Quo vadis.... Ticketpreise
Vieles deutet darauf, dass zur neuen Saison wieder ein regulärer Dauerkartenverkauf erfolgt. Die Preisfindung dürfte dieses Mal besonders kniffelig werden. Inflation meets sinkendes Interesse.
Auch wenn noch nicht ganz gesichert ist, in welchem Umfang die Corona-Schutzmaßnahmen am 20.03. aufgehoben werden, hat der BVB schon einmal angekündigt, die jetzt seit zwei Jahren inaktiven Dauerkarten wieder zu aktivieren. Für Borussia Dortmund hat das, neben dem Aspekt der Unterstützung von den Tribünen, auch den positiven Effekt, das vorhandene Guthaben derjenigen, die den offenen Betrag aus der Saison 2019/2020 haben ruhen lassen, mit Spielen abzugelten, von denen zumindest die beiden Heimspiele gegen Wolfsburg und Hertha aufgrund der sehr wahrscheinlich fehlenden sportlichen Brisanz und der unattraktiven Gegner absolut keine Straßenfeger geworden wären. Der BVB hatte schon gegen Bielefeld seine liebe Mühe und Not, alle 33.000 Eintrittskarten an den Fan zu bringen. Kaum auszudenken, wie bleiern die Karten dann am Ticketschalter liegen bleiben würden, wenn man gegen bereits abgestiegene Hauptstädter am letzten Spieltag antreten müsste. So werden vermutlich trotzdem genug Leute hingehen, weil sie es ja schon bezahlt haben.
Der finanzielle Druck auf den BVB ist enorm...
Und da kommen wir zum spannenden Punkt: In den letzten Jahren war die Preispolitik bei den Dauerkarten recht simpel. Wenn man nicht gerade das Pech hatte, dass der eigene Block eine „Aufwertung“ in die nächsthöhere Preiskategorie erfuhr, konnte man mit rund 2 % Inflationsaufschlag zur neuen Saison rechnen. Die Frage nach der Preisgestaltung für die neue Saison wird dagegen sowohl den Fans, als auch den Verantwortlichen im Verein Schweißperlen auf die Stirn treiben. Der kleinste Punkt dabei dürfte der Umstand sein, dass eine „Inflationsstufe“ komplett ausgelassen wurde, weil gar keine neuen Dauerkarten für die Saison 2020/2021 verkauft wurden. Viel gravierender ist jedoch, dass zumindest für das letzte Jahr die 2 % nicht mehr ansatzweise ausreichen. Zum Ende des Jahres hin pendelte sich dieser Wert für die Volkswirtschaft bei ungefähr 5 % ein. Besonderer Preistreiber war dabei die Versorgung mit Energie und Brennstoffen. Dieser Punkt dürfte dem BVB beim Stadionbetrieb besonders zu schaffen machen. Wer im Winter den von Rasenlampen erleuchteten Himmel überm Stadion gesehen hat, konnte fast bildlich die Euroscheine sehen, die dort zum Stadiondach hochstiegen. Der Krieg in der Ukraine hat diese Preisspirale noch einmal massiv befeuert. Weitere Preistreiber dürften im Catering (Weizen) und auch in der allgemeinen Instandhaltung vorhanden sein. Stahl und Aluminium erleben derzeit Allzeitpreishochs – wenn sie überhaupt zu beschaffen sind.
Nun ist es unbestritten so, dass der größte Kostenfaktor im Verein die Spielergehälter sind und die sind auf einem hohen Niveau konstant geblieben. Dieser Umstand ist wichtig, weil es bedeutet, dass die Gesamtkosten prozentual in einem deutlich geringeren Umfang gestiegen sind, als es die nominelle Inflationsrate vermuten lässt. Dass man aber, auch angesichts der Einnahmenverluste der letzten beiden Jahre, am Rheinlanddamm gerne auch die Ticketpreise deutlich anheben würde, scheint ziemlich sicher. Aber in welcher Höhe?
Die Preisspirale trifft nämlich auch die Fans auf der Tribüne, wenn nicht sogar noch stärker. Mieten sind in den letzten zehn Jahren in die Höhe geschnellt, Gas- und Stromverträge von den Anbietern teilweise gekündigt worden und nur mit horrenden Aufschlägen neu abschließbar, die Preise an den Tankstellenzapfsäulen steigen in immer schwindelerregendere Höhen und wer seinen Verein im TV sehen möchte, muss immer mehr Abos abschließen und dafür dann auch mehr zahlen. Der finanzielle Druck ist groß und er wird immer größer. Die Inflation verweilt auf einem hohen Niveau und Lebensmittelpreise werden zusätzlich noch kräftig anziehen. Was nicht über Lohnerhöhungen abgefangen werden kann, muss eben gespart werden.
... der auf die Fans aber auch
Und ganz oben auf kommt noch eine zusätzliche Komponente: Während der pandemiebedingten Auszeit vom Stadionbesuch haben viele festgestellt, dass sich das Wochenende auch ohne diesen verbringen lässt. Für die Tribüne als Treffpunkt mit Freunden und Bekannten wurden andere Möglichkeiten gefunden, oder sie sind zerlaufen. Man hat gelernt, dass man den Samstag auch gut und gerne anders verbringen kann, als inklusive Anfahrt fünf Stunden für ein Fußballspiel aufzubringen. Dass man sich dabei nicht einmal von fremden Menschen im Intimbereich abtasten lassen muss, macht es noch einmal attraktiver. Umfragen und der zögerliche Ticketverkauf in dieser Saison haben es gezeigt: Der Fußball muss um seine Fans kämpfen. Die Zeiten, in denen man in Serie und fast automatisch „ausverkauft“ vermelden durfte, wären vermutlich auch ohne die Preisspirale erst einmal vorbei gewesen.
Jetzt werden zusätzlich bei vielen Fans Ausgaben im Freizeitbereich auf den Prüfstand kommen und auch Dauerkarten sind dabei sicherlich nicht sakrosankt. Schon vor der Pandemie kosteten Sitzplatz-DK inklusive der Europapokal-Gruppenphase über 500 €. Schon in der Form ein nicht zu verachtender Kostenfaktor. Die Frage, inwieweit hier noch Luft für weitere Erhöhungen ist, ohne dass man signifikant Zuschauer verliert, ist ebenso knifflig wie bedeutsam. Man mag einwenden, dass man die nicht über Dauerkarten veräußerten Plätze dann eben als Tagestickets auf den Markt wirft – nur sollte man sich dann tunlichst sicher sein, dass man fußballerisch (nicht punktemäßig) eine ähnliche Magerkost wie in dieser Spielzeit anbietet. Es gab etliche Spiele, die man – freundlich gesagt – nicht unbedingt gesehen haben muss und die nicht unbedingt zum Besuch des nächsten Spiels animiert haben.
Wir dürfen gespannt sein, wie der BVB hier vorgeht, um die finanziellen Notwendigkeiten des Vereins auf der einen und die der Fans auf der anderen Seite auf einer Ebene zu verbinden, mit der beide Seiten leben können. Vielleicht findet er intern ja auch noch Einsparpotenzial bei einer Personengruppe, die nicht ganz so stark von den Preiserhöhungen betroffen ist.