Süle klärt für den BVB gegen Paris Saint Germain Ode an die Grätsche
In Zeiten von Bling-Bling sind Grätschen als Relikt aus grauer Fußballvorzeit mittlerweile verpönt. Dabei zeigte Niklas Süle gegen PSG wie wunderschöne diese Aktion sein kann
Todesgruppe klingt hässlich. Nach Blut, Leiden und Schmerzen. Dass eine Todesgruppe auch wunderschöne und malerische Momente haben kann, bewies Niklas Süle im Heimspiel gegen Paris Saint Germain. Mag sich das katarische Sportwashingprojekt auf die Fahne geschrieben haben, die Welt mit tollem Fußball für sich einzunehmen, zeigte Süle, dass die wahre Schönheit dieses Sports in den kleinen Aktionen liegt.
Niklas Süle hat
einen, das darf man auch ohne Bodyshaming zu betreiben so sagen, für
einen Profifußballer eher ungewöhnlich massigen Körper. Und ja, es
gibt das ein oder andere Foto, das vermuten lässt, dass es sich
dabei nicht immer nur um pure Muskelmasse handelt. So wirkte es in
der 18. Spielminute, als Süle sich bei einem Pariser Pass in die
Tiefe verschätzte und daraufhin den Rückwärtsgang einlegen musste,
als ob der Kapitän eines Tankschiffs „volle Fahrt zurück“
befohlen hätte. Dass er nach diesem etwas schwergängigen
Wendemanöver den entlaufenen Mbáppe nicht mehr einholen konnte, ist
allerdings keine Schande. Süle ist für seine Größe gar nicht so
langsam, aber der französische Superstar ist schon vielen Gegnern
davongelaufen.
Während Mbáppe
also Gregor Kobel umkurvte und den Ball halbhoch ins leere Tor
schoss, nahm Süle den direkten Weg Richtung Grundlinie. Und während
der Ball flog und flog, hörte man irgendwo ganz leise Major Tom
singen:
Dann hebt er ab und
völlig losgelöst
von der Erde grätscht der Sühüüle,
völlig schwerelos.
Und das tat er.
Parallel zum Ball schwebte er waagerecht Richtung Torlinie und dann,
wenn man die Situation wie im Kölner Keller „frame by frame“
auflöst, kann man es ernsthaft und wahrhaftig sehen, stoppte er für
einen Sekundenbruchteil in der Luft, schaute Mbáppe an und zwinkerte
ihm einmal kurz zu. Danach beschloss er weiterzufliegen, streckte das
Bein in die Höhe und lenkte das Spielgerät am Tor vorbei.
Monstergrätsche!
Hätte Leonardo da
Vinci dieses Spiel gesehen, er hätte die olle Mona vom Schemel
geschubst und nur noch diese Aktion in Öl verewigen wollen. Albert
Einstein hätte die Arbeit an der speziellen Relativitätstheorie
aufgegeben und nur noch die Physik dieser wunderbaren Flugbahn
studieren wollen. Ein Donald Trump hätte es gesehen und freimütig
eingestanden, dass er es nicht hätte besser machen können.
Mit dieser Grätsche
katapultiert sich Süle, dessen Zeit bei Borussia Dortmund bislang
eher unglücklich verlaufen ist, hoch in den Vereinsolymp und darf
gleichberechtigt neben Jürgen Kohler, Neven Subotic und Sven Bender
in der Hall of Fame pornöser Rettungstaten seinen Platz einnehmen.
Vergesst mir
Hackentricks und Fallrückzieher und gebt mir mehr, mehr und immer
mehr dieser Grätschen, bei denen die Spieler gegen jede
Wahrscheinlichkeit das Unmögliche möglich machen. Sie sind Ausdruck
puren Willens und die Essenz all der Schönheit dieses Sports.
Flieg weiter,
Niklas!