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Karl-Heinz Rummenigge ist ein....

14.09.2016, 14:55 Uhr von:  Sascha
Karl-Heinz Rummenigge ist ein....
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Nach dem, nennen wir ihn mal so, Rückzug von Uli Hoeneß ist der Lippstädter Karl-Heinz Rummenigge der neue, starke Mann in München. In dieser Funktion erhält er eine Menge Aufmerksamkeit. Dabei steht die Quantität seiner öffentlichen Äußerungen nur selten in einem ausgewogenen Verhältnis zur Qualität.

Karl-Heinz Rummenigge ist ein wichtiger Mensch. Wenn er etwas sagt, dann ist das für viele Menschen von Interesse. Medien notieren sich seine Äußerungen, zeichnen sie auf und verbreiten sie in der Welt. Seine Worte erreichen die Öffentlichkeit.

Gleichzeitig ist Karl-Heinz Rummenigge ein sehr unwichtiger Mensch. Er redet viel, aber kaum jemand hört ihm wirklich zu. Nur wenige machen sich die Mühe, darüber nachzudenken, was er sagt. Er ist wie die Bahnlinie hinter dem Haus, die kontinuierlich Geräusche produziert, die man aber nach kurzer Zeit der Eingewöhnung gar nicht mehr wirklich wahrnimmt.

Zum Dritten muss Karl-Heinz Rummenigge auch ein sehr, sehr glücklicher Mensch sein. Eben weil er viel sagen darf, Beachtung findet, aber kaum jemand wirklich darüber nachdenkt, was er da sagt. Das ist doch toll für ihn. Seine Äußerungen sind nämlich all zu häufig hanebüchener Unsinn, grotesk oder schlicht und ergreifend falsch.

Häufig ist das ziemlich lustig, weil es nur um Randaspekte des Fußballs geht. Wie im Fall von Sebastian Schweinsteigers Ausbootung bei Manchester United. Es ist ja schon irgendwo rührend, wie er sich für das bayerische Eigengewächs und langjährigen Spieler ins Zeug warf und sich über die Art und Weise, mit der José Mourinho den „Schweini“ behandelt, echauffierte. „Bei Bayern München hat es das noch nie gegeben, und bei Bayern München wird es das auch nie geben.“ In Dortmund gibt es allerdings mittlerweile einen Spieler, der diese Selbsteinschätzung des FC Bayern als Arbeitgeber des Jahres nicht unbedingt teilen dürfte. Erst im Mai hat Rummenigge selbst im Kicker Mario Götze sehr deutlich einen Wechsel nahegelegt und nur bemüht verklausuliert erklärt, dass der Spieler beim Verein und dem neuen Trainer keine Zukunft mehr habe. Also eigentlich auch nichts anderes als das, was er bei Manchester angeprangert hat.

Dass der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München sich für seine Freunde mächtig ins Zeug legt, was generell natürlich ein lobenswerter Charakterzug ist, zeigt auch seine Unterstützung für Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach, denen er bescheinigte, echte „Ehrenmänner“ zu sein, weshalb es im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006 „keinen Anhaltspunkt“ gäbe, ihnen nicht zu glauben. Sowohl die Schweizer Staatsanwaltschaft als auch die Ethikkommission der FIFA scheinen da allerdings anderer Meinung zu sein. Aber vielleicht ist das letztendlich auch nur eine Definitionsfrage von „Ehrenmann“. Ein reicher Mann, der versucht, goldene Rolexuhren unverzollt einzuschmuggeln und dafür eine Vorstrafe erhält, ist da eventuell etwas großzügiger in der Betrachtung.

Und an diesem Punkt mit den Uhren ist auch die Grenze zum Spaßigen bei den Äußerungen des Lippstädters überschritten. Die Uhren waren ein Geschenk eines Freundes in Katar. Ein Land, zu dem er in seiner Funktion bei den Bayern eine enge Beziehung hat. Der ehemalige Trainer der Bayern, Pep Guardiola, ist WM-Botschafter für das Emirat Katar, die Bayern hielten zwei Mal ihr Wintertrainingslager dort ab und schwärmten von den hervorragenden Bedingungen vor Ort. Kritik dahingehend, dass aufgrund massiver Menschenrechtsverletzungen nicht alle Menschen von den Bedingungen in diesem Land begeistert sind, bügelte Rummenigge satt mit einem „Niemand sollte Dinge vermischen, die nicht zusammen gehören“ ab. Wie bitte? Was meint man an der Säbener Straße zum Beispiel, wer dort die Trainingsplätze gebaut hat, von denen man schwärmt? Wer dort all die Arbeiten ausführt, die die „hilfsbereiten Gastgeber“, welche extra lobend erwähnt werden, anordnen? All das ist eng mit Ausbeutung und Diskriminierung verbunden. Diese Vorwürfe werden auch gegen Qatar Airways erhoben. Das ist der Besitzer des Hamad International Airports in Doha, einem neuen Platin-Werbepartner der Bayern. Zudem gehört die Gesellschaft zu 50 % dem katarischen Königshaus. Der FC Bayern München bewirbt aktiv ein Land, in dem ausländische Arbeitnehmer bis hin zum Tode ausgebeutet werden. In dem Frauen massiv unterdrückt werden und im Falle einer Vergewaltigung mit einer Haftstrafe rechnen müssen. Dafür kassieren die Bayern Geld. Was für ein unfassbarer Zynismus, hier davon zu reden, dass man diese Beziehung nicht hinterfragen dürfe.

Dass es ihm im Grunde nur um Geld geht und der Zweck grundsätzlich die Mittel heiligt, ist meistens offenkundig. In der Erklärung zu den Änderungen an der Champions League, die er als Vorsitzender der European Club Association hielt, gab er das auch freimütig zu. Die neue Verteilung fester Startplätze an die Topligen und höhere Einnahmen zu Gunsten finanziell sowieso schon übermächtiger Vereine präsentierte er als „eine Evolution, keine Revolution“. Evolution klingt netter als Revolution, richtig? Revolutionen sind blutig und verlangen Opfer. Eine Evolution dagegen ist nett, dagegen kann niemand etwas haben. Dabei hat Rummenigge auch genau das richtige Wort gewählt. Was die Topvereine der UEFA hier abgepresst haben, ist eine Evolution im darwinschen Sinne. Es überleben die Vereine, die sich am besten sich ändernden Bedingungen anpassen können. Was sich im Fußball immer weiter ändert, ist der absurd hohe Geldbedarf – und die Vereine, die die höchsten Gelder generieren können, werden sich im Wettbewerb behaupten. Ganz unverblümt hat Karl-Heinz Rummenigge dort erklärt, worum es ihm und den anderen Spitzenclubs ausschließlich geht.

Vermutlich war ihm allerdings selbst gar nicht bewusst, wie offen er dort die eigentlichen Beweggründe ausgeplaudert hat. Schließlich erklärter er im Nachgang, dass „jeder“ davon „profitieren“ würde. Nein, das ist eben nicht das Wesen von Evolution. Neben einigen Gewinnern gibt es unzählig viele Verlierer. Fragt mal das Wollnashorn, den Australopithecus oder den Dodo. Im DFB-Museum am Bahnhof gibt es dann in zehn Jahren vielleicht auch eine Wanderausstellung über ausgestorbene Vereine, die Rummenigges evolutionäre Tätigkeiten nicht als Profiteure erlebt haben.

Wenn Karl-Heinz Rummenigge also das nächste Mal etwas sagt, dann hört zu. Hört genau zu und überlegt Euch, was er dort sagt. Dann wird schnell klar, dass er vor allem eins ist: ein sehr nerviger Mensch.

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