Spielbericht Profis

No Haaland, no Party

19.01.2020, 00:00 Uhr von:  Kevin
No Haaland, no Party

Das erste Pflichtspiel das Jahres verdient das Prädikat "spektakulär". Beim 5:3-Erfolg in Augsburg zieht Erling Haaland mit Lewandowski gleich – und schreibt Bundesligageschichte.

Eigentlich war die Geschichte des Erling Haaland in seinem ersten Spiel für Borussia Dortmund schon vorbestimmt. 2011 erzielte ein gewisser Robert Lewandowski in seinem ersten Spiel gegen den FC Augsburg drei Tore. Pierre-Emerick Aubameyang legte 2013 nach und erzielte ebenfalls drei Tore gegen die Fuggerstädter – in seinem ersten Spiel für den BVB überhaupt.

Nicht aufzuhalten: Erling Haaland

Auch Paco Alcácer erzielte 2018 in seinem ersten Aufeinandertreffen mit den Augsburgern einen Dreierpack. Und Erling Haaland? Der legte am Samstag unbeeindruckt nach und schoss – wie sollte es anders sein – in seinem ersten Spiel direkt drei Tore gegen den FC Augsburg. Damit ist der 19-jährige Norweger zugleich der jüngste Dreierpacker in der Geschichte der Bundesliga.

Dabei sah es bis zur Einwechslung Haalands in der 56. Minute alles andere als rosig aus für den BVB. Die Mannschaft lag zu diesem Zeitpunkt bereits 1:3 zurück. Nach zum Teil eklatanten Fehlpässen und Abwehrschnitzern waren die Dortmunder wieder drauf und dran, sich selbst zu schlagen. Unzählige ausgelassene Torchancen in Durchgang eins taten ihr übriges dazu. Auch das schnelle Gegentor zum 0:2 durch Marco Richter (46.) zu Beginn des zweiten Durchgangs wird wohl kaum einen Fan noch großartig überrascht haben.

Unsicherheitsfaktor Manuel Akanji

"Wir haben Augsburg zum Toreschießen eingeladen mit diesen einfachen Ballverlusten, die typisch für uns sind. Viele Spieler von uns verlieren vorne Bälle und wir sind dann hinten offen“, spricht Mats Hummels die Unkonzentriertheiten offen an. „Deshalb werden sich für uns noch viele Spiele wie heute auftun, in denen es hin und her geht und viele Tore fallen.“

Vor dem 0:1 spielte Thorgan Hazard einen folgenschweren Fehlpass genau in die Füße der Fuggerstädter. Vargas war auf und davon – Piszczek kam nicht mehr hinterher, in der Mitte ließ Hummels dann Niederlechner enteilen. Beim 0:2 sah Manuel Akanji nicht gut aus, als er den Ball direkt zu Marco Richter köpfte.

Das Abwehrverhalten ist insgesamt alles andere als gut. Das bezieht sich nicht nur auf die Abwehrspieler. Das macht mir Sorgen, muss ich ganz ehrlich sagen.


Michael Zorc

Auch das dritte Gegentor sollte aus einem individuellen Fehler resultieren. Zwar besorgte Julian Brandt nur wenige Minuten nach dem zweiten Gegentreffer den 1:2 Anschluss (46.). In der 55. Minute kam dann Manuel Akanji aber Florian Niederlechner in der Mitte nicht mehr hinterher, der mühelos zum 3:1 vollstreckte.

Wenig Hoffnung: Niederlechner und Co. bejubeln das 3:1 für den FCA

Die Abwehrschnitzer stießen auch BVB-Sportdirektor Michael Zorc nach dem Spiel übel auf: "Das Abwehrverhalten ist insgesamt alles andere als gut. Das bezieht sich nicht nur auf die Abwehrspieler. Das macht mir Sorgen, muss ich ganz ehrlich sagen. So wirst du am Ende deine Ziele nicht erreichen", mahnte der 57-Jährige.

"Das ist schwierig. Am Ende kann man die Dinge ansprechen, kann darauf hinweisen. Der Trainer tut es immer, wir tun es", warnte auch Sebastian Kehl. "Aber irgendwann endet auch dieser Bereich und dann ist der Spieler für seine Einstellung selbst verantwortlich und muss selbst überlegen, ob er alles dafür tut, in dem Moment auch da zu sein."

"Das Abwehrverhalten ist insgesamt alles andere als gut."

Als Lucien Favre dann in der 56. Minute Erling Haaland für Lukasz Piszczek brachte, sollte der Schweizer vom Fußballgott Gebrauch machen. Vielleicht kannte Favre die Statistik von Lewandowski, Aubameyang und Alcácer? Das ist nicht überliefert. Das Schicksal schlug jedenfalls postwendend zu.

Haaland war nur drei Minuten auf dem Feld, dann verewigte sich der Winterzugang bereits auf dem Spielberichtsbogen. Einen Steilpass schloss er mit dem ersten Ballkontakt per Direktabschluss ab. Kein weiteres dribbeln, kein Haken – einfach mal direkt aufs Tor geschossen.

Jadon Sancho sorgte für den Ausgleich

Zwei Minuten später stand der Gästeblock dann komplett Kopf, als Jadon Sancho auf 3:3 (61.) stellte. Sechs Minuten vorher lag der BVB noch mit zwei Treffern zurück. Jetzt hatten die jungen Wilden vorne drin alles wieder zurechtgebogen und gezeigt, welches Potenzial in der Mannschaft schlummert – wenn sich denn alle nur mal durchgehend für 90 Minuten konzentrieren würden.

Spätestens ab diesem Moment übernahm der BVB die Spielkontrolle wieder komplett und wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Die Hausherren schienen ob des Spielverlaufs geschockt und kamen nicht mehr richtig in die Partie. Die Dortmunder waren fortan den berühmten Schritt schneller – sowohl auf dem Rasen als auch im Kopf.

Vorbereiter Hazard und Torschütze Haaland bejubeln das 4-3

Das druckvolle Auftreten des BVB sollte sich bezahlt machen: Hazard spielte aus aussichtsreicher Position vor dem Tor nochmal auf den mitgelaufenen Haaland rüber. Ein bärenstarker und mannschaftsdienlicher Pass, den nicht viele so gespielt hätten. Der Norweger musste nur noch den Fuß hinhalten (72.). 4:3, Spiel gedreht – Party im Gästeblock? Mitnichten. Der Treffer wurde nochmal überprüft, eine mögliche Abseitsstellung beim Pass auf Hazard war der Grund. Der Treffer zählte, die positiven Emotionen im Gästeblock aber waren wegen der VAR-Untersuchung leider schon lange verflogen.

Voller Einsatz auch bei seinen Torjubeln

Für den 5:3-Schlusspunkt sorgte Haaland dann nach einem Pass von Reus in der 79. Minute. Der Angreifer nahm den Ball noch mit einigen kleinen Kontakten im Strafraum mit und schloss dann eiskalt ab.

"Heute war ein guter Tag, ich bin sehr glücklich", freute sich der Norweger nach dem Spiel, an das er "ganz entspannt" herangegangen ist. Nach diesem Jokereinsatz stellt sich die Frage, ob es bei Haaland konditionell im kommenden Spiel gegen den 1. FC Köln schon für 90 Minuten reichen wird. Die Frage konterte der Dreierpacker mit einer Gegenfrage: „Wie hat es für Sie ausgesehen?“

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