Spielbericht Profis

1:0 - BVB im Glück und Pech zugleich

06.12.2014, 18:34 Uhr von:  Redaktion

Die Schweigeminute vor dem SpielDer BVB hat sich zurückgemeldet! Mit 1:0 (1:0) gelang gegen die TSG Hoffenheim ein erster wichtiger Befreiungsschlag im Tabellenkeller. Ein regelgerechtes Tor zum 2:0, das die Begegnung wohl frühzeitig in ruhige Bahnen gelenkt hätte, wurde dabei nicht anerkannt - dafür hätte kurz vor Schluss ein Elfmeter fast noch den so immens wichtigen Heimsieg gekostet.

Vor dem Spiel

Ein Blick in die einschlägigen Internetforen und sozialen Netzwerke unterstrich eines: Quasi die gesamte schwarzgelbe Fan-Schar war heiß wie lange nicht auf ein Spiel unserer Borussia. Es war im Vorfeld nichts zu spüren von dem Keil, den die dafür berüchtigten Medien versuchten zwischen Anhänger und Mannschaft zu treiben.

Und dennoch wich die Vorfreude allmählich der Anspannung, je näher das Spiel rückte. Die Anspannung wandelte sich in Nervosität. Der Zug Richtung Stadion setzte sich in Bewegung und es fühlte sich irgendwie an wie früher in der Schule der Weg zu einer Mathe-Klausur. Man wusste, es würde immer näher kommen und irgendwann befand man sich mittendrin - und versuchte dann das Beste daraus zu machen. Bloß nicht durchfallen!

Gedenkspruchbänder von DES'99 und TU01 für Alois SchefflerGänsehaut bereitete sich aus, als um 20 Uhr die Südtribüne lautstark die Mannschaft beim Aufwärmen anfeuerte. Eines stand fest: Die drei Punkte sollten an der Strobelallee bleiben, koste es, was die Kehle hergibt.

„The Unity“ richtete kurz vor dem Anpfiff noch freundliche Geburtstagsgrüße via Transparent an die Freunde von Brøndby IF - ein Verein, der am Mittwoch seinen 50. Geburtstag feiern konnte.

Einen weiteren Gänsehaut-Moment brachte die Gedenkminute für den kürzlich verstorbenen Alois Scheffler mit sich. Die Besucher der letztjährigen Mitgliederversammlung können sich noch an den bewegenden Moment erinnern, als Alois Scheffler einige Dankesworte nach seiner Ehrung für die 85(!)-jährige Vereinsmitgliedschaft mit den Worten „Einmal Borusse, immer Borusse“ schloss. Als Nobby dieses Zitat wiederholte, brandete tosender Beifall auf der Südtribüne und auch darüber hinaus im Stadion auf, der gedenkend wie stimulierend zugleich zu interpretieren war. Es war alles angerichtet für einen Heimsieg.

Taktik

Adrian Ramos kam neu ins TeamBVB-Trainer Jürgen Klopp reagierte auf das 0:2 in Frankfurt am vergangenen Sonntag und wechselte gleich auf fünf Positionen. Am überraschendsten dürfte der Wechsel im Tor gewesen sein, das von Mitch Langerak gehütet wurde. Dazu rutschten noch Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Ilkay Gündogan und Adrian Ramos in die Startelf für Erik Durm, Matthias Ginter, Kevin Großkreutz und Shinji Kagawa. Der BVB agierte aus einer 4-1-4-1-Grundformation, wobei sich Sven Bender regelmäßig oder seltener auch einmal Henrikh Mkhitaryan zurückfallen ließen auf die Höhe des Sechsers Sebastian Kehl. Hoffenheim agierte im klassischen 4-4-2 mit den Stürmern Sven Schipplock und Firmino.

Erste Hälfte

Die erste Hälfte ist relativ schnell abgehandelt. Der BVB agierte zwar optisch überlegen, doch zwingende Torchancen ergaben sich nicht. Die beste, weil einzige Chance verwerteten die Gastgeber auch gleich zum 1:0, als Ilkay Gündogan eine Flanke von Pierre-Emerick Aubameyang am zweiten Pfosten einköpfen konnte (17.). Ansonsten weist der Notizblock für den ersten Durchgang nur noch einen Schuss von Hoffenheims Sven Schipplock aus der zweiten Reihe auf, der jedoch recht deutlich links unten am Tor vorbeistrich (36.).

Zweite Hälfte

Jubel bei Ilkay Gündogan - Frust bei BaumannMit einem Paukenschlag begann dafür der zweite Durchgang. Einen Freistoß von Sebastian Rudy bugsierte Mats Hummels in höchster Not noch zur Ecke (46.). Doch wenige Minuten später hätte das Spiel schon vorentschieden sein können - und das sogar nach einer Ecke! Marcel Schmelzer brachte den Ball von links in den Strafraum, Sebastian Kehl verlängerte an den zweiten Pfosten, wo Pierre-Emerick Aubameyang den Ball über die Linie drückte. Doch das Schiri-Gespann um Felix Zwayer verweigerte dem Treffer wegen einer angeblichen Abseitsstellung Aubameyangs die Anerkennung. Eine deutliche Fehlentscheidung, wie die Fernsehbilder beweisen.

Doch der BVB ließ sich nicht beeindrucken und stürmte weiter nach vorne. Chancen ergaben sich fast im Minutentakt. Der formidabel aufspielende Ilkay Gündogan verfehlte das Tor vom Sechzehner (60.). Sekunden später schickte er Aubameyang tödlich in die Gasse, doch dieser fand seinen Meister in Hoffenheims Schlussmann Oliver Baumann (61.). Ramos vergab ebenso (62.) wie Hummels per Kopf nach einer Ecke (63.). Lukasz Piszczek schoss nach feiner Ablage von Ramos genau in die Arme von Baumann (74.). Ein 107 km/h schnelles Torpedo von Aubameyang wehrte Baumann in höchster Not zur Ecke (75.) und Henrikh Mkhitaryan schob auf Aubameyangs Zuspiel am langen Eck vorbei (76.).

Knifflig: Neven Subotic gegen Tarik ElyounoussiDas erlösende zweite Tor wollte einfach nicht fallen. Und das hätte sich plötzlich rächen können. In einem Zweikampf mit Neven Subotic ging Tarik Elyounoussi derart unglücklich zu Boden, dass man sich über einen Elfmeterpfiff nicht hätte beschweren dürfen (85.). Doch Schiri Zwayer zeigte stattdessen dem meckernden Sejad Salihovic die gelbe Karte. Und so war er dann nach weiteren Minuten des Zitterns endlich perfekt, der ersehnte Heimerfolg, den es nun in Berlin zu vergolden gilt.

Neben dem Platz

Ein Trauerspiel war wieder mal der Gästeblock der Hoffenheimer. Da erneut nicht das gesamte Kartenkontingent abgerufen wurde, verwandelte sich der Steherbereich zur Hälfte in weitere Sitzplätze. Lediglich eine schmale Zeile über der Bande sowie der äußere Bereich im Block firmierten als Stehplätze. Ein Trauerspiel und Armutszeugnis gleichermaßen. Aber machen wir uns nichts vor: So sieht wohl die Zukunft der Bundesliga aus. Mit Vereinen wie Heidenheim, Ingolstadt und Leipzig stehen die nächsten Kaliber dieser Art bereits vor der Haustür. Es gibt über 1899 Hoffenheim eigentlich nicht mehr zu sagen als die Botschaft auf einem „The Unity“-Transparent zu Beginn der zweiten Halbzeit auf der Südtribüne: „Auch im siebten Jahr gehört ihr nicht zum Inventar! Verpisst euch TSG!“

Statistik

Trainer Jürgen Klopp umarmt Mitch LangerakBVB (4-1-4-1): Langerak - Schmelzer, Hummels, Subotic, Piszczek - Kehl - Mkhitaryan, Gündogan (90.+1 Ginter), Bender, Aubameyang (90.+3 Immobile) - Ramos (83. Großkreutz).
TSG (4-4-2): Baumann - Kim, Bicakcic, Süle, Beck - Rudy (78. Elyounoussi), Polanski, Schwegler (78. Salihovic), Volland - Firmino, Schipplock (46. Modeste).
Tor: 1:0 Gündogan (17.). Schiedsrichter: Felix Zwayer. Zuschauer: 80.000 (ausverkauft). Gelbe Karten: Kehl, Ramos - Süle, Schwegler, Salihovic, Polanski.

Noten:

Mitch Langerak: War nicht gefordert. Note 3.
Marcel Schmelzer: Wirkte sicherer und bot mehr Stabilität als Erik Durm in der Vorwoche. Note 3.
Mats Hummels: Defensiv bärenstark, sein Spielaufbau tat dem Spiel gut. Note 2+.
Neven Subotic: Ging neben Hummels fast ein wenig unter, solide Leistung. Note 3-.
Lukasz Piszczek: Hinten wenig gefordert, nach vorne kaum Akzente. Note 3-.
Sebastian Kehl: Zeigte, was in den 90ern gerne als „Leitwolf“ bezeichnet wurde. Note 2.
Henrikh Mkhitaryan: Defensiv kampfstark, nach vorne mit guten Ideen, aber in der Ausführung oftmals fehlerhaft oder zu umständlich. Man wünscht ihm einfach mal ein Tor oder eine Vorlage, damit der Knoten wieder platzt und alle Kritiker Lügen gestraft werden. Note 4.
Mats Hummels feierte ein gelungenes ComebackIlkay Gündogan: Fantastische Pässe, das kreative Moment im Mittelfeld. Note 2+.
Sven Bender: Erledigte seine Arbeit gewissenhaft, ohne aufzufallen. Note 3-.
Pierre-Emerick Aubameyang: Sprühte vor Tatendrang, bereitete den Siegtreffer vor. Note 1-.
Adrian Ramos: War im Sturm bemüht, wirkte aber glücklos. Note 4.
Kevin Großkreutz, Matthias Ginter und Ciro Immobile ohne Note.

Stimmen zum Spiel

Markus Gisdol (TSG): „In der ersten Hälfte war es ein ausgeglichenes Spiel, beide Mannschaften haben die Räume eng gemacht. Der BVB hatte eine Chance und die führte leider zum Gegentor. Da waren wir schläfrig, da hat einer gepennt, der hätte mitgehen müssen. Da war es schwer zurückzukommen, aber wir hatten eine Chance direkt nach der Pause. In dem Moment wäre es mir lieber gewesen, wenn Mats Hummels nicht auf dem Platz gestanden hätte. Danach hat Dortmund sein Spiel machen können, das hat an alte Zeiten erinnert. Ich muss aber ganz klar sagen: Das ist ein hundertprozentiger Elfmeter, da muss auch keiner das Diskutieren anfangen. Es wäre ein glücklicher Punkt gewesen, aber der wäre möglich gewesen. Der Sieg ist aber trotzdem verdient.“

Emotional wie immer: Jürgen KloppJürgen Klopp (BVB): „Wir haben Glück gehabt beim Elfmeter und wahnsinniges Pech beim Abseitstor. Oliver Baumann wurde zu zwei Weltklasse-Paraden gezwungen. Ich denke, wir haben das Ding verdient gewonnen, mehr ist nicht passiert, die Atmosphäre war einzigartig, danke dafür, weiter geht’s. Über die Torhüterfrage habe ich mir noch keine weiteren Gedanken gemacht. Ich habe das nur für dieses Spiel entschieden. Und dieses Spiel war so riesengroß, das hat alle anderen Gedanken verdrängt. Ich habe mich aus dem Bauch heraus für Mitch entschieden. Ich wollte die Frische und Unbekümmertheit von Mitch auf dem Platz haben. Roman ist nichts vorzuwerfen, es war eine Entscheidung für heute. Wie ich mich beim nächsten Mal entscheide weiß ich nicht, da muss ich erst einmal darüber nachdenken, aber das habe ich noch nicht getan“

Daniel Mertens, 06.12.2014

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