Spielbericht Profis

Sieg zum Start der Abschiedstournee

18.04.2015, 23:12 Uhr von:  Redaktion

Klare Ansage vor dem SpielDer BVB hat die erste Abschiedsvorstellung für Jürgen Klopp nach einigermaßen zähem Beginn am Ende doch deutlich mit 3:0 gewonnen. Auch im Stadion herrschte über weite Strecken eine eher geschäftsmäßige Atmosphäre , bis es dann am Ende doch noch emotional wurde. Die Befürchtungen, dass sich im Westfalenstadion ähnliche Szenen abspielen würden wie nach der Auflösung einer Boyband bewahrheiteten sich glücklicherweise nicht. Das könnte daran liegen, dass wohl doch eine Mehrheit der Stadionbesucher in ihren Herzen fühlt, dass die Beziehung zwischen Jürgen Klopp und dem BVB zurecht im Sommer geschieden wird und es jetzt nur noch darum geht, die Saison noch zu einem einigermaßen versöhnlichen Ende zu bringen. Ob das dann Jürgen Klopps Traum vom Borsigplatz sein wird oder der etwas schmucklosere Einzug in die Europa League wird sich zeigen. Mit diesem Sieg ist zumindest Letzteres in greifbare Nähe gerückt.

Part 1 der Jürgen Gott Abschiedstournee begann also mit einem Heimspiel gegen Paderborn. In der Hinrunde war diese Partie ein Knackpunkt gewesen, weil man den Gegner zunächst an die Wand gespielt hatte und mit 2:0 in Führung gegangen war, bevor man das Spiel nach der Verletzung von Marco Reus noch aus der Hand gegeben hat. Treter Bakalorz hat seitdem nur noch wenige Fans bei seinem alten Verein, obwohl Masse ist selten auch Klasseman ihm zugutehalten muss, dass wohl keine böse Absicht hinter seiner Attacke gesteckt hatte, sondern einfach nur sein mangelndes Bewegungstalent gepaart mit seinem ungestümen Temperament zum Tragen kam. Jedenfalls wollte André Breitenreiter den BVB-Fans die Chance nicht verwehren, Bakalorz mit einem ordentlichen Pfeifkonzert zu empfangen und stellte ihn in seine Startaufstellung. Bakalorz spielte allerdings so unauffällig, dass er offenbar auch unter dem Radar der Marco-Reus-Fans flog und dementsprechend keine Schmähungen erdulden musste.

Jürgen Klopp musste sein letztes Aufgebot ins Rennen schicken, auf der Ersatzbank nahm sogar mal wieder der eigentlich abgemeldete Milos Jojic Platz und auch Khaled Narey wurde neben Jeremy Dudziak von den Amateuren abgezogen. Einzig für die Offensive saßen mit Ramos, Immobile und Kampl zumindest von den Namen her hochklassige Alternativen in auf der Borussenbank. In der Startelf stand mal wieder Matze Ginter, der neben Ilkay Gündogan im Mittelfeld die Fäden ziehen sollte. Und, man kann es vorwegnehmen, so schlecht machte das teure Talent seine Sache nicht. Er beschränkte sich keineswegs aufs Zerstören, sondern schaltete sich immer wieder gefährlich in die Offensive ein.

Fahnenintro auf der SüdtribüneDas Vorprogramm wurde an Spieltag 1 nach Verkündung des Abschieds unseres angeblichen Sektenführers nicht umgestellt, allein der Name des Trainers wurde von den Tribünen besonders laut geschmettert. Dies war wohl auch ein Zeichen, dass es nur um den sportlichen Erfolg gehen sollte und nicht um Einzelschicksale. Genauso sah man das in Block Drölf wo schon zum Warmmachen der Spieler ein Transparent die Richtung vorgab: „Jetzt geht’s um den Verein und der ist größer als wir alle – Auf geht’s Dortmund Kämpfen und Siegen“. Jürgen Klopp sah das übrigens exakt genauso. Er wies nach dem Spiel ausdrücklich darauf hin, dass es noch drei Heimspiele bis zu seinem Abschied sind und es jetzt darum gehen müsse, die Saison ordentlich zu Ende zu spielen.

Erste Halbzeit

Breitenreiter hatte eine mutige 4-4-2 Aufstellung ins Rennen geschickt und Paderborn machte auch gleich deutlich, dass man sich hier nicht zu verstecken gedachte. Die erste Chance hatte aber dann doch der BVB durch einen Fernschuss von Ginter, der aber letztlich kein Problem für den Ex-Borussen Lukas Kruse im Tor des SCP darstellte. Schon nach 5 Minuten meldete sich Jürgen Klopp bei Mats Hummels und beorderte unsere Abwehrreihe weiter nach vorn. Bei eigenem Ballbesitz sollte die Innenverteidigung sich bereits in der gegnerischen Hälfte aufreihen. Hummels holte sich dann schon in der Anfangsphase eine gelbe Karte für ein hartes Einsteigen gegen Süleyman Koc ab. Da das aber erst seine Zweite in dieser Saison war und Dr. Brych danach den Karton für den Rest des Spiels stecken ließ, war das letztlich kein Problem.

Henrikh Mkhitaryan gegen Mario VrancicDie erste Ecke für den BVB gab es nach einem langen Ball von Hummels auf Kagawa. Die Flanke von Schmelzer kam nicht sonderlich präzise, aber der zweite Ball landete auf dem Kopf von Sokratis, der den Kasten nur einigermaßen knapp verfehlte. Dann versuchte es Gündogan mal aus der Distanz, verfehlte aber ebenfalls um einen halben Meter das Tor. Die Mannschaft zeigte auf jeden Fall den Willen, ihrem scheidenden Übungsleiter einen guten Abschied zu verschaffen, aber die Durchschlagskraft vor dem Tor fanden sie in der Anfangsviertelstunde des Spiels trotzdem nicht. Paderborn setzte aber auch immer wieder Nadelstiche, allerdings ohne sich echte Torchancen erarbeiten zu können. Nach zwanzig Minuten erarbeitete Kagawa einen Freistoß aus zentraler Position, aber Aubameyang setzte den Ball aus zwanzig Metern deutlich drüber.

In der 23. Minute fiel das vermeintliche 1:0. Ein wunderbarer Konter des BVB nach einem Freistoß der Paderborner. Gündogan schickte Aubameyang auf die Reise, der den Ball zu Kuba zurücklegte. Der wusste zwar nichts mit ihm anzufangen, aber irgendwie fiel der Ball Gündogan vor die Füße, der ihn trocken in die rechte untere Torecke schoss. Allerdings hatte Schiri Brych ein Foul von Blaszczykowski gesehen und versagte dem Treffer daher die Anerkennung. Im Stadion war auf jeden Fall nichts davon zu spüren, dass es wegen des anstehenden Klopp-Abschieds ein besonderes Spiel ist. Die Südtribüne blieb abgesehen von den Unentwegten in Block Drölf erstaunlich ruhig.

Kuba gegen Michael HeinlothDann folgte mal wieder ein kleiner Weckruf der BVB Spieler: Gündogan lupfte den Ball in den Strafraum, aber Aubameyang konnte ihn nicht ordentlich verarbeiten, so dass Hünemeier noch im letzten Moment den Ball ins Toraus spitzeln konnte. Beinahe hätte Hünemeier den Ball aber ins eigene Tor gespitzelt. Nur Sekunden später hatte Aubameyang die nächste Chance, flog aber knapp an einer Flanke von Durm vorbei. Dann bot sich ihm ein echter Hundertprozenter: Nach einem Steilpass lief er allein auf Kruse zu, versuchte dann aber den Paderborner Schlussmann zu überlupfen, was der aber gerochen hatte und den Ball mit einer Hand klärte.

Als nächster war dann Mkhitaryan dran, der eine Flanke technisch hochwertig annahm und aus der Drehung direkt schoss, das Tor aber knapp verfehlte. Ein typischer Mkhitaryan! Diese Szene stand sinnbildlich für seine Saison, an die er in der ersten Halbzeit nahtlos anknüpfte. Die Süd schlummerte währenddessen weiter vor sich hin und auch im Rest des Stadion verfolgte man das Geschehen auf dem Rasen weitgehend apathisch, so dass der kleine Haufen Supporter im Gästeblock gut vernehmbar war. Als man sich gedanklich schon in die Halbzeitpause verabschiedet hatte, schlug Schmelzer nochmal eine Flanke in den Strafraum und Shinji Kagawa gewann zwar den Kopfball, kam aber dann doch nicht zum Abschluss. So ging es nach einem weitgehend müden Kick in die Pause. Von großen Gefühlen war weder auf noch neben dem Platz viel zu spüren. Aubameyang hatte es zwar auf dem Fuß, den BVB in Front zu bringen, aber er präsentierte leider nur ein Panoptikum des Scheiterns vor dem Tor.

Zweite Halbzeit.

Henrikh Mkhitaryans 1-0 war der DösenöffnerJürgen Klopp blieb seiner Linie treu und wechselte nicht ohne Not zur Pause, auch wenn beispielsweise Mkhitaryan so gut wie nichts gelungen war und Aubameyang vorne drin sicher auch etwas Unterstützung gebrauchen konnte. Allerdings schickte der Trainer seine Mannschaft früh wieder auf den Rasen, während die Gäste lange auf sich warten ließen und dementsprechend mit einem Pfeifkonzert begrüßt wurden, als sie endlich den Platz betraten. Mkhitaryan brachte dann doch mal was zuwege, aber sein Flachschuss von der Strafraumgrenze war keine wirkliche Prüfung für Kruse. Für ihn persönlich schien das aber ein Signal gewesen zu sein, dass heute noch was gehen könnte.

Doch dann war es endlich so weit: Kuba machte das Spiel mal schnell und schickte Aubameyang über Rechts steil, der flankte an den kurzen Pfosten, wo ausgerechnet Mkhitaryan, den ich am liebsten in der Kabine gelassen hätte, relativ frei zum Kopfball kam und den Ball unhaltbar im kurzen Eck versenkte. Ein wirklich schöner Angriff von allen Beteiligten, aber insbesondere Mkhitaryans schulmäßiger Kopfball stach heraus. So eine konsequente Aktion vor dem Tor hätte man ihm gar nicht mehr zugetraut. Jetzt wachte auch die Süd endlich mal auf, wo kurz zuvor „Im Wagen vor mir“ noch komplett versandete, erschallte das „Supergirl“ wunderbar laut.

Jürgen Klopp wollte mehr und winkte seine Männer immer wieder nach vorn. Die nächste Gelegenheit vertändelte aber Aubameyang, der im Strafraum schlampig auf Mkhitaryan zurücklegte und so den Ballverlust provozierte. Dann eine interessante Eckballvariante: Kuba spielte kurz zu Schmelzer, der auf Mkhitaryan ablegte und der Armenier flankte vom Strafraumeck an den langen Pfosten, wo Hummels lauerte und den Ball per Kopf quer legte. Allerdings wusste Aubameyang mit dieser Vorlage mal wieder nichts Vernünftiges anzufangen.

Das 2-0 wurde mit dem Salto gefeiertBei nächster Gelegenheit machte er es allerdings besser. Ginter spielte den Ball steil und Aubameyang griff erneut zum Heber, ließ diesmal allerdings Lukas Kruse keine Chance. Der Gabuner sprang zum Jubel den Salto was wohl zu einem Gutteil seiner Erleichterung geschuldet war, endlich mal einen Ball im Tor untergebracht zu haben. Normalerweise braucht er jedenfalls nicht derartig viele Chancen, um zum Abschluss zu kommen. Jetzt war der BVB endgültig ins Rollen gekommen, Kuba, nach schöner Vorarbeit von Mkhitaryan, und Matthias Ginter vergaben kurz nach dem Treffer weitere hochkarätige Chancen und Paderborn konnte sich kaum mehr aus der eigenen Hälfte befreien.

Nach einer kurzen Phase des Schocks fanden die Gäste aber ihre Ordnung wieder und präsentierten sich erneut als einigermaßen gleichwertiger Gegner, allerdings ohne dem Tor von Roman Weidenfeller wirklich gefährlich näher kommen zu können. Gefährlich blieb weiter der BVB. Aubameyang erzielte vermeintlich seinen zweiten Treffer, aber diesmal soll der Gabuner bei der Flanke von Durm im Abseits gestanden haben. Die Fernsehbilder gaben diese Interpretation allerdings nicht wirklich her. Die Stimmung im Stadion kippt jetzt wieder ins frühjarsmüd-schläfrige. Während der Rest der Tribüne verstummte, konzentrierte sich der Stimmungskern darauf, fahnenschwingend ein gutes Bild abzugeben und eben dies auch zu besingen. Minutenlang erklang „wir halten deine Fahne hoch“. Positiv fand ich dann aber, dass sowohl Kuba wie auch Schmelzer bei ihren Auswechslungen mit Sprechchören gefeiert wurden. Nur Aubameyang wurde diese Ehre später nicht zuteil.

Shinji Kagawa komplettierte den TorreigenDann fiel wieder ein Treffer für den BVB. Durm fasste sich ein Herz und zog von der Strafraumgrenze ab. Kruse ließ den Ball zur Seite prallen und Kagawa vollstreckte aus spitzem Winkel. Aber diesmal sollte der Ball schon die Torauslinie überschritten haben, was Kagawas Schuss natürlich künstlerisch noch wertvoller machte, aber leider dazu führte, dass dem BVB auch ein drittes Tor aberkannt wurde. Das wollte Kagawa allerdings nicht akzeptieren und belohnte sich schon beim nächsten Dortmunder Angriff. Mkhitaryan schickte ihn mit einem Lupfer steil und frei vor Kruse behielt der kleine Japaner die Nerven und schob den Ball überlegt ein.

Kurz vor Schluss war dann doch Zeit große Gefühle. Jürgen Klopp wurde besungen und endlich sprang der Funke aus dem Süden auch mal auf die anderen Tribünen über, die sich erhoben und die Gesänge zumindest mit rhythmischem Klatschen begleiteten. Auch das anschließende „Dortmunder Jungs“ galt wohl noch dem Trainer, der in sieben Jahren längst im Ruhrpott heimisch geworden ist und dies wohl auch bleiben wird, wenn er seine Zelte längst woanders aufgeschlagen hat. Auch nach dem Abpfiff wurde Klopp weiter gefeiert, während er Marvin Bakalorz an seine Brust drückte, vermutlich um sich dafür bedanken, dass der ungestüme Mittelfeldspieler diesmal keinen Borussen kaputt getreten hatte. Doch als die Mannschaft sich vor der Süd aufreihte und weiter der Trainer abgefeiert wurde, nahm Klopp die Huldigungen nicht nur zur Kenntnis, sondern stachelte die Fans mit rudernden Armen dazu an weiterzumachen. So war dieses Spiel am Ende doch noch ein Besonderes geworden, doch am wichtigsten bleibt, dass es uns auch dem Nur gut gelaunte Gesichter nach Abpfiff vor der SüdtribüneMinimalziel Europa League einen ganzen Schritt näher gebracht hat. Nur noch einen Punkt ist der siebte Platz entfernt, der am Ende wohl für eine Qualifikation für die Qualifiaktionsrunde reichen dürfte. Das ist dann zwar nicht wie Meisterschaft, aber den Derbysieg haben wir ja auch schon.

Statistik

BVB: Weidenfeller - Durm, Sokratis, Hummels, Schmelzer (82. Dudziak) - Ginter , Gündogan - Blaszczykowski (75. Kampl), Kagawa, H. Mkhitaryan - Aubameyang (85. Immobile)

SCP: L. Kruse - Heinloth , Rafa Lopez, Hünemeier (82. Ziegler), Hartherz - Bakalorz , Vrancic - Koc , Ouali (56. Rupp) - Kachunga , Lakic (72. Vucinovic)

Tore: 1:0 H. Mkhitaryan (48., Kopfball, Aubameyang), 2:0Aubameyang (55., Rechtsschuss, Ginter), 3:0Kagawa (80., Linksschuss, H. Mkhitaryan)

Gelbe Karte: Hummels

80.667 Zuschauer im Westfalenstadion

Torschüsse: 21:2

Ecken: 5:3

Stimmen aus der PK

André Breitenreiter: Der Sieg war auch in der Höhe absolut verdient. Wir sind gut ins Spiel gekommen und haben in den ersten 30 Minuten kompakt Andre Breitenreiter reklamierte den siebten nicht gegebenen Elfmeterverteidigt und Nadelstiche gesetzt. Um hier was mitzunehmen, braucht man auch ein bisschen Glück. Wir haben aber einen klaren Elfmeter nicht bekommen. Nach der Halbzeit wollten wir so weitermachen, haben dann aber einen Fehler gemacht und das 1:0 kassiert

Jürgen Klopp: Mit der ersten Halbzeit war ich auch nicht unzufrieden. Wir haben gut gearbeitet und hatten Abschlüsse. Deshalb sind wir aus der Halbzeit auch mit einem guten Gefühl raus gegangen. In der zweiten Halbzeit haben wir besser verlagert und unser Timing war besser. Dann ist es auch normal das Gefahr entsteht. Nach dem 1:0 ging der Knopf auf und dann haben die Jungs richtig gut Fußball gespielt. Wir haben auch ein Tor gemacht, das kein Abseits war. Für uns war der Sieg superwichtig, das war ein Sechs-Punkte-Spiel. Ich wollte den Fans nach dem Abpfiff signalisieren, dass wir noch drei Heimspiele haben und jetzt nicht immer den Trainer feiern können. Die Leute waren heute aber außergewöhnlich, weil sie sich auf das wirklich wichtige eingelassen haben und das ist Fußball. Das war richtige Fußballatmosphäre und das war genau das, was die Mannschaft brauchte.

Web, 18.03+1.2015

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