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Im Trüben fischen! Gedanken zum Konstrukt der MediaCo KGaA

08.05.2023, 12:30 Uhr von:  Gastautor
Ausschnitt von der Südtribüne im Westfalenstadion. Es sind unterschiedliche Spurchbänder gegen den Investoreneinstieg in die DFL zu sehen.
Deutlicher Protest gegen Investoren im Westfalenstadion

Der Einstieg eines Investors in die DFL wird aktuell heiß diskutiert. Der Gastautor Henry Schulz hat sich einmal mit dem geplanten Konstrukt der MediaCo KGaA auseinandergesetzt und sich gefragt, was das rechtlich eigentlich bedeutet.

Die DFL – auch die dort organisierten Vereine – und insbesondere ihre intransparente Kommunikation machen es den Fans mitunter schwer, sich zu fanpolitisch relevanten Sachverhalten zu positionieren, geschweige denn fundierte Gegenpositionen einnehmen zu können.

Besonders offenkundig wird dies, wenn man sich mit der Thematik um den Investoreneinstieg in die von der DFL zu gründende Tochtergesellschaft beschäftigt. Hält man sich mit offiziellen Verlautbarungen auf Seiten der DFL weitestgehend bedeckt, werden – ob nun bewusst oder unbewusst – durch einzelne Klubvertreterinnen und -vertreter über die Presse immer wieder neue Details lanciert.

Schwatzgelb.de hat die zur Verfügung stehenden Informationen im Artikel „Investoreneinstieg in der DFL: das neue Schreckgespenst im Gruselkabinett des modernen Fußballs“ bereits hinreichend zusammengefasst, sodass ein weiteres Herumreiten auf den (mehr oder weniger) feststehenden Fakten an dieser Stelle unterbleiben kann. Was allerdings nicht heißen soll, dass alle, die diesen Artikel noch nicht gelesen haben, sich nicht jetzt sofort dazu aufgerufen fühlen sollten, dies nachzuholen.

Aufgrund des Duktus, mit dem Diskussionen zwischen Verantwortlichen und Fans geführt werden, ist es wichtig, an dieser Stelle einige grundsätzliche Dinge einzuordnen, die sich auf der noch staubtrockeneren juristischen Ebene abspielen. Wegen des mangelnden Informationsflusses soll dies allerdings auf einer „herausgezoomten Ebene“ anhand eines gebildeten Beispiels erfolgen. Es würde sich verbieten, zum Vertragswerk Stellung zu nehmen, ohne dieses im Detail zu kennen. Dies wäre, wie der Titel des Textes bereits suggeriert, „Fischen im Trüben“.

Spruchband auf der Süd mit dem Text: Zingler: Kultiges blablabla... Watzke: Bla, 8€ Stehplatz..., Blabla Fans: Anteilsverkauf unerwünscht
Proteste auf der Südtribüne gegen den Investor

Deswegen zunächst folgendes fiktives Beispiel:

Die D GmbH, dessen alleinige Gesellschafterin der F e.V. ist, plant eine GmbH & Co. KGaA zu gründen, die L GmbH & Co. KGaA. Deren Zweck soll es zukünftig sein, die bislang von der D GmbH innegehaltenen Medienrechte für das jährlich stattfindende und äußerst populäre an 36 Standorten im gesamten Bundesgebiet stattfindende „Im Trüben fischen“-Festival zu vermarkten. Mitglieder des F e.V. sind die 36 renommiertesten Fischerinnen und Fischer.

Neben der Entwicklung von 31 fördernden Maßnahmen, die insbesondere das zentrale Produkt und die Internationalisierung stärken sollen, sieht der Plan der D GmbH es vor, an der L GmbH & Co. KGaA zukünftig einen Investor zu beteiligen. Für den vom Investor zu erwerbenden Anteil an Kommanditaktien stehen unterschiedliche Höhen im Raum, voraussichtlich jedoch 21 %.

In der Gesellschaftsstruktur der L GmbH & Co. KGaA soll die Gesellschafterin der Komplementärin (= eine zu gründende Kapitalgesellschaft, die die Geschäfte in der GmbH & Co. KGaA führt) die D GmbH sein. Als nur beschränkt haftender Gesellschafter (Kommanditaktionär) soll der bereits erwähnte Investor hinzutreten, der 21 % des in Aktien zerlegten Grundkapitals der KGaA aufbringen soll, aber als Kommanditist nicht für Forderungen gegen die Gesellschaft mit eigenem Vermögen haftet. Die Geschäftsführung der L GmbH & Co. KGaA obliegt dem Management der Komplementärgesellschaft. Zudem soll auf Seiten der Komplementärgesellschaft ein Beirat eingerichtet werden, in dem der Investor bei sieben Mitgliedern mit zwei Mitglieder vertreten sein soll. Außerdem wird vereinbart, dass „besonders wichtige Geschäfte“ der ausdrücklichen Zustimmung des Investors bedürfen.

Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften muss auf Seiten der GmbH & Co. KGaA zudem ein Aufsichtsrat eingesetzt werden, der die Geschäftsführung überwacht. Hier soll der Investor drei von sieben Sitzen erhalten. Die übrigen Mitglieder werden von der Hauptversammlung gewählt, die nur mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Minimum ausgestattet werden soll. Auf der Hauptversammlung soll es eine sog. Stimmrechtsbindung zugunsten der Vertreter des F e.V. geben. Bei der Stimmrechtsbindung handelt es sich um eine vertragliche Verpflichtung des Aktionärs, in einem bestimmten Sinn zu stimmen. Schließlich soll ein „Vermittlungsausschuss“ eingesetzt werden, der paritätisch zwischen Investor und Mitgliedern des Beirates der D GmbH besetzt wird.

Weil die D GmbH davon ausgeht, dass die Medienrechte am „Fischen im Trüben“ – Festival auch noch in Zukunft sehr werthaltig sein werden, wünscht sie, dass die vom Investor erworbenen Anteile wieder an sie zurückfallen, damit sie nach der von ihr angestrebten Laufzeit ihre Lizenzrechte geordnet weitervermarkten kann. Der Investor soll zudem zu einer Mindesthalteperiode verpflichtet werden. Das bedeutet, dass jede Übertragung der vom Investor erworbenen Kommanditaktien innerhalb der ersten neun Jahre unzulässig ist. Nach Ablauf dieser Frist und bis zum Ende der Laufzeit (25 Jahre) soll der F e.V. ein Rückkaufsrecht zu einem zuvor nach gewissen Parametern definierten Preis haben. Der Investor B schlägt zu und investiert, wie von der D GmbH beabsichtigt, erhält aufgrund der herausragenden Verhandlungsposition der D-GmbH allerdings nur 12,5 % der Kommanditaktien.

Dieses fiktive Beispiel zugrunde gelegt, wollen wir uns zunächst anschauen, weshalb die D GmbH das Konstrukt (GmbH & Co. KGaA) gewählt haben könnte, ehe wir einen Blick darauf werfen wollen, ob der Investor (rechtlich, nicht faktisch!) Einfluss im Rahmen der Gesellschaft nehmen kann und ob die von der D GmbH erdachten „Absicherungen“ (Stimmrechtsbindung, Rückkaufrechte) rechtlich ein scharfes Schwert oder eher eine lahme Ente sind.

BVB Fanmarsch in Hannover. Vorne ein Transparent mit der Aufschrift: Not for Sale
"Not for Sale"-Proteste 2005 in Hannover

Wie bei der GmbH & Co. KG liegt der haftungsrechtliche Reiz einer GmbH & Co. KGaA darin, dass die Position des Komplementärs (= persönlich und unbeschränkt haftender Gesellschafter) mit einer juristischen Person besetzt ist, deren Haftung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 13 II GmbHG) beschränkt ist. Der Komplementär haftet deshalb gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft nur mit seinem Gesellschaftsvermögen und nicht mit dem Privatvermögen.

Die Organisationsstruktur der GmbH & Co. KGaA weist zwar Ähnlichkeiten zur Aktiengesellschaft (AG) auf, unterscheidet sich jedoch in wesentlichen Punkten von ihr. Bei der GmbH & Co. KGaA werden die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse von der Geschäftsleitung der GmbH wahrgenommen. Diese wird durch die Gesellschafter der Komplementärgesellschaft (GmbH) bestellt. Die Hauptversammlung und der Aufsichtsrat hingegen haben keine Möglichkeit, Einfluss auf die Besetzung der Geschäftsleitung zu nehmen.

Dem Aufsichtsrat, dessen Größe, Bestellung und Zusammensetzung sich nach den allgemeinen Vorschriften des Aktienrechts bestimmt, §§ 95 ff. AktG, kommt eine deutlich schwächere Rolle als bei der AG zu: Seine Aufgabe ist im Wesentlichen auf die Überwachung der Geschäftsführung der Komplementärin einerseits und die Ausführung der Hauptversammlungsbeschlüsse und die Vertretung der Gesamtheit der Kommanditisten ggü. der Komplementärin anderseits beschränkt.

Die D GmbH macht sich bei der Neugründung der Gesellschaft insoweit die Vorteile der Rechtsform der GmbH & Co. KG (Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen der Komplementärin) und der Kommanditgesellschaft auf Aktien (höhere Flexibilität, unternehmerische Autonomie und verhältnismäßig hoher Übernahmeschutz bei gleichzeitiger Börsenfähigkeit) gegenüber einer „reinen“ Kommanditgesellschaft oder Aktiengesellschaft zunutze (vgl. Saenger, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2020, § 16 Rn. 708)

Die Satzung der Komplementärin (GmbH) soll vorsehen, dass besonders bedeutsame Geschäfte der Zustimmung des Beirates der GmbH bedürfen. Dabei soll unterschieden werden zwischen besonders bedeutsamen Geschäften und solchen Geschäften, die ausschließlich für den Investor besondere Bedeutung haben. Bei solchen Geschäften, die als Geschäfte mit besonderer Bedeutung für den Investor definiert sind, bedarf es nicht nur der Zustimmung des Beirates als solchen, sondern auch der Zustimmung der Vertreter des Investors im Beirat.

Grundsätzlich ist es Sache des Gesellschaftsvertrages, welche Geschäfte als zustimmungspflichtig definiert werden und mit welchen Kompetenzen der Beirat ausgestattet wird. Bei dem Beirat handelt es sich – in den meisten Fällen - um ein „fakultatives Organ“, das durch den Gesellschaftsvertrag oder die Gesellschafterversammlung mit Kompetenzen ausgestattet werden kann. Die Gesellschafterversammlung hingegen ist das gesetzlich „vorgeschriebene“ höchste Organ einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in der die Gesellschafter der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit in allem Fragen die maßgebliche Entscheidungskompetenz haben.

Die Kompetenzen, die von der Gesellschafterversammlung oder dem Gesellschaftsvertrag auf den Beirat übertragen werden können, reichen von der Überwachung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 6 GmbHG) über die Übertragung der Kompetenz zur Bestellung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) bis hin zur Feststellung des Jahresabschlusses und die anschließende Entscheidung über die Ergebnisverwendung.

Es gibt allerdings auch Entscheidungen und Kompetenzen, die der Übertragung auf den Beirat entzogen sind und bei der Gesellschafterversammlung verbleiben. Dabei handelt es sich wohl um grundlegende Entscheidungen über die Unternehmensstrategie, sowie mindestens die Eingehung einer Verpflichtung zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens, dass nach der Rechtsprechung sodann der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, nicht des Beirates bedarf (BGH, Urteil vom 08.01.2019 - II ZR 364/18)

Dem Beirat können durch den Gesellschaftsvertrag ferner, z.B. in Form von Zustimmungsvorbehalten, Kompetenzen im Rahmen strategischer Entscheidungen eingeräumt werden (vgl. Altmeppen, GmbHG, 10 Aufl. 2021, § 52 Rn. 82). Durch die Möglichkeit der Kompetenzübertragung und etwaige im Gesellschaftsvertrag festgelegte Zustimmungsvorbehalte kommen den Mitgliedern des Beirates also gewichtige und einflussreiche Positionen in der Struktur der Komplementärin und insoweit auch im Rahmen des operativen Geschäfts der GmbH & Co. KGaA zu; insbesondere, wenn ihnen, wie in unserem Beispiel für die Mitglieder des Investors, gar Vetorechte zustehen - abhängig natürlich von der genauen Ausgestaltung im Gesellschaftsvertrag.

Nachdem nun das gesellschaftsrechtliche Konstrukt als solches in unserem Beispiel beleuchtet und geklärt ist, dass die Einflussnahme des Investors B je nach Ausgestaltung im Gesellschaftsvertrag auch im operativen Bereich rechtlich möglich ist, wollen wir uns den angedachten Sicherheitsmechanismen widmen.

Die Kommanditanteile sollen nach einer festen Laufzeit wieder „automatisch“ an den F e.V. übergehen. Eine solche Ausgestaltung wäre wohl im Rahmen eines „Rückkaufsrechts“ im Sinne der §§ 456 ff. BGB möglich. Bei einer solchen grundsätzlich zulässigen Rückkaufmöglichkeit handelt es sich aber wohl lediglich um eine schuldrechtliche Abrede, die die Möglichkeit begründet, dass unter vertraglich festgelegten Umständen die Aktien zurückerworben werden können (so Beck´sches Handbuch der AG/Müller, 3. Aufl. 2018, § 1 Rn. 30). Eine Vereinbarung in der Satzung ist hierzu wohl nicht möglich. Schwerlich vorstellbar ist allerdings, dass dieses Rückkaufsrecht nicht von einer Gegenleistung abhängig gemacht werden soll. Zweck des „Rückkaufsrechts“ ist gerade die Vereinbarung eines Kaufvertrages, durch den der Käufer verpflichtet wird, den Kaufgegenstand aufgrund einer Erklärung gegen Zahlung des Wiederkaufpreises zu übereigenen.

Ebenfalls ist auf Seiten der Kommanditaktionäre eine Stimmrechtsbindung in der Hauptversammlung möglich. Hierbei handelt es sich um einen Stimmrechtsbindungsvertrag in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter sich verpflichtet haben, ihre Stimmrechte gemeinschaftlich auszuüben. Ein Verstoß gegen die Stimmrechtsbindung hat allerdings nur schuldrechtliche Auswirkungen, er führt nicht zur Ungültigkeit der im Rahmen der Hauptversammlung abgegebenen Stimmen (Beck´sches Handbuch der AG/Müller, § 1 Rn. 31).

Frontaler Blick auf die gesamte Südtribüne. Am Zaun hängt ein großes "Herzlich Willkommen im Westfalenstadion"-Banner. Dazu zahlreiche Spruchbänder aus Protest gegen Aussagen des Vorsitzenden den Investor Signal Iduna.
Für immer Westfalenstadion

Fazit: Selbst bei rudimentärer Betrachtung der Sach- und Rechtslage kann Folgendes festgehalten werden: Die Einflussnahme eines Investors auf das operative Geschäft (in unserem Beispiel durch Sitze im Beirat und eigens eingerichtete „Vetorechte“) ist auch aus rechtlicher Sicht im Konstrukt einer GmbH & Co. KGaA möglich. Die Reichweite der Einflussnahme - sie kann von lediglich beratenden Tätigkeiten bis hin zur Mitsprache in ganz erheblichen Bereichen der Gesellschaft reichen - bemisst sich allerdings nach den genauen Vereinbarungen des Gesellschaftsvertrages. Die im Beispiel erdachten Sicherheitsmechanismen sind ebenfalls rechtlich möglich, erweisen sich bei genauerer Betrachtung allerdings als nicht so wirkungsvoll, wie ursprünglich vielleicht gedacht.

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