Stotter- statt Vollgasfußball in Leipzig
Das Wiedersehen mit Ex-BVB-Coach Marco Rose verlief für Borussia Dortmund alles andere als rosig (Achtung, Wortwitz!). In Leipzig verlor Borussia hochverdient mit 0:3.
Ein Aufeinandertreffen mit seinem direkten Vorgänger auf der Cheftrainerposition hat sich Edin Terzic sicher anders vorgestellt. Seine Mannschaft ließ gegen motivierte und spielfreudige Leipziger alles vermissen was es braucht, um gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um die Champions-League-Plätze bestehen zu können.
Der BVB hatte nur in den ersten fünf Minuten wirkliche Vorteile im Spiel und in Person von Modeste sogar eine große Chance zu Beginn (3.). Der Stürmer traf den Ball aber nicht richtig und wirkt weiterhin wie ein Fremdkörper im Offensivspiel. Wenige Zeigerumdrehungen später rappelte es dafür im Kasten von BVB-Keeper Meyer. Nach einer Ecke war Orban zur Stelle (6.). Nico Schlotterbeck sah bei diesem Gegentreffer nicht gut aus und deckte Orban nicht energisch genug. Möglicherweise war der Ball aber auch nicht ganz unhaltbar für Alexander Meyer im Kasten.
Nun ja, Spekulation und Konjunktive haben im Fußball noch nie viel gebracht. Der Ball war drin und der Stecker beim BVB nach wenigen Minuten gezogen.
Stotter- statt Vollgasfußball
Nach diesem Wirkungstreffer hat Borussia es nicht geschafft, sich für dieses Spiel weiter zu motivieren. In der Folge fehlte es an Einsatz, Leidenschaft, Zielstrebigkeit - vor allem aber an Schüssen aufs Tor. Einen mageren Abschluss brachte der BVB in Halbzeit eins zustande.
Der BVB-Motor stockte im letzten Drittel ziemlich, es gab lediglich Stotter- statt Vollgasfußball der Gäste zu bestaunen. Ganz anders Leipzig: Die Hausherren kombinierten sich gut durch die löchrige schwarz-gelbe Defensive. Werner verpasste knapp das 2:0 (44.), dafür war Szoboszlai hingegen eine Minute später zur Stelle und erhöhte sehenswert per Sonntagsschuss auf 2:0 (45.).
Die Art und Weise wirft Fragen auf
Positiv hervorzuheben an diesem Kick ist, dass BVB-Coach Edin Terzic in der zweiten Halbzeit der Jugend einige Spielminuten gegönnt hat. Justin Gideon Njinmah gab sein Profidebüt für den BVB (69. für Özcan), kurz zuvor kam auch Youssoufa Moukoko zu weiteren Einsatzminuten (59. für Brandt). Auf dem Spielberichtsbogen konnten sich die beiden Offensivspieler aber nicht weiter verewigen. Im Gegensatz zu Haidara, der kurz vor Schluss den 3:0-Endstand für Leipzig markierte (84.).
Das größte Problem an diesem Auftritt ist nicht die Niederlage an sich. Klar, gegen das Brausekonstrukt verlieren wir alle nicht gerne. Die Tabellensituation ist durch die Niederlage auch nicht spürbar schlechter geworden.
Die Art und Weise, wie die Mannschaft aufgetreten ist, bringt mich persönlich auf die Palme. In den direkten Duellen fehlte es dem BVB oft an Durchsetzungskraft – wenn man denn in die direkten Duelle gekommen ist. Meist hatte man das Gefühl, dass die Leipziger im Kopf und in den Beinen immer einen Schritt schneller, einen Schritt weiter sind als Schwarz-Gelb. „Fünf, sechs gute Minuten“ reichen eben nicht gegen Leipzig, so Terzic auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Der 39-Jährige gab sich keine Mühe, seine schlechte Laune oder seine Enttäuschung über den Auftritt seiner Mannschaft zu verstecken.
Vielleicht war Terzic da schon bewusst, dass dem BVB mit so einer Einsatzbereitschaft eine schwere Woche bevorstehen wird. In der Champions League muss der BVB am Mittwoch (14.9, 21 Uhr) das äußert schwierige Auswärtsspiel bei Manchester City bestreiten. In der Bundesliga wartet kommenden Samstag (17.9, 15:30 Uhr) mit dem Heimderby das Spiel aller Spiele auf seine Mannschaft. Selbst gegen den Aufsteiger aus Gelsenkirchen wird der BVB mit so einer Leistung deutlich Probleme kriegen. Mit acht Toren in sechs Spielen haben Schalke und Dortmund in der Bundesliga gleich viele Tore erzielt.
Rose trotzt der Statistik
In meinem Freundeskreis sind nicht gerade Jubelströme ausgebrochen, als Leipzig zu Beginn der Woche den bis dato Noch-Trainer Domenico Tedesco entlassen hatte. Wir alle hatten die Hoffnung, dass Tedesco Leipzig in die zweite Liga führt. Schade, war wohl nichts. Stattdessen zog RB die Reißleine und installierte zwei Tage vor dem Aufeinandertreffen Marco Rose auf der Cheftrainerposition.
Hand aufs Herz: Wer von Euch hat auch das Gefühl, dass die Mannschaft mit einem neuen Trainer irgendwie fast immer ihr erstes Spiel gewinnt? Ich zumindest hatte immer dieses subjektive Gefühl. Im BVB-Forum hat User Freyer das vor wenigen Tagen mal für die letzten 14 Jahre unter die Lupe genommen - und siehe da: Die Bilanz von neuen Bundesliga-Trainern bei ihrem ersten Pflichtspiel ist dabei gar nicht so positiv, wie ich bisher angenommen habe.
In dieser Zeitspanne gab es 146 Trainer, die während einer Saison neu dazu kamen und mindestens ein Spiel aktiv an der Seitenlinie betreuten. Dieser Wert schließt Trainer und Interimstrainer ein. Die Bilanz der Neu-Trainer ist dabei doch deutlich negativer, als ich bisher angenommen habe: 48 Siegen stehen 60 Niederlagen gegenüber. 38 Mal trennten sich die Mannschaften Unentschieden. Marco Rose und „RasenBallsport“ Leipzig war diese Statistik wohl ebenfalls nicht bekannt. Nach dem 3:0-Sieg der Leipziger über den BVB steht die oben genannte Bilanz nun bei 49 Siegen.