Unsa Senf

Hummels verlässt den BVB Den Legendenstatus verspielt

16.06.2024, 14:09 Uhr von:  Caroline
Hummels steht auf dem Platz, streckt die Hände leicht nach Außen und wirkt irritiert

Mats Hummels hatte das Zeug zur absoluten Vereinslegende. Er hat es verspielt.

Nicht zum ersten Mal hängt Mats Hummels das schwarzgelbe Trikot an den Nagel. Sein zweiter Abschied nach 2016 dürfte jedoch für den mittlerweile 35-Jährigen sein letzter als Spieler sein.

Zahlen für die Ewigkeit

Niemand, der Hummels' Zeit im schwarzgelben Trikot verfolgt hat, wird ihm seine sportlichen Verdienste absprechen. Die Zahlen sprechen für sich: 13 Jahre und 508 Spiele für den BVB, 38 Tore, 23 Vorlagen, zwei deutsche Meisterschaften, zwei Pokalsiege und immerhin zwei Mal Champions-League-Finale. Nur Michael Zorc lief öfter – insgesamt 572 Mal um genau zu sein – für die Borussia auf. Eine überragende Statistik, keine Frage. Und dennoch bleibt bei dieser Personalie ein fader Beigeschmack.

"Der Kapitän geht von Bord"

2016 trennten sich zum ersten Mal die Wege von Mats Hummels und Borussia Dortmund auf unrühmliche Weise.

Banner von The Unity: "Der Kapitän geht als Erster von Bord, am besten sofort!"
Banner von THE UNITY nach Bekanntwerden von Hummels' Wechsel zu den Bayern

2014 war er noch in die Fußstapfen von Sebastian Kehl als Kapitän getreten – eine sinnvolle und richtige Entscheidung, wie ich damals fand. Ich wurde eines Besseren belehrt, als Hummels' Wechselwunsch zum größten nationalen Konkurrenten Bayern München via Ad-hoc-Mitteilung – oder auch Zitat Hummels: "Drecksmitteilung" – publik wurde. Nicht nur sein Status als Kapitän, auch kritische Aussagen Richtung Ex-Kollege Mario Götze, der drei Jahre zuvor den gleichen Weg gewählt hatte, flogen ihm fortan zurecht um die Ohren.

Ich glaube einfach, dass es sportlich wenig bis keine Gründe gibt oder gab, uns zu verlassen. Man konnte sehen, wie sich unser Team entwickelt hat, und Mario hat sich mit vielen super verstanden. Deshalb hat es mich auch so geärgert, dass er der Meinung war, so früh weggehen zu müssen.


Hummels zum Götze-Wechsel, 2013

Hummels, der eigentlich viele Sympathien in Dortmund genoss, verspielte in kürzester Zeit jegliche Glaubwürdigkeit.

Es kommt nicht darauf an, was man alles gewonnen hat, sondern wie und wo man es gewonnen hat.


Hummels während seiner ersten "Amtszeit" als BVB-Spieler

Die Quittung gab's bei den Heimspielen: Pfiffe gegen den eigenen Noch-Kapitän.

Die Entscheidung, zu den Bayern zu gehen, spaltete die BVB-Fans in jene, die ihm dennoch zugutehielten, Großes für den Verein geleistet zu haben, und jene, für die der Wechsel als eine Art Verrat galt. Auch wenn die Pfiffe nicht von allen 80.000 mitgetragen wurden, so waren sie jedoch auf allen Tribünen deutlich zu vernehmen und kamen – entgegen einer Behauptung des betroffenen Spielers – nicht von "nur 300, die mich schon vorher nicht unbedingt geliebt haben". Sowohl sein Name bei der Mannschaftsaufstellung als auch jeder einzelne Ballkontakt wurden mit einem entsprechenden Konzert begleitet.

Egotrip als krönender Abschluss

Wie nach seinem Weggang waren die schwarzgelben Anhänger auch nach Hummels' Rückkehr gespalten. Pfiffe gab es zwar keine, aber das lag vielleicht auch einfach an dem ermüdenden Fußballbusiness, das emotionale Bindung zunehmend vermissen lässt. Ändern konnte man das Ganze eh nicht mehr. Immerhin kehrte Hummels im Gegensatz zu einigen Kollegen (Şahin, Kagawa, Götze, Sancho) nicht als Gescheiterter zurück, sondern konnte über fünf weitere Jahre als sportliche Stütze in der BVB-Defensive gelten. Seine Leistungen auf dem Platz führten sogar dazu, dass manch Kritiker ansinnte, ihm den "Fehltritt Bayern" zu verzeihen. Gerade der Höhepunkt mit Hummels' Kopfballtor gegen Paris, das den Einzug ins Champions-League-Finale 2024 sicherte, machte noch mal ungeahnte Emotionen frei. Aber wer hoch fliegt, kann auch tief fallen und so folgte just der Schlag in die Magengrube mit einem unruhefördernden Interview vor dem größten Spiel der Vereinsgeschichte seit 11 Jahren: unwürdig und respektlos. Mats Hummels ist nicht naiv, er ist berechnend. Er wusste genau, was seine Worte (die laut Kicker vom BVB vor der Freigabe entschärft wurden – anscheinend nicht genug) bewirken würden.

Hummels und Terzić geben sich nach einem Spiel die Hand und schauen sich wenig erfreut an
Eiszeit zwischen Spieler und Trainer

Es geht nicht um die Kritik an sich. Die Spielweise unter der Leitung von Edin Terzić war vielen (den meisten/allen?) Fans ein Dorn im Auge. Es ist legitim – auch als Spieler, seine Meinung intern dazu zu äußern. Wer dies jedoch öffentlich tut – noch dazu zu diesem Zeitpunkt, stellt sein eigenes Ego über das Wohl des Vereins. Wer Medienberichten zufolge zudem nur seinen Vertrag in Verbindung mit einem Trainer-Wechsel verlängern möchte, hat in diesem Verein nichts mehr verloren – unabhängig von den Entwicklungen auf der Trainerbank. Nicht der Spieler entscheidet über den Trainer, der Trainer entscheidet, wer auf dem Platz steht.

Hummels selbst inszeniert sich derweil in den sozialen Netzwerken voller vermeintlicher "Echter Liebe" und schreibt gleichzeitig in seiner selbsternannten "Liebeserklärung" auf Instagram:

Tut mir bitte den Gefallen und glaubt nicht alles, was die letzten Tage so zu lesen war.


Hummels via Instagram

Dass er das Interview so – in ursprünglich noch schärferer Fassung – bewusst gab und dieses nicht einfach der Fantasie eines gelangweilten Sportredakteurs entsprang, scheint er dabei jedoch gekonnt auszublenden und sich keiner Verantwortung bewusst zu sein, was die Tragweite seiner Worte angeht. Was genau man nun nicht glauben darf, ließ er zudem komplett offen. Er hatte in den vergangenen drei Wochen genug Zeit, um Berichte rund um seine Person geradezurücken. Dass das nicht geschah, lag wohl kaum an mangelnder Mitteilsamkeit des ansonsten Wort gewandten Innenverteidigers. Viel mehr dürfte hier die berechnende Art des ehemaligen Nationalspielers, den man mit 17 Jahren im Profibereich durchaus als medienerfahren bezeichnen kann, eine tragende Rolle gespielt haben. Hummels wusste sehr wohl, wem er unter welchen Umständen welche Ansichten anvertraute und wem diese Aussagen maßgeblich schaden würden.

So ist es nur folgerichtig, dass sich die Wege von Mats Hummels und Borussia Dortmund ein zweites Mal trennen. Die Aussage zu den "unzähligen tollen Trainern" aus seinem Abschiedsstatement wirkt wie blanker Hohn.

Respekt! Zwei Mal den Verein zu verlassen und beide Male verbrannte Erde zu hinterlassen, muss man auch erst einmal schaffen. So wird man halt trotz sportlicher Leistungen und herausragenden Statistiken keine Legende.

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