Ein Tor wäre schön gewesen
Spiele gegen den HSV sind eigentlich schon Routine. Der Dino ist seit der Gründung dabei und so kennt man sich. Echte Neuerung war dann das moderne Stadion, das bald wieder Volksparkstadion heißen darf. Ein nicht ganz uncleverer Schachzug von Kühne. Dank Kühne hat es im Sommer auch die Initiative HSVplus geschafft und nun ist der Schalke 04 e.V. bald der letzte Verein in der höchsten deutschen Spielklasse.
Der sportliche Erfolg war dabei durchschlagend und so befindet sich der HSV auf direktem Weg zurück zu alter Glorie (Deutscher Meister wird nur der HSV). Als Reaktion auf die Ausgliederung zog sich die größte Hamburger Ultragruppe CFHH aus ihrem Block 22c und dem Stadion zurück. Übrig blieb Poptown in Block 25a. Was das für Auswirkungen auf die Stimmung hat, sollten die BVB-Fans sehen.
Im Vorfeld des Spiels kann man von einer entspannten Situation reden. Der Entlaster aus Dortmund wurde in entspannter, polizeilicher Atmosphäre in Empfang genommen und auch rund um das Stadion war Friede, Freude, Eierkuchen. Am Einlass wurden dann vom Ordnungsdienst bei der Anzahl von mitgebrachtem Tifo-Material zwei Augen zugedrückt. So kann Fußball eben auch funktionieren. Der Gästeblock erstrahlte dann auch im schönsten schwarz und gelb. Ganz übel hingegen ist die Trance- und Technobeschallung im Stadion. Wie in der größten Bauerndisko in Mönchengladbach – dabei hat die Stadt Hamburg eine lebendige, eigene Musikszene.
Traditionell tut sich der BVB seit ein paar Jahren schwer in Hamburg. Der BVB startete mit Weidenfeller im Kasten. Davor die nun gewohnte Kette mit Kirch, Subotic, Hummels und Schmelzer. Auf der Doppelsechs begannen Gündogan und Bender. Der langsam in Form kommende Mkhitaryan, dazu Kagawa und der fitte Reus bildeten das offensive Mittelfelf. In der Spitze sollte es Aubameyang richten.
Der HSV startete mit dem unverwüstlichen Drobny – Diekmeier, Djourou, Cleber, Westermann – Behrami, Jiracek – N. Müller, Stieber, Gouaida – Olic. Auffällig, dass van der Vaart nur auf der Bank blieb. So weit, so unspektakulär – alleine an der Aufstellung sieht man den Aderlass des HSV. Allerdings muss es ja nicht zwangsläufig schlecht sein, wenn man keine vermeintlichen internationalen Stars aufzubieten hat.
Ist die Stimmung eigentlich traditionell eher durchwachsen, entschied dieses Jahr der Gästeblock das Aufwärmen auf jeden Fall klar für sich. Die Hamburger Nordkurve ließ sich nur selten dazu herab, im Vorfeld die Farben gesanglich zu repräsentieren.
Das Spiel begann etwas zerfahren. Beide Abwehrreihen präsentierten sich mit einigen kleinen Wacklern, die reichlich Torraumszenen erwarten ließen. Doch beide Offensivabteilungen schlossen sich dieser Auffassung nicht an und so war die erste Halbzeit recht arm an Höhepunkten. Die erste etwas bessere Gelegenheit eröffnete sich dem HSV in der 25. Minute, als Gouaida eine Flanke von Müller nicht verwerten konnte. In der 18. und 20. Minute probierten es Aubameyang und Reus mit artistischen Hackenvorlagen, die aber nichts einbrachten.
In der 27. Minute schickte dann Oliver Kirch Aubameyang steil auf rechts, doch der Gabuner brachte den Ball nicht im Kasten unter. Ansonsten stach noch Behrami hervor, der sich seit der ersten Minute auf eine gelbe Karte bewarb und in der 31. Minute von Gagelmann dann den Lohn für seine Mühen bekam. Auffälligstes Element auf dem Rasen in Halbzeit eins war eine Choreographie von zehn Tauben im Formationsgang. Dazu musste der HSV in der 18. Minute verletzungsbedingt Djourou gegen Marcos auswechseln.
Auf den Rängen dominierte der schwarzgelbe Gästeblock nach Belieben. Wirklich traurig, was aus der Hamburger Nordkurve geworden ist. Das Fehlen von Block 22c macht sich doch massiv bemerkbar. Das sollte sich bis auf ein paar kleine Ausnahmen in Halbzeit zwei nicht mehr ändern. Nur wenn der Hanseat mal mit Peter Gagelmann nicht zufrieden war, kam etwas Feuer in den Volkspark. Das war nix.
Für die zweite Halbzeit hoffte man auf mehr Torchancen. Doch zu allererst musste man die Herausnahme von Kagawa (laut Klopp keine Verletzungsgründe) für Kampl registrieren. Bis zur 63. Minute war das Spiel dann wieder recht ereignisarm. Kampl, Reus und Aubameyang probierten es zwar, aber wirklich zwingend war da nichts. In der 63. Minute durfte Zoltan Stieber bei einem Freistoß Maß nehmen, doch der Ball war vor allem eine schöne Gelegenheit für Weidenfeller sich auszuzeichnen.
Jürgen Klopp gefiel die Ungefährlichkeit seiner Mannschaft wohl auch nicht und so brachte er Immobile und Blaszczykowski für Aubameyang und Mkhitaryan. Doch auch diese Wechsel sorgten kaum für Belebung im Offensivspiel. Erwähnenswert bis zur 88. Minute war dann ein Torschuss von Sven Bender (77. Minute, Seltenheit), die Gelbe von Cléber nach seiner zweiten ruppigen Aktion im Spiel und der Auftritt von Rafael van der Vaart. Während das Spiel nicht wirklich mitriss, führte der Holländer ein rund 10-minütiges Kasperletheater auf, das immerhin die Zuschauer hin und wieder mitriss.
Kurz vor dem Abpfiff drückte der BVB noch einmal und kam noch einmal zu Möglichkeiten. Drei Ecken kurz vor Abpfiff blieben erfolglos, ein Elfer hätte dem BVB wohl mehr geholfen. Der BVB hatte zwar deutlich mehr Spielanteile, aber wirklich zwingende Möglichkeiten waren echte Raritäten. Jürgen Klopp zeigte sich dann noch angefressen von der medialen Aufregung über ihn, Marcel Reif und etwaige Anstachelung. Am Ende fasste eine Zuschauerin mit den Worten „Ein Tor wäre schön gewesen“ irgendwie alles zusammen.
Weidenfeller: Ziel war es, verletzungsfrei hier raus zu kommen. In den letzten Jahren haben wir hier schlecht abgeschnitten, da können wir gegen den HSV auch mal mit einem Punkt leben. Dass wir spielerisch dem HSV überlegen waren, hat jeder gesehen. Der HSV steht mit dem Rücken zur Wand, da ist es klar, dass sie auch stärker auf den Mann gehen.
Hummels: Wir haben sehr viel Ballbesitz gehabt und gespielt in den 80 % des Spielfeldes, in denen es ungefährlich war. Dort, wo es gefährlichl wurde, haben wir uns sehr schwer getan. Das war das am wenigsten verrückte Spiel, an das ich mich gegen den HSV erinnern kann. Vor fünf Wochen hätten wir den Punkt sofort genommen, heute war es zu wenig.