Unsa Senf

"Der Ficker fickt zurück"

22.02.2019, 09:52 Uhr von:  Sascha
"Der Ficker fickt zurück"

Man kann vom selbsternannten Randalemeister 2011 ja halten was man will, Choreos kann die Frankfurter Kurve aber wie wohl keine zweite. Was die Hessen diese Saison Runde für Runde im Europapokal aufs Parkett, bzw. die Tribüne zaubern, ist ganz großes Kino. Um so größer wird die symbolische Bedeutung des Aktes zum EL-Rückspiel gegen Donezk: die Choreo wurde abgesagt, die geplanten Folien lagen als trauriger Haufen zusammengeknüllt in einer Ecke des Stadions. Grund dafür ein Polizeieinsatz im Vorfeld des Spiels, der im Prinzip nichts weiter ist als eine sinnlose Aktion zum privaten Vergnügen des hessischen Innenministers Peter Beuth.

Dass Beuth kein Fan von Pyrotechnik ist und auch eher nicht so auf präventive Gesprächstherapie steht, ist hinlänglich bekannt. Von ihm kommt der Vorstoß, das Sprengstoffgesetz derart zu ändern, dass die Benutzung im Stadion zukünftig mit einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr sanktioniert werden könne. Ohne jetzt eine erneute Diskussion über Sinn und Unsinn von Pyro zu starten, ist diese grundsätzliche Law and Order-Gesinnung wichtig, um die folgende Aktion des gestrigen Abends zu verstehen. Im Vorfeld des Rückspiels gegen Schachtjor Donezk erklärte Eintrachts Präsident Peter Fischer, der für eine bodenständige Sprechweise bekannt ist, dass das Stadion am Abend „brennen“ müsse. Die Intention dahinter ist so schwer zu verstehen nicht. Alle sollen Vollgas geben und die Eintracht in die nächste Runde tragen.

Auf Seiten der Polizei verstand man das wohl eher als Aufruf, am Abend eine amtliche Bengaloshow abzuziehen und die verbliebenen Pyrovorräte abzufackeln. Dabei wird niemand, der sich auch nur ein bisschen mit Fanszenen auskennt, behaupten, dass Frankfurt völlig unverdächtig ist, was Feuer und Rauch angeht – in Deutschland wird allerdings in der Regel auswärts gezündelt, Pyroshows in der Heimkurve sind eher die große Ausnahme und werden nur bei „besonderen Anlässen“ vorgenommen. Dass die Zwischenrunde der Europa-League schon als besonderer Anlass zählt, um möglicherweise in der Folge eine Blocksperrung zu riskieren, kann man bezweifeln. Trotzdem reichte diese Interpretation von Fischers Aussage offenbar, um einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken und mit Sprengstoffhunden die Heimkurve zu durchsuchen. Das Ergebnis dieser Suchaktion: keinerlei Pyrotechnik.

Bei den Frankfurter Fans stieß diese Aktion natürlich auf wenig Verständnis und Gegenliebe und sie vermuteten hinter dem Einsatz politische und vor allem populistische Beweggründe des hessischen Innenministers Beuth. Flugs wurden Transparente gemalt, deren Inhalt mit Sicherheit nicht gerade auf Wohlwollen bei Herrn Knigge gestoßen wäre. Besonders ein Transparent mit der Aufschrift „Beuth, der Ficker fickt zurück“ stieß auf wenig Verständnis. In Polizeisprech wurde es als „unflätige und beleidigende Aussage zum Nachteil des hessischen Innenministers“ gewertet und eingezogen. In diesem Zusammenhang kam es, natürlich total überraschend, zu Auseinandersetzungen zwischen Fangruppen und Einsatzkräften. Darüber, wer dabei jetzt was, wo und wie gemacht hat, kann man als Außenstehender kein Urteil fällen, weil die Darstellungen auf beiden Seiten natürlich stark subjektiv geprägt sind.

Trotzdem stellt sich hier natürlich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der gewählten Mittel. Die Aussage war derb, keine Frage. Und trotzdem sollte ein Innenminister die Größe haben, so etwas locker wegzustecken, so dass die Polizei nicht als eine Art staatsfinanzierter Personenservice eingreift, um das Ansehen des Dienstherrn zu wahren. Vor allem, wenn der Betreffende selbst in der Vergangenheit bereits durch sehr zweifelhafte Aussagen negativ aufgefallen ist. Wer sich zum Beispiel im Rahmen einer Büttenrede über minderjährige Flüchtlinge lustig macht und dafür Applaus aus Reihen der AfD erhält, tut schon selber genug zum Nachteil des eigenen Ansehens. Einen ganz besonders bitteren Beigeschmack bekommt dieser Elan im Kampf gegen die Verfasser geschriebener Worte, wenn man bedenkt, dass von Frankfurter Polizeidienststellen, die somit natürlich in Beuths Zuständigkeitsbereich fallen, Faxe mit der Unterschrift „NSU 2.0“ verschickt werden.

Gibt genug andere Baustellen für das Innenministerium des Bundeslandes Hessen als unflätige Plakate. Aber die lassen sich eben einfacher bekämpfen.

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