Unsa Senf

Stimmen zur Podiumsdiskussion DFL-Investoren Beunruhigend beruhigend

15.05.2023, 14:09 Uhr von:  Nina T. Sascha DocKay janniksch
70x100 Plakat aufgenommen auf der Tribüne; gehalten von zwei Personen; Text (schwarz auf gelbem Grund): "Geld allein macht nicht glücklich!!!"

Mit einer Woche Verspätung, "Aber besser spät als nie." wie Onkel Aki sagte, ein Kommentar und Stimmen zum Termin mit Hans-Joachim Watzke und Axel Hellmann vom 08.05.2023.

Das Video zur Podiumsdiskussion kam am Freitag raus und da ich am Montag nicht dabei war, hat es mich sehr gefreut, das so nachholen zu können. Und ich kann es auch nur jedem empfehlen, sich das zumindest anzuhören, diese zwei Stunden lohnen sich.

Eines vorab: Es macht den Eindruck, dass es für Fußballfunktionäre ein absolut schwieriger Spagat ist, mit Fans zu sprechen. Wir scheinen für sie eine eigenartige Kombination aus Kindern, Kunden und “Bossen” zu sein. Es gab einige Beispiele, die mich irritiert haben, aber diese sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. “Onkel Axel und Onkel Aki” wiederholten immer wieder, Ängste und Anliegen würden ernst genommen, ohne zu bemerken, dass man das zwar tausende Male sagen kann, aber es am Ende des Tages zeigen muss. Der Abend wäre die Gelegenheit gewesen, das zu tun, allerdings ist das wenig überzeugend, wenn man den Eindruck hinterlässt, einen Pflichttermin wahrzunehmen. Ich glaube nicht mal, dass es ihre Absicht war, trotzdem wirkten Onkel Axel und Onkel Aki als wären sie bei unserer Kindergarten-Theater-Aufführung im Publikum. Onkel Axel wollte seine weite Anreise gewürdigt sehen, Onkel Aki wünschte sich Achtung für sein Opfer “so oft bei Janni in der Bude gehockt” zu haben, während “Katzen über ihn spazierten” - als hätte er sich in unser Baumhaus quetschen müssen.

Vielleicht hätte es geholfen, sich vorzustellen, dass auch dies ein Termin mit Investor:innen ist? Wir investieren nicht jede:r Millionen Euro an einem Stichtag, aber Tausende über unser Fan-Leben und dazu Millionen Liter Herzblut, Millionen Minuten Lebenszeit! Wir machen das alles freiwillig, aber zumindest Respekt steht uns dafür zu.

Es sollte mich nicht wundern, aber das tut es leider doch: Wie sehr auch an diesem Abend wieder Fans unterschätzt wurden… Einerseits müsste doch langsam mal klar sein, dass wir nicht nur an Spieltagen unter unseren Steinen hervor krabbeln, uns kurz mit dem Hammer kämmen und ins Stadion gehen und andererseits selbst wenn: Es sollte ebenfalls mittlerweile bekannt sein, zu welchem Aufwand wir bereit sind für den Verein und den Sport, den wir so lieben. Notfalls fuchsen wir uns eben auch in drecksdröge Themen! Dass also der erste Ansatz war, "unser Aua weg zu pusten", macht es im Nachhinein schwer, das gewünschte Vertrauen aufzubringen.

Nichts Genaues weiß man nicht, so hat man es uns zumindest verkauft. Jegliche Kritik mit "Das steht noch nicht fest." und "So weit sind wir noch nicht." abzuwehren ist letztlich ein Zeichen von Intransparenz, dabei wurde uns doch maximale Transparenz versprochen. Entweder man hat die Kritikpunkte wirklich intern nicht diskutiert, dann ist man naiv oder sie wurden diskutiert und man will sie nicht teilen. Dann ist es intransparent.


Jannik

Man wird das ungute Gefühl nicht los! Irgendwie stelle ich mir das jetzt so vor, dass man da mal vor einer Weile beisammen gesessen hat und überlegt hat, wie man an Geld kommen könnte… Durch Corona hat man ja so viel davon verloren. Und irgendwer hatte mal was von Private Equity und deren Risikobereitschaft gehört und dann bekam die PE-Lösung den Zuschlag, wie Rudi Völler zum Retter der Nationalmannschaft wurde: “Das isses doch.”

Und ja, liebe Onkel, zu eurer Information: Ihr habt auf jede Frage etwas gesagt, aber - Sender-Nachricht-Empfänger-Prinzip - ob das Gesagte tatsächlich eine Antwort auf die Frage war, entscheidet dann doch der Empfänger. Es ist ja verständlich, dass man sich in Verhandlungen nicht in die Karten schauen lassen möchte, aber…

Interessant fand ich, dass Herr Hellmann in zwei Punkten im "Kleingedruckten" zurück gerudert ist. Auf die erste Aussage, dass man bei der Verwendung der Gelder aus Säule 2 nachprüfen würde, dass sie für Investitionen verwendet werden, folgte am Ende, dass man aber auch kein Bürokratiemonster erschaffen wolle und könne. Es klang schon danach, als würde man zwar hingucken, aber nicht allzu genau.


Sascha

Vielleicht schweigen Vereine trotz ihres angeblich unterschiedlichen Kenntnisstands auch deshalb? Weil jeder seine eigene Suppe kocht und alle zocken, dass das Ergebnis zu ihrem Vorteil ausfällt. Ich kann mir anders nicht erklären, warum nicht auch ordentlich wirtschaftende Vereine auf den Barrikaden sind! Für die besteht ja durchaus die Möglichkeit, dass ihnen demnächst der Anteil von 12,5% in ihrer Kalkulation fehlt. Auch denen dürfte es doch gar nicht passen, in ein paar Tagen relativ uninformiert eine grundlegende Entscheidung treffen zu müssen. Ehrlich gesagt, ich hätte da eine “Allianz für Transparenz” begrüßt - so eine schlechte Gesellschaft sind wir nicht.

Zudem musste er auf Nachfrage zugestehen, dass die Darstellung, dass Investoren keinerlei Einfluss nehmen könnten, nicht voll zutreffend ist und Anteilseigner schon aufgrund der Rechte als Gesellschafter zumindest Entscheidungen blockieren können.


Sascha

Natürlich kann man den Posten nicht anteilig besetzen, eine Person ist eine Person. Aber eine Geschäftsführung von beispielsweise fünf Mitgliedern - das ist ja alles noch nicht sicher - wäre auch mit nur einem Vertreter der “Investoren mit Expertise” bei einem Anteil von 20%, und nicht 12,5%! Bei zwei von fünf wären es dann bereits 40%. Dafür braucht es kein Mathematikstudium. Das ist übrigens, was die Fans meinen! Das ist dieses Überproportionale. Das verursacht Unsicherheit und Misstrauen.

Ja, Onkel Axel ist Jurist und Onkel Aki ist Geschäftsmann - hui. Aber, Männer, ich kann auch Muffins backen - meist gar nicht mal schlecht - deswegen bin ich aber weder Bäckerin, noch Konditorin und schon gar nicht im großindustriellen Bereich. Ich glaube ihnen ja noch, dass sie alles nach bestem Wissen und Gewissen organisieren möchten… Ich habe nur gewaltige Zweifel, dass sie es können.

Bestimmte Problematiken wurden immer noch nicht transparent gemacht und oft versuchte man sich mit fremden Federn zu schmücken, gerade was die Errungenschaften der Fanszene anging. Von der Demut, die man in Zeiten von Corona so beschwor war nicht mehr viel zu spüren. “I need a dollar, a dollar is what I need” regiert weiterhin den Fußball.


Kay

Ganz offen: Niemand hat jemals an diese Demut geglaubt. Aber dieses Vorhaben scheint nun nicht nur eine Nummer zu groß… Es hätte sehr geholfen - und das wäre ganz ohne Nachteile in den Verhandlungen möglich gewesen - wenn man beispielsweise erklärt hätte, dass man sich, im Bewusstsein der eigenen Unkenntnis und Unerfahrenheit, erfahrene Leute für dieses Projekt mit ins Boot geholt hat. Anerkennen der eigenen Grenzen, Offenheit über die eigenen Schwächen, das ist in solchen Situationen sehr viel überzeugender als “den starken Mann” zu markieren. Lässig zu verkünden, dass man auch jetzt schon in der Lage sei, alle Horrorszenarien wie fiese Anstoßzeiten und weitere Spieltage umzusetzen, man es aber aus reiner Herzensgüte nicht tue… Eigentor, Onkel Axel! Drohgebärden schaffen kein Vertrauen. Und bis auf die ganz Jungen haben wir alle unsere Karten an diesem Montagabend gegen Augsburg damals unter Schmerzen verfallen lassen, damit die Lücken sichtbar werden! Been there, done that.

Auch der vermeintlich gruselige Blick in eine portugiesische, wenn nicht sogar bulgarische Zukunft einer abgehängten Bundesliga… Da habe ich laut gelacht. Traut euch ruhig ein bisschen näher an den Tellerrand zu kriechen und darüber zu schauen: Auch wenn das in der zauberhaften Welt des Fußballs nicht zur Lebensrealität gehört, für jede:n Fan war, ist oder wird “abgehängt sein” ein Thema. Zumindest kennen wir jemanden und überraschenderweise geht das Leben trotzdem weiter. Wir laufen zum Stadion, wir sehen die Menschen, die Flaschen sammeln, wir gehen an der Westfalenhalle vorbei, wo immer jemand stand und um Unterstützung bat, wir sehen die Nachtlager in den Unterführungen auf den Wegen. Dieser Schrecken ist für euch viel größer als für uns. Portugiesische oder bulgarische Verhältnisse nehmen uns nichts von “unserem Fußball”: Die Freund:innen, die Gemeinschaft, das Spiel.

Klar, manchmal sind Highlights im Leben echt cool, aber niemand von uns glaubt, einen Anspruch darauf zu haben und schon gar nicht, dass sie ständig größer, glitzernder und besser werden müssen. Überleben ist manchmal schon Highlight genug - erinnert euch an die Transparente, die noch viel konsequenter und schon länger jeden Spieltag, den der Fußballgott werden lässt, auf der Tribüne zu sehen sind.

Ich dachte, irrtümlicherweise anscheinend, im Geschäftsleben wäre es ein Teil des Erfolgs, sich in andere hineinzuversetzen, die Perspektive wechseln zu können. Aber da scheint es Grenzen zu geben und diese Grenzen sind dann wohl in Stahlbeton und Stacheldraht gefasst. Es wäre jedenfalls eine große Chance gewesen, schade, dass man sie verpasst hat.

Vollkommen unpassend fand ich, wie Hellmann und Watzke sich gegenseitig die Bälle zugespielt haben, um sich zu beweihräuchern. Nahezu alles sei beispielhaft bei der Eintracht und beim BVB. Da war von Selbstkritik nicht viel zu spüren. Auch der Versuch von “Aki” mit Meisterschafts-Träumen die Fans auf seine Seite zu holen ist gescheitert.


Kay

Ich muss mal provokant fragen: Wenn das Heil doch in Nigeria liegt, warum war denn noch keiner da? Der Eindruck lässt sich nicht vermeiden: Man ist auf der Suche nach einer eierlegenden Wollmilchsau.

Einem Experten, für den man kein Geld ausgeben muss, der sich auf eigenes Risiko engagiert, damit er auch bezahlt wird. Das klingt so grausam naiv, dass es schon wieder wahr sein könnte… Da bekommt das Bild des Hauses, durch dessen Dach es regnet, gleich eine ganz andere Bedeutung. Die schräge Argumentation zur Verschärfung der Ungleichheit verstärkt das nur noch: Wenn der FC Bayern doch auch ohne die TV-Kohle so weit enteilt ist, dann gebt sie doch erst recht an einen Verein, für den sie einen Unterschied macht.

Und da Onkel Aki und Onkel Axel ja an einem Punkt pampig wurden, dass wir nicht ohne Gegenvorschlag einfach ablehnen und protestieren dürften - schon steil, wenn man uns “fünf Minuten vorher” noch nicht mal zugetraut hat, das Thema überhaupt verstehen zu können - hier jedenfalls mal eine Idee: Bietet doch spaßeshalber auch den Spielern an in ihre Liga zu investieren, ich glaub, die hätten die Mittel. Und verteilt zumindest mal diese Gelder dann nach Zuschauer-Auslastung und Einschaltquote, damit das große Plus der Bundesliga endlich auch den entsprechenden Einfluss bekommt und damit es sich lohnt, die Hütte voll zu haben und die Auswärts-Stadt in die eigenen Vereinsfarben zu tauchen.

Letztlich fand ich es gut, dass man sich (auf Fan-Druck!) der Kritik gestellt hat und ich hoffe, es war nicht die letzte öffentliche Debatte.


Jannik

Nun, das steht aber leider zu befürchten. Denn egal wie man es dreht und wendet, viel Zeit bleibt nicht: Nur drei Spieltage noch nach der Podiumsdiskussion, einer davon sogar nach der ersten Abstimmung!

Wiederum, auch wenn es keine Absicht war, es sieht einfach scheiße aus. Es sieht aus, als wolle man uns die Möglichkeit zur Partizipation nehmen und die Nummer in aller Stille in der Sommerpause über die Bühne bringen. Es lässt mich einfach ratlos zurück, wie man so ein schlechtes Bild abgeben kann und dann denkt, “Na, für die Verhandlungen müssen die mir schon vertrauen!” Ja, wie denn um alles in der Welt?

Meinetwegen macht es inoffiziell, meinetwegen lasst Teilnehmende Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben… Aber redet endlich Tacheless mit Menschen, denen wir vertrauen!

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