Spielbericht Profis

I don’t care - I love it!

23.01.2023, 11:40 Uhr von:  Nina T.
Blick auf die Tribüne von leicht rechts, alle Schals sind oben und zentral ist ein Banner "Justice for Alkis" zu sehen.
Die Südtribüne beim YNWA

Ich hab das Spiel herbei gesehnt - obwohl, oder sogar weil, ich wusste, es wird fies. Dieses Spiel habe ich exakt so, wie es war, gebraucht! Ich weiß, es regen sich so viele gerade wieder auf… I don’t care - I love it. Der Spielbericht zum Heimsieg gegen den FC Augsburg.

Intro

Ich hab mich gefühlt wie ein Kind auf der Rückbank: Dauert's noch laaangeee?

Winterpause ist eigentlich wie Mittagspause: kurz & zwischendurch. Die Sommerpause ist der Feierabend, vielleicht sogar das Wochenende… Also im "Arbeitstag" einer Saison!

Zehn Wochen nicht zu wissen, wohin mit dem Frust über die Katastrophe, die am 18.11. über uns herein gebrochen war… Wohin mit der Wut… Wohin mit der Ohnmacht? Das war zu viel für mich. Mein Vater wird wohl nie wieder ins Stadion gehen.

Ich hab das Spiel herbei gesehnt - obwohl, oder sogar weil, ich wusste, es wird fies.

Dieses Spiel habe ich exakt so, wie es war, gebraucht! Ich weiß, es regen sich so viele gerade wieder auf… I don’t care - I love it.

Vor dem Spiel

Ich muss zugeben, wir waren ein bisschen aus der Übung und neben der Spur: Ein wenig zu spät auf den Weg gemacht, den Stau am Einlass durch die dicken Winterklamotten nicht bedacht, die Fan-Schals komplett vergessen, auch die Stufen hoch zur Tribüne dauern mit weniger Woll- und Watte-Schichten nicht so lange. Aber einmal am Platz fiel es dann wieder leicht, sich einzusingen und -springen.

Das Gefühl war zwar nicht das beste, wie immer, wenn ein Spieltag eigentlich “zu gut” für uns läuft. Aber die Lust war da!

Randnotiz: Die Verkündung der Vertragsverlängerung von Youssoufa Moukoko hätte man sich sicherheitshalber klemmen sollen. Auch wenn die Reaktionen nicht unbedingt vorherzusehen waren (Pfiffe bei einer VVL sind schon ein starkes Stück für “Fans” des Vereins), war es doch unnötig, dieses Risiko einzugehen. Der Junge macht genug durch, lass die Leute seine Tore bejubeln.

Es war aber auch noch die Zeit für wichtige Erinnerungen:

Die Aufstellung

Gregor Kobel - Julian Ryerson (mit seinem Startelf-Debüt), Mats Hummels, Nico Schlotterbeck, Raphael Guerreiro - Salih Özcan - Karim Adeyemi, Jude Bellingham, Julian Brandt, Donyell Malen - Youssoufa Moukoko

Auf der Bank

Alexander Meyer, Giovanni Reyna, Mahmoud Dahoud - und mit einer besonderen Ansage, nach all der Zeit: Sébastien Haller!!!, Thorgan Hazard, Marius Wolf, Anthony Modeste, Niklas Süle, Jamie Bynoe-Gittens

Endlich mal wieder sowas wie volle Kapelle! Das fühlte sich schon sehr gut an.

Rein ins Spiel

Direkt die große Flamme: Nach zwei Minuten flitzte Karim davon und bediente Youssoufa, der zwar schnell abschloss, aber leider deutlich links am Kasten von Gikiewicz vorbei. In der vierten Spielminute wurde es wieder heiß: Jude auf Rapha, der aber leider Donny den Ball in den Rücken spielte. Die Chance verpuffte zwar, ergab aber immerhin eine Ecke, die Nico am Tor vorbei köpfte. Wir waren schon durchaus schlechter in Bundesligaspiele gestartet.

Zur Abkühlung diente eine unglückliche Aktion von Mats, der gegen Vargas zu spät kam. Der Vorwurf der Simulation von den Tribünen nach sechs Minuten, war dann doch etwas übertrieben, jedoch waren die folgenden Szenen durchaus eigenartig: Cardona stand bereits zum Wechsel bereit, als Vargas nach langer Behandlungspause, außerhalb des Felds, doch weitermachen wollte (10. Spielminute). Zwei Minuten später kam es dann doch zu dem Wechsel.

Optische Überlegenheit

Nach einer Viertelstunde hatten wir optisch (!) alles im Griff, lediglich nichts auf der Anzeigetafel. In der 18. Spielminute hätte es so weit sein können: Schöner Pass von Jude in den Lauf von Rapha, der direkt auf Donny spielte. Leider scheiterte er am Torwart der Augsburger. Rapha versuchte den Abpraller noch aus dem Abseits im Tor unterzubringen, schepperte den Ball jedoch Gikiewicz voll ins Gesicht, sodass dieser kurz behandelt werden musste.

An dieser Stelle sollte kurz erwähnt werden, dass Augsburg uns, trotz der guten Optik, gehörig auf den Sender ging. Die Vermutung von Edin aus der Pressekonferenz vor dem Spiel, dass man sich die Spiele gegen die Bauern und die Brause in der Vorbereitung sicherlich angesehen habe, schien sich zu bestätigen.

Nach 23 Minuten ein wunderschöner Doppelpass von Karim und Julian B., der passte im perfekten Moment auf Youssoufa, aber leider ging der Ball knapp links am Tor der Augsburger vorbei. Aber wir blieben dran: Drei Minuten später ballerte Julian R. die Kugel aus der zweiten Reihe auf die Tribüne - nach schöner Vorarbeit von Karim und Jude und einem schwachen Klärungsversuch von Gouweleeuw.

(Ich möchte hier meinen Spitznamen-Vorschlag für Julian Ryerson einreichen: Rysczu. “Nicht nur wegen der Rückennummer, ganz starke Pisczu-Vibes…” war mehrfach zu lesen oder zu hören.)

Zählbares

Dann war es soweit: Jude leitete seinen Treffer in der 29. Minute selbst ein. Steilpass auf Karim, der zusammen mit Donny wieder Jude bediente, damit der flach von der Strafraumgrenze abziehen konnte und beeindruckend zum 1:0 traf. Der eigene Tor-Gesang mit dem Refrain des Beatles-Klassikers “Hey, Jude” war mehr als verdient! (Das darf gerne so bleiben.)

Zwei Minuten später schickte Jule Donny über links, der konnte aber noch knapp von Gouweleeuw am Torabschluss gehindert werden. Schade, wäre ein schöner Doppelschlag gewesen. Aber es ergaben sich noch weitere Chancen zu zeigen, wer Herr im Westfalenstadion ist: In der 35. Spielminute ballerte Nico aus 30 Metern klar über den Augsburger Kasten und in der 37. köpfte Mats einen Freistoß nach Foul an Jude ebenfalls über das Tor.

Ausgleich und Führung

Nun, nach 40 Spielminuten also ein Ausgleich, mit dem man nicht so wirklich rechnen konnte. Die berühmte Verkettung unglücklicher Umstände… Nico verlor den Ball an Beljo, Jude wurde getunnelt und auch Salih verteidigte unglücklich, sodass der Ball perfekt vor Maiers Füßen landete und er exakt ins lange Eck durch die Beine von Mats abschließen konnte. Da waren wir also wieder drin, in der Saison!

Aber immerhin fühlten wir den Schock nicht mehr ganz so tief. Sowohl Tribünen als auch Mannschaft waren sofort wieder da. In der Folge dauerte es nur knapp zwei Minuten bis zur erneuten Führung durch Nico per Kopf aus zehn Metern, nach einer Freistoß-Flanke von Jule.

Nicht erhöhen, Ausgleich fangen

Drei Minuten später war der Verantwortliche für die Tormusik dann einen Tick zu schnell: Die Kopie des Freistoß’ diesmal auf Mats konnte der Augsburger Keeper abwehren und der artistische Nachschuss, ebenfalls von Mats, ging um Haaresbreite am Tor vorbei.

In der 45. Spielminute kassierte Pedersen noch eine gelbe Karte wegen Meckerns und eigentlich hätten wir uns gemütlich mit einer Führung in die Pause verabschieden können, aber durch die Behandlungspausen ergab sich eine Nachspielzeit von vier Minuten. Nach zwei Minuten der Nachspielzeit ließ Demirovic Mats stehen und chippte den Ball über Greg ins Tor. Der Klärungsversuch von Julian R. scheiterte, trotzdem, mein Kompliment für diese Mentalität!

Die nervtötende Abseits-Überprüfung des VAR bot wenigstens noch Gelegenheit zum Pöbeln. Leider hatten sich nicht alle dabei ausgetobt, sodass es - ebenfalls in schöner Tradition dieser Saison - nicht nur mit Aufmunterung, sondern auch mit Pfiffen in die Halbzeit ging.

Nach der Pause

Die zweite Hälfte startete, das Warnschüsschen von Cardona aus der 47. Minute mal außen vor, etwas gemütlicher als die erste. In Spielminute 54 kam Cardona gegen Julian R. zu spät und kassierte eine gelbe Karte. Nach 58 Minuten machte Sébastien Haller sich bereit für seine Einwechslung in der 62. Minute für Youssoufa: Das erste Highlight der zweiten Spielhälfte. Drei Mal knallte das “Haller!” durch den Tempel! (Gut gemacht, Nobby, da gehört das hin.) Man hatte das Gefühl, es dürfe jetzt mal kurz nicht weiter gespielt werden. Ey, lass den VAR doch irgendwas checken… Dieser Moment hätte Raum und Würdigung gebraucht! Aber, so eigenartig sich das auch an fühlte, es ging einfach weiter…

In der 63. Spielminute nahm Jude einen Ball von Nico schön mit und schloss aus spitzem Winkel ab. Der Schuss wurde zwar noch abgefälscht, aber die Ecke blieb uns verwehrt. Auch wer das Spiel nicht gesehen hat, kann sich Judes Reaktion darauf lebhaft vorstellen! Es hat schon Gründe, warum der Junge so geliebt wird.

Es folgte ein weiterer Wechsel der Augsburger, Jensen kam für Cardona in der 65. Minute. Jensen trug sich dann auch flott (69. Spielminute) mit einer gelben Karte für das Foul an Karim in den Spielbericht ein.

Die Joker und die dritte Führung

Unsere Auswechlungen in der 70. Minute mit Gio Reyna für Karim Adeyemi und Jamie Bynoe-Gittens für Donyell Malen sollten sich als wahre Game-Changer herausstellen. Jamie brauchte ganze fünf Minuten, um absolut sehenswert aus 18 Metern an zwei Augsburgern vorbei zum 3:2 zu treffen!

Wie Edin später in der Pressekonferenz bemerken sollte: Ein klasse Einzelleistung, die jedoch von seinen Mitspielern, die ihm den entsprechenden Raum verschafften, perfekt unterstützt wurde.

Auch Jamie bekam nach seiner langen Leidenszeit, völlig verdient, ein dreifaches “Bynoe-Gittens” für unsere dritte Führung in diesem Spiel.

…wieder ein Ausgleich

In der 76. Spielminute wechselte Enno Maßen gleich dreifach: Rexhbecaj, Beljo und Maier verließen den Platz für Colina, Yeboah (Ja, die sind verwandt.) und Baumgartlinger. Und auch Colina wartete nicht lange damit, sich zu verewigen: Eine Minute später traf Yeboah nur den Pfosten und Colina staubte zum Ausgleich ab. Es wurde langsam ein bisschen anstrengend… Wann wollten die Augsburger denn mal aufgeben? Ich nehm’s vorweg: Gar nicht.

Aber wir ließen den Frust nicht zu. Wenn auch eher den Temperaturen als der Euphorie geschuldet, ließen sich die Tribünen mit “Westfalenstadion steht auf!” schnell überreden, an einer konzertierten Schlussoffensive teilzunehmen.

Immer einmal mehr wie Du!

In der 80. Spielminute spielte Nico einen großartigen Diagonalball, der - von Jude verlängert - bei Gio landete, der perfekt zum 4:3 abschloss.

Eigentlich hätten wir eine Minute später den Deckel zumindest mal halb schließen können, als, ebenfalls Gio einen Tick zu lange im Eins-gegen-eins mit dem Augsburger Torhüter zögerte. Sébastien hätte frei gestanden, ein Abspiel wäre möglich gewesen… Aber okay, ein Tor wäre vielleicht doch ein bisschen zu kitschig gewesen. Machen wir es so wie in den Testspielen, hm? Treffen dann am Mittwoch.

Apropos, Mittwoch, Jude fing sich in der 84. Minute die fünfte gelbe Karte und fehlt damit in Mainz. Das ist äußerst ärgerlich, hat er doch auch in diesem Spiel wieder gezeigt, wie wichtig er für uns ist.

Schlussphase

Ab der 87. Spielminute wurde es dann nochmal richtig turbulent: Jamies Abschluss wurde gut verteidigt, landete aber noch bei Gio, dessen Schuss wurde abgefälscht und ging über den Kasten. In der 89. Spielminute hatte unser Gegner noch eine gute Gelegenheit zum vierten Ausgleich. Zum Glück verzog Demirovic knapp nach dem Schnittstellenpass von Gouweleeuw. Nach 90 Minuten hatte wieder Gio einen Abschluss, leider ging der Ball diesmal links vorbei.

Bereits in der Nachspielzeit - angezeigt wurde allerdings noch nichts - kam Niklas Süle zur Absicherung für Julian Brandt. Offensichtliche “Ergebnis-halten-Wechsel” machen mich immer nervös! Macht das unser Gegner, denke ich immer: Jetzt erst recht, Freunde. Danach wurden die vier Minuten Nachspielzeit angezeigt.

Es sollte noch eine gelbe Karte für Engels in der 90+2. Minute geben, die er sich aber auch wirklich erarbeitet hatte. Und zwei Chancen, sich die Haare zu raufen für die Tribünen: Erst spielte sich Jude in der 90+3. Spielminute wunderbar durch und gab den Ball flach in den Fünfmeterraum, nur dort wartete niemand. Dann stürmte Mats! Er zog drei Augsburger auf sich und bediente trotzdem noch Rapha, der zwar den gegnerischen Torhüter ausspielen konnte, aber dann Gouweleeuw auf der Linie anschoss.

Es war die perfekte letzte Szene für dieses Spiel. Schiedsrichter Willenborg pfiff ab.

Fazit

Das Spiel war nicht perfekt, es war klassisch “Wir können alles, außer langweilig", aber gerade das ist toll! Was wir heute erleben durften, machte definitiv Bock auf mehr!

Mittwoch geht’s weiter.

Grüße an dieser Stelle an Max Nölke von 11Freunde: Wenn Du heute nichts gefühlt hast, dann werd halt Schalker.

Unterstütze uns mit steady

Weitere Artikel