Dietmar Hopp… oder: was kümmert mich mein Geschwätz von gestern
Neues-Altes von Dietmar Hopp. Warum er ein Thema wieder aufwärmt, das eigentlich keins mehr war.
Es war ein sehr denkwürdiges Aktuelles Sportstudio, das Anfang April über die Mattscheiben flimmerte. TSG-Mäzen Dietmar Hopp durfte dort via Videobotschaft von Moderator Jochen Breyer, der zufällig zu Jahresbeginn auf Honorarbasis durch den Neujahrsempfang der TSG Hoffenheim führte, gestellte und im Vorfeld abgesprochene Fragen zu den Protesten gegen ihn beantworten. Zu einer Zeit, in der die Welt längst schon voll in die Pandemie schlitterte und mit Sicherheit andere Probleme hatte, als das Ego von Herrn Hopp. Die Reaktion von Fanvertretern war dann mit „gibt momentan Wichtigeres“ auch ebenso knapp wie richtig. Dennoch blieb ein Satz des Mäzenen hängen:
„Ich will das alles vergessen, wenn es von nun an Geschichte ist“.
Nun ist es so, dass Dietmar Hopp ein Alter erreicht hat, indem man ihm eine gewisse Vergesslichkeit durchaus zugestehen darf und so verwundert es nicht vollends, dass das sozusagen das Vergessen vergessen hat. Wie anders ist es zu erklären, dass er jetzt, bar jeden Anlasses, das Fass in einem Interview mit Sport1 wieder ausführlich mit den alten Antworten auf die stichwortartigen Fragen von Gesprächspartner Reinhard Franke öffnet?
„Ich glaube nicht, dass über die Ereignisse mit dem Fan-Hass genug Gras gewachsen ist, das ist in zwölf Jahren nicht passiert und wird in den nächsten Jahren leider auch nicht so sein.“
Scheint
wohl eine schwere Nummer zu sein mit dem Vergessen. Kleiner Tipp vom
Hobbygärtner an den IT-Programmierer: wenn man selber immer wieder
und wieder über den frisch eingesäten Rasen trampelt, dann wächst
da an der Stelle auch für lange Zeit kein Gras.
Nun mag der ein oder andere antworten: „Ja, was kann Herr Hopp denn dafür, wenn ihm in einem Interview solche Fragen gestellt werden?“ Zum einen zeigt die Praxis im ASS, dass Hopp an vielen gelegen ist, aber mutmaßlich nicht gerade an kritischen Interviews, so dass zumindest der grobe Themenrahmen im Vorfeld abgesteckt gewesen sein wird. Sollte dem nicht so sein, hätte er einfach seinen eingangs erwähnten Satz aus dem ASS wiederholen und demonstrieren können, dass ihm seine damalige Aussage ernst war. Die Art der Argumentationsführung von Hopp lässt allerdings anderes vermuten.
„Wir bei der TSG sind ein Klub, der nicht Kommerz-Verein genannt werden darf. Schauen wir mal auf Borussia Dortmund, das ist inzwischen Kommerz pur. Oder richten wir den Blick nach Berlin, da sind viele Millionen im Umlauf. Ich freue mich für die Entwicklung bei der Hertha, aber ich kann nicht verstehen, dass ich auch von deren Fans attackiert werde.“
Eine ziemlich perfide Strategie, eine Behauptung aufzustellen, die so gar nicht gemacht wurde, nur um sie dann gegen die Gegenseite zu wenden. Gerade von Fanseite wird immer und immer wieder gegen die breite Überkommerzialisierung des Profifußballs gewettert und die eigenen Vereine werden von dieser Kritik nicht ausgenommen. In Sinsheim scheint man Fans für ziemlich blöde zu halten, wenn man ihnen nachsagt, nicht genau zu sehen, welche Wichtigkeit Umsatzsteigerungen, Erschließung neuer Fanschichten und eine kommerzfreundliche Ausgestaltung des Wettbewerbs bei jedem Verein einnehmen. Das betrifft den SV Sandhausen genauso wie den FC Bayern München – nur die Dimensionen unterscheiden sich.
Der Vorwurf an die TSG ist eben, dass sie kein „Kommerzverein“ sind. Die TSG ist nicht aufgrund eines wirtschaftlichen Handelns, oder besonders kluger, bzw. intensiver Kommerzialisierung von einem Dorfverein zu einem Teilnehmer der Europa-League geworden, sondern weil Dietmar Hopp sie mit externen Geld zugeschüttet hat. Sie haben sich nicht am Markt behauptet, sondern sich ihm einfach entzogen. Der Vorwurf an die TSG ist, dass sie nicht organisch gewachsen, sondern ein geldgepimpter Zombie sind. Die Bedeutung des Wortes Kommerz sollte Hopp ziemlich genau kennen, seine Geschäftstüchtigkeit konnte man z.B. am Verkauf von Roberto Firminho nach Liverpool erkennen.
Am Ende bleibt die Frage, warum Dietmar Hopp völlig grundlos dieses Thema wieder aus der Klamottenkiste hervorzieht und zu seinen Gunsten verdreht. Vielleicht hat eine Redaktionskollegin die wahrscheinliche Antwort am besten auf den Punkt gebracht:
„Er erinnert mich an einen unerzogenen Hund, der auf den Teppich kackt, wenn man ihn nicht beachtet."
Dazu fällt einem eigentlich nur ein zustimmendes „Wuff“ ein.