Vor dem BVB-Spiel in Wolfsburg Ehre, wem Ehre gebührt - Die Verleihung der sg-Awards
Es ist ein Ritual, dass sich jährlich wiederholt. Ab Ende November wird man überall mit Jahresrückblicken und sinnfreien Preisvergaben ins präfestliche Koma gelabert, egal ob im Fernsehen, in fast vergessenen Printmedien oder auf halbseriösen Internetseiten. Moment! Sinnfreie Preisvergaben und halbseriöse Internetseiten? Das sind unsere Stichworte! Hier sind die schwatzgelb.de-Awards des Jahres 2024! Stilecht natürlich in 09 Kategorien und ohne roten Teppich.
Kategorie „Spielgerät des Jahres“
„Ohne mich kein Kick“, mit diesem Motto ging der klassische Fußball als haushoher Favorit in dieser Kategorie an den Start. In Ermangelung anderer Spielgeräte schien die Auszeichnung nur Formsache. Doch dann die große Überraschung: Der Gewinner des sg-Awards in dieser Kategorie war klein, gelb, aus Filz und handelte nach dem Motto „Mit mir kein Kick.“ Der Tennisball eroberte Anfang des Jahres plötzlich viele deutsche Stadien und brachte Funktionäre und Fußballkommentatoren an den Rande des Zusammen- und Spiele an den Rande des Abbruchs. Und auch wenn es nur ein kurzes Gastspiel des Tennisballs war: Es war ein erfolgreiches. Herzliche Glückwunsch an die gelbe Filzkugel!
Kategorie „Choreographie des Jahres“
Hier war ein enges Rennen erwartet worden, doch am Ende konnte es nur einen Gewinner geben: Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des sg-Awards in der Kategorie „Choreographie des Jahres“ an die Polizei NRW!
Natürlich sind Fanchoreographien aufwändig und schön anzusehen, doch bleiben sie meilenweit hinter dem Auftritt der Polizei NRW am Ende des Relegationsspiels Düsseldorf-Bochum zurück. Der letzte Elfmeter des Düsseldorfers Uchino hatte das Fangnetz hinter dem Tor noch nicht berührt, da strömten aus allen Löchern des Stadions Polizisten in einer ausgeklügelten Formation aufs Feld. Hut ab für die Ausarbeitung dieser Choreographie, die irgendwo zwischen olympischer Abschlussfeier und nordkoreanischem Parteitag angesiedelt waren. Dabei legten die ausführenden Polizisten auf dem Feld eiserne Disziplin an den Tag und ließen sich weder von feiernden Bochumern noch von trauernden Düsseldorfern von den vorgegebenen Laufwegen abhalten, sondern rannten diese im Zweifel lieber über den Haufen. Die Überstunden, die bei der Polizei NRW für die Planung dieses monumentalen Events angefallen sind, haben sich absolut gelohnt und werden mit dem sg-Award gewürdigt!
Kategorie „Eigentor des Jahres“
Muhammad Al-Kaabi ist wohl nur den wenigsten ein Begriff, darf sich ab heute aber sg-Award-Träger in der Kategorie „Eigentor des Jahres“ nennen.
Al-Kaabi ist katarischer Journalist und gegenüber seinem Land ungefähr so kritisch wie Alfred Draxler gegenüber Investoren. Also, um es mit der Springerpresse zu sagen: „IRRE AUSZEICHNUNG FÜR WÜSTEN-DRAXLER!“ Auf jeden Fall hat Al-Kaabi sich im Sommer in der katarischen Sonne wohl ziemlich gelangweilt und sich deshalb die EM in Europa reingezogen. Dies begleitete er bei Twitter mit hämischen Kommentaren über die angeblich so schlecht organisierte EM. Die Regenflut von Dortmund nutzte er für ein paar Lachsmileys, nur um allerdings kurz danach von einem Twitteruser, wie man bei Twitter sagen würde, amtlich „eingesargt“ zu werden.
„Regen fällt vom Dach in Deutschland, Arbeiter fallen vom Dach in Katar. Welches Problem ist dir lieber?“ Über 80.000 Likes für diese Antwort ließen dann Al-Kaabi schnell wieder in Deckung gehen. Für die Verleihung dieses Awards holen wir ihn noch einmal hervor, aber dann ist es auch nicht schlimm, wenn wir nie mehr was von ihm hören.
Kategorie „Comeback des Jahres“
„Hello again“ sagten in diesem Jahr nicht nur Stefan Raab und Finalniederlagen in Wembley, nein, auch eine totgeglaubte alte Bekannte hüpft kurz vor dem Ende des Jahres wieder aus dem Sarg und räumt den sg-Award für das Comeback des Jahres ab: Die (Unify-League formerly known as) Super-League!
2021 mit großem Tamtam von der UEFA (natürlich aus ganz edlen Motiven) abgeräumt, übernimmt man jetzt den nächsten Versuch (natürlich aus ganz edlen Motiven). "Priorität haben dabei das Fanerlebnis, ein kostengünstiger Zugang zu den Spielen, die Gesundheit der Spieler und die Attraktivität des Wettbewerbs." so der CEO des ganzen Bums Bernd Reichart und wer diesen Satz ohne Lachanfall rausbekommt, ist ein Fall für die Neurochirurgie oder, in diesem Fall, für die sg-Awards. Herzlichen Glückwunsch, Super League!
Kategorie „Imitat des Jahres“
„Nachahmung ist die höchste Form der Anerkennung“ wusste schon der wilde Oskar. Und damit es hier so langsam mal schwarzgelb wird, geht der sg-Award in der Kategorie „Imitat des Jahres“ an den DFB und die damit verbundene höchste Form der Anerkennung an den BVB!
Als der Sponsoring-Deal mit Rheinmetall verkündet wurde, griff die Kommunikationsabteilung des BVB auf das altbewährte TTV-Prinzip zurück: Täuschen, Tarnen, Verpissen. Man täuschte eine angebliche Beteiligung der Fans vor, tarnte die monetäre Absicht des Deals hinter markigen Worten zu Frieden und Freiheit und verpisste sich anschließend nach Wembley zum Finale.
„Vom BVB lernen, heißt siegen lernen!“ dachte sich da wohl der DFB und übernahm das TTV-Prinzip quasi wortgleich für das Durchwinken der WM in Saudi-Arabien. Offenbar war dem Verband zuvor nicht aufgefallen, dass die Kommunikationsabteilung des BVB in schöner Regelmäßigkeit die dürftigen Vorstellungen der Profimannschaft unterbietet und so holte man sich für dieses Bullshit Bingo-Statement die verdienten Prügel in der Medienwelt und bei uns den sg-Award ab! Herzlichen Glückwunsch!
Kategorie „Bildungsförderer des Jahres“
Deutsche Schulkinder werden immer dümmer, erzählt uns die Pisa-Studie alle Jahre wieder aufs Neue. Doch jetzt macht sich eine mächtige Institution auf, um den Lehrkörpern dieses Landes unter die Arme zu greifen und den Nachwuchs in Mathe wieder auf die Reihe zu bekommen! Dafür geht der sg-Award an die UEFA! Diese hat zur letzten Saison die Qualifikation zur Champions League überarbeitet und plötzlich mussten Millionen Minderjährige in diesem Land Gleichungen gleichen, Integrale integrieren und Matrizen matrizieren, um zu schauen, ob ihr Lieblingsverein auf Platz 11 der Bundesliga noch Chancen auf eine Champions League-Teilnahme hatten. Gut, die ganz Schlauen folgten einfach Chaled Nahar bei Twitter und ließen diesen für sich rechnen, aber alle anderen werden zukünftig unaufhaltsam durch den Mathe-LK marschieren. Danke UEFA!
Kategorie „Vereinsführung des Jahres“
Dieser Award kann nur einen Sieger haben: Der Verein, neben dem die Blauen wie ein hochseriös geführtes Wirtschaftsunternehmen aussehen. Der Verein, der seit Jahren 50 % des reviersport.de-Contents liefert. Der Verein, dessen Trainer Raviolidosen mit einer Scheibe Toastbrot öffnet. Und damit Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des sg-Awards an den KFC Uerdingen.
Allein schon eine reine Aufzählung der Vorkommnisse der letzten Jahre würde hier den Rahmen sprengen. Die folgende Anekdote ist da noch eine der harmloseren: Zwei Tage vor dem Auswärtsspiel in Wuppertal entließ man die langjährige Mannschaftsbetreuerin, die sich immer um den Spielberichtsbogen gekümmert hatte. In Wuppertal stellte man dann fest, dass sonst keiner Ahnung von der Thematik hatte. Prompt vergaß man einen Spieler auf dem Spielberichtsbogen und verlor die drei Punkte vom 2:1-Auswärtssieg.
Ansonsten bietet der KFC Uerdingen alles, was das Intrigantenherz begehrt:
Verschwundene Einnahmen, öffentliche Schlammschlachten innerhalb des Vorstands, ein erster Vorsitzender in U-Haft, en drohender Rausschmiss aus dem eigenen Stadion…so viel Popcorn konnte man gar nicht in sich hineinstopfen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass irgendwann Hollywood den KFC Uerdingen für sich entdeckt und die vergangenen Jahre in ein filmisches Denkmal gießt. Mit Veronika Ferres als russischer Investor und Ralf Möller als Grotifant.
Kategorie „Malocher des Jahres“
Klar, wir sind alle Malocherinnen und Malocher. Keiner ruppt so viel weg, wie wir. Keiner? Ein unscheinbares Konstrukt aus Aluminium hat uns in diesem Frühjahr beschämt auf unsere eigene Leistungsbilanz schauen lassen: Das Dortmunder Tor. Unbeschreiblich sechsmal in 180 Minuten gegen Paris haute sich dieses Teufelsviereck in den Ball und verhinderte einen Pariser Treffer. Innenpfosten, Latte, immer bekam das Tor noch ein aluminisches Körperteil an den Ball und hatte so erheblichen Anteil am Finaleinzug. Zum Vergleich: Das Dortmunder Tor verhinderte in 180 Minuten sechsmal ein Tor, Markus Söder schaffte es im gesamten Jahr 2022 zu 5 Landtagssitzungen in München. Und da das Tor auch noch darauf verzichtet, sein Essen zu fotografieren, geht der sg-Award hochverdient an das Dortmunder Tor!
Kategorie „Topspiel des Jahres“
Es war ein Jahr mit vielen Höhepunkten. Aus schwarzgelber Sicht die Auftritte im CL-Viertelfinale zuhause gegen Atletico, die Halbfinals und das Finale, aus neutraler Sicht die EM und auch der blaue Überlebenskampf in der zweiten Liga sorgt in schöner Regelmäßigkeit für Heiterkeit.
Doch der sg-Award für das „Topspiel des Jahres“ kann nur in die Autostadt gehen. Im DFB-Pokal-Achtelfinale setzten sich die VW-Sprößling in einem packenden Spiel gegen Hopps Jünger durch. Zu keinem Zeitpunkt hatten die Zuschauer ihr Kommen in der restlos ausverkauften pickepackevollen gut gefüllten halbvollen spärlich gefüllten Arena bereut. Besonders beeindruckend: der bestens aufgelegte Auswärtsmob aus Hoffenheim, der mit wahnwitzigen 200 Auswärtsfahrern jederzeit der Heimkurve Paroli bieten konnte. Unbestätigten Gerüchten zufolge war der Auswärtsmob damit immerhin noch ungefähr 200 Leute größer als die Zuschaueranzahl dieses Spiels bei Sky.
Braucht echt keiner und bekommt damit den sg-Award!
Apropos Wolfsburg: Irgendwas sollte dieser Text doch mit Wolfsburg zu tun haben. Egal, ich komm nicht drauf.