Wenn Zwei das Gleiche tun
Passenderweise am Rosenmontag wurde der Wechsel von Marco Rose zum BVB zur neuen Saison bekannt. Die Begleitmusik aus Gladbach zu dieser Personalie war jedoch äußerst mimosenhaft.
Die Katze ist aus dem Sack. Passenderweise am Rosenmontag verkündete erst Borussia Mönchengladbach, dass ihr aktueller Trainer Marco Rose den Verein im Sommer aufgrund einer vereinbarten festen Ablösesumme den Verein Richtung Borussia Dortmund verlassen wird. Wenig später bestätigte der BVB offiziell die Verpflichtung.
Diese Verpflichtung wird manchen BVB-Fan noch etliche Stunden beschäftigen. Inwieweit passt der vorhandene Kader zum von Rose bevorzugten Spielstil mit deutlichen Pressingelementen, welche Gestaltungsmöglichkeiten hat der BVB und nicht zuletzt – wie wirkt sich die jetzt sicherlich nicht gefestigte Stellung von Edin Terzic auf die Leistung bis zum Saisonende aus? Zumindest beim letzten Punkt kann man etwas beruhigter sein. Viel Luft nach unten ist ja nicht mehr und solange unsere Ballvirtuosen nicht anfangen, vor dem Gegner wegzulaufen, wird man zumindest den Status quo halten können. Alles wichtige Themen. Aber kommen wir mal zu einem anderen Punkt: Borussia Mönchengladbach und das ziemlich bigotte und weinerliche Verhalten des Vereins rund um diesen Wechsel.
Da wäre zuallererst Gladbachs Sportdirektor Eberl zu nennen, der noch vor kurzem die Wechselgerüchte um Marco Rose und Spieler Florian Neuhaus als „respektlos“ bezeichnete. Kann man grundsätzlich nachvollziehen, weil dieses permanente Mediengeraune die Arbeitsatmosphäre vergiftet und die Position der betreffenden Personen untergräbt. Dennoch hätte Eberl sich besser daran erinnert, als er nicht nur verkündete, dass Rose den Verein verlässt, sondern gleich noch hinterher schob, dass er sich für den BVB entschieden habe. Gut, das war dann jetzt das am besten gehütete Geheimnis nach Area 51, aber es liegt einfach nicht in seinem Bereich, wie eine beleidigte Leberwurst Personalentscheidungen von Borussia Dortmund zu verkünden. Das war mindestens ebenso respektlos gegenüber Marco Rose, Edin Terzic und Borussia Dortmund.
Beim Gladbacher Anhang hat Roses Reputation spätestens zu dem Zeitpunkt gelitten, als er das Derby gegen Köln mit der Tuchel-Gedächtnisrotation in den Sand setze. Vermutlich würde man ihm seinen Weggang dann auch nur halb so krumm nehmen, wenn er nicht ausgerechnet zu uns wechseln würde. So erklärte der Vorsitzende des Gladbacher Fanprojekts Thomas Ludwig:
[…] weil Dortmund, das eigentlich schon längst aus der Niebaum-Ära insolvent sein müsste, immer noch mit Geld um sich werfen kann und, wenn es denn so käme, zum wiederholten Male (Herrlich, Reus) ein zartes Pflänzchen des Erfolges bei unserer Borussia wieder rausreißt."
Mal ein kleiner Faktencheck, Herr Ludwig? Heiko Herrlich ist mitnichten ein Gladbacher Eigengewächs, sondern wurde zur Saison 93/94 von Bayer Leverkusen verpflichtet. Wie übrigens gleich sieben weitere Spieler seit 1993 – wenn man den Betrachtungszeitraum so weit spannen möchte. Neben Herrlich waren das durchaus namhafte Spieler wie Christoph Kramer, Josip Drmic und Oliver Neuville. Im gleichen Zeitraum wechselten vier Spieler vom Bökelberg ins Westfalenstadion. Braucht hier jemand ein Taschentuch, um seine Krokodilstränen abzutupfen?
Überhaupt mutet diese Mimosenhaftigkeit gerade in der Personalie Marco Rose lächerlich an. Der Trainer wurde selber unter Nutzung einer Ausstiegsklausel von Red Bull Salzburg nach zweijähriger Tätigkeit verpflichtet. Dabei hatte man einen gültigen Vertrag mit Dieter Hecking, dessen solide-biedere Art Fußball spielen zu lassen nicht mit den Träumen von der Wiederkehr zur alten Größe in den 70ern passen wollte. So entschied man sich kurzerhand für die perspektivisch mutmaßlich bessere Lösung Rose und legte Hecking aufs Eis. Und dann beschwert man sich ernsthaft, wenn Rose seinerseits ähnlich verfährt und Perspektive vor Loyalität stellt? Braucht man gar nicht groß diskutieren, dass das ein Verhalten ist, bei dem Fußballromantiker einen Brechreiz verspüren. Aber man sollte in den Wald auch eben nur hineinrufen, wenn man das Echo vertragen kann.
Am Ende Verhalten sich alle wohl „branchenüblich“. Daran kann, muss man vielleicht sogar Fundamentalkritik üben – dann aber auch mit Selbstreflexion.