Müder BVB gibt kurz vor Schluss unnötig alle Punkte her
Böse Überraschung für 59 000 stimmungsgeladene und sangesfreudige Dortmunder im Dauerregen: Bereits im zweiten Heimspiel wurden wir gestern Abend von der Vergangenheit eingeholt und kassierten beim unnötigen 2:3 gegen 1860 München schon früh die erste Heimniederlage.
Und dabei ließ es sich vom Start weg auf den Rängen gut an, denn der BVB präsentierte sich zu Beginn der Partie spielfreudig, engagiert und versetzte die Gäste aus München mit mächtigem Druck von einer Verlegenheit in die andere. Folgerichtig ergaben sich eine Reihe bester Torchancen, doch sowohl Sunday Oliseh (6.), als auch Victor Ikpeba (20.), Jürgen Kohler (21.) und Evanilson (26.) vergaben reihenweise beste Einschussmöglichkeiten. Die Führung für den BVB lag mehrmals drückend in der Luft und 1860 beschränkte sich ausschließlich auf Zerstören und Torsicherung, versuchte das Tempo aus dem Spiel zu nehmen und leistete sich bei allem Eifer in der Abwehr dabei jede Menge Unsicherheiten. Doch im Verlauf dieser doch brotlosen, ungekrönten Anrennerei, formierten sich die Löwen zu einem Zement-Abwehr-Verband in der Breite und unser zartes „Kreativspiel“ kam naturgemäß ins Stocken.
Zu allem Überfluß leistet sich in dieser Phase „unsere“ Nummer 1 mal wieder einen folgenschweren Patzer und bereits nach 34 Minuten wurden die 59 000 Zuschauern das erste Mal jäh geschockt: Jens „es hat sich nix geändert“ Lehmann wollte einen Rückpass von Dede zügig auf Jörg Heinrich weiter spielen, doch der Torwart unterschätzte in seiner fahrig-lässigen Art das seifige Geläuf und traf statt dessen „unglücklich“ den „bei-uns-so-beliebten Vorgartenzwerg“ Icke Hä$$ler. Dessen Vorarbeit nutzte der US-Amerikaner Agostino mutterseelenallein zum überraschenden 0:1 - wieder einmal so ein sinnloser "Blackout" von Lehmann, der den Gegner - ohne Torchance - in Führung brachte! Damit bestätigte er in wunderschöner Regelmässigkeit seine eigenen (Zeitungs-)Worte, zumal er in seiner Eigenschaft als Torwart auch beim zweiten Münchner Treffer in der 49. Minute keine sonderlich gute Figur abgab. Bei der vorangegangenen Freistoß-Flanke von Hä$$ler war er abermals schlecht postiert. Die anfangs gut gestaffelte Abwehr um den umsichtigen Libero Heinrich geriet zusehends ins Schwimmen, zumal gerade „der alte Haudegen“ Kohler mehr und mehr den Eindruck bestätigt, dass seine Zeit offenkundig um zu sein scheint. Das wird auch Tante Wörnsi nicht so ohne weiteres entgangen sein...
Doch im Gegensatz zum vergangenen Jahr zeigte die neue Borussia-Mannschaft diesmal eine positive Reaktion und ließ die Köpfe nicht hängen. Der Lohn war der unverzügliche Ausgleich durch Victor Ikpeba (38.),der damit weiterhin Verständnis und Großmütigkeit des Vereins zurückzuzahlen beginnt! Besonders sein herrlicher Kopfballtreffer zum 1:1 wurde von den Massen stürmisch gefeiert, denn der trauernde Nigerianer hatte lange auf ein solches Erfolgserlebnis in Dortmund warten müssen. Folgerichtig startete er einen Jubellauf an die Seitenlinie und umarmte Trainernovize Matthias Sammer (33), dem er seine „neue Lust auf den BVB“ verdankt. Nach seinem Dreierpack bei der Nationalmannschaft hatte Ikpeba ja quasi „sein Tor“ gegen 1860 vorher angekündigt!
Es zahlte sich aus, dass Sammer der gleichen Formation wie beim 4:1-Kantersieg in Cottbus vertraut hatte, denn so langsam entsteht unübersehbar ein „zartes Pflänzchen“ der Spielkultur im Team. Richtig auch, die wiedergenesenen Wörns(i) und Ricken zunächst auf der Bank zu belassen. Die Mannschaft bedankte sich für das Vertrauen auch in dieser Phase mit starkem Kombinationsfußball. Fast hätte sich sogar ausgerechnet auch noch „Schnösel“ Lehmann in die Torschützenliste eingetragen, denn an Freund und Feind vorbei landete er in der 20. Minute mit einem weiten Abschlag fast im gegnerischen Gehäuse, doch Ex-Borusse Ned Zelic konnte in höchster Not ca. zwei Meter vor dem Tor noch ins Seitenaus klären.
Wer gedacht hätte, der Dortmunder Zug würde jetzt vollends ins Rollen kommen, wurde nach der Halbzeit zunächst enttäuscht, denn bereits in der 49. Minute musste der BVB erneut einem Rückstand hinterher laufen. Einen Freistoß von Hä$$ler, der lange in der Luft unterwegs war, konnte das „ellenlange Jungtalent“ Stranzl mit einem Kopfball zu seinem ersten Bundesliga-Treffer zum 2:1 für die Münchner vollenden. Erfreulich war aber wiederum der neue Teamspirit der Borussia, die nur fünf Minuten später zurück schlug. Wieder war es ein Freistoß, diesmal von Stevic, den unsere „gelbe Tonne“ mit seinem vierten(!) Saisontreffer bei „absoluter Lufthoheit“ in der 54. Minute zum 2:2 einwuchtete.
Im Dortmunder Spiel nahm jetzt Otto Addo mehr und mehr die Verantwortung auf sich und kurbelte das Offensivspiel an. Leider wurde wieder wenig von Sunday Oliseh gesehen, der im Mittelfeld aufs Tempo drücken sollte, die meisten Bälle aber oft zurück spielte, oder sogar verlor. Da wird wohl noch ein wenig Geduld mit dem Eingewöhnungsprozess von Nöten sein. Sicherlich wäre es besser gewesen, wenn gerade er sich mehr auf den linken Angriffsbereich konzentriert hätte, denn das BVB-Spiel war eine Spur zu rechtslastig angelegt: Addo und Evanilson erhielten zwar für manches Kabinettstückchen lautstarken Szenenapplaus, aber das Angriffspiel wurde so immer kalkulierbarer. Die linke Flanke, wo es Leonardo Dede mit dem pfeilschnellen „Alpenjodler“ Harald Cerny zu tun hatte, kam immer seltener ins Spiel. Löwenbändiger Werner „beinhart“ Lorant hatte seine 60´er taktisch sehr gut auf den Dortmunder Angriffsschwung eingestellt. Zudem konterten die Gäste jetzt ein ums andere mal gefährlich. Gerade Hä$$ler und der Norweger Mykland (der ständ uns auch gut zu Gesicht, zumal für Nüsse!) hatten unverständlich viel Spielraum im Mittelfeld und drückten Borussia ihr Spiel auf. In diesem Zusammenhang muss man unbedingt auch die Frage stellen, welche „Aufgabe unser verkappter Spielmacher und Freistosspezialist“ Miroslav „lass liegen ich mach schon“ Stevic hatte? Sein „Engagement“ rechtfertigte bereits eine frühe Auswechslung! Stattdessen holte der Coach ausgerechnet den bis dahin kreativsten Mittelfeldmann, Otto Addo vom Feld. Eine Maßnahme, die wohl auch nur der Trainer allein erklären könnte... Fortan war es mit dem kontrollierten Angriffspiel vorbei. Es fehlte im Spielaufbau einfach die klare Linie, zumal der BVB in den letzten 20 Minuten auch nicht mehr mit dem ganz großen Elan zu Werke ging. In der Folge hatten beide Teams Chancen, den Siegtreffer zu erzielen, bereits in der 67. Minute traf der starke Münchner Agostino (Gegenspieler Kohler!) mit einem Schuss die Querlatte. Die Dortmunder Abwehr sah nicht nur in dieser Situation nicht immer sattelfest aus. Zwar warf „Matthes“ dann in der 63. Minute „Dribbelkönig“ Billy Reina ins geschehen, aber der tauchte zu unserem völligen Erstaunen a lá Möller sofort in der Gallertmasse der Alibi-Spielertrauben unter, statt mit der Pocke am Fuss mal energisch in des Gegners 16´ner einzudringen! Dabei hätte er bei konstanter Beackerung der rechten Außenbahn, sicherlich noch der Spieler des Abends werden können, doch so war er weder einbezieh- bzw. anspielbar. Da es in der „neuen Borussia“, unübersehbar noch an Spielerpersönlichkeiten mangelt, die dann noch einmal zu einem kräftigen Ruck in der Mannschaft aufrufen und motivieren können, war kollektive Ratlosigkeit geboten. Es hatte fast den Anschein, als wenn die Truppe entweder mit dem Ergebnis zufrieden war, oder aber die Kraft für einen furiosen Schlusspurt nicht ausgereicht hat. Vielmehr beging man die Todsünde, sich wie das „Kaninchen vor der Schlange“ mit alle Mann in der eigenen Hälfte einzuigeln. Für derartige Passivität gab´s dann ja die auch die Quittung. Vier(!) Minuten vor dem Ende sorgte dann Agostino doch noch für den glücklichen Siegtreffer mit einem Schuss aus sechs Metern, freilich nur, weil der schwache Schiedsrichter Berg ein krasses Foul am eingreifenden Jörg Heinrich ebensowenig sah, wie sein zuständiger Assistent Kreyer...
Fazit: Ein Spiel dauerd nun einmal 90 Minuten. Durch zu frühes Ausruhen auf der Punkteteilung sind jetzt alle Punkte weg! Wenn man überhaupt ein Gutes dieser 1. Heimniederlage abgewinnen kann, dann wohl die Tatsache, dass dieses Ergebnis - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit -
„heilende Wirkung“ für das nächste Heimspiel haben wird!
Statistik:
Aufstellung+Noten BVB:
Lehmann
(4) - Metzelder
(2,5), Heinrich
(3), Kohler
(5), Evanilson
(3,5), Stevic
(5), Oliseh
(4), Dede
(3,5) O. Addo (2,5), Ikpeba
(3) - Herrlich
(3)
Tore:
0:1 Agostino
(34., Linksschuß, nach „Vorarbeit“ Lehmann),
1:1 Ikpeba
(37., Kopfball, Freistoß Metzelder),
1:2 Stranzl
(49., Kopfball, nach unglücklicher Abwehr Metzelder),
2:2 Herrlich
(54., Kopfball, Freistoß Stevic),
2:3 Agostino
(86., Rechtsschuß, aus dem Gewühl)
Chancenverhältnis:
7:4
Eckenverhältnis:
7:3
Schiedsrichter:
Alfons Berg (Konz), Note 4,5 – kleinlich, ohne Fortune bei der Vorteilauslegung, seltsam theatralisches Auftreten, hatte keinerlei Maß bei seiner „Kartenflut-Parade“