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CL-Auftakt: Der BVB in Turin Hello again, vecchia signora

16.09.2025, 10:47 Uhr von:  Michael    
Bild der Choreo 2015 mit dem Spruchband „Ricken, lupfen jetzt….jaaaaa!“

Untrennbar ist der Name Juventus Turin mit der Geschichte des Ballspielvereins verbunden. Dabei hat man sich gar nicht so häufig getroffen. Aber wenn, wurde es häufig historisch.

Der Gegner

1897 gegründet, dauerte es gerade einmal 8 Jahre, ehe sich die Bianconeri erstmalig den italienischen Meistertitel schnappten. Ein Erfolg, der sich noch 35 weitere Male wiederholen sollte. Zumindest offiziell, doch dazu später mehr.

Nach dem Meistertitel 1905 ging es zunächst wieder in die fußballerische Bedeutungslosigkeit, ehe 1923 ein Name auf den Plan trat, der seitdem untrennbar mit Juventus Turin verbunden ist: Agnelli. Edoardo Agnelli, Sohn des Fiatgründers, machte bei Juve den Dietmar Hopp und stieg zunächst als Gönner und dann auch als Präsident ein. Im gleichen Jahr begründete Juve noch nebenbei den italienischen Profifußball, in dem sie den Rechtsverteidiger Virginio Rosetti zunächst für eine Ablösesumme von 50.000 Lire holten und ihn dann zum ersten bezahlten Fußballer Italiens machten.

Mit dem frischen Geld kam auch der Erfolg und Juventus wurde die vorherrschende Kraft im italienischen Fußball.

Doch international lief der Verein weiter den großen hinterher. Während die Mailänder Vereine Anfang der 60er beide bereits den Europapokal der Landesmeister gewinnen konnten, mussten die Juve-Anhänger bis zu den 70ern warten, ehe Juventus international in Erscheinung trat. 1977 gelang der erstmalige Gewinn des UEFA-Pokals, 1985 dann auch der Gewinn des Landesmeisterpokals. Ein Triumph, überschattet durch die Katastrophe von Heysel, als vor dem Spiel 39 Menschen, zumeist italienische Fans, im Stadion starben. Englische Hooligans stürmten einen benachbarten Fanblock, in der folgenden Massenpanik stürzte eine Mauer im baufälligen Stadion ein und begrub viele Fans unter sich. Bis heute ist der Hass vieler Juve-Fans auf englische Vereine grenzenlos, beim Aufeinandertreffen im Viertelfinale der Champions League 2005 zeigten sie unter anderem ein Banner mit der Aufschrift "15-4-89. Sheffield. God exists", eine Anspielung auf die Hillsborough-Katastrophe mit 97 getöteten Liverpooler Fans.

Schwarzgelb gegen Schwarzweiß

In den 90ern kreuzten sich auch erstmals die Wege zwischen dem Ballspielverein und dem italienischen Rekordmeister, dann aber auch direkt siebenmal in 4 Jahren.

Es begann mit dem UEFA-Cup-Finale 1993. Der haushohe Favorit aus Turin gab sich keine Blöße, dem 1:3-Auswärtssieg im Westfalenstadion folgte ein 3:0-Heimsieg und der Cup-Gewinn.

Knapp zwei Jahre später traf man erneut aufeinander, diesmal im Halbfinale des UEFA-Cups. Das Hinspiel fand im San Siro in Mailand statt. Aufgrund von Mietstreitigkeiten mit der Stadt Turin für das ungeliebte Delle Alpi-Stadion hatte die Vereinsführung kurzerhand entschieden, Halbfinale und ein eventuelles Finale im 150 km entfernten Mailand auszutragen. 

Der BVB erreichte ein 2:2 und damit eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel, im Westfalenstadion setzte sich dann allerdings Juve mit 1:2 durch und zog ins Finale ein.

Diesmal dauerte es nur 5 Monate bis zum Wiedersehen. In der Gruppenphase der Champions League trafen beide Meister aufeinander. In Dortmund zog der BVB erneut den kürzeren, beim Auswärtsspiel konnte der italienische Meister dann erstmals besiegt werden. Zorc und Ricken trafen beim 1:2-Auswärtssieg.

Das nächste Aufeinandertreffen gab es dann auf neutralem Boden: Am 28.05.1997 hieß es im Münchener Olympiastadion „Ricken, lupfen jetzt! Jaaaaaaaaa!“. Der BVB gewann die Champions League. Kein Wunder, hatte man Turin in den letzten Jahren doch systematisch leergekauft ;-), so spielten mit Kohler, Möller und Julio César drei Spieler der Turiner UEFA-Cup-Sieger von 1993 mittlerweile beim BVB.

Alessandro del Piero im Testspiel 2008
Der ewige Turiner

Die Wege trennen sich

Nach der Juventus-Überdosis folgte der Entzug. Beide Vereine begaben sich in der Folge auf einen Weg der Erfolge und Skandale, der beim BVB in der Fastinsolvenz und bei Juve im Zwangsabstieg endete.

2006 wurden Abhörprotokolle bekannt, die für den italienischen Fußballverband bewiesen, dass Juventus Turin die Saison 2004/05 manipuliert hatte. Die Titel 2005 und 06 wurden aberkannt und Juve in die Serie B versetzt. Der Rekordmeister kündigte an, sich vor einem Zivilgericht gegen die Strafe zu wehren, doch nach dem Sepp Blatter persönlich für diesen Fall ankündigte, den gesamten italienischen Fußball vom Europapokal auszuschließen, verzichtete Juventus und startete mit 11 Minuspunkten in der Serie B.

Der Todesstoß für den italienischen Rekordmeister? Mitnichten. Alessandro del Piero trieb allen Fußballromatikern die Tränen in die Augen, als er ankündigte auch in der Serie B bei Juve zu bleiben („Ein Kavalier verlässt seine Dame nicht“). Neben ihm blieben auch Buffon, Trezeguet und Nedved bei Juve, so dass der direkte Wiederaufstieg eine Formsache war.

Gianluigi Buffon beim Spiel in Dortmund
Ein Weltmeister in der Serie B

In der Folge dominierte Juventus den italienischen Fußball einmal mehr und wurde ab 2012 neunmal in Folge italienischer Meister.

In dieser Zeit fällt auch das Wiedersehen mit dem BVB (von einem ins Wasser gefallene und nachgeholte Vorbereitungsspiel mal abgesehen). 2015 traf man im Achtelfinale der Champions League aufeinander. Für den BVB ein zweitrangiges Spiel, steckte man in der Bundesliga doch im Abstiegskampf. Und so schied man auch sang- und klanglos aus, der 2:1-Auswärtsniederlage folgte eine 0:3-Heimklatsche. 

Bild der Heimkurve in Turin mit Choreo beim CL-Achtelfinale 2015
Heimkurve in Turin

Die jüngere Vergangenheit

Juve wartet seit 2020 auf einen weiteren Meistertitel. Allen voran Inter Mailand und der SSC Neapel haben Juve national den Rang abgelaufen, zuletzt machte man wieder durch diverse Finanzskandale von sich reden. Zumindest aktuell läuft es fußballerisch aber gut, nach einem spektakulären 4:3-Sieg gegen Inter steht man nach 3 Spielen mit 9 Punkten auf Platz 2 hinter Neapel. Kein leichter Auftakt also für den BVB auf dem Weg nach Budapest.

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