Spielbericht Profis

Spiegelbild der Saison: Kampf, Krampf und Verluste gegen St. Petersburg

20.03.2014, 12:09 Uhr von:  Redaktion

Fahnenintro auf der SüdtribüneUnter dem Motto „Let’s beat Zenit“ empfing der BVB im CL-Achtelfinalrückspiel die Russen aus St. Petersburg. Statt Zauberfußball kam es wie so oft in dieser Saison: Der BVB setzte nur wenige spielerische Glanzpunkte, produzierte etliche Fehlpässe und kämpfte sich förmlich durch die 90 Minuten. Am Ende stand der Einzug ins Viertelfinale – das Klopps Jungs ohne Robert Lewandowski (Gelbsperre) und wohl auch ohne Marcel Schmelzer bestreiten müssen. Kehl und Großkreutz richteten zudem deutliche Worte an die eigenen Fans.

Als die 90 Minuten inklusive Nachspielzeit verstrichen waren und der in der Zweikampfauslegung ganz schwache spanische Schiedsrichter dem Treiben der 22 Mann auf dem grünen Rasen mit einem langen Pfiff ein Ende gesetzt hatte, stand vielen Fans die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben. Wie war dieser Fußballabend zu bewerten?

Eins war sicher, die Fans hatten beileibe keine tolle Leistung der Mannschaft gesehen. Im Spielaufbau agierten die Borussen zu statisch und fehlerbehaftet, in den Zweikämpfen teilweise zu fahrig und nicht mit der letzten Konsequenz. Mental und physisch wirkte der ein oder andere nicht immer ganz auf der Höhe – und dann wirkte es in einigen Phasen des Spiels auch noch so, als spränge wirklich jeder Abpraller genau vor die Füße eines Zenit-Spielers. Doch wem soll man all das vorwerfen?

Sahin schiebt's auf den Fußballgott, Schmelzer trübt Klopps Laune

Nuri Sahin schob es auf den FußballgottLauschte man nach dem Spiel Nuri Sahin, dann müsste vor allem der Fußballgott einen großen Teil der Schuld auf sich laden. „Man muss sich mal vor Augen führen, was für Rückschläge wir schon die gesamte Saison über zu verkraften haben, mit wie vielen Verletzungen wir zu kämpfen haben“, diktierte der türkische Nationalspieler in die Notizblöcke der Journalisten. Und tatsächlich: Auch gegen Zenit fehlten mit Subotic, Gündogan, Bender, Reus und Blaszczykowski fünf absolute Stammspieler bei den Borussen – was nicht einmal der Höchstwert in dieser Saison ist. Zu dieser illustren Runde gesellt sich voraussichtlich nun auch noch Marcel Schmelzer, der in der Schlussphase der Partie nach einem Zweikampf mit Hulk ausgewechselt werden musste. Erste Prognose: „Irgendetwas an den Adduktoren“, erklärte Jürgen Klopp nach dem Spiel, der ganz genau hingehört hatte: „Da hat etwas geknackt, das hat sich nicht gut angehört“, malte ein deshalb nicht wirklich gut gelaunter Übungsleiter schwarz. Dabei hatte es so gut für den Linksverteidiger angefangen: Nach einer tollen Flanke auf Aubameyang in der Anfangsphase hatte der Nationalspieler auch das Tor von Kehl mustergültig vorbereitet.

Nun wäre Schmelzer aktuell der sechste verletzte Stammspieler beim BVB. Dazu kommt, dass Spieler wie Hummels und Piszczek nach ihrer langen Abwesenheit erst einmal wieder in Tritt kommen müssen. Dass am Ende neben dem Pokalhalbfinale und aktuell Platz zwei in der Liga nun auch noch der Einzug ins CL-Viertelfinale steht, darauf könne man, erklärte Sahin am Ende seiner Ausführungen übrigens noch, definitiv sehr stolz sein.

Großkreutz passt die Stimmung nicht

Großkreutz passte die Stimmung nichtDas sah im Stadion scheinbar jedoch nicht jeder so – trotz einer durchaus deutlich besseren zweiten Hälfte, in der der BVB in der Defensive größtenteils sicher stand und in der gegnerischen Hälfte etwas passsicherer wurde. Während sich der Kern der Südtribüne und mit Abstrichen auch die Ecken in einzelnen Momenten zumindest ab und an die Mühe machte, der Mannschaft lautstark unter die Arme zu greifen, kam von den restlichen Tribünen während der gesamten Spielzeit nicht viel. Kevin Großkreutz veranlasste das zu einem deutlichen Kommentar in Richtung seiner Freunde: „Die Stimmung bei uns stört mich im Moment“, ärgerte sich der Dortmunder Junge nach Spielende, und stichelte vor allem gegen Ost- und Westtribüne: „Ich finde das nicht fair von den Sitzplätzen, die bei jedem Ballverlust stöhnen.“ Kapitän Sebastian Kehl, der mit seinem nicht unhaltbaren Kopfballtreffer in der 38. Minute letzten Endes klar Schiff fürs Viertelfinale gemacht hatte, stieß ins selbe Horn: „Dass die Stimmung im Stadion gedrückt war, kann ich nicht nachvollziehen.“

Dass die heute relativ ruhige und teilweise im Spiel unzufrieden wirkende Anhängerschaft dabei ein schwarz-gelbes Team sah, dass nach dem 4:2-Hinspielerfolg beinahe noch einmal in die Bredouille geraten wäre (vor allem, als Shatov in der 37. Minute beinahe das 2:0 erzielte), ließen Großkreutz und Kehl dabei unerwähnt. Vielleicht aber auch zu Recht?

Die Einstellung stimmt, aber die Belastung ist zu hoch

Sokratis mit vollem EinsatzFest steht nämlich: Arbeitseinstellung und Kampfgeist stimmten, einen Vorwurf kann man trotz einer eher schwachen Zweikampfbilanz von 47 Prozent niemandem machen. Dafür liegt im Moment spielerisch und taktisch einiges im Argen. Und auch wenn das vielleicht wie eine billige Entschuldigung klingt: Das liegt durchaus am riesigen Verletzungspech in dieser Saison. Es ist nicht nur so, dass bei den ganzen genannten Ausfällen auf dem Platz massig individuelle Klasse verloren geht. Zusätzlich haben Spieler wie Lewandowski, Mkhitaryan oder auch Sahin seit Saisonbeginn kaum einmal die Möglichkeit, einen Moment lang durchzuschnaufen. Weil für sie die Alternativen fehlen, stehen sie fast bei jedem Spiel in der ersten Elf, und das meist über 90 Minuten. Das wirkt sich eben aus: Spritzigkeit und Spielfreude gehen einzelnen Spielern in der aktuellen Phase ab.

So bleibt ihnen nur, sich irgendwie durchzubeißen und vor allem in der Liga Punkte für die CL-Qualifikation zu sammeln. Gebrauchen könnten sie im Stadion dabei vor allem eins: Die lautstarke und unerschütterliche Unterstützung der BVB-Anhänger und weniger Gemecker – einen Vertrauensvorschuss sollten sich dieser Trainer und die meisten Spieler nach den letzten sehr erfolgreichen Jahren ohnehin längst erarbeitet haben. Und wenn der ein oder andere dann doch einmal Dampf über die schlechte Mannschaftsleistung ablassen will, gibt es für ihn, ein kleiner Tipp, ja immer noch das BVB-Forum mit etlichen Gleichgesinnten.

Aufstellungen

Und am Ende verlor der BVB auch noch Marcel SchmelzerBVB: Weidenfeller (3) - Piszczek (4), Sokratis (3,5), Hummels (4), Schmelzer (3) (76. Durm) - Sahin (3,5), Kehl (2,5) – Aubameyang (3,5) (91. Hofmann), Mkhitaryan (3) (69. Jojic), Großkreutz (4) - Lewandowski (4)

Zenit: Malafeev - Anyukov, Hubocan, Lombaerts (46. Neto), Criscito - Witsel, Fayzulin (84. Smolnikov) - Hulk, Shatov, Danny – Kherzakov (62. Rondon)

Statistik

Tore: 0:1 Hulk (16.), 1:1 Kehl (38.), 1:2 Rondon (73.)

Torschüsse: 12-8

Passquote: 77% - 80%

Ballbesitz: 48% - 52%

Gelbe Karten: Lewandowski, Lombaerts, Kehl, Jojic

Daniel R., 20.03.2014

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