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BVB verspielt Führung: Undav klaut Dortmund Sieg Happy Herbstkrise!

23.11.2025, 13:25 Uhr von:  Philippa  
Happy Herbstkrise!

Ein 3:3, das sich wie eine Niederlage anfühlt: Der BVB führt zweimal, wankt dann und kassiert in der Nachspielzeit den Ausgleich. Zwischen Kaiserwetter, Proteststille und Undav-Wahnsinn rutscht Dortmund tiefer in die altbekannte Herbstkrise.

Es ist einer dieser Tage, an denen das Wetter Dortmund eigentlich gnädig stimmen müsste: gefühlte minus zehn Grad, aber klarer Himmel und jede Menge Sonnenschein wie aus einem besonders kitschigen Bundesliga-Trailer. Nur dass im Westfalenstadion die ersten zwölf Minuten eine merkwürdige Stille herrschte. Protestpause gegen die geplanten neuen Stadionregelungen. Kein Pfeifen, kein Schreien, kein rhythmisches Trommeln von der Süd. Ein Westfalenstadion im Lautlos-Modus, ein Anblick, der so ungewöhnlich ist, dass selbst die Sonnenstrahlen kurz irritiert gewirkt haben dürften.

Eine seltsam leere Anfangsphase

Protest gegen populistische Forderungen aus der Politik

Der VfB begann mutig, forsch, ja, schon fast dreist. Und beim BVB stellte sich sofort dieses typische mulmige Gefühl ein, das man inzwischen wie einen alten Bekannten begrüßt: Die Defensive funktioniert irgendwie, aber sie zittert dabei so auffällig, dass selbst der optimistischste Fan leise in den Schal beißt.

Ein Lichtblick: Julian Ryerson. Der Norweger rannte die rechte Seite hoch und runter, als hätte ihn jemand heimlich mit Energydrinks vollgepumpt. Mutige Flanken, lange Sprints und beherzte Grätschen: ein bergsteigender Duracell-Hase im Schienenspielerformat. Auf links mühte sich Maximilian Beier ab, die Defensive so gut wie möglich aufrechtzuerhalten.

Doch man merkte relativ früh: Ohne Fans wird das hier nichts. Nach exakt zwölf Minuten, als die Süd endlich losbrüllte (und damit so manch einen wahrscheinlich ordentlich erschreckte), schien plötzlich ein unsichtbarer Schalter umgelegt worden zu sein. Dortmund traute sich in die gegnerische Hälfte, wirkte selbstbewusster und größer. Tja, selbst Zuhause braucht es eben Zuspruch.

Der Elfmeter, über den man streiten darf

Da war die Welt noch in Ordnung: Maxi Beier erzielte das 2:0 für den BVB

Dann kam die Szene, die die Pressetribüne spaltete: Ryerson flankt in den Strafraum, Nico Schlotterbeck, der auch nicht ganz auf der Höhe zu sein schien, und Deniz Undav rauschten zusammen. Schlotterbeck lag am Boden, und es ertönte der Pfiff: Elfmeter. Ob berechtigt oder nicht, die Meinungen gehen auseinander. Kann man mal machen, konkludiert man. Und Schiedsrichter Benjamin Brand macht dann auch.

Emre Can, frisch aus der Verletzungspause zurückgekehrt, trat als Schütze an. Und wenn Dortmund eines kann, dann Elfmeter. Souverän, trocken, ohne Zucken: 1:0 in der 34. Spielminute.

Beiers Spezialgebiet: das Chaos-Tor

Nach dem Elfer erschien Dortmund wacher, Fans und Mannschaft wurden lauter und mutiger. Wenig später folgte der beste Angriff der ersten Halbzeit, der aber im Strafraum wieder in sich zusammenfiel. Der BVB dribbelte, stocherte, fummelte und wurschtelte den Ball irgendwie über die Linie. 

Guirassy versuchte es mit einem Abschluss und setzte so Nübel unter Druck. Maximilian Beier vollendete, wie er es offenbar am liebsten hat: leicht unästhetisch, aber wirkungsvoll. 2:0 in der 41. Spielminute, ein Halbzeit-Zwischenstand, der Sicherheit versprach. Zumindest theoretisch.

Zweite Halbzeit und die alte Leier

Deniz Undav feiert seinen Treffer zum 2:2

Wer gedacht hatte, Dortmund könne eine Führung verwalten, kennt den Verein schlecht. Dieses Thema ist inzwischen so alt wie fragwürdige Auswärtstrikots. Julian Brandt stemmte sich zwar dagegen, suchte das Offensivspiel, verteilte und verzweifelte. Ein wenig wie Sisyphos, dessen Stein in schwarz-gelb gerade besonders schwer geworden ist.

Dann geschah, was immer geschieht: Ballverlust, Überforderung, leichte Orientierungslosigkeit. Emre Can erwischte genau den Moment zwischen Zögern und Zutrauen. Stuttgart fackelte nicht lange und verkürzte. In der 47. Minute legte El Khannouss vor und da war er. Totgesagte leben länger, und das trifft auch auf Deniz Undav zu, der lange wie vom Erdboden verschluckt wirkte, aber im Westfalenstadion zu alter Stärke finden sollte. Was tut man nicht alles, um andere Vereine aufzubauen.

Und weil der VfB schöne Ecken schlägt, folgte in der 71. Minute Undavs zweiter Streich. Mittelstädt schlug die Ecke und Undav war zur rechten Zeit am rechten Ort. 2:2. Bellingham, der sich noch im Strafraum eingefunden hatte, und sein Möglichstes versuchte, stand schon wieder auf der Torlinie und schaute dem Ball beim reinkullern zu. Der „heiße Stuhl“ im Strafraum scheint inzwischen unglücklicherweise sein reservierter Arbeitsplatz zu sein.

Finale furioso

Momentaufnahme: Stuttgart am Boden, Adeyemi dreht jubelnd ab

Zum Ende hin wurde das Spiel nochmal richtig wild. Dortmund hatte das Gas bis zum Karosserieboden durchgedrückt, und wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits im Stuttgarter Strafraum. Und dann kam Karim Adeyemi, frisch eingewechselt und offenbar bewaffnet mit dem Taser aus seiner sagenumwobenen Mysterybox. Denn niemand konnte ihn aufhalten, nicht mal Angelo Stiller, der sich an den agilen Adeyemi klammerte wie Jack an die Tür in Titanic. In der 89. Minute schockte er Stuttgart mit einem flinken Abschluss: 3:2. Eine kurze Schrecksekunde für den VfB, viele verzweifelte Spieler, fast schon Endzeitstimmung.

Nur: Deniz Undav war noch nicht fertig. Führich spielte in der 90.+1 den Ball in den Strafraum und Undav schoss die Dortmunder Herbstgedanken wieder zügig in ihren bekannten Orbit. 3:3. Dortmund kniete, Stuttgart jubelte. Eine selbsterfüllende Prophezeiung, die sich anfühlt wie „Déjà-vu, aber bitte in schmerzhaft“.

Ausblick: Nicht schön

Der Kalender meint es nicht gut. Am 25.11 wartet Villarreal, dann zweimal Leverkusen: einmal in der Liga am 29.11, und dann noch einmal im Pokal am 2.12. Und Leverkusen wirkt seit Anfang November, als hätten sie sich neu erfunden. Es dürfte schwierig werden.

Was soll man sagen?

Happy Herbstkrise, Borussia Dortmund. Man kennt sich ja.

Nico Kovac war nach Abpfiff bedient

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