Spielbericht Profis

Adrenalinjunkies

06.10.2022, 17:42 Uhr von:  Nina T.
Ansicht im des Stadion auf den Rasen aus dem Fanblock
Estadio Ramón Sánchez Pizjuán

Unsere Jungs scheinen einfach echte Adrenalinjunkies zu sein: Langweilig und entspannt widerstrebt ihnen wohl. Für die mutigen, mitgereisten Fans gilt das offensichtlich gleichermaßen. Unser Spielbericht zum Champions-League-Auswärtsspiel beim FC Sevilla.

Unser Spiel gegen den FC Sevilla begann mit einer Schweigeminute für die Opfer der Katastrophe im Kanjuruhan-Stadion in Indonesien. Für unsere Borussia starteten:

Alex Meyer - Raphael Guerreiro - Nico Schlotterbeck - Niklas Süle - Thomas Meunier - Emre Can - Salih Özcan - Jude Bellingham (C!!!) - Julian Brandt - Karim Adeyemi - Youssoufa Moukoko

Die Prophezeiung von Julian Brandt

Tony sein Knoten wird platzen.


Julian Brandt, Pressekonferenz vor dem Spiel

konnte also zunächst nicht wahr werden. Trotzdem schön, dass er mittlerweile schon so fließend unsere Sprache spricht. Unser Topstürmer “Moretti” war wohl doch nicht fit, anders lässt sich sein Fehlen in der Aufstellung nicht erklären, nachdem Edin Terzic auf der Pressekonferenz noch ankündigte

Wenn er nicht verletzt ist, nehmen wir ihn.


Edin Terzic, Pressekonferenz vor dem Spiel

Direkt nach drei Minuten senste Gudelj Karim Adeyemi aus vollem Lauf um und sah dafür die gelbe Karte. Damit war die Richtung dann auch vorgegeben… Zur Belohnung dafür traf Raphael Guerreiro, nach einem sehenswerten Diagonalball von Jude Bellingham, in der sechsten Spielminute wunderschön zum 1:0. Alex Meyer zeichnete sich in der zehnten Minute gleich zweifach aus, indem er Abschlüsse von El-Nesyri beide parierte und unsere Führung sicherte.

Ich saß da und dachte

Scheiße, wir führen zu früh...


Nina, in der Anfangsviertelstunde

Es bleibt ihnen noch jede Menge Zeit, mit ihrem Mut der Verzweiflung entweder zumindest Spieler kaputt zu treten oder sogar Tore zu schießen.

VARwirrung

In der 21. Spielminute hätte Salih Özcan frei Richtung Tor laufen können, aber El-Nesyri brachte ihn durch Halten am Arm zu Fall. Aber Rot oder kein Rot, das war die Frage... Der Weg von "Überprüfung rote Karte" zu "Freistoß Sevilla" war am Netradio wie ein Mystery Hörspiel. Was sollte das?

Ah, es gab ein Foul vorher... Adeyemi hatte Navas am Fuß getroffen.

Ja, und? War das jetzt eine krasse Fehlentscheidung vom Schiedsrichter, dieses Foul zu übersehen? Ich meine, in der Vorbereitung eines Tors begreife ich ja noch, dass man sich durch ein Foul einen unfairen Vorteil verschafft. Aber eine rote Karte ist kein Tor. Die bekommt man im Zweifel auch noch nach Abpfiff eines Spiels, wenn man sich besonders kacke verhält. Oder hat das Schiedsrichtergespann so weit in eine theoretische (weil ja vom Foul durch El-Nesyri verhinderte) Zukunft geblickt, dass man das hypothetische, nicht gefallene Tor mit geprüft und nicht gegeben hat und sich deswegen für Freistoß Sevilla entschied? Andernfalls ist es einfach nur KEINE rote Karte, aber immer noch unser Freistoß. VARscheinlich hab ich einfach keine Ahnung…

Morgenluft schnuppern

Nach 33 Minuten lassen wir spektakulär das 2:0 liegen: Adeyemi spielte vom Fünfmeterraum ins Zentrum, leider zunächst in den Rücken seiner Mitspieler, aber Moukoko kann abschließen, doch sein Schuss wurde geblockt und Meunier schießt der Ball aus spitzem Winkel deutlich am Tor vorbei.

Auch wenn wir in der Folge immer wieder zu Chancen kamen, nichts davon wurde zwingend und Sevilla kam immer besser ins Spiel. Mitten in deren bester Phase schoss Jude Bellingham das 2:0! Ein schneller, direkter Angriff in der 41. Minute mit doppeltem Doppelpass von Salih und Rapha und der Kapitän tanzt noch eben Gudelj aus und trifft flach ins rechte Toreck. Zum Jubel lief er zu Edin Terzic!

Das was Jude gemacht hat, war eine schöne Geste mir gegenüber, aber der Grund dahinter, der bleibt bitte privat.


Edin Terzic, Pressekonferenz nach dem Spiel

Zwei Minuten später zauberte Youssoufa Moukoko: Ballannahme!!! Ballmitnahme!!! Nur seinen durchaus guten Abschluss konnte der spanische Torhüter Bono noch nach vorne abwehren. Dort stand jedoch Karim Adeyemi, der mit seinem ersten Champions-League-Tor für Borussia Dortmund zum 3:0 traf.

In der 45. Spielminute erwischte Julian Brandt leider den Ball nicht richtig, es hätte das 4:0 noch vor der Halbzeit sein können. In der Nachspielzeit räumte Carmona Jude Bellingham rüde ab, weder gab es einen Freistoß, noch sah er eine gelbe Karte dafür, obwohl der Schiedsrichter gute Sicht auf die Szene hatte! Sevilla war eindeutig noch frustrierter als zuvor. Zum Abschluss der ersten Halbzeit setzte Raphael Guerreiro nochmal Julian Brandt in Szene, der jedoch vergab.

Die Spanier schickten ihre Mannschaft mit einem Pfeifkonzert in die Kabine.

Bevor es langweilig wird

In der Halbzeit wechselte Sevilla Montiel für Navas und Lamela für Suso ein. Sechs Minuten nach Wiederanpfiff: Tor für die “hirntoten” Spanier... Echt, ey, wir hätten doch nur noch mit einem Tor “den Stecker ziehen” müssen. Da hatten wir also zumindest die komatösen Tribünen wieder geweckt. Unsere Jungs scheinen einfach echte Adrenalinjunkies zu sein: Langweilig und entspannt widerstrebt ihnen wohl.

Immerhin kreierte Youssoufa direkt im Gegenzug mit einem Traum-Solo die Chance zum 4:1 und scheiterte aus 13 Metern am Torwart der Spanier.

Trotzdem lief die Wiederbelebung Sevillas. Die Statistik zeigt es mit 20 Torschüssen für Sevilla und 19 für uns. Nach Chancen in der 56. und 58. Minute für die Spanier, war es wieder Youssoufa, der in der 60. Spielminute nach einem Steilpass von Thomas Meunier knapp über die Torlatte schoss.

Nach 62. Spielminuten kam Thomas Delaney (Hallo!) und Gomez für Rakitic (guter Tausch) und Isco aufs Feld. In der 64. Minute wechselten wir Donyell Malen für Karim Adeyemi ein. Vier Minuten später sah Lamela Gelb für ein Foul an Salih.

Nachdem Jordan Donny in der 69. Minute foulte, kam es zu einem Handgemenge, Salih schubste zwar nicht als einziger, sah jedoch als einziger die gelbe Karte dafür. Nun ja. Die Linie des Schiedsrichter-Teams war speziell am gestrigen Abend.

In der 71. Minute spielte Thomas Meunier Donny Malen frei, der sich zwar durchsetzte, aber nur noch im Fallen abschließen konnte… In der Mitte wäre Youssoufa völlig frei gewesen, sehr, sehr schade, hätte er sich doch für seine Leistung ein Tor absolut verdient gehabt. Zwei Minuten später kam auch Sevilla wieder zu einer guten Chance, Thomas klärte vor Gomez.

Sack zu

Youssoufa Moukoko flankte in der 75. Minute, ganz fantastisch auf den völlig freistehenden Julian Brandt, der - Achtung! - per Kopf den Ball zum 4:1 im Tor der Spanier versenkte. Damit war der Sack endlich zu!

In der 77. Spielminute wechselte Sevilla Dolberg für Jordan ein und Borussia Dortmund tauschte drei Minuten später Anthony Modeste für Youssoufa Moukoko und Tom Rothe für Raphael Guerreiro. Ein bisschen Bundesliga dürfte dabei schon im Hinterkopf gewesen sein… Nach 85. Minuten wiederholte sich die Geschichte: Donny Malen wird steil geschickt, schließt selbst ab und vergibt, obwohl mit Tony ein anderer deutlich besser postiert war. In der gleichen Minute kamen noch Thorgan Hazard für Julian Brandt und Antonios Papadopoulos für Salih Özcan auf den Platz. Sevilla war jedoch noch nicht fertig, sodass Alex Meyer sich erneut auszeichnen konnte: Die Flanke von El-Nesyri in der 86. Minute blockte zunächst Niklas Süle, den folgenden Abschluss von Dolberg lenkte Alex im Team mit der Querlatte über das Tor. Drei Minuten später musste er einen Distanzschuss von Gomez über die Querlatte lenken.

So ein 5:1 hätte möglicherweise für mehr Ruhe in der Schlussphase gesorgt.

Der Frust bei Sevilla saß so tief, dass Salas noch in der Nachspielzeit für einen Bodycheck an Jude die gelbe Karte sah.

Nichts geschenkt

Unsere Mannschaft feierte den verdienten, aber hart erarbeiteten Sieg nach dem Abpfiff mit den Fans. (Der Gästeblock war zwar durch die Verbote von Megafon und Trommeln stark eingeschränkt, aber trotzdem auch im Spiel immer zu hören gewesen.)

Und die mutigen, mitgereisten Fans feierten - was ich bisher gehört habe - unbehelligt von der spanischen Polizei noch bis spät in die Nacht.

Trotzdem waren diese drei Punkte nicht gerade preiswert. Auch Edin Terzic wies ausnahmsweise darauf hin, dass uns neun Spieler fehlten. Wie wir das Spiel überstanden haben, wird sich noch zeigen. Der Trainer bemerkte nach dem Spiel treffend

Ich muss morgen erstmal mit'm Doc reden.


Edin Terzic, DAZN-Interview nach dem Spiel

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