten, konnte die sich bietenden Chancen allerdings nicht nutzen. Die vor heimischer Kulisse zuletzt sehr erfolgreichen Kölner erwischten den besseren Start und erspielten sich dank ihrer läuferischen Überlegenheit eine Fülle hochkarätiger Torchancen. Dabei hätte FC-Kapitän Dirk Lottner schon frühzeitig für klare Verhältnisse sorgen können. Allein dreimal musste BVB-Torhüter Jens Lehmann einen seiner tückischen Distanzschüsse auf regennassem Rasen parieren,
In der 14. Minute scheiterte er aus 18 Metern an der Querlatte, in der 17. Minute musste sogar Christian Wörns für seinen Keeper auf der Linie klären und schließlich rettete BVB-Keeper Jens Lehmann im Nachfassen (18.) gegen den besten Kölner Torschützen in dieser Saison. Zuvor jedoch hatte es der BVB versäumt, mit einem Paukenschlag die Arena für einen Freudengesang der Dortmunder Fans zu bereiten, denn nach einem feinen Ricken-Zuspiel auf den rechten Flügel passte Billy Reina aus dem Morast mustergültig vor den Kasten von FC-Keeper Pröll, wo sich „Allrounder“ Jörg Heinrich mutterseelenallein zum Einschuß bereit machte. Doch dem Mittelfeldmann versagten die Nerven und er trat irritiert und hastig über die Kugel... In der 32. Minute platzierte „Micky“ Stevic einen seiner furchterregenden Freistöße geschickt ins untere Eck, aber Pröll taucht ab und dreht das Dingen um den Pfosten. Noch einmal Aufregung in der 34. Minute, als Springer Bobic mit einem Ellenbogencheck zu Boden streckte. Matthias Sammer sprang böse auf und war erstmals kurz vor einem Platzverweis auf die Tribüne. Es wurde hektischer und Jürgen Kohler klärt in einer Rutschpartie in der 41. Minute fast eigentorverdächtig in höchster Not zur Ecke. Durchatmen beim Halbzeitpfiff.
Lars Ricken und Jörg Heinrich konnten die Partie entscheiden
Nach der Pause verflachte die anfangs ansehnliche Partie und auf dem nach pausenlosen Regenfällen äußerst schwer bespielbaren Boden konnte sich kein Fußball-Leckerbissen mehr entwickeln. Wer jetzt gedacht hatte, der BVB würde nun die Ärmel hochkrempeln, der sah sich allerdings bestätigt. Offenbar hatte Sammer in der Halbzeitpause die richtigen Worte gefunden. In Ansätzen wurde jetzt zwar gefälliger kombiniert, aber es fehlte der Zug zum Tor. Dennoch hatte die Defensive der "Geißböcke" Schwerstarbeit zu verrrichten und es wurden zunehmend spielerische Defizite des FC offensichtlich. „Matthes“ hatte für Jürgen Kohler Otto Addo gebracht, um das Offensivspiel zu verstärken, was auch gelang. Es begann Borussias stärkste Phase und Dortmund entwickelte – sich endlich als auswärtsstärkste Mannschaft der Liga präsentierend – zwar mehr Druck als zuvor, doch auch die Schwatzgelben waren bei ihren wenig abgeklärt wirkenden Versuchen erfolg- und harmlos. Zuerst bot sich Giuseppe Reina eine Einschusschance, doch er tändelte zu lange und traf aus schon zu spitz gewordendem Winkel nur noch das Außennetz (47.). In der 57. Minute wird Lars Ricken von Addo schön freigespielt, Cichon pennt, aber sein Schüsschen ist zu lasch und streicht etwa einen Meter am langen Eck vorbei. Nur eine Minute später schießt Dedé Pröll an und im Anschluß an eine Ecke (61.) säbelt erneut Jörg Heinrich tölpelhaft über den Ball... Junge junge, was ist heut nur mit unserem Nationalspieler los? Nur eine Minute später spielen Fredi Bobic und Lars Ricken einen schönen Doppelpass, den Lars mit einer herrlichen Direktabnahme abschließt. Mit einer Glanzparade vereitelte Pröll den drohenden Rückstand. Pröll hällt erneut sicher. Damit war das Pulver allerdings schon verschossen. Bei den Kölnern hingegen schien der Faden derart gerissen, dass ein geordnetes Kombinationsspiel kaum mehr zu sehen war. Die wenigen Konter der Rheinländer stellten die Dortmunder Abwehr vor keine größeren Probleme. Für die Gastgeber verpasste der allein auf das BVB-Tor zulaufende und im letzten Moment abgedrängte Matthias Scherz (67.) die Entscheidung. Einzig in der 75. Minute musste der ab und zu wieder flatterhaft wirkende BVB-Keeper noch einmal in höchster Not klären. Das war´s. Schiedlich, friedliche Punkteteilung, am Ende verdient.
FC-Trainer Ewald Lienen sagte anschließend auf der Pressekonferenz: "In der ersten Halbzeit haben wir sehr guten Fußball gespielt und viel investiert, sind aber nicht belohnt worden. Da hätten wir ein bis zwei Tore erzielen können. In der zweiten Halbzeit hat der Gegner dann auf Offensive gesetzt. Ich bin mit einem Punkt zufrieden, aber es hätte mehr sein können." Matthias Sammer entgegnete daraufhin: "Ich denke, dass wir mit dem 0:0 leben können. Unsere erste Halbzeit war nicht gut, aber wir hatten die erste Torchance. Mir hat das Abwehrverhalten meiner Mannschaft nicht gefallen. Der FC hat größere Laufbereitschaft gezeigt. In der zweiten Halbzeit haben wir uns dann gewehrt. Wenn wir Glück haben, können wir das Spiel sogar gewinnen."
Fazit: Wenn mir jemand vor der Saison gesagt hätte, wir stünden bei Ende der Halbserie „punktgleich“ mit dem Abo-Meister Bayern München ganz oben in der Tabelle, ich hätte feixend und ohne Unterlaß reichlich Jubelschreie in die weihnachtliche Biermetropole geschmettert. Aber mal Hand auf´s Herz: Können wir zufrieden sein mit unserer Bilanz? Ich meine ja! Denn in einem Punkt werdet Ihr mir zustimmen: Unter unserem jungen und emotionellen Trainer wächst was perspektivisches Zusammen! Mit sehr viel Akribie und Leidenschaft, aber auch einer Menge Fußballsachverstand plant, formt, stärkt und ergänzt er mit System die „neue Borussia“ für das neue Jahrtausend. Freilich, es ist noch lange nich alles Gold was glänzt. Noch müssen wir öfter als gewünscht mit dem ureigensten Credo des Cheftrainers den Heimweg antreten: Mund abputzen weiter! Aber der tief verwurzelte Gedanke in unserm Innersten, dass es in absehbarer Zeit mal wieder einen BVB geben wird, der den Gegnern landauf-landab das Fürchten lehrt, stimmt uns rechtzeitig zur besinnlichen Weihnachtszeit voll Vorfreude. Wenn jetzt noch die richtigen Geschenke dazukommen...
Noten und Aufstellung
Bor. Dortmund: Lehmann (3) - Wörns (3), Kohler (3,5) 46. Addo (2,5) - Evanilson (4,5), Oliseh (3,5), Dede (3) - Stevic (4), Heinrich (4,5) - Ricken (3,5), Reina (4) - Bobic (5)
Chancenverhältnis: 7:5
Eckenverhältnis: 6:3
Zuschauer: 41000 (ausverkauft)
Schiedsrichter: Dr. Fleischer, Ulm (4) - hätte Springer nach einem Ellenbogencheck gegen Bobic Gelb zeigen müssen (34.), kein souveräner Leiter der Partie
Gelbe Karten: Dede (gesperrt in Rostock), Oliseh, Stevic (gesperrt in Rostock)