Borussia Dortmund - VfL Wolfsburg 2:1 - Borussia beendet das Gerede vom "Heimkomplex"
Dem BVB die erste Hälfte den "Wölfen" die Zweite, könnte man als Fazit ziehen, nachdem das Team von Matthias Sammer mit dem 2:1 Heimsieg den Anschluss an die Spitzengruppe der Fußball-Bundesliga gewahrt hatte. Eine große Portion Glück, sowie Unvermögen der Gäste und ein glänzend disponierter Borussen-Torhüter Jens Lehmann waren der Garant dieses hart erkämpften Sieges. Das 1:2 bedeutete zudem für den VfL Wolfsburg nach acht Spielen erstmals wieder eine Niederlage.
Schlusspfiff: 17.18 Uhr. Der Volkswagenstädter Trainer Wolfgang Wolf stürmte auf Matthias Sammer zu, drückte ihm kurz die Hand und meinte konsterniert: "Ich möchte einmal so viel Glück haben wie Sie in der zweiten Hälfte". In der Tat. In einem über weite Strecken spannungsarmen Spiel scheint Borussia Dortmund zwar den Heimkomplex abgelegt zu haben, nicht aber das Zittern! Mit diesem schwer erkämpften 2:1 (2:1) gegen den Tabellennachbarn VfL Wolfsburg gelang dem westfälischen Fußball-Bundesligisten am Samstag der zweite Sieg im Westfalenstadion in Folge. Vor 60.500 frierenden Zuschauern benötigte der BVB einen Tag vor seiner Jahreshauptversammlung jedoch eine lange Anlaufzeit, um einigermaßen Ordnung und Rhythmus zu finden.
Gehandicapt durch den kurzfristigen Ausfall von Nationalspieler Jörg Heinrich, für den Sunday Oliseh nach langer Verletzungspause erstmals in die zentrale Abwehrposition rückte, bemühte sich der BVB zunächst einmal mehr um kontrollierten Spielaufbau, nachdem Lars Ricken nicht wie in den letzten Wochen gewohnt, zur Entfaltung kam. Doch nach einer von Taktik bestimmten Anfangs-Viertelstunde gewann die Partie deutlich an Qualität und Unterhaltungswert. Dafür sorgte vor allem der nun forschere BVB, der eindeutig das Regiment auf dem Rasen übernahm und sich bereits bis zur Halbzeit eine Reihe hochkarätigster Chancen gegen die aufreizend zurückhaltend agierenden Wolfsburger erspielte. So verpassten gleich Billy Reina (14.), Christian Wörns (16.) und Victor Ikpeba (20./25.) allesamt die Chance zur Führung.
Erst der befreiende "Doppelschlag" vom diesmal sehr agilen Giuseppe Reina (27.) und dem immer besser zurecht kommenden Brasilianer Evanilson (29.) ebneten den vierten Borussen-Sieg im heimischen Westfalenstadion. Das größere Engagement der Gastgeber wurde letztlich belohnt: Reina spielte Gegenspieler Waldemar Kryger mit einem kurzen Haken aus und brachte sein Team in der 27. Minute verdient mit 1:0 in Front. Nur zwei Minuten später war der Brasilianer Evanilson mit einem herrlichen Lupfer nach "Marke Fjörtoft" zur Stelle, der nach klugem Zuspiel von Miroslav Stevic den aufmerksamen Gäste-Torhüter Claus Reitmaier überwinden konnte. In die Freude der Borussenfans über eine vermeintlich beruhigende Führung mischte sich ein schneller Wermutstropfen, denn nach einer der unerklärlichen Unsicherheiten in der BVB- Abwehr vom diesmal völlig indisponierten BVB-Kapitän Kohler, erzielte der Wolfsburger Torjäger Akpoborie mit seinem siebten Saisontreffer den überraschenden Anschlusstreffer zum 2:1 (32.). Der Gegentreffer zeigte bei Dortmund jedoch wenig Wirkung. Nach kurzer Verschnaufpause blieb Borussia spielbestimmend und verpasste noch vor der Pause durch den glücklosen Ikpeba (36, hätte mit seinem Alleingang in der 36. Minute alles klar machen müssen!), Ricken (38.) und den langsam physisch müde werdenden Otto Addo (39.) bis zur Pause die Möglichkeit auf 3:1 in Front zu gehen. Besonders der Nigerianer Victor Ikpeba besaß Möglichkeiten, um die Begegnung schon vor dem Halbzeitpfiff des aufmerksamen Schiedsrichter Markus Merk (Kaiserslautern) zu entscheiden.
Routinier Reitmaier hat nix verlernt
In mehreren Szenen konnte sich Wolfsburgs Torhüter Claus Reitmaier auszeichnen,
während sein Gegenüber Jens Lehmann eine ruhige erste Hälfte erlebte. Erst
nach dem Wiederanpfiff agierten die Gästen wesentlich frecher und brachten die
Dortmunder Abwehr einige Male in arge Verlegenheit. So musste Nationaltorhüter
Jens Lehmann bei einem Kopfball von Akpoborie (55.) schon sein ganzes Können
aufbieten und mit einer Glanzparade spektakulär klären. Wie er den noch
gepflückt hat, war allen Anwesenden auch lange Zeit nach Spielende noch immer
ein Rätsel...
In der immer hektisch werdenden Schlussphase der Begegnung häuften sich bei den Dortmundern, die vor der Pause teilweise sehenswerte Kombinationen gezeigt hatten, die Fehler. Die daraus resultierenden "Turbulenzen" besorgten die Zuschauer über Gebühr.. Durch immer mal wieder auftretende Unkonzentriertheiten, wurde den "Wölfen" nicht nur das Mittelfeld überlassen, sondern auch noch rund um den Strafraum nahezu jedes Kombinationsspiel gestattet. In der ganzen zweiten Halbzeit gelang es dem BVB auch nur ansatzweise eine nennenswerte Torchance zu "erspielen". Alleine Billy vermochte durch seine langgezogenen Spurts mit anschließendem Dribbling einige Entlastung zu verschaffen. Die entkräftet wirkenden Borussen verlegten sich nun aufs Kontern, konnten aber die entstandenen freien Räume nicht entscheidend nutzen. Viel zu hektisch agierte der BVB vor des Gegners Tor (kennen die eigentlich keinen Doppelpass?) und man fragte sich mit zunehmender Dauer, wer hier wohl die Heimmannschaft und wer die Gäste waren.
Die späten Einwechslungen von Fredi Bobic (60.)
und Supertalent "Emma" Krontiris (80.) konnten da leider nichts mehr
bewirken, zumal der finale Pass zum Vollstrecken auch nahezu gänzlich aus
blieb!
Und hier muß auch einmal ein Wort an die Südtribünenfans gerichtet werden:
Statt da in dieser Phase die Mannschaft bedingungslos zum Sieg nach vorn zu
schreien, verstummt die gewaltigste Stehtribüne Europas! Wenn ihr weiterhin
nach der Devise: "Ofen gib mir Wärme, dann geb ich Dir Brennholz"
verfahrt, dann werden wir bald in der Tat ein "Operettenpublikum"
haben - ganz wie es der ekelhafte Charly Neumann mal abwertend Anfang der 90´er
Jahre gen Dortmund geschleudert hatte...
Coach Wolf zeigte sich mehr ratlos denn verwundert.
Am Ende musste die Borussia, die ihre vorangegangenen drei Heimspiele gegen die Niedersachsen gewinnen konnten, sogar noch zittern. Und so blieb es, wie es kommen musste: Zum vierten Mal trat der VfL Wolfsburg in Dortmund auswärts gegen den BVB an; zum vierten Mal verloren sie mit 1:2 und stellten somit zumindest in dieser Disziplin einen neuen Bundesligarekord in Sachen "Kontinuität" auf. "Es war halt wie immer", stöhnte der enttäuschte Wölfe-Coach Wolfgang Wolf auf der anschließenden Pressekonferenz. "Mit dem einem Unterschied, dass das Resultat diesmal schon sehr früh fest stand".
Hadern durfte jedoch auch sein Gegenüber
Matthias Sammer. "So ein Tor darf nicht passieren", ärgerte er sich
über den Anschlusstreffer - bis dahin Wolfsburgs erste Chance im ganzen Spiel.
Denn Halbzeit eins hatte seine Mannschaft dominiert, das Heft fest in die Hand
genommen, den Sack aber nicht zu gemacht. "Wir betreiben einen großen
Aufwand, belohnen uns aber nicht dafür".. Dabei hatten die Gäste tief in
die psychologische Trikot-Kiste gegriffen und noch schnell irgendwo einen Satz
"blau-weißer Jerseys" hervor gekramt, denn das übliche Grün
betrachteten sie in diesem Fall offenbar nicht als die Farbe der Hoffnung. Gut
für den BVB, der jetzt wieder eine Ausrede weniger aufzubieten hat, wenn am
kommenden Mittwoch das "AUS" im Achtelfinale des DFB-Pokals eintreten
sollte. Aber noch ist ja nicht aller Tage Abend...
Mit dem "zugegeben etwas glücklichen Sieg" (Sammer) zogen die Schwatzgelben nach Punkten mit dem Tabellenvierten Bayern München gleich. Doch da, wo sie sich gerne sehen wollen, sind die beiden Branchenführer (die Bayern vermeldeten vorgestern einen neuen Rekordumsatz, die Borussen haben dies heute getan) noch nicht. Zu wenig Konstanz pflastert ihren Weg!
Fazit: Der BVB zeigte keine überzeugende Leistung. Vor allem im Defensivbereich wurde einem Angst und Bange, ob der "großzügigen" Freiräume der gegnerischen Angreifer. Jürgen Kohler ist in dieser Form eher eine Belastung, denn Hilfe. Sunday Oliseh ist sicherlich nicht mehr als nur eine Notlösung als Abwehrchef. Hier wird überdeutlich, welch wichtige Persönlichkeit Jörg Heinrich ist. Besonders im Sturm tut das versieben klarster Chancen in den Augen weh. In Gelsenkirchen muß da wahrscheinlich schon der liebe Gott als Mittelstürmer mitzocken, will man da als Sieger den Platz verlassen. Aber - wir haben ja eigentlich schon vor dem Anpfiff verloren... ;-)
Statistik
Dortmund: Lehmann (2,5), Wörns (3,5)
Kohler (5) Evanilson (3), Stevic (5), 87. Nerlinger ( - ), Oliseh (4,5), Dede
(4,5) Ricken (3) Reina (3), Ikpeba (4,5), 59. Bobic ( - ), Addo (5), 81.
Krontiris ( - )
Schiedsrichter: Dr. Markus Merk, Kaiserslautern ( 2,5 ), war immer souverän und stets auf Ballhöhe. Hätte in der 2. Halbzeit nur öfter mal nicht seinem "Assistenten" zur Rechten bei vermeintlichen Abseitsentscheidungen folgen sollen...
Tore: 1:0 Reina (27.), 2:0 Evanilson (29.), 2:1 Akpoborie (32.)
Zuschauer: 60.500
Gelbe Karten: Kohler - Akonnor (5/2), Kühbauer (5)