DFL Investor - Teil 2 Rote Linien
Es gab eine Informationsveranstaltung zum zweiten Versuch für den geplanten Investoren-Einstieg in die DFL Media Co. mit Abstimmungstermin am 11.12.2023. Eine persönliche Einschätzung.
Eine rote Linie, sie zu knechten. Sie alle zu finden.
In Medien zu treiben und ewig zu binden.
Naja, erstmal für 20 Jahre.
Die Voraussetzungen
Als Veranstalter und für die Moderation waren Alex Skroblin aus dem Vorstand der Fanabteilung und Benedict Killing als Mitglied der AG Fankultur dabei. Auf dem Podium saßen vom BVB Carsten Cramer und Hans-Joachim Watzke sowie Dr. Marc Lenz von der DFL. Beginn der Veranstaltung war um 20:00 Uhr und angesetzt waren 90 Minuten.
Soft Skills
Die Podiumsdiskussion vom Mai 2023 habe ich mir mehrfach angehört, die “Lass-den-Papa-mal-machen”-Attitüde war damals katastrophal, aber immerhin… authentisch.
Meiner Einschätzung nach hat Dr. Marc Lenz, DFL Geschäftsführer und ehemals McKinsey, zumindest Ausschnitte dieser Veranstaltung gesehen oder Texte dazu gelesen: Die deutlich andere Herangehensweise war zu nachdrücklich. Nahezu jede Frage wurde gelobt und sich für extrem viele auch erstmal bedankt. Ja, so ein kompletter Strategiewechsel sollte eigentlich ein gutes Zeichen sein… (Spoiler: Nicht unbedingt.) Insofern: Die Auswahl des neuen Geschäftsführers war clever, DFL.
Auch Hans-Joachim Watzke zeigte sich offensichtlich bemühter, eine Verbindung herzustellen. Die Intention uns zu vermitteln, Fans und ihre Bedenken würden ernst genommen, war spürbar.
Das Problem mit den Soft Skills
Das Problem ist einerseits dieses dreitägige Kommunikations-Seminar, auch zum Thema "Rapport", das mein komplettes Team belegt hat, um mit - nennen wir es - anspruchsvollen Kund:innen und Kolleg:innen besser umgehen zu können. Schon während der Veranstaltung selbst stellte sich die Frage "Was ist denn, wenn mein Gegenüber das gleiche Seminar gebucht hat? Dann nimmt man mir das doch nicht mehr ab…" Und in der Folge entwickelte sich irgendwann der Ausspruch "Seminar mich nicht, ey!", wenn Kolleg:innen versuchten, die Tricks aus diesen drei Tagen bei anderen Teilnehmer:innen anzuwenden.
Also ja, gut aufgepasst und vieles umgesetzt, aber ich bin leider misstrauisch und wenn dann eine Beziehung hergestellt werden soll, indem (und nur als eine Feinheit) die Südkurve von Köln-Müngersdorf mit "auf der Süd" und nicht "in der Süd" erwähnt wird… Natürlich fehlten auch Verweise auf die schlechten Zeiten und dass "wir alle das gleiche Ziel haben" nicht. Dann bleibt es halt bei einem ganz reizenden, bemerkenswerten Versuch uns zu seminaren, aber mehr auch nicht.
Und andererseits – ratet mal! – auch ich habe Jude Bellingham an der Eckfahne gesehen. Ich weiß, wie cleveres Zeitspiel aussieht, wenn das Spiel 90 Minuten dauert.
Da helfen auch ein Haufen Buzzwords nicht wie
- "Sehr, sehr klare rote Linien" - ein Trinkspiel wäre verhängnisvoll gewesen
- "Unverhandelbare Eckpunkte"
- "Partner" (anstelle von Investor)
- "Partnerschaftsmodell" (anstelle von Investorenmodell) - auch hier war es ein Glück, dass Getränke nur draußen gereicht wurden
- "Know-How"
- "Kontakte"
- "VERTRAUEN"
Ich möchte dennoch deutlich machen: Ich habe diesen Aufwand - außerhalb von Zeit und Reisen - wahrgenommen. Meine wirklich aufrichtige Wertschätzung dafür.
Zwischenfazit
Ich muss sagen, die Kommunikation im Mai fand ich etwas sympathischer, weil ich nicht skeptisch sein musste, wie echt sie war. Auch wenn ich es bevorzuge und es durchaus zu schätzen weiß, wenn man sich zumindest anstrengt, mich zu verarschen. Aber das ist persönliche Präferenz, der Auftritt vom 23. November könnte jedenfalls deutlich mehr Menschen abgeholt haben.
Harder Facts
In der Pressekonferenz vom 24.05.2023 hieß es noch wörtlich:
Von daher ist dann die Ableitung für uns in der Konsequenz – unabhängig davon, dass es eine klare Mehrheit war – ist für uns klar, dass der Prozess mit dem heutigen Tage zu Ende ist. Manchmal ist das Leben auch einfach. Das ist Demokratie.
Six month later...
"Wir haben da eine tolle Idee!" Ja, äh… Was habe ich denn an "zu Ende" falsch verstanden oder müssen wir die Bedeutung mal zusammen googlen? Wie auch immer.
Es wurde also wieder ein Investoren-Modell, auch wenn man im Mai noch Alternativen prüfen wollte. Aber da gab es ja zwischenzeitlich den Personalwechsel in der Geschäftsführung von den Interims-Geschäftsführern Hellmann und Leki zu Dr. Marc Lenz und Dr. Steffen Merkel und dann wurde der Prozess wieder aufgenommen. Nun. Bei Personalwechseln geht schon mal was unter, da läuft die Übergabe nicht immer so reibungslos… Und falls jetzt doch noch einer die Notiz
"Hi Marc, hi Steffen,
zur Info: Investoren-Deal ist gescheitert, der Prozess ist zu Ende.
Guten Start Euch,
Axel & Oliver"
findet, landet die halt im Mülleimer.
Dr. Lenz wies darauf hin, dass bereits kurze Zeit (zehn Tage) nachdem eine Abstimmung zum Investoren-Prozess angesetzt wurde, ein umfassendes Q&A online gegangen sei. Also wieder (!) angesetzt – nämlich sechs Monate nach dem Scheitern der ersten, die offenbar ein Jahr vorbereitet wurde – interessante Definition von "kurze Zeit". Aber er war ja damals noch nicht dabei und vielleicht sollte ich mich ohnehin nicht wundern, ich habe ja schon "zu Ende" nicht korrekt verstanden…
Später kam zur Sprache, dass die Arbeitsgruppe sich anderthalb Jahre intensiv befasst und umfangreich geprüft hat: Keine andere zukunftsfähige Alternative wurde gefunden. Wow, ich schwanke zwischen "Himmel, was macht ihr denn beruflich?" und "Ja, dann gibt es auch ganz bestimmt keine."
Das Problem mit den harder Facts
Es ist halt nur die Kinder-Portion, der Seniorenteller zum Mai-Investoren-Deal. Es hat sich kaum etwas geändert, außerhalb des Ausmaßes und des Wordings.
Die ausgeschlossenen Alternativen wie Fremdfinanzierung (Medienrechte als Sicherheit) und Binnenfinanzierung (Abgaben gibt es bereits, könnten erhöht werden, würden jedoch Wachstumspotenziale blockieren) kommen nämlich ruckzuck zum Tragen, wenn man selbst oder der Investor vor Ablauf der veranschlagten 20 Jahre aus dem Deal aussteigen muss/will.
Die Beispiele La Liga (mit einer Laufzeit von 50 Jahren) und Ligue Un (unendlich) wurden selbst gegeben, man macht es zwar etwas anders und folgt doch nur dem allgemeinen Trend.
Die Binnenfinanzierung greift wohl übrigens auch, wenn das Budget vor Umsetzung aller Vorhaben aufgebraucht ist.
Da auch in diesem Termin wieder suggeriert wurde, dass die Verhandlungen noch ausstehen, kann ich euch allerdings etwas Resthoffnung machen: Meine Freundin, die auch dabei war – hier, die die sich richtig gut auskennt und mir im Mai beim Erklärungsversuch geholfen hat – meinte, mit all den roten Linien und unverhandelbaren Eckpunkten stünden die Chancen gar nicht so schlecht, dass potentielle Investoren, auch wenn im Moment Geld genug vorhanden wäre, schallend lachen und die Verhandlungen abbrechen würden.
Hoffentlich liegt ein Plan B in der Schublade und jemand erinnert sich, in welcher.
Mein Fazit
Was ich ihnen in jedem Fall gebe, ist eine schwierige Situation. Das ist schon echt nicht besonders lustig, wenn deine Kunden zum Teil auch deine partizipierenden Mitglieder sind und gleichzeitig ein extrem großer Teil des Produkts, das du vermarkten willst.
Das ist bald komplizierter als Verwandtschaftsverhältnisse auf Island.
Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Investor it is.
Ob sie nun unfähig sind eine Alternative zu finden, zu erkennen oder ob sie nicht wollen? Es spielt keine Rolle, sie haben an diese Idee ihr Herz verloren und gegen Emotionen ist man halt machtlos. Selbst wenn auch die Dezember-Abstimmung wieder scheitern sollte - und die Chancen sind nicht ganz gering - rechne ich in sechs Monaten mit einem weiteren Anlauf. "Wir haben da eine tolle, zukunftsfähige Idee!"
Wo die Liebe hinfällt… Und manchmal legt sie sich halt richtig auf die Fresse.
Was mich allerdings nach wie vor nervt, ist, dass die Potentiale dieser Situation offenbar nicht gesehen und nicht genutzt werden. Out-of-the-box scheint gänzlich unbekannt: Diese Basis ginge einige unkonventionelle Wege mit, außerhalb dieser Business-Beton-Bahnen! Sie ist solide, bietet eine enorme Planungssicherheit im Vergleich zu anderen „Freizeitbranchen“, dazu generiert sie selbst Nachwuchs - auch wenn ab und an eine Generation übersprungen wird. Sie besteht über die Ligen hinweg und legt selbst alles daran, die Attraktivität für immer mehr Menschen zu entwickeln und zu erhalten.
Was hätte da in anderthalb Jahren entstehen können?
Sehr, sehr schade.