Tag der Legenden
Auch wenn man sich ein Stück weit dran gewöhnt hat, ein leeres Fußballstadion ist ein trauriger Anblick. Erst Recht wird das am Samstag gelten, wenn sich drei Vereinslegenden gleichzeitig von unserer Borussia, oder gleich ganz dem Profifußball verabschieden.
Mag das Westfalenstadion noch so bekannt sein, sein Ruf, so ehrlich sollten wir sein, hat in den letzten Jahren schon ziemlich gelitten. Es waren nicht sehr viele Spiele, in denen wir die Wucht dieser riesigen Schüssel wirklich entfachen konnten und mehr als einmal sind wir alle nach Hause gegangen mit dem Gefühl, dass die Stimmung eigentlich eher mau war. Dennoch gibt es eine Sache, die wir jederzeit richtig gut konnten: verdiente Helden des Vereins würdig zu verabschieden. Jan Koller wurde so intensiv gefeiert, dass die Fans seines neuen Arbeitgebers Nürnberg schäumten, mit Florian Kringe bekam der „Fette mit die Sechs“ einen ebenso fetten Abschied und bei Neven Subotics Rückkehr mit Union Berlin flossen manche Tränen.
Und so ist der Umstand, dass am nächsten Samstag coronabedingt erneut keine Fans im Stadion anwesend sein dürfen, doppelt traurig. Mit Marcel Schmelzer, Lukasz Piszczek und Sven Bender beenden gleich drei Akteure der goldenen Zeit zwischen 2010 und 2013 ihre aktive Karriere, oder zumindest ihre Zeit in schwatzgelb.
Genau genommen hatte auch „Manni“ schon seinen besonderen Moment vor der Süd, aber jemand, der wortwörtlich, so viele Gesichtsknochen für unseren Verein kaputtgekämpft hat, kann gar nicht genug gefeiert werden. Selbst wenn er im Dress eines anderen Arbeitgebers aufläuft. Wenn man nach dem einen „Bender-Moment“ fragt, werden die allermeisten Leute ohne zu zögern mit einem „die Grätsche im Pokal gegen Bayern“ antworten. Ohne Frage, der wohl wichtigste Baustein zum späteren Titelgewinn. Die Bayern führten 2:1 und spielten uns an die Wand. Nach einem Querpass von Lewandowski musste Robben eigentlich nur noch zur Vorentscheidung in das fast leere Tor einschieben. Und während sich ganz Fußballdortmund schon bedröppelt abwendete, packte Bender die lange Sense aus und grätschte den Ball an den Pfosten. Eine Szene, die so viel über ihn als Typen aussagte. Niemals aufgeben, immer alles raushauen. Diese Einstellung passte, wie man im Ruhrpott sagt, wie der Arsch auf Eimer zu Jürgen Klopp und so war es nur zwangsläufig, dass er nach seinem Wechsel von den Münchener Löwen zu uns im Jahr 2009 ein untrennbarer Bestandteil der jungen Rasselbande wurde, die uns allen wohl die geilste Zeit, die man als Fan erleben kann, geschenkt hat.
Zusammen mit Nuri Sahin bildete er das Herzstück der 2011er Meistermannschaft und räumte alles kompromisslos ab, was die erste Reihe der „Pressingmonster“ übrig ließ. Hart gegen den Gegner, hart gegen sich selbst – aber immer fair und offen. Dass er nicht gerade zu den Filigrankünstlern gehörte, gestand er damals auch freimütig ein:
„Von mir wird man keine Zauberstücke und Jahrhundertpässe sehen. Das ist Nuris Part.“
Was Sahin so jedoch nicht stehen ließ und auf Benders Übersteiger im Spiel gegen Köln verwies und erklärte, dass diese Szene in jeden Jahresrückblick gehöre.
Die Schattenseite seiner Spielweise besteht in einer eindrucksvollen Anzahl von Verletzungen und Ausfällen. Brüche, Risse, Prellungen – kein Wunder, dass er und sein Bruder im Alter von 32 Jahren zu dem Schluss gekommen sind, dass es Zeit ist, die zehrende Karriere zu beenden.
Es kommt nicht von ungefähr, dass mit Schmelzer, Piszczek und Bender gleich drei Spieler hoch im Kurs stehen, die nicht als Torjäger, Edeltechniker oder Lautsprecher in Erinnerung bleiben, sondern unermüdliche Arbeiter und Kämpfer. Wann immer die berühmte „DNA“ eines Vereins angeführt wird, meint man damit genau diese Spieler.
Am Ende der Appell an die Vereinsführung, zu einem späteren Zeitpunkt für alle drei noch einmal den großen Abschied vor vollbesetzten Rängen zu ermöglichen und ihnen die große Bühne zu geben, die sie verdient haben. Legenden werden standesgemäß verabschiedet – auch das ist Teil unserer DNA.
PS: An dieser Stelle auch ein Gruß an den Bruder Lars Bender, der zwar nie für uns gespielt hat, aber als ebenso untadeliger Kämpfer und Sportsmann im ganzen Land bekannt ist. Ebenfalls alles Gute für die Zukunft und Respekt für eine großartige Karriere.