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Servus BVB oder: der BVB auf rechter Leinwand

27.07.2022, 21:04 Uhr von:  christian janniksch
Servus BVB oder: der BVB auf rechter Leinwand

Neben den Übertragungen der BVB Testspiele bei Youtube oder im eigenen BVB TV Kanal, fällt dem geneigten BVB Fan eine Häufung der Live Übertragungen inkl. moderierenden BVB Persönlichkeiten im österreichischen Servus TV auf.

Der Red Bull Ableger Servus TV ist in seinen Anfangstagen vor allem mit seinen Heimatsendungen "Zu Fuß durchs Salzkammergut" oder "Das Brixental - Herz der Kitzbüheler Alpen" bekannt geworden, über die man schon mal beim Durchzappen gestolpert ist.

In den letzten Jahren hat sich der Sender jedoch von seinen Ursprüngen verabschiedet und ist vor allem in seiner politische Ausrichtung massiv nach rechts "gewandert". Hier darf man nicht vergessen, dass 2009 die Red Bull GmbH den Privatsender Salzburg TV übernahm und den Namen in ServusTV änderte.

Red Bull, da war doch was? Wir erinnern uns an einen Unternehmer und Milliardär, dem wiederholt Nähe zum Rechtspopulismus vorgeworfen wird.

Der BVB auf rechter Leinwand

Diese wird auch im hauseigenen TV Sender sichtbar: So werden seit 2020 immer häufiger verschwörungslastige Unwahrheiten über die Corona-Pandemie verbreitet. Corona-Verharmloser und Antisemiten wie Sucharit Bhakdi oder der Chef der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ in Österreich Martin Sellner waren und sind gern gesehene Gäste in vermeintlichen Diskussionsrunden, wie der Sendung "Talk im Hangar 7".

Intendant Ferdinand Wegscheider bezeichnete in seiner Wochenkommentaren "Der Wegscheider" Corona-Impfstoffe als "Genspritzen", die an „Menschen als Versuchskaninchen“ verabreicht werden und behauptete faktenwidrig, dass das Entwurmungsmittel Ivermectin "erfolgreich gegen Covid-19 Anwendung findet".

Geht es mal nicht um Corona, macht Wegscheider Stimmung gegen Muslime, die EU und Linke.

Mein Vater hatte erst Servus TV eingeschaltet, weil Couch & TV gemütlicher ist als Stühle und PC-Bildschirm. Die Nachrichten unmittelbar vor dem Spiel behandelten "die Rate sexueller Übergriffe von Migranten": Fernseher aus, PC an. Aber man war schon baff, wie offen rechts der Sender ist.


SG Redakteurin und BVB Fan

Neben diesen politisch fragwürdigen Inhalten baut sich Servus TV sein zweites großes Standbein mit Sportübertragungen auf. Neben Winter- und Motorsport Events, spielen immer mehr Fußballspiele im Programm eine wichtige Rolle. So werden in der CHAMPIONS LEAGUE mittlerweile die Spiele des hauseigenen Vereins "Red Bull Salzburg“ ("ALLE SALZBURG-HEIMSPIELE LIVE") übertragen.

Wie der Einen oder dem Anderen aufgefallen sein könnte, gibt es keine Spielberichte zu den Testspielen des BVB im Trainingslager in Bad Ragaz (Dortmund - FC Valencia 1:3 und Dortmund – Villarreal 0:2) auf schwatzgelb.de.

Das liegt zum Einen daran, dass kein Redaktionsmitglied die Zeit gefunden hat vor Ort zu sein. Zum Anderen beschäftigte uns in der Redaktion nach den Testspielen auch eher die Frage „Wie zur Hölle hat ServusTV die Rechte an den BVB-Testspielen bekommen?!“.

Der BVB teilte uns auf Anfrage folgendes mit: „Die TV-Rechte an den Sommertrainingslager-Spielen des BVB liegen schon seit Jahren nicht mehr beim BVB, sondern bei jener Agentur, die das Trainingslager veranstaltet.“ Weiter führte der BVB aus, dass man bei der Auswahl des Senders nicht beteiligt gewesen sei und auch der Erlös vollständig an die Agentur ging. „Die betreffende Agentur refinanziert u.a. durch die Vergabe der TV-Rechte das Trainingslager.“ Ebenfalls würde das Spiel auch auf der eigenen BVB Plattform und auf YouTube übertragen.

Damit ist der BVB fein raus, oder? Kann der Verein doch nichts für, wenn ausgerechnet ServusTV einem externen Anbieter am meisten Geld bietet.

Borussia Dortmund arbeitet seit Jahren vorbildlich und sehr erfolgreich gegen Rechtsextremismus, was der BVB auch in der Antwort auf unsere Anfrage betont: „Wir engagieren uns bekanntermaßen seit vielen Jahren intensiv gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus und tragen unsere Positionen regelmäßig auch in die Gespräche mit unseren Partnern.“ Pressewirksam führt man fort: „Unter anderem hat Sky dem BVB-Engagement gegen Antisemitismus im Rahmen der BVB-Doku "Who we are" jüngst eine eigene Episode gewidmet. Verschwörungstheoretische Positionen haben in unserer Denke selbstverständlich keinen Platz.“

Doch da machen wir dem Verein gar keinen Vorwurf. Wir bemängeln (ausgerechnet) einen so engagierten Verein "auf rechter Leinwand". Damit kann und darf man sich beim BVB nicht wohlfühlen.

Ein Bedauern oder gar ein Fehler wird auf unsere Anfrage nicht kommuniziert. Auch ein Prüfen dieser Vorgänge für die Zukunft wird uns gegenüber nicht in Erwägung gezogen. Daher können wir davon ausgehen, dass auch zukünftig Rechte an ServusTV gehen, denn an Geld mangelt es diesem Unternehmen sicher nicht.

Dann wird zwischen Flüchtlingshass und Verschwörungsmythen immerhin ein bisschen BVB im Free-TV zu sehen sein.

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