Männer

Niederrheinischer Sauerbraten zum Geburtstag

20.12.2025, 14:03 Uhr von:  Ida  
Die Südtribüne

Abstürzende Mittelfinger im Gästeblock, anatomische Unsicherheiten bei Philipp Sander und Grätschen in bester Jürgen Kohler-Manier: Der BVB-Geburtstag hatte einiges zu bieten.

Flutlicht. Geburtstag. Jingle Bells. Was kann das Fußballherz an einem Freitagabend im Dezember mehr erwarten? Vielleicht noch eine pünktliche Dreipunktelieferung zum vierten Adventswochenende. Während früher an solchen Spieltagen die Sonnenkinder mit wunderbarer Playbackmusik die Südtribüne einheizten, gab es in diesem Jahr lediglich einen etwas zweifelhaften Versuch, jenes nostalgische Gefühl mithilfe der Chorakademie wiederzubeleben. Zumindest in Block Drölf hüpfte und klatschte man pflichtbewusst.

Im Pony-Block packte man derweil die Blockfahnen aus. Ob dort wohl schon die Geburtstagskerzen bereitlagen? Denn nur kurze Zeit später erklang aus den Boxen ein lautes „Leuchte auf“, begleitet von gedimmtem Licht und unzähligen Handytaschenlampen. Kein echter Kerzenschein, aber Pathos-Ida fühlte sich abgeholt. Fußball von seiner schönen Seite. Selbst die Ponys hielten nach einem verzweifelten Pfeifkonzertversuch für ein paar Minuten die Klappe – und beschäftigten sich mit einem Haufen mitgebrachter Luftballons.

Kurz vor dem Anpfiff erblickte eine Botschaft der Gladbacher das Stadion: Es gibt nur eine Borussia. Recht haben sie. Die Idee, dieses Plakat mithilfe der mitgebrachten Heliumballons hochzuziehen war durchaus kreativ, sollte aber im Verlaufe des Spiels noch für größere Erheiterung sorgen. Zusätzlich zum Banner gab es viel grauen Rauch und einige Fackeln. Von der Süd wurde diese Botschaft mit einem „Tod und Hass dem S04“ quittiert wurde. Nun ja. Muss wohl eine dieser Verbindungen sein – frei nach dem Motto: Dein Feind ist unser Freund. Ich bin dafür zu alt.

Erste Halbzeit

Brandt jubelt mit Can, Ryerson und Süle
4. Saisontor für Julian Brandt

Nach rund zehn Minuten Abtasten ging es sportlich dann direkt in die richtige Richtung. Nach einer schönen Flanke von Süle auf Brandt am zweiten Pfosten schob dieser von links völlig frei aus wenigen Metern ins lange Eck ein. Eins zu null für die wahre Borussia. Rückblickend hätte man sich allerdings nicht beschweren dürfen, wenn das Tor wegen eines Trikotzupfers von Guirassy im Strafraum aberkannt worden wäre. Aber wir wollen mal nicht kleinlich sein.

Im Gästeblock versuchte man sich exakt im Moment des Tores an Teil 2 der Choreo. Ein großes Banner mit einem aufgemalten Mittelfinger sollte erneut von den Ballons nach oben gezogen werden. Allerdings war das Verhältnis Bannergewicht zu Ballonmenge offenbar nicht ausreichend beachtet worden, so dass das Banner direkt in sich zusammensackte und gen Boden sank. Da hätte der ein oder andere Bauer im Gästeblock die erntefreie Zeit mal lieber für eine Physik-Nachhilfestunde nutzen sollen…

In der Folge plätscherte das Spiel etwas vor sich hin. Dortmund blieb die aktivere Mannschaft, während Gladbach tiefer stand und abwartete. Die Schwarzgelben machten ihre Sache solide: defensiv aufmerksam, offensiv bemüht. Kein Feuerwerk zum Geburtstag, aber eine standesgemäße Leistung. Wurde es hinten doch einmal brenzlig, behielt Can den Überblick. Auf der anderen Seite verpasste Guirassy in der 24. Minute nach einer Ryerson-Flanke das Tor nur knapp.

In der 29. Minute folgte ein schöner Angriff über links. Schlotterbeck, Svensson und Guirassy kombinierten sich bis an den Sechzehner, ehe der Ball bei Adeyemi landete. Dessen Abschluss parierte Nicolas – schade, da war mehr drin. Währenddessen war der Gladbach-Block nahezu eingeschlafen; von der Lautstärke der Anfangsminuten blieb nicht viel übrig. Optisch konnte man jedoch noch ein Highlight mit weißen Sturmhauben setzen: Was von nahem dem Schutz vor Stadionverbot und Strafverfolgung diente, sah von weitem aus, als ob hier eine neue Folge „Es war einmal das Leben“ gedreht würde und die Kollegen müssen die Spermien spielen.

Aber, weg vom Pimmelcontent, zurück ins Spiel:

Dass es in der 36. Minute nicht plötzlich im Dortmunder Kasten klingelte, war wohl einem kollektiven Chaos aus Verdaddeln und Retten zu verdanken. Einen erneuten Angriff über Neuhaus klärte Süle zur Ecke. In der 39. Minute folgte lautstarker Szenenapplaus für Schlotterbeck, der Reyna mit einer mustergültigen Grätsche den Ball abnahm und anschließend selbst zum Abschluss kam. Nicolas war jedoch zur Stelle – zu viel Kitsch am Geburtstag wäre es wohl gewesen.

Im Gegenzug mussten erneut die Gladbacher durch Kobel gestoppt werden. Kurz vor der Pause kam noch einmal etwas Energie in ein bis dahin eher unspektakuläres Spiel. Dennoch blieb es beim Pausenpfiff bei der durchaus verdienten 1:0-Führung für die Schwarzgelben, die vor allem auf einer starken ersten halben Stunde beruhte. Danach brachte man sich mit vielen Ungenauigkeiten um den Zugriff und so musste Kobel schließlich die knappe Führung retten.

Zweite Halbzeit

Can köpft den Ball, während er Tabakovic am Trikot zieht.
Jeder Zweikampf griechisch-römisch: Can und Tabakovic

Zu Beginn der zweiten Hälfte lag das Momentum zunächst bei Gladbach. Besser wurde es nicht, als Can, nach einem Zweikampf im gegnerischen Strafraum schmerzverzerrt minutenlang auf dem Boden liegen blieb – glücklicherweise mit weniger dramatischem Ausgang. Apropos Can: Es war eine reine Freude, seinen Zweikämpfen mit Tabakovic zuzuschauen. Beide schenkten sich nichts, jeder Zweikampf wurde von beiden Seiten mit Trikotziehen und Ringereinlagen geführt.

In der 55. Minute erklang zwar dann kurz die Torhymne, doch schon auf den ersten Blick war klar, dass es wenig Grund zum Jubeln gab. Guirassy hatte seine Abseitsposition selbst sofort erkannt, entsprechend gering fiel der Protest aus.

In der 57. Minute kam dann endlich wieder etwas Stimmung auf. Nach einem Ballverlust von Diks verpasste Adeyemi nur knapp das 2:0. Beim Abdrehen verabschiedete er sich noch mit ein paar freundlichen Grüßen. Diks ließ sich nicht zweimal bitten und stieg ins gemeinschaftliche Pöbeln ein. Die anschließende Ecke nutzte Schlotterbeck, um mit Sander ein paar Nettigkeiten auszutauschen. Dessen theatralischen Zusammenbruch wollte Schlotterbeck nicht auf sich sitzen lassen – zurecht. Wer sich bei einer leichten Fußspitze im Brustbereich derart dramatisch ins Gesicht fasst, darf durchaus bepöbelt werden. Schlotterbecks Nachahmung war zumindest für mich ein Highlight. Und das Stadion war wieder wach.

Beier scheitert an Nicolas
Entscheidung vertagt, aber nicht aufgehoben.

Sportlich ging es weiter Richtung Gladbacher Tor, allerdings ohne nennenswerten Ertrag. Insgesamt blieb das Spiel dennoch unterhaltsam. In der 73. Minute folgte der nächste Aufreger: Beier wurde im Strafraum von hinten getroffen und kam zu Fall. Schiedsrichter Jablonski ließ weiterspielen, auch nach hitzigen Diskussionen blieb er bei seiner Entscheidung.

Zunehmend glich die zweite Halbzeit der ersten: War Dortmund anfangs noch spielbestimmend, hatte man zehn Minuten vor Schluss nicht mehr den Eindruck, ernsthaft auf das 2:0 zu gehen – im Gegenteil. Erst die Wechsel von Kovac brachten neue Impulse. Mit Campbell, Couto, Sabitzer und Silva kam wieder Schwung ins Offensivspiel, was auch die Defensive spürbar entlastete.

Dass es in der 89. Minute noch nicht 2:0 stand, lag an Beiers Nerven. Völlig allein lief er ab der Mittellinie auf Nicolas zu, nur um ihm den Ball mit einem völlig unplatzierten Abschluss direkt in die Arme zu schießen. Man man man.

Immerhin: Es war der Tag der Grätschen. Auch Nmecha luchste Ranos kurz vor dem Sechzehner mit einer perfekten Paradegrätsche den Ball ab. Genau im richtigen Moment. Szenenapplaus.

Sechs Minuten Nachspielzeit folgten – und Maxi Beier bekam seinen Versöhnungsmoment. Nach dem Katastrophenabschluss in der 89. Minute machte er es in der 95. deutlich besser. Nach völlig uneigennützigem Zuspiel von Silva blieb Beier diesmal cool und vollendete zum 2:0. Der Schlusspunkt. Die Steine, die da von den Herzen fielen, konnte man vermutlich noch aus weiter Entfernung hören.

Ausblick

Nmecha grätscht irgendeinen Gladbacher ab.
Nicht der einzige tieffliegende Borusse an diesem Tag

Licht und Schatten wechselten sich an diesem Abend unter Flutlicht ab. Lange Zeit kontrollierte der BVB das Spiel und setzte mit schönem Kombinationsfußball und schnellen Vorstößen Akzente. Dass man dennoch bis zum Schluss zittern musste, lag auch daran, dass man Gladbach immer wieder ins Spiel zurückholte und aus den eigenen Chancen zu wenig machte. Dass die knappe Führung so lange hielt, lag wiederum an den harmlosen Offensivbemühungen der Gladbacher.

Am Ende stand dennoch ein versöhnlicher Jahresausklang zum Geburtstag.

Happy Birthday, Ballspielverein!

Spielstatistiken können auf den bekannten Sportseiten nachgelesen werden.

Überschriften, die es nicht geworden sind:

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